FormalPara Begriffe mit Bezug zum Long-COVID Syndrom
  • Akute COVID-19-Infektion

  • Long-COVID-Syndrom

  • Post-COVID-Syndrom

  • Chronic-Fatigue-Syndrom (CFS)

  • Myalgische Enzephalopathie (ME)

  • Postexertionelle Malaise (PM)

Einleitung

Die Infektion mit dem Severe-Acute-Respiratory-Snydrome-Coronavirus, Typ II (SARS-CoV-2), ist in hohem Ausmaß, mittlerweile bekannt, verantwortlich für verschiedene chronische Krankheitszustände [1]. Eine Long-COVID-Erkrankung ist eine länger währende Krankheit im Anschluss an eine akute COVID-19-Erkrankungsphase, die sich durch das syndromale Zusammenkommen der Symptome insomnische Beschwerden, chronische Erschöpfung, verminderte physische Leistungskraft, kognitive Funktionsstörungen, Kopfschmerzen und Atemnot auszeichnet [2, 3]. Zu den Symptomen der Long-COVID-Erkrankung zählt auch das bereits aus dem Krankheitsbild des Chronic-Fatigue-Syndroms oder der myalgischen Enzephalopathie bekannte Phänomen der postexertionellen Malaise (PM) [4]. Die PM ist ein Symptom, welches den Patienten ein ausgeprägtes Unvermögen und schnelle Erschöpfbarkeit für geistige und körperliche Belastungen bereitet. Die durch geistige, physische Belastung notwendige Erholung und relevante Reduktion der dadurch verursachten Erschöpfung, typischerweise länger als 40 h, kann über viele Tage andauern [5, 6]. Die Aspekte der myalgischen Enzephalopathie sind auch bereits für andere virale Infektionserkrankungen bekannt. Hierzu zählen z. B. SARS-CoV‑1 und das Epstein-Barr-Virus sowie Erkrankungen, die durch das Dengue-Virus hervorgerufen werden. Es ist bislang völlig unklar, in welchem Maße diese verschiedenen Viruserkrankungen auch mit einer spezifischen Form eines Chronic-Fatigue-Syndroms oder ME einhergehen [6, 7].

Definitionsgemäß wird für Patienten und Patientinnen mit einer akuten COVID-19-Erkrankung von einer Latenz von maximal vier Wochen als Long-COVID gesprochen. Wenn die Persistenz mehr als zwölf Wochen besteht, wird in der Abfolge von einem Post-COVID-Syndrom gesprochen [8]. Nach der derzeitigen Literatur muss davon ausgegangen werden, dass um die 15 % der Menschen mit einer COVID-19-Erkrankung (Infektionen durch die sog. Omikron-Variante sind hier derzeitig noch ausgenommen) von einer verlängerten Erkrankung im Sinne eines Long-COVID-Syndroms betroffen sind [9, 10]. Dabei scheint interessanterweise die Häufigkeit von vorbestehenden Komorbiditäten nicht einflussnehmend auf die Prävalenz der Post-COVID-Erkrankung. In welchem Ausmaß psychosoziale Belastungen, psychosomatische Beschwerden in der Anamnese ein Post-COVID-Syndrom begünstigen können, ist bislang unbekannt [10].

Vor dem Hintergrund der bestehenden und sich häufenden Beschreibung von Patienten und Patientinnen mit Long-COVID/Post-COVID ist mittlerweile oft beschrieben, welche möglichen phänotypischen Auswirkungen diese chronische Form der SARS-CoV-2-Infektionen haben kann. In der Literatur werden unterschiedliche Aspekte oft voneinander getrennt beschrieben. Neben den kognitiven Störungen und den sog. „brain fog“ assoziierten Symptomen [11] kommen auch die bekanntermaßen ausgeprägten physischen Erschöpfungssymptome und vorzeitige Erschöpfbarkeit in der Literatur zur Beschreibung [6, 12]. Andere Aspekte wie eine erhöhte Sensitivität für akustische Reize oder Depressivität [13] sind in diesem Kontext nicht phänotypisch unterschiedlichen Formen zugeordnet [14]. Schlafstörungen in Form von Schlafunterbrechungen, längerer Einschlaflatenz, gehäuftes Erwachen und dauerhafter Tinnitus nach dem Einschlafen sind nicht für spezifische unterschiedliche Phänotypen eines Long-COVID-Syndroms beschrieben. Die Gesamtheit insomnischer Beschwerden werden in den ersten Arbeiten zu Long-COVID mit einer Prävalenz von 26 % [15] bis zu 88 % [16] angegeben. Überlappend mit dieser Gruppe von insomnischen Beschwerden bestehen jedoch auch depressive Symptome, die mit vergleichbarer Häufigkeit beschrieben werden [13, 17]. In welchem Ausmaß eine direkte, gegenseitig beeinflussende Wirkung der Depressivität auf den Schlaf und vice versa bestehen kann, ist in keiner der derzeitigen Long-COVID-Studien ausreichend untersucht worden.

Die Leitlinie „Post-COVID/Long-COVID“ als interdisziplinäre Leitlinie verschiedenster Fachgesellschaften gibt einen ersten Rahmen für die möglichen Behandlungsoptionen der Erkrankung [10]. Die medikamentösen Optionen sind momentan einerseits durch die Erfahrung aus der Behandlung von Patienten mit Chronic-Fatigue-Syndrom hergeleitet [10]. Eine Evidenz für die Wirksamkeit ist bislang nicht durch wissenschaftliche Studien belegt. Des Weiteren werden in den letzten Monaten verschiedene experimentelle Verfahren beschrieben [1, 10, 18]. Bezüglich des rehabilitativen Ansatzes ist jedoch, insbesondere aus der Erfahrung der Behandlung von Patienten mit Chronic-Fatigue-Syndrom/myalgischer Emzephalpoathie die entscheidende Größe für die Patienten, die als Hauptsymptom die postexertionelle Malaise beklagen, das eigene Pacing (Taktung der Leistungsanforderungen und der Intensität), um die Patienten wieder langsam an eine zunehmende körperliche und geistige Leistungsfähigkeit heranzuführen [10].

Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Phänotypen und möglichen therapeutischen Optionen werden im Folgenden vier Fälle beschrieben, die einen Einblick geben sollen, in welchem Ausmaß die Long-COVID-Syndrome für Patienten relevant sind und unter welchen therapeutischen Aspekten in der neurologischen Rehabilitation diese Erkrankungen mit besonderem Augenmerk auf die insomnischen Beschwerden und die PM therapiert werden können.

Fallbeispiele

Fall 1

Eine Patientin im Alter von 30 Jahren erlitt im Frühjahr 2021 eine leichte Form einer COVID-19-Erkrankung. Die Patientin war als Berufssoldatin körperlich sehr aktiv. Sämtliche sportlichen Leistungsanforderungen wurden von ihr bis zur Erkrankung ohne Einschränkungen geleistet.

Eine Behandlung erfolgte im häuslichen Umfeld und es war keine Krankenhauseinweisung notwendig. Es bestanden keine relevanten Atmungsbeschwerden oder Zeichen der kardialen Beteiligung. Eine COVID-19-Pneumonie wurde nicht diagnostiziert. Die akute Erkrankungsphase dauerte 10 Tage mit einem allgemeinen Krankheitsgefühl und ausgeprägter Erschöpfung. Schon zu Beginn der akuten COVID-19-Erkrankung litt die Patientin unter ausgeprägter Fragmentierung des Nachtschlafes. Bei Aufnahme in die Rehabilitationsklinik bestanden keine laborchemischen Auffälligkeiten. Es bestand eine Ruhefrequenz von 84/min, der Blutdruck war normoton. Es zeigten sich in der klinischen Untersuchung keine kardialen oder pulmonalen Auffälligkeiten. Die komplette neurologische Untersuchung zeigte keine fokalen neurologischen Defizite.

Long-COVID assoziierte Symptome

Die Patientin berichtet neben einer generellen Erschöpfung über ausgeprägte schnelle Erschöpfbarkeit bei kurzer Gehstrecke. Eine Gehstrecke von 200 Metern führte zu einer ausgeprägten Erschöpfung. Diese und vergleichbare Belastungen führten zu Palpationen und rezidivierenden Kreislaufbeschwerden. Weiterhin berichtete sie belastungsabhängige Muskelkrämpfe der Beine und Hitzewallungen. In der schlafmedizinischen Untersuchung wurden in der Beantwortung der Fragen der Epworth-Schläfrigkeits-Skala (ESS) 9 von 24 Punkten erreicht. Es bestanden belastungsassoziierte Symptome, die einer postexertionellen Malaise entsprechen, wie sie bei Chronic-Fatigue-Syndrom/myalgischer Enzephalopathie bekannt sind. Gehstrecken von mehr als 200 m machten zum Zeitpunkt der Aufnahme Erholungsphasen von mehr als 40 h notwendig. In der Chalder Fatigue Scale wurden 21 Punkte erhoben. Die neuropsychologischen Testungen ergaben kein relevantes Defizit bezüglich Aufmerksamkeit und Visuokonstruktion sowie kognitiver Leistungsfähigkeit. Eine Polygraphie war unauffällig bezüglich der Atmungsparameter und der nächtlichen Sauerstoffsättigung.

Die Patientin erhielt ein multimodales Therapieprogramm, zusammengesetzt aus Bewegungstherapie, Sporttherapie, Physiotherapie sowie langsam aufbauenden Zirkeltrainingseinheiten. Über einen Zeitraum von sieben Wochen konnte die Patientin eine deutliche Verbesserung ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit erreichen. Sie entwickelte weiterhin eine zunehmende Reduktion der Herzfrequenz bis 64/min und in der Gesamtsituation konnte die Patientin eine Besserung ihrer Ausgangssymptome um 80 % angeben. Begleitende psychotherapeutische und schlafedukative Therapieeinheiten wurden zwei Mal pro Woche angeboten.

Unter der Anwendung einer abendlichen Melatoningabe (2 mg retardiert) 30 min vor dem Zubettgehen wurde bereits nach drei Wochen eine deutliche Reduktion der Schlaffragmentierung erreicht. Nach sechswöchiger Rehabilitationstherapie gab die Patientin wieder eine zufriedenstellende Schlafqualität an.

Fall 2

Die Patientin von 48 Jahren erlitt im November 2020 eine COVID-19-Erkrankung mit starken Gliederschmerzen, Schmerzen in der Brust sowie Kreislaufproblemen. Es bestand Fieber über sieben Tage, ohne jedoch klinisch als eine COVID-19-Pneumonie gewertet zu werden. Eine Hospitalisierung erfolgte nicht. Es bestanden keine bildgebenden Zeichen einer COVID-19-Pneumonie. Die Patientin war bis zum Erkrankungszeitpunkt turnierkampfmäßige Triathletin. Die klinischen Untersuchungen zeigten einen komplett unauffälligen internistischen und neurologischen körperlichen Untersuchungsbefund. Vorbefundlich zur Aufnahme in der Rehabilitationsklinik bestanden keine Hinweise auf eine kardiale Beteiligung der COVID-19-Erkrankung im November 2020. Pneumologisch zeigte sich ebenfalls ein komplett unauffälliger Aufnahmebefund.

Long-COVID assoziierte Symptome

Die Patientin beschrieb ausgeprägte Konzentrationsbeschwerden, Störungen mit deutlicher Vergesslichkeit, Antriebslosigkeit sowie eine geringe körperliche Belastbarkeit und Müdigkeit. Es bestanden eine ausgeprägte Schlaffragmentierung und ein unerholsamer Nachtschlaf.

Die Polygraphie hierzu war unauffällig. Die ESS ergab 6 von 24 Punkten.

Die neuropsychologische Diagnostik erbrachte relevante Aufmerksamkeits- und Merkfähigkeitsstörungen in den Aspekten der Testungen go/no go sowie eingeschränkte Leistungsfähigkeit mithilfe der Wiener-Testbatterie. Die verbalen Gedächtnisleistungen zeigten eine Reduktion. Es ergaben sich keine Hinweise auf eine visuokonstruktive Störung.

Im Verlauf der Rehabilitation erfolgte eine ausgeprägte neuropsychologische Therapie mit langsamer Steigerung der Anforderungen für Gedächtnisinhalt und Merkfähigkeit. Des Weiteren wurde mit einem moderaten Heilmittelprogramm begonnen (Sporttherapie mit Zirkeltraining, mit leichtem Gehtraining und zunehmender langsamer Wanderstrecke). Eine Erhöhung der körperlichen Leistungsfähigkeit wurde innerhalb von acht Wochen erreicht. Kognitiv, neuropsychologisch konnte die Patientin nach zehn Wochen mit subjektiver kompletter Wiederherstellung der subjektiven Leitungsfähigkeit entlassen werden. Die neuropsychologischen Testungen waren bei Entlassung unauffällig. Betreffend die körperliche Leistungsfähigkeit gab die Patientin an, auf 70 % ihrer Ausgangsleistungsfähigkeit zurückgekommen zu sein. Es wurde unter der regelmäßigen Einnahme von Melatonin (2 mg retardiert) die insomnische Schlafstörung verbessert. Die Fragmentierung des Nachtschlafs konnte reduziert werden und das Gefühl der Erholung durch den Nachtschlaf wurde erheblich verbessert. Die Patientin war mit der Schlafqualität am Ende der Rehabilitation sehr zufrieden.

Fall 3

Die Patientin, 18 Jahre alt, wurde zur Rehabilitation zugewiesen wegen eines seit einer COVID-19-Erkrankung im Oktober 2020 ausgeprägten zunehmenden Fatigue-Syndroms. Das Syndrom war gekennzeichnet durch extreme körperliche und psychische Erschöpfbarkeit. Die Patientin hatte im Jahr 2013 bereits eine Epstein-Barr-Virus (EBV)-Infektion durchlaufen und seitdem durchgehend an einer verminderten Leistungsfähigkeit gelitten. Diese war mit einer erhöhten Erschöpfbarkeit und einer generellen kognitiven und psychischen Erschöpfung verbunden. Es wurde die Diagnose eines Chronic-Fatigue-Syndroms nach EBV-Infektion gestellt. Nach erfolgter COVID-19-Erkrankung hatten sich die Symptome zunehmend verstärkt. Die Patientin war nicht mehr in der Lage, die Schule zu besuchen. Die eigentlich leistungsstarke Schülerin war nicht mehr schulfähig. Weiterhin beklagte die Patientin eine ausgeprägte Fragmentierung des Schlafs mit mindestens fünf Schlafunterbrechungen in der Nacht und rezidivierenden holozephalen Kopfschmerzen. Am Tage überwog das Erschöpfungsgefühl. Eine exzessive Tagesschläfrigkeit wurde nicht beklagt.

Die klinische neurologische und internistische Untersuchung war komplett unauffällig. Es zeigte sich in den Laboruntersuchungen eine leichte Anämie.

Long-COVID assoziierte Symptome

COVID-19-spezifische Symptome im Rahmen der Akuterkrankungen waren auch Erschöpfung, leichter Fieberanstieg ohne Hinweis auf eine kardiale Beteiligung. Im Vordergrund standen für die Patientin eine ausgeprägte körperliche Erschöpfbarkeit. Trotz eines ausreichenden kurzfristigen Kraftaufbaus in den Kraftmessungen von Einzelmuskeln zeigte sich bei kurzen Gehstrecken unter 100 Metern oder bei kurzen repetitiven Therapiemaßnahmen eine sehr schnelle Erschöpfbarkeit. Die postexertionelle Malaise war geprägt von sehr langen Erholungsphasen von über 48 h. In der ESS ergab sich ein Wert von 7 Punkten. Neuropsychologisch konnte eine erhöhte kognitive Ermüdbarkeit gefunden werden. Ebenfalls bestand im Beck-Depressions-Index ein Hinweis auf eine mittelschwere depressive Episode. In der Chalder-Skala zeigte sich mit 29 Punkten eine mittelschwere Fatigue. Aufmerksamkeitstestungen waren unauffällig. Für die Patientin konnte, trotz einer individuellen Therapie bestehend aus Sporttherapie, Physiotherapie und Ergotherapie und medikamentöser Therapieversuche mit niedrig dosiertem Mestinon und antidepressiver Therapeutika keine wesentliche klinische Besserung nach zehn Wochen erreicht werden. Es bestanden weiterhin ausgeprägte Erschöpfbarkeit und auch kognitive Beschwerden, sodass die Patientin nicht voll einsatzfähig zur Wiederaufnahme der Beschulung entlassen wurde.

Fall 4

Die Patientin, 31 Jahre, gelernte Erzieherin, durchlief im März 2021 eine COVID-19-Infektion, die einherging mit Husten, Fieber, Schüttelfrost und allgemeinem Krankheitsgefühl. Es bestand kein Geschmacksverlust. Die Erkrankung wurde ohne relevante Hinweise auf eine COVID-Pneumonie zu Hause behandelt und auskuriert. Nach initialer Besserung nach zwei Wochen stellten sich dann zunehmende Muskelkrämpfe mit intermittierendem Tremor, allgemeiner Muskelschwäche und ausgeprägter starker Schläfrigkeit und Erschöpfung ein. Die Schlafstörungen bestanden in Form von Einschlafstörungen. Es wurde ebenfalls eine ausgeprägte depressive Episode mit Gewichtsabnahme und Antriebslosigkeit diagnostiziert. Die Patientin berichtete dann auch einige Wochen nach der akuten COVID-Erkrankung eine zunehmende Überempfindlichkeit auf Geräusche bemerkt zu haben. Die Übersensitivität für akustische Reize steigerte sich so stark, dass die Patientin aufgenommen wurde zur neurologischen Rehabilitation der Phase C, um nach wenigen Tagen in unsere Klinik zur Rehabilitation der Phase D verlegt zu werden.

Die internistischen und neurologischen Untersuchungsergebnisse waren komplett unauffällig inklusive EEG und kardiorespiratorischer Polygraphie. Es zeigten sich im Labor keine Auffälligkeiten.

Long-COVID assoziierte Symptome

In der Long-COVID bezogenen Diagnostik zeigten sich eine ausgeprägte verminderte Belastbarkeit und Fatigue. Es ergaben sich Hinweise auf eine geistig und körperlich frühzeitige Erschöpfung sowie eine sehr ausgeprägte Hypersensitivität für akustische Reize, ohne den audiometrischen Nachweis einer Hyperakusis, und visuelle Reize wie z. B. helles Licht oder auch Gerüche. Zur Verminderung der im Tagesverlauf auftretenden akustischen Reize trug die Patientin dauerhaft einen „noise cancelling“ Kopfhörer. In den Reaktionszeitentests ergaben sich schwankende Ergebnisse sowie eine ausgeprägte Irritierbarkeit in der Testdurchführung, sodass zum Teil die Testergebnisse nicht sicher abgerufen werden konnten. Im gesamten Rehabilitationsverlauf wurde die Patientin mittels einer multimodalen heilmittelbasierten Therapie über Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie langsam, versuchsweise wieder an eine erhöhte Leistungsfähigkeit gewöhnt.

Insbesondere der Aspekt der Hypersensitivität wurde innerhalb von zehn Wochen deutlich gebessert. Die Patientin konnte mit einer klinischen Verbesserung der Geräuschempfindlichkeit und einer gebesserten Leistungsfähigkeit entlassen werden. Es wurde die Medikation mit Lamotrigin 50 mg und Valproinsäure 300 mg 3 × am Tag weiter empfohlen. Die körperliche und geistige Belastung waren für die Patientin jedoch noch eingeschränkt. Die Einschlafstörung hatte sich ohne insomniespezifische Verhaltenstherapie innerhalb des zwölfwöchigen Aufenthaltes komplett zurückgebildet.

Diskussion

Häufigkeit von Long-COVID nach akuter COVID-19-Infektion

In der Literatur wird die Prävalenz eines Long-COVID-Syndroms nach stattgehabter akuter COVID-19-Erkrankung in unterschiedlicher Häufigkeit angegeben [10]. Die Untersuchungszeitdauer für Long-COVID-Studien ist sehr unterschiedlich mit drei bis zwölf Monaten und entspricht der Beobachtung in vorgestellten Fällen. Der überwiegende Anteil der Long-COVID-Fälle geht aus der akuten, oft leichten oder mittelschweren COVID-19-Erkrankung hervor [8, 9]. Die sich dann darstellenden Symptome im Sinne einer Long-COVID-Erkrankung werden unterschiedlich gewertet. In welchem Ausmaß die derzeitige Prävalenz von Infektionen mit Omikron-Varianten in ein Long-COVID-Syndrom mündet, ist bislang nicht untersucht.

Epidemiologisch wird berichtet, dass Frauen etwas häufiger von einer Long-COVID-Erkrankung betroffen sind als Männer [19]. In den hier vorgestellten Fällen handelt es sich um Frauen in der dritten Lebensdekade nach akuter COVID-19-Erkrankung. Die Long-COVID-Syndrome, wie sie in den Fällen geschildert wurden, sind allesamt nach leichten bis mittelschweren Verläufen einer COVID-19-Erkrankung aufgetreten. Keiner der hier beschriebenen Fälle war zuvor hospitalisiert. Hier ist die Literatur sehr einheitlich, dass insbesondere die leichten bis mittelschweren Fälle häufiger in ein Long-COVID-Syndrom im Sinne einer weiterbestehenden Erkrankung führen [1, 20]. Die Patientinnen und Patienten, die von schweren COVID-19-Erkrankungen betroffen waren, z. B. nach intensivtherapeutischen Prozeduren, werden in der Literatur gemeinhin als Post-COVID-Patientinnen und -Patienten bezeichnet [8] und im Sinne einer verlängerten Rekonvaleszenz mit weitergehender, intensiver Frührehabilitation behandelt werden müssen. In der neurologischen Rehabilitation finden sich regelmäßig Patientinnen und Patienten, die entsprechende Post-COVID-Verläufe aufweisen. Hier dominieren dann Krankheitsbilder der respiratorischen Partialinsuffizienz und neurologischerseits die Symptome der „intensive care unit-acquired weakness“ in Form einer Critical-Illness-Polyneuropathie (CIP) und/oder einer Critical-Illness-Myopathie (CIM) [21,22,23].

Schlaf und Long-COVID

Die Angaben zu Schlafstörungen bei Long-COVID sind unterschiedlich [14, 16]. In allen hier beschriebenen Fallbeispielen treten insomnische Beschwerden bei Long-COVID-Syndrom auf. Die Frequenz und die Persistenz der insomnischen Beschwerden sind sehr unterschiedlich bewertet. Die besonders durch insomnische Beschwerden geprägten Long-COVID-Verläufe zeigen häufig eine deutliche Besserung durch schlafstrukturierende Maßnahmen und langsame Erhöhung des sogenannten Pacing, womit in unserer Erfahrung auch eine Verbesserung der Schlafstörung einhergeht [10]. Therapeutische Unterstützung durch Melatonin ist aus unserer Sicht sinnvoll. Immunmodulierende Effekte von Melatonin werden in der Behandlung der akuten COVID19-Erkrankung diskutiert [24,25,26].

In seltenen Fällen wurden hypersomnische Beschwerden nach Long-COVID beschrieben. Hier ist eine sorgfältige weiterführende Abklärung unabdinglich, da möglicherweise auch immungetriggerte hypersomnische Krankheitsbilder zu beachten sind. Einzelfallberichte geben Hinweise, dass autoantikörpergetriggerte Hypersomnien nach COVID-19 auftreten können [27].

Therapie von Long-COVID

Therapeutische Aspekte in der Behandlung einer Long-COVID-Erkrankung sehen in erster Linie vor, die ausgeprägte Fatigue, die die Patientinnen und Patienten beschreiben (Erschöpfung, Inappetenz, keine primäre Tagesschläfrigkeit), in eine für die Betroffenen wieder erträgliche Leistungsfähigkeit zurückzuführen [10]. Das sogenannte Pacing ist hier von grundlegender Wichtigkeit für die Betroffenen. Individuell angepasste Maßnahmen [28] der sporttherapeutischen und physiotherapeutischen Aspekte sowie ergotherapeutische Behandlungen können durch Tagespläne und langsame Wiederaufnahme von Leistung eine Heranführung an Leistungsfähigkeit und Reduktion des Erschöpfungsgefühls bewirken [10, 29,30,31]. Hier sind insbesondere aus dem Bereich des Chronic-Fatigue-Syndroms bereits sinnvolle Ansätze in den letzten Jahren etabliert worden. Die nationale deutsche Leitlinie zur Behandlung von Long-COVID sieht diese Aspekte ebenfalls vor [10]. Dabei ist zu betonen, dass die Kombination aus möglicherweise pneumologischer Beteiligung und den dazugehörigen Einschränkungen von den Fällen, die eine reine Erschöpfung ohne eine relevante pneumologische Mitbeteiligung im längeren Verlauf der COVID-19-Erkrankung haben, zu unterscheiden ist. In der neurologischen Rehabilitation finden sich in erster Linie, wie in den hier vorgestellten Beispielen, Patientinnen und Patienten, die keine anhaltenden pneumologischen Folgeerkrankungen haben. Die aktuellen Leitlinien zur Long-COVID-Therapie sehen auch für Patienten mit pneumologischen Beeinträchtigungen entsprechende besondere Therapiemaßnahmen vor [10, 31].

Schlussfolgerung

Das Long-COVID-Syndrom ist geprägt durch eine große Varianz der Symptome. Dieses ist bereits in verschiedenen Arbeiten gut dokumentiert. In welchem Ausmaß die Erschöpfung und die Schlafstörungen dazugehören, ist in der Literatur unterschiedlich bewertet. Schlafstörungen spielen aber in der Long-COVID-Symptomatologie eine klinisch erhebliche Rolle für den Leidensdruck der Betroffenen. Aus schlafmedizinischer und neurologischer Sicht sind die Aspekte der insomnischen Beschwerden bislang weitgehend ungeklärt. In welchem Ausmaß das SARS-CoV‑2 einen direkten Effekt auf Schlafregulation hat, ist unbekannt. Ebenfalls sind hypersomnische Beschwerden eher nicht direkte Folge der SARS-CoV-2-Wirkung auf neuronale Strukturen, die schlafvermittelnd sind, sondern es gibt Hinweise, dass hier antikörpergetriggerte hypersomnische Krankheitsbilder verursacht werden können. Für die weitere Erforschung des Long-COVID-Syndroms und der Zusammenhänge mit Schlafstörungen ist es unabdinglich, die Patienten und Patientinnen, die entsprechend durch Schlafstörungen gekennzeichnet sind, zu betrachten und auch die Möglichkeit der Therapiemaßnahmen für diese Patienten auszuschöpfen. Aus rehabilitativer Sicht ist die Therapie des Long-COVID Syndroms ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit individualisierter Rehabilitation.