Liebe Leserinnen und Leser,

als ich anfing, die Idee einer deutschsprachigen Zeitschrift für das Fach Humangenetik zu entwickeln, schwebte mir vor, dass diese Zeitschrift die damals noch kleine Anzahl von Ärzten und Naturwissenschaftlern in der Humangenetik stärker zusammenführen sollte. Sie sollte Strukturen der Fort- und Weiterbildung mitentwickeln und die wissenschaftlichen Diskussionen zwischen den Arbeitsgruppen intensivieren. Die Humangenetik war 1988/89 noch kein Fachgebiet im Spektrum der ärztlichen Gebietsbezeichnungen und um dies zu ändern, brauchte es Sichtbarkeit, den Weg in die Öffentlichkeit, eine Professionalisierung unseres Fachs.

Walther Vogel, damals Vorsitzender des Berufsverbands, war begeistert und lieferte gleich die ersten Manuskripte. Christine Scholz war zu der Zeit als wissenschaftliche Assistentin die erste und einzige in meiner Abteilung Medizinische Genetik der Ludwig-Maximilians-Universität, die einen PC bedienen konnte. Damit waren die Voraussetzungen gegeben, für die allerersten Zeitschriften die Druckseiten selber zu erstellen, zu gestalten und von einer Druckerei vervielfältigen und binden zu lassen. Die Resonanz war positiv, sodass die medizinischegenetik sich gut entwickeln konnte. Ja man muss sagen, die Zeit war damals reif.

An den kleinen Verlag, den wir damals gründeten, gliederten sich andere Bereiche an. Jörg Schmidtke als damaliger Vorsitzender des Berufsverbandes Medizinische Genetik ließ die Mitgliederverwaltung über die Verlagsmitarbeiter abwickeln. Kaum 1 Jahr später nutzte auch die Fachgesellschaft die kostengünstigen Dienste, die Präsenz und die Drehscheibe, die das Forum der Zeitschrift bot. Der vierteljährliche Versand zwang zur steten Aktualisierung der Daten. Die Mitarbeit der Institutsleiter bei der Erstellung des Profils ihrer Einrichtungen zeigte allen Lesern, welche Namen und – oft mit einem Foto versehen –, welche Personen hinter den wissenschaftlichen Arbeiten standen. So manche der Autoren, die sich damals in Zusammenfassungen ihre Habilitation vorstellten, sind heute Leiter einer universitären Einrichtung oder sonst an führender Position in der Humangenetik tätig.

Man muss nur einmal in den alten Ausgaben blättern (unter http://www.medgenetik.de) und kann feststellen, welche schon bald historisch gewordenen Schätze darin verborgen sind. Die Entwicklung zum Facharzt lässt sich nachzeichnen, die Etablierung der Qualitätssicherung, die nach wie vor aktuellen Debatten um das Miteinander von Naturwissenschaftlern und Ärzten in diesem Fach, gesetzliche Vorhaben, grundlegende Statements und statistische Übersichten: Themenschwerpunkte, die das Querschnitts- und Grundlagenfach für alle anschaulich werden lassen.

Stück für Stück haben wir – die Schriftleiter Tiemo Grimm, Klaus Zerres, Clemens Müller-Reible und ich – ein zukunftsträchtiges Konzept für die Zeitschrift über die Jahre hinweg konsequent entwickelt. Unsere Leser sind diese Entwicklung mitgegangen. Die steigenden Mitgliederzahlen in beiden Verbänden zeigen die hohe Akzeptanz. Gerade für junge ambitionierte Wissenschaftler, die im Englischen zu Hause sind, in namhaften Journals publizieren, soll auch die Zeitschrift medizinischegenetik ein Forum bieten, um Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen, die Übersicht nicht zu verlieren und natürlich auch in Zukunft aktiv an einer deutschsprachigen Zeitschrift mitzuarbeiten.

Die Wirkung auf andere Fächer war immer ein besonderes Anliegen: Gerade dort liest man gerne Fachfremdes auf Deutsch in gut dargestellten Übersichtsarbeiten. Auch wenn die Zeitschrift medizinischegenetik nicht mit einem hohen Impaktfaktor aufwarten kann – dies war nie unser Ziel – sollte die Wirkung für das eigene Fortkommen und Sichtbarsein in der „scientific community“ nicht unterschätzt werden. Im Vordergrund sollten immer die Fort- und Weiterbildung in der Humangenetik stehen.

Ich freue mich, dass diese Anstöße – alles hat einmal klein angefangen – aufgegriffen worden sind, und wünsche unseren kommenden Schriftleitern eine ruhige Hand und einen kühlen Kopf im z. T. hitzigen Redaktionsalltag.

Der GfH sei gedankt, dass sie die Verantwortung und Pflicht übernommen hat, dafür zu sorgen, dass die Zeitschrift in ruhigen Gewässern weiter produziert werden kann. Von daher wünsche ich mir auch, dass – wer auch immer die Zeitschrift herstellen wird – das verlegerische Konzept dem Fach entsprechend umgesetzt wird und die Zeitschrift nicht aus marktstrategischen Gründen eines Tages um ihre Existenz bangen muss.

Allen meinen Mitstreitern, den Lesern, den früheren Berufsverbandsvorständen, der GfH und insbesondere unserem kleinen Team, möchte ich meinen aufrichtigen Dank für die produktive und anregende Zeit während der letzten nahezu 20 Jahre aussprechen.

Mit den besten Wünschen

Ihr Jan Murken