Kardiovaskuläres Risiko von Patienten mit Schlafstörungen oder schlafbezogenen Atmungsstörungen
Schlafverhalten
Teilnehmer der UK-Biobank-Studie (n = 385.292), die ursprünglich an keinen kardiovaskulären Erkrankungen litten, wurden anhand eines Scores für gesunden Schlaf charakterisiert [5]. Merkmale für gesunden Schlaf waren früher Chronotyp, 7–8 h Schlaf pro Tag, nie oder selten Ein- und Durchschlafstörungen, kein Schnarchen und keine häufige Tagesschläfrigkeit [5]. Während einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 8,5 Jahren wurden 7280 Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, darunter 4667 Fälle mit koronarer Herzkrankheit (KHK) und 2650 Schlaganfälle dokumentiert. Im Vergleich zu den Teilnehmern mit einem Score für gesunden Schlaf von 0–1 hatten Teilnehmer mit einem Score von 5 ein um 35 % (19–48 %), 34 % (22–44 %) bzw. 34 % (25–42 %) verringertes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, KHK und Schlaganfall. Nahezu 10 % der kardiovaskulären Ereignisse in dieser Kohorte konnten auf ein schlechtes Schlafverhalten zurückgeführt werden. Teilnehmer mit schlechtem Schlafverhalten bzw. Schlafstörungen und hohem genetischem Risiko wiesen das höchste Risiko für KHK und Schlaganfall auf [5].
In derselben Kohorte wurden auch die Auswirkungen von Schlafstörungen durch lebenslange Nachtschichtexposition hinsichtlich des Risikos für Vorhofflimmern, KHK und Schlaganfall untersucht [6]. Die lebenslange Nachtschichtexposition war unabhängig von genetischen Faktoren mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern verbunden. Die Nachtschichtexposition erhöhte auch das KHK-Risiko, nicht aber das Risiko für einen Schlaganfall oder für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz [6].
Kommentar.
Neben genetischen Faktoren könnte auch ein breites Spektrum von Stoffwechselveränderungen, wie Lipidprofile, chronische Entzündungen, Glukosestoffwechsel, Stress usw. für den Zusammenhang zwischen Schlafverhalten bzw. Schlafstörungen und kardiovaskulären Erkrankungen verantwortlich sein. Neuerdings wird das Schlafverhalten auch mit Veränderungen des Mikrobioms im Darm und anderen epigenetischen Veränderungen wie der DNA-Methylierung in Verbindung gebracht. Diese Beobachtungen betonen, wie wichtig es ist, systematische Analysen dieser Mechanismen durchzuführen, um die kardiovaskulären Auswirkungen des Schlafverhaltens bzw. von Schlafstörungen zu verstehen [7]. Außerdem zeigt sich, dass die Zusammenhänge zwischen Schlafverhalten bzw. Schlafstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen multifaktoriell und komplex sind.
Dennoch bleibt eine wichtige Frage: Wenn ein „ungesundes Schlafverhalten“ oder ein „gefährliches Schichtarbeitsmuster“ festgestellt wurde, welche Maßnahmen können in der Praxis angewendet werden [8]? Lebensstil- und Verhaltensinterventionen sind zunehmend als wichtige Instrumente zur Veränderung von Risikofaktoren für die primäre und sekundäre Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen anerkannt. Ob Verhaltenstherapie, Umwelt- und Lebensstilmodifikationen zum Erhalt des zirkadianen Rhythmus und pharmakologische Wirkstoffe, die auf die „Innere Uhr“ abzielen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verändern können, bleibt unklar [8]. Die Therapie einer auch häufig zugrunde liegenden schweren SBAS mit dem Ziel den Schlaf zu verbessern, erscheint immer noch sowohl hinsichtlich der Effektgröße als auch der Therapietreue aussichtsreicher als Verhaltenstherapie und Lifestyleinterventionen.
Schlaffragmentierung
Die Last an Aufwachreaktionen (Arousalburden) ist definiert als die kumulative Länge aller Aufwachreaktionen bezogen auf die Schlafzeit einer Polysomnographienacht [9]. Es handelt sich um eine neue Metrik der Polysomnographie, die durch automatisierte und durch künstliche Intelligenz unterstützte Analysealgorithmen bestimmbar geworden ist [9]. Während die visuell erfassten und gezählten Aufwachreaktionen eine geringe Aussagekraft hinsichtlich der kardiovaskulären Prognose haben, ist eine hohe Last an Aufwachreaktionen vor allem bei Frauen mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität assoziiert [9]. Dies konnte über einen Beobachtungszeitraum von 11 Jahren bei insgesamt 8001 Teilnehmern aus 3 Kohortenstudien (Osteoporotic Fractures in Men Study, MrOS; Study of Osteoporotic Fractures, SOF und der Sleep Heart Health Study, SHHS) nachgewiesen werden (Abb. 1; [9]).
Kommentar.
Neue aus der Polysomnographie automatisiert mittels künstlicher Intelligenz errechnete Metriken wie die Last an Aufwachreaktionen (Arousalburden) können das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse abbilden. Dies ist in der Vergangenheit auch schon für visuell ausgewertete Schlafparameter aus der Polysomnographie gelungen [10], jedoch ist bei automatisiert ausgewerteten Parametern das Potenzial der Generalisierbarkeit und der klinischen Anwendung deutlich höher.
Schlafbezogene Atmungsstörungen und Hypoxämielast
Eine weitere relativ neue Metrik aus der nächtlichen Pulsoxymetrie ist die schlafapnoespezifische Hypoxämielast (sleep apnea specific hypoxemic burden, SASHB) [11], definiert als die Fläche unter der Entsättigungskurve in Verbindung mit einem respiratorischen Ereignis. Durch Subtraktion der Grundsättigung vor dem respiratorischen Ereignis spiegelt die SASHB die Hypoxämie wider, die spezifisch durch Schlafapnoe verursacht wird und nicht durch andere Ursachen der Hypoxämie, die die Basis-SpO2-Sättigung senken würden (z. B. Adipositas, Lungenerkrankungen oder Lungenödem). Die SASHB wurde in 2 großen Kohortenstudien validiert. Die SASHB prognostizierte, im Gegensatz zum Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) bei Männern in beiden Kohorten (n = 4881 und n = 2653) das Auftreten einer Herzinsuffizienz (HR 1,18 [95 % CI, 1,02–1,37] und 1,22 [95 % KI, 1,02–1,45], auch nach Berücksichtigung von demografischen Faktoren, Rauchen und Komorbiditäten) [11].
Kommentar.
Neue automatisiert aus einer Pulsoxymetrie berechenbare Metriken wie die schlafapnoespezifische Hypoxämielast können Risikokollektive für Herzkrankheiten identifizieren. Dies gelingt für einzelne Erkrankungen besser als mit dem aufwendiger gemessenen Apnoe-Hypopnoe-Index [11].
CPAP-Therapie bei OSA – Arterielle Hypertonie
Die aktuellste Metaanalyse der randomisierten Studien, die die Effekte einer CPAP-Therapie und Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) auf den arteriellen Blutdruck untersuchte, schloss OSA-Patienten mit und ohne arterielle Hypertonie ein [12, 13]. Insgesamt führten sowohl die CPAP-Therapie als auch die Therapie mittels UPS zu einer ähnlichen moderaten Senkung des arteriellen Mitteldrucks [12, 13]. Eine erste nicht-randomisierte Vergleichsstudie zwischen der CPAP-Therapie und der Therapie mittels Stimulation der oberen Atemwege (Upper Airway Stimulation, UAS) weist darauf hin, dass die CPAP-Therapie stärkere Effekte auf den arteriellen Blutdruck hat [14]. Die CPAP-Therapie senkt bei Patienten mit und ohne arterielle Hypertonie den systolischen und diastolischen Blutdruck stärker in der Nacht als am Tag (−3,9/−2,6 vs. −1,8/1,8 mm Hg) [12, 13]. Die Senkung des systolischen Blutdrucks ist insbesondere günstig bei Patienten mit therapierefraktärem Bluthochdruck (CPAP-Effekt Senkung des systolischen Blutdrucks etwa 4 mm Hg) [12, 13]. Zudem ist bei Patienten mit fehlender nächtlicher Blutdrucksenkung in der ambulanten 24-h-Blutdruckmessung (Non-Dipper) der CPAP-Therapieeffekt auf den mittleren 24-h-Blutdruck stärker als bei Patienten mit physiologischer Nachtabsenkung (−5,4 vs. −3,0 mm Hg) [12, 13]. Weiterhin sind ein niedrigeres Lebensalter und eine schwere OSA mit schwerer Hypoxämie Faktoren für eine größere blutdrucksenkende Wirkung der CPAP-Therapie [12, 13]. Die medikamentöse antihypertensive Therapie ist auch bei Patienten mit OSA hinsichtlich der Blutdrucksenkung effektiver als die alleinige CPAP-Therapie [12, 13]. Eine begleitende CPAP-Therapie in dieser Patientengruppe zeigt jedoch hinsichtlich der Blutdrucksenkung synergistische Effekte und führt meist zu einer Verbesserung von Tagesschläfrigkeit und anderen Symptomen der OSA [12, 13].
Kommentar.
Konsequenzen hinsichtlich der Behandlungsindikation bei Patienten mit asymptomatischer OSA und Vorhofflimmern sind im Abschnitt „Indikationen zur Behandlung“ beschrieben.
CPAP-Therapie bei OSA – Vorhofflimmern
Eine aktuelle Metaanalyse fasst 9 Studien (8 Kohortenstudien und 1 randomisierte Studie) mit insgesamt 14.812 Patienten zusammen, die die Auswirkungen einer CPAP-Therapie auf das Wiederauftreten oder Fortschreiten (z. B. paroxysmal zu permanent) von Vorhofflimmern untersuchten [15]. In der Gruppe mit CPAP-Therapie war das Risiko eines erneuten Auftretens oder Fortschreitens von Vorhofflimmern um 63 % niedriger als bei Patienten mit unbehandelter OSA. Im Vergleich zu Patienten ohne OSA war das Wiederauftreten oder Fortschreiten von Vorhofflimmern bei Patienten, die CPAP nicht nutzten, wesentlich häufiger (21 % versus 41 %) [15].
Daher werden in internationalen Leitlinien bei Patienten mit Vorhofflimmern im Rahmen einer kombinierten Erfassung von bestehenden Risikofaktoren ein Schlafapnoescreening (Empfehlungsgrad I, Evidenzgrad B) sowie eine Therapie der SBAS empfohlen (Empfehlungsgrad IIa, Evidenzgrad B) [12].
In einer aktuellen 1:1 randomisierten Open-label-Studie wurde untersucht, ob bei Patienten mit Schlafapnoe (AHI ≥ 15/h) und paroxysmalem Vorhofflimmern CPAP (n = 55) im Vergleich zu unbehandelter Schlafapnoe (Kontrolle, n = 54) zu einer Abnahme der Vorhofflimmerlast führt. Die Vorhofflimmerlast (prozentualer Anteil der Zeit mit Vorhofflimmern) wurde mit einem implantierbaren Loop-Recorder über mehrere Wochen gemessen. Die Vorhofflimmerlast verringerte sich von 6 % bei Studienbeginn auf 4 % in den letzten drei Monaten der CPAP-Behandlung und von 5 auf 4 % in der Kontrollgruppe in einer ähnlichen Größenordnung. Bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern und Schlafapnoe führte die Behandlung mit CPAP nicht zu einer statistisch signifikanten Verringerung der Vorhofflimmerlast [16]. In den nächsten Jahren sind die Ergebnisse von weiteren randomisierten Studien zu erwarten, z. B. SLEEP-AF-Studie (Effekte einer CPAP-Therapie der OSA auf die Vorhofflimmerrezidivrate nach Pulmonalvenenisolation; ACTRN12616000088448) [12].
Kommentar.
Trotz nachgewiesener Mechanismen und sehr homogener vielversprechender Datenlage in den bisherigen Beobachtungsstudien ist es bisher nicht gelungen, in einer randomisierten Studie nachzuweisen, dass CPAP bei Patienten mit OSA und Vorhofflimmern die Vorhofflimmerrezidivrate nach Therapie (Kardioversion oder Pulmonalvenenisolation) oder die Vorhofflimmerlast bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern reduziert. Weitere Studien müssen abgewartet werden. Konsequenzen hinsichtlich der Behandlungsindikation bei Patienten mit asymptomatischer OSA und Vorhofflimmern sind im Abschnitt „Indikationen zur Behandlung“ beschrieben.
Aufgrund der aktuell unsicheren Datenlage hinsichtlich der PAP-Therapie bei Patienten mit asymptomatischer OSA und Vorhofflimmern ergibt sich die Frage, ob es ggf. auch pharmakologische Ansätze gibt, das Risiko für Vorhofflimmern oder die Vorhofflimmerlast bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern zu senken. Hierzu wurden kürzlich zwei Grundlagenarbeiten publiziert.
Patienten mit SBAS zeigen eine erhöhte atriale CaMKII-Aktivität, die zu einer Dysregulation des proarrhythmischen Na-Stroms in atrialen Kardiomyozyten führt. Zelluläre (Membranpotenzialinstabilitäten) und multizelluläre vorzeitige trabekuläre Vorhofkontraktionen als Surrogate für Vorhofarrhythmien waren in Vorhofbiopsien von Patienten mit SBAS erhöht und wurden durch CaMKII-Hemmung aufgehoben. Diese proarrhythmischen Veränderungen in atrialen Kardiomyozyten von Patienten mit SBAS waren unabhängig von klinischen Komorbiditäten [17].
Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Expression von Connexin 43 in menschlichem Vorhofgewebe von Patienten mit SBAS unabhängig von wichtigen Störvariablen herunterreguliert war [18]. Das Ausmaß der Herabregulierung von Connexin 43 korrelierte mit dem Apnoe-Hypopnoe-Index und auch mit dem Sauerstoffentsättigungsindex. Diese reduzierten Connexin-43-mRNA-Spiegel waren mit einem höheren Risiko für postoperatives Vorhofflimmern assoziiert.
Kommentar.
Die Daten unterstützen möglicherweise das Konzept eines neuen pharmakologischen Therapieansatzes für Patienten mit SBAS und Vorhofflimmern über die PAP-Therapie hinaus. Da bereits mehrere CaMKII-Inhibitoren und Therapeutika auf mRNA-Basis für den klinischen Einsatz entwickelt werden, sollten diese und ähnliche translationale Ansätze weiterverfolgt werden.
Kardiovaskuläre Ereignisse nach akutem Koronarsyndrom
In der multizentrischen, offenen, parallelen, randomisierten ISAAC-Studie an Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) wurden die OSA-Patienten in eine Gruppe mit CPAP-Therapie und leitliniengerechter Behandlung (CPAP-Gruppe, n = 633) oder in eine Gruppe mit leitliniengerechter Behandlung alleine (Kontrollgruppe, n = 631) 1:1 randomisiert [19]. Eine Gruppe von Patienten mit ACS, aber ohne OSA, wurde ebenfalls als Referenzgruppe einbezogen. Die Patienten wurden über einen Zeitraum von mindestens 1 Jahr beobachtet. Die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse war in der CPAP- und der Kontrollgruppe ähnlich (98 Ereignisse [16 %] gegenüber 108 Ereignissen [17 %]; Hazard Ratio [HR] 0,89 [95 % CI 0,68–1,17]; p = 0–40) [19]. Die durchschnittliche Dauer der CPAP-Behandlung betrug 2,78 h/Nacht. Die Prävalenz kardiovaskulärer Ereignisse war während der Nachbeobachtungszeit zwischen den Patienten in der Referenzgruppe ohne Schlafapnoe (90 [15 %] Ereignisse) und denen in der Kontrollgruppe (102 (17 %) Ereignisse) ähnlich (1,01 [0,76–1,35]; p = 0,93). Die Inzidenz der kardiovaskulären Ereignisse schien nicht mit der CPAP-Compliance oder dem Schweregrad der OSA zusammenzuhängen. Es hatten 464 (74 %) von 629 Patienten in der CPAP-Gruppe 1538 schwerwiegende unerwünschte Ereignisse und 406 (65 %) von 626 Patienten in der UC-Gruppe hatten 1764 schwerwiegende unerwünschte Ereignisse [19].
Kommentar.
Die ISAAC-Studie [19] reiht sich ein in die großen randomisierten Langzeitstudien (z. B. SAVE, SERVE-HF) [20, 21], in denen Patienten mit OSA oder zentraler Schlafapnoe in eine PAP-Gruppe und eine Gruppe ohne Therapie der Schlafapnoe randomisiert wurden. Bisher konnte noch in keiner der großen randomisierten Studien und auch nicht in Metaanalysen [22, 23], die alle randomisierten Studien einschlossen, nachgewiesen werden, dass eine PAP-Therapie bei Patienten mit a‑ oder oligosymptomatischer OSA oder zentraler Schlafapnoe kardio- und/oder zerebrovaskuläre Ereignisse signifikant senken kann. In der SERVE-HF-Studie bei Patienten mit zentraler Schlafapnoe und Herzinsuffizienz mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion ≤ 45 % war in der Gruppe mit adaptiver Servoventilation die kardiovaskuläre Mortalität sogar signifikant erhöht [21].
Postulierte Ursachen für den neutralen bzw. negativen Ausgang der Studien konnten bislang nicht bestätigt werden. Beispielsweise scheinen die Studienergebnisse unabhängig von einer zu niedrigen PAP-Nutzung zu sein [23]. Die im folgenden Text beschriebenen Studien [24, 25] können als Grundlage eines weiteren möglichen Erklärungsansatzes bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung dienen, die sowohl in ISAAC als auch in SAVE und SERVE-HF eingeschlossen waren [19,20,21].
Die ISAAC- und die SAVE-Studie [19, 20] berücksichtigten nicht die Heterogenität von Populationen mit koronarer Herzerkrankung und OSA [25]. Daher wurde eine Post-hoc-Analyse der ISAAC-Studie [25] in 1701 Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) durchgeführt. Es wurden zwei wesentliche Phänotypen identifiziert: Patienten ohne vorherige Herzerkrankung und ohne früheres ACS (keine vorherige Herz-Kreislauf-Erkrankung, 81 %) und Patienten mit einer früheren Herzerkrankung oder einem früheren ACS (vorherige Herz-Kreislauf-Erkrankung, 19 %) [25]. Für den Phänotyp ohne vorangegangene Herz-Kreislauf-Erkrankung zeigten Patienten mit OSA im Vergleich zu Patienten ohne OSA ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (adjustierte Hazard Ratio [95 % CI]) 1,54 [1,06 bis 2,24], p = 0,02; Abb. 2a). Im Gegensatz dazu zeigte sich für den Phänotyp mit vorheriger Herz-Kreislauf-Erkrankung ein numerisch protektiver Effekt der OSA (adjustierte Hazard Ratio 0,69 [0,46 bis 1,04]; p-Wert = 0,08 Abb. 2b) [25].
Eine Erklärung für die Ergebnisse dieser Post-hoc-Analyse der ISAAC-Studie [25] könnte darin liegen, dass Patienten mit akutem Myokardinfarkt und schwerer SBAS eine umfangreichere koronare Kollateralisierung aufweisen [24]. Dieses Ergebnis war unabhängig von Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index und der Zielläsion der primären Koronarintervention und traf vor allem für die OSA, nicht jedoch für die zentrale Schlafapnoe zu [24].
Kommentar.
Die beiden Studien [24, 25] stützen die Hypothese, dass vor allem bei länger bestehenden Koronarstenosen die OSA auch protektive Effekte entfalten könnte; z. B. durch die Entwicklung von koronaren Kollateralen durch a) länger bestehende Koronarstenosen (ischämische Konditionierung) und b) die OSA (hypoxämische Konditionierung).
Schlaganfall
Vier große wissenschaftliche Gesellschaften haben eine Arbeitsgruppe aus Experten für Neurologie, Schlaganfall, Pneumologie und Schlafmedizin gebildet, um die Evidenz für mögliche Zusammenhänge zwischen SBAS und deren Therapie mit dem Risiko für einen Schlaganfall und der Morbidität und Mortalität nach einem Schlaganfall zu evaluieren [26].
Die obstruktive Schlafapnoe ist unabhängig von bekannten Risikofaktoren mit der Inzidenz von Schlaganfällen assoziiert [26]. Auch Schnarchen bei OSA-Patienten mit vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist mit zerebrovaskulären, nicht aber kardialen Ereignissen assoziiert [27]. Dieser Zusammenhang ist von der CPAP-Therapie und der Schwere der OSA (Apnoe-Hypopnoe-Index) unabhängig [27].
Um die Effekte einer CPAP-Therapie auf das Schlaganfallrisiko zu prüfen, schlossen Khan et al. [22] 7 randomisierte Studien in eine Metaanalyse ein, wobei die SAVE-Studie [20] das größte Gewicht in der Analyse hatte. Die Schlaganfallhäufigkeit wurde durch die CPAP-Therapie weder in der Gesamtpopulation noch in Subpopulationen nach Ausschluss von Studien mit geringer CPAP-Adhärenz und nach Ausschluss der SAVE-Studie gesenkt [22, 26].
Hinsichtlich der Morbidität nach einem Schlaganfall deuten derzeitige Erkenntnisse auch aus kleineren randomisierten Studien darauf hin, dass CPAP bei Schlaganfallüberlebenden mit OSA durchführbar ist und die neurologische Erholung (z. B. Gangsicherheit) fördern sowie Schläfrigkeit und depressive Symptome verbessern kann [26]. Die Expertengruppe schlägt deshalb vor, dass die Behandlung von OSA nach einem Schlaganfall mit CPAP in ein multimodales Management mehrerer Risikofaktoren einbezogen werden sollte. Solch ein multimodales Management beinhaltet z. B. die Antikoagulation bei Vorhofflimmern, Kontrolle von Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Dyslipidämie, Bewegung und Gewichtsreduktion [26].
Indikationen zur Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe
Aus der oben beschriebenen Studienlage ergeben sich die in einem aktuellen Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) veröffentlichten Kernempfehlungen zur apparativen Diagnostik von SBAS bei Patienten mit kardiovaskulären Komorbiditäten [12]. Eine Polygraphie sollte zur OSA-Diagnostik bei typischen Symptomen eines OSA-Syndroms, pathologischem 24-h-Blutdruckprofil („Non-Dipping“ oder „Rising“) oder therapierefraktärer arterieller Hypertonie durchgeführt werden. Bei anderen kardiovaskulären Erkrankungen sollte die apparative schlafmedizinische Diagnostik aufgrund der hohen Prätestwahrscheinlichkeit im Rahmen eines kombinierten Risikofaktormanagements erfolgen [12]. Die klare Indikation zur CPAP-Therapie besteht jedoch nur bei Symptomen der OSA oder bei schwerer asymptomatischer OSA und zusätzlich bestehender arterieller Hypertonie [12]. Bei allen anderen kardiovaskulären Erkrankungen und asymptomatischer OSA ist die Empfehlung wesentlich schwächer. Entsprechend kann eine CPAP-Therapie der asymptomatischen OSA z. B. beim Vorhofflimmern im Rahmen eines kombinierten Risikofaktorenmanagements – ähnlich wie beim Schlaganfall (s. Abschnitt „Schlaganfall“) – erfolgen [12].
Kommentar.
Die OSA ist weitverbreitet und die Prävalenz nimmt zu. Tagesschläfrigkeit gehört zu den häufigsten Symptomen, aber viele Patienten mit OSA sind a‑ bzw. oligosymptomatisch. Patienten mit OSA, die asymptomatisch sind, oder deren Symptome nur geringfügig störend sind und kein offensichtliches Risiko für die Fahrsicherheit darstellen, können mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen behandelt werden, wie z. B. Gewichtsabnahme und Bewegung [28]. Therapien wie PAP werden für Personen mit übermäßiger Schläfrigkeit und schwer einstellbarer arterieller Hypertonie empfohlen [28]. Die Behandlung von Personen mit asymptomatischer OSA zur Verringerung kardiovaskulärer und zerebrovaskulärer Ereignisse wird derzeit nicht durch die Ergebnisse randomisierter Studien unterstützt [28].