FormalPara Steering-Komitee
  • Prof. Dr. med. Boris A. Stuck, Marburg

  • Dr. med. Alfred Wiater, Köln

1 Zusammenfassung

Bei der Überprüfung der Empfehlungen der derzeit gültigen Version des Kapitels „Schlafbezogene Atmungsstörungen des Erwachsenen“ der Leitlinie „Nicht-erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ durch die Steuerungsgruppe der Leitlinie wurde basierend auf neuen wissenschaftlichen oder klinischen Erkenntnissen eine Reihe von Empfehlungen bzw. Kapiteln als überarbeitungs- bzw. aktualisierungsbedürftig identifiziert. Hierzu gehörten ausgewählte Kapitel zur Diagnostik (klinische Untersuchung, Polysomnografie, Polygrafie sowie die Diagnostik mit reduzierten und alternativen Systemen) und zur Therapie (Lagetherapie, chirurgische Verfahren) der schlafbezogenen Atmungsstörungen sowie die Kapitel zur obstruktiven Schlafapnoe und Demenz und zur schlafbezogenen Hypoventilation/schlafbezogenen Hypoxämie. Diese Kapitel wurden entsprechend der Methodik einer S3-Leitlinie aktualisiert. Die übrigen Empfehlungen und Kapitel der Leitlinie hingegen behalten bis auf Weiteres ihre Gültigkeit.

Bezüglich der Diagnostik der Schlafapnoe wurde eine Reihe von Empfehlungen zur klinischen Untersuchungen sowie zur Polygrafie und Polysomnografie präzisiert und modifiziert. Ergänzt wurde ein Kapitel zur Diagnostik mit alternativen Systemen, hierbei wurde die tonometriebasierte Diagnostik als Alternative zur Abklärung der Schlafapnoe aufgenommen. Die Lagetherapie bei lageabhängiger OSA und die Tonsillektomie mit Uvulopalatopharyngoplastik werden aufgrund neuer randomisierter Studien mit einem höheren Empfehlungsgrad empfohlen. Empfehlungen zur obstruktiven Schlafapnoe und Demenz können aufgrund der unklaren Datenlage nicht mehr gegeben werden, die Empfehlungen zur schlafbezogenen Hypoventilation/schlafbezogenen Hypoxämie wurden präzisiert.

2 Konzept der Aktualisierung

Die bestehende S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ – Kapitel „Schlafbezogene Atmungsstörungen des Erwachsenen“ stand drei Jahre nach Veröffentlichung am 22.12.2019 zur Überarbeitung an. Nach einer inhaltlichen Prüfung der Leitlinie durch Mitglieder des bisherigen Steering-Komitees bzw. durch die Autoren der ursprünglichen Leitlinie wurde deutlich, dass diese in weiten Teilen noch Gültigkeit besitzt und keine komplette Aktualisierung erforderlich ist, sondern die Gültigkeit für weitere zwei Jahre verlängert werden kann. Es wurden allerdings einige Kapitel identifiziert, die aufgrund neuer Erkenntnisse einer Überarbeitung bedurften. In Anbetracht des Umfangs und der thematischen Vielgestaltigkeit der Leitlinie wurde daher entschieden, diese nicht in vollem Umfang zu aktualisieren, sondern lediglich in Teilen zu überarbeiten. In der nachfolgenden Aktualisierung finden sich daher die überarbeiteten Kapitel der Leitlinie. Die nicht aktualisierten Kapitel haben entsprechend weiterhin Gültigkeit und finden sich weiterhin unter der Registernummer 063-001 der Leitlinie. Eine komplette Überarbeitung der gesamten Leitlinie ist entsprechend nach Ablauf des 5‑Jahres-Zeitraums im Dezember 2021 vorgesehen. Einzelheiten zur Auswahl der zu aktualisierenden Kapitel und der diesbezüglichen Methodik können dem Leitlinienprotokoll entnommen werden (siehe Anhang). An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass sich die Leitlinie nur auf Erwachsene bezieht.

3 Diagnostik

3.1 Klinische Untersuchung

Die klinische Untersuchung sollte darauf abzielen, anatomische Veränderungen an den oberen Atemwegen oder im Bereich des Gesichtsschädels zu identifizieren, die für die Entstehung der OSA (mit) verantwortlich gemacht werden können. Diese klinische Untersuchung sollte die Nase, die Mundhöhle und den Rachen sowie die skeletale Morphologie des Gesichtsschädels beinhalten. Die klinische Untersuchung sollte dann erweitert werden, wenn in diesen Regionen Beschwerden angegeben oder relevante Pathologien vermutet werden [1, 2]. Hierzu kann die Hinzuziehung entsprechend qualifizierter Fachkollegen (Hals-Nasen-Ohrenärzte, Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie, Kieferorthopäden, spezialisierte Zahnärzte) notwendig werden. Zur differenzialdiagnostischen Planung operativer Eingriffe oder des Einsatzes von Unterkieferprotrusionsschienen (UPS) hat die Untersuchung des Pharynx unter Narkose (Drug-induced Sleep Endoscopy (DISE)) einen hohen Stellenwert, um das Kollapsmuster, die Lokalisation und das Ausmaß relevanter Stenosen zu beschreiben [3, 4].

Empfehlungen.

Modifiziert:

  • Die Untersuchung der Mundhöhle und des Rachens ist von großer Bedeutung und soll durchgeführt werden (Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A).

  • Wird die Therapie mit einer progenierenden Schiene erwogen, soll eine Einschätzung der möglichen Unterkieferprotrusion erfolgen sowie ein Zahnstatus erhoben werden (Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A)

  • Bei der diagnostischen Abklärung der OSA soll eine orientierende Beurteilung der skeletalen Morphologie des Gesichtsschädels erfolgen (Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A).

  • Zur Beurteilung der strömungsrelevanten nasalen Strukturen sollte eine klinische Untersuchung der Nase erfolgen (Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad B), diese kann auch eine endoskopische Beurteilung beinhalten (Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad C).

Neu:

  • Zur Erfassung des Körpermasseindex sollen die Körpergröße und das Körpergewicht ermittelt werden (Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A)

Die Empfehlungen zur klinischen Untersuchung wurden mit starkem Konsens (18/18) angenommen.

3.2 Diagnostische Polysomnografie

Das Grundinstrument und die Referenz der schlafmedizinischen Diagnostik im Schlaflabor stellt die überwachte kardiorespiratorische Polysomnografie (PSG) dar. Dabei werden die physiologischen Signale aufgezeichnet, die zu einer quantitativen Bewertung des Schlafs, der Schlafstörungen und der mit dem Schlaf assoziierten Erkrankungen gemäß ICSD‑3 erforderlich sind (vgl. Tab. 1).

Tab. 1 Empfohlene Kanäle zur kardiorespiratorischen Polysomnografie. Angegeben sind die zu untersuchende Funktion, die dazugehörigen Biosignale, die notwendige Technik und ihre technischen Spezifikationen bezogen auf die optimale Abtastrate und die Filtereinstellungen

Die Schlafstadieneinteilung entspricht weitgehend der älteren Klassifikation von Rechtschaffen und Kales [5, 6]. Mehrdeutigkeiten werden reduziert, und die Reliabilität wird erhöht [7]. Ein Kapitel zu zentralnervösen Aktivierungen (Arousals) übernimmt die Definitionen eines früheren Empfehlungspapiers [8]. Weitere Kapitel legen die Aufzeichnung und die Auswertung von Parametern des EKG [9] und von Beinbewegungen fest. Die motorischen Muster, wie periodische Beinbewegungen, Bruxismus und REM-Schlaf-Verhaltensstörungen, werden genau definiert [10]. Im Bereich der nächtlichen Atmungsstörungen werden Definitionen für Apnoen und Hypopnoen verschiedener Art gegeben. Referenzmethode zur Erfassung der vermehrten Atemanstrengung bei Obstruktion und der Abgrenzung obstruktiver von zentralen Atmungsstörungen ist die ösophageale Druckmessung. Sie ist jedoch nur wenig verfügbar. Ein Algorithmus auf der Basis der PSG, der Flattening, Atmungsanstrengung, Atemmuster, Arousal und Schlafstadien einbezieht, bietet ebenfalls eine hohe Genauigkeit in der Differenzierung der Atmungsstörungen.

Die Induktionsplethysmografie wird als nichtinvasive Methode mit vergleichbaren Ergebnissen anerkannt [11]. Um Hypoventilationen im Schlaf zu erkennen, muss die CO2-Konzentration kontinuierlich bestimmt werden. Das gebräuchlichste Verfahren hierfür ist die transkutane Bestimmung des CO2-Partialdrucks (tcPaCO2) [12]. Zur Polysomnografie gehören auch die Aufzeichnung der Körperposition und eine genau synchronisierte Videoaufzeichnung des Schlafenden [13]. Das AASM-Manual wurde 2012 (Version 2.0) und 2014 (Version 2.1), 2015 (Version 2.2) sowie 2016 (2.3) nochmals in geringem Umfang aktualisiert, um neue Erkenntnisse mit zu berücksichtigen [14,15,16,17]. Es folgten weitere Änderungen 2017 (Version 2.4) und 2018 (2.5). Seit 2016 wurde ein Kapitel für ambulante Schlafapnoediagnostik aufgenommen, welches evidenzbasiert die Parameter für die Aufzeichnung und Auswertung festlegt [18, 19]. Dieses beinhaltet auch ein Unterkapitel für die ambulante Schlafapnoediagnostik mittels peripherer arterieller Tonometrie mit den speziellen Parametern dieser Technik [18, 19].

Mit der überwachten Polysomnografie können Schlafstörungen mit Veränderungen in den physiologischen Parametern untersucht und quantitativ angegeben werden. Die Polysomnografie stellt mit der aktuellen computergestützten Technik einen überschaubaren apparativen Aufwand dar. Sie erfordert spezifisch schlafmedizinisch ausgebildetes Personal für die Durchführung der Messung und die Auswertung der Biosignale. Schlafmedizinische Weiterbildungen und Qualifikationen sind für medizinisch-technisches Personal, für Psychologen und Naturwissenschaftler sowie für Ärzte etabliert. Fachärzte ausgewählter Fachrichtungen haben die Möglichkeit, eine Zusatzweiterbildung „Schlafmedizin“ nach den entsprechenden Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern zu erwerben, darüber hinaus existiert eine definierte Weiterbildung hinsichtlich Diagnostik und Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen nach den BUB-Richtlinien. Ärzte und Naturwissenschaftler können den Qualifikationsnachweis Somnologe der DGSM erwerben.

Das AASM-Manual [13, 14] erlaubt die Einteilung in die Stadien Wach, REM, N1, N2, N3. Für die apparative und personelle Ausstattung eines Schlaflabors bestehen nationale und internationale Empfehlungen, deren Befolgung Voraussetzung für eine Akkreditierung der Schlaflabore durch die schlafmedizinischen Fachgesellschaften ist [11].

Tab. 2 gibt einen Überblick über die evidenzbasierte Datenlage zur PSG. Die Validität und Reliabilität der visuellen Auswertung ist belegt und entspricht den aktuellen Anforderungen an die Güte einer visuellen Auswertung von Biosignalen [7, 20]. Im schlafmedizinischen Befundbericht muss dokumentiert werden, ob die Aufzeichnung und Auswertung der Polysomnografie nach den Kriterien von Rechtschaffen und Kales [5] oder nach den AASM-Kriterien [13, 14] erfolgte. Die AASM-Richtlinien werden ca. alle 2 Jahre novelliert, so zuletzt 2018 (Version 2.5) [21].

Tab. 2 Metaanalysen zur kardiorespiratorischen Polysomnografie im Schlaflabor mit Überwachung

Empfehlungen.

Geprüft und belassen:

  • Die Polysomnografie im Schlaflabor mit Überwachung durch schlafmedizinisch qualifiziertes Personal wird als Grundinstrument und Referenzmethode empfohlen (Evidenzlevel 2a, Empfehlungsgrad A).

  • Die Polysomnograpfe soll entsprechend den aktuellen Empfehlungen durchgeführt werden. Dies beinhaltet die Aufzeichnungen von Schlaf-EEG, EOG, EMG, EKG, des Atemflusses, Schnarchen, der Atmungsanstrengung, der Sauerstoffsättigung, der Körperlage und des Videos (Evidenzlevel 2a, Empfehlungsgrad A).

Neu:

  • Die Polysomnografie sollte durchgeführten werden, wenn die Ergebnisse der Polygrafie nicht eindeutig sind, bei persistierendem Verdacht auf eine SBAS trotz unauffälliger Polygrafie, zur Differenzialdiagnostik schlafmedizinischer Erkrankungen und/oder bei Verdacht auf schlafmedizinisch relevante komorbide Störungen (Evidenzlevel 2a, Empfehlungsgrad B)

Die Empfehlungen zur diagnostischen Polysomnografie wurden mit starkem Konsens (16/18) angenommen.

3.3 Polygrafie für schlafbezogene Atmungsstörungen

Für die Diagnostik der schlafbezogenen Atmungsstörungen stehen vereinfachte portable Systeme zur Verfügung ([24,25,26]; vgl. Tab. 3).

Tab. 3 Studien zur Polygrafie für Schlafapnoe

Die portablen Systeme zur Diagnostik werden nach der Anzahl der aufgezeichneten Kanäle in vier Kategorien eingeteilt. Sie sind zum größten Teil Systeme mit 4–6 Kanälen ohne Messung des Schlaf-EEGs (Synonym: Polygrafiesysteme).

Polygrafiesysteme mit einer adäquaten Auswahl von Biosignalen, einer sehr guten Signalaufnahme und sehr guten Signalverarbeitung können die Anzahl der falsch-positiven Diagnosen reduzieren [18, 19]. Eine Vorauswahl der Patienten mittels gezielter Anamnese kann die Prätestwahrscheinlichkeit erheblich erhöhen und ebenfalls die Anzahl falsch-positiver Diagnosen reduzieren. Anhand der Polygrafie kann grundsätzlich zwischen OSA und ZSA unterschieden werden. Für einige Systeme liegen Validierungen vor, die jedoch noch nicht für eine hohe Evidenz ausreichen.

Die Polygrafiesysteme zur Diagnostik der Schlafapnoe umfassen in der Regel den Atemfluss mit Thermistor oder Staudrucksensor, die Atmungsanstrengung mittels Induktionsplethysmografie, die Sauerstoffsättigung mit geeigneter Pulsoximetrie (Mittelwertbildung mit ausreichend hoher zeitlicher Auflösung), die Pulsfrequenz und die Körperlage [19]. Mit der Methode des SCOPER-Systems wird die Anzahl der Kanäle bedeutungslos, und die Erfassung der Funktionen tritt in den Vordergrund (S = sleep, C = cardiovascular, O = oximetry, P = position, E = effort, R = respiratory; [19]). Für jede Funktion gibt es mehrere Güteklassen. Schlaf kann aus einer Aktigrafie oder anderen Surrogatparametern abgeschätzt werden und muss abhängig von der Fragestellung nicht aus einem Schlaf-EEG abgeleitet werden. Das SCOPER-System wird heute zur Einteilung der Polygrafiesysteme eingesetzt.

Die Auswertung der Polygrafie erfolgt nach den aktuellen Regeln der Polysomnografie [21], um eine visuelle Auswertung und eine Bearbeitung von Artefakten zu ermöglichen. Die Durchführung einer visuellen Auswertung muss in der Dokumentation kenntlich gemacht werden [31]. Für die Abtastraten und weitere technische Spezifikationen der Polygrafiesysteme werden die evidenzbasierten Empfehlungen der Polysomnografie herangezogen (vgl. Tab. 1).

Der Einsatz von Polygrafiesystemen zur Diagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen soll von schlafmedizinisch ausgebildeten Fachärzten durchgeführt werden, die die Prätestwahrscheinlichkeit, die Symptomatik sowie die Komorbiditäten erfassen und bewerten können [31]. In Deutschland ist die schlafmedizinische Weiterbildung nach BUB-Richtlinie Voraussetzung für die Abrechnung der Polygrafie nach EBM. Polygrafiesysteme können zur Diagnose der obstruktiven Schlafapnoe eingesetzt werden, jedoch nicht bei komorbiden pulmonalen, psychiatrischen sowie neurologischen und neuromuskulären Erkrankungen, nicht beim gleichzeitigen Vorliegen anderer Schlafstörungen wie der zentralen Schlafapnoe, bei PLMD („periodic limb movement disorder“), Insomnie, zirkadianen Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen und Narkolepsie [33, 34]. Die Polygrafiesysteme erlauben zwischen zentralen und obstruktiven Apnoen zu unterscheiden. Bei Überwiegen von Hypopnoen erlauben Polygrafiesysteme nicht immer eine definitive Differenzierung von zentraler und obstruktiver Schlafapnoe und sind dahingehend auch nicht validiert. Aufgrund der fehlenden EEG-Kanäle (z. B. zur Messung der Schlafzeit und der Aufwachreaktionen) sind Polygrafiesysteme der Polysomnografie dahingehend unterlegen, dass der Schweregrad einer schlafbezogenen Atmungsstörung weniger genau eingeschätzt werden kann, eine schlafbezogene Atmungsstörung nicht sicher ausgeschlossen werden kann und mögliche Differenzialdiagnosen der schlafbezogenen Atmungsstörung nicht diagnostiziert werden können. Die Vergleichbarkeit der Anzahl der Hypopnoen zwischen Polygrafie und Polysomnografie ist am ehesten gegeben, wenn folgende Hypopnoedefinition gewählt wird: Eine Verminderung des Atemflusses um zwischen 30 und 90 % des Ausgangswerts bei mindestens 4 % Sauerstoffentsättigung [16, 35]. Physiologische Unregelmäßigkeiten des Atemrhythmus beim Schlaf-Wach-Übergang (sog. „Einschlafapnoen“) können ohne EEG-Analyse fälschlich als Schlafapnoe klassifiziert werden und zu falsch-positiven Ergebnissen führen.

Bei Patienten mit chronischen kardiovaskulären Erkrankungen konnte gezeigt werden, dass die Anamnese zur Erkennung schlafbezogener Erkrankungen nicht ausreicht. In dieser Gruppe ist eine Erfassung respiratorischer Messparameter notwendig. Bisher liegen keine Daten vor, ob ein systematisches Suchen Einfluss auf die Langzeitprognose hat [29, 30].

Empfehlungen.

Modifiziert:

  • Polygrafiesysteme sollen bei hoher Prätestwahrscheinlichkeit zur Diagnose einer OSA eingesetzt werden (Evidenzlevel 2a, Empfehlungsgrad A).

  • Die Polygrafie soll bei geringerer Vortestwahrscheinlichkeit, bei Verdacht auf begleitende somnologische oder schlafmedizinisch relevante komorbide Erkrankungen zum alleinigen Nachweis und zum Ausschluss einer OSA nicht eingesetzt werden. (Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A).

  • Die Polygrafie zur Diagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen soll von schlafmedizinisch qualifizierten Ärzten durchgeführt werden, die die Prätestwahrscheinlichkeit, die Symptomatik sowie die Komorbiditäten erfassen und bewerten können (Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A).

  • Die Auswertung der aufgezeichneten Signale soll durch geschultes Personal visuell erfolgen. Die alleinige Auswertung durch sogenanntes automatisches Scoring ist derzeit nicht zu empfehlen (Evidenzlevel 2a, Empfehlungsgrad A).

  • Für eine Ausschlussdiagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen soll die kardiorespiratorische Polysomnografie durchgeführt werden; die Polygrafie ist nicht ausreichend (Evidenzlevel 2a, Empfehlungsgrad A).

  • Zur Abklärung einer ventilatorischen Insuffizienz, einer Hypoventilation im Schlaf oder eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms ist die Polygrafie nicht ausreichend, dazu sind Messungen der Blutgase (paCO2 und HCO3−) am Tag und des CO2 im Schlaf notwendig (Evidenzlevel 2a, Statement).

  • Verlaufs- und Therapiekontrollen können polygrafisch erfolgen. Bei Patienten mit fraglichem Therapieerfolg, bei Patienten mit hohem Herzkreislaufrisiko und bei Patienten mit anderen den Schlaf beeinträchtigenden Erkrankungen können PSG-Kontrollen auch ohne vorherige Polygrafie durchgeführt werden (Evidenzlevel 2b, Empfehlungsgrad C).

Die Empfehlungen zur Polygrafie für schlafbezogene Atmungsstörungen wurden mit starkem Konsens angenommen (Empfehlung zur Abklärung einer ventilatorischen Insuffizienz mit 10/11, restliche Empfehlungen mit 10/10).

3.4 Diagnostik von schlafbezogenen Atmungsstörungen mit reduzierten Systemen

Systeme, die nur 1–3 Kanäle aufzeichnen (Pulsoximetrie, Langzeit-EKG, Aktigrafie, oronasale Atemflussmessung), ergeben bis zu 17 % falsch-negative und bis zu 31 % falsch-positive Befunde [27], weshalb ihr Einsatz zur definitiven Diagnosestellung oder zum Ausschluss von schlafbezogenen Atmungsstörungen nicht empfohlen wird.

Empfehlungen.

Geprüft und belassen:

  • Polygrafien mit weniger als den o. g. Kriterien können Hinweise auf das Vorliegen schlafbezogener Atmungsstörungen geben. Sie sollen als alleinige Maßnahme für die Diagnostik von schlafbezogenen Atmungsstörungen nicht erfolgen (Evidenzlevel 2b, Empfehlungsgrad A).

Modifiziert:

  • Bei Vorliegen von kardiovaskulären Risikoerkrankungen für schlafbezogene Atmungsstörungen (z. B. arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern, zerebrovaskuläre Erkrankungen) ohne Vorhandensein aller typischen Symptome ist eine Ein- oder Zweikanal-Registrierung als Suchtest möglich. Ergibt sich aus dieser Registrierung ein Verdacht auf eine OSA, soll eine weiterführende Diagnostik mit Polygrafie oder Polysomnografie durchgeführt werden (Evidenzlevel 2b, Empfehlungsgrad A).

Die Empfehlungen zur Diagnostik von schlafbezogene Atmungsstörungen mit reduzierten Systemen wurden mit starkem Konsens (14/17) angenommen.

3.5 Diagnostik von schlafbezogenen Atmungsstörungen mit alternativen Systemen

Neue Studien unterschiedlicher Qualität zeigen Möglichkeiten zum Monitoring von schlafbezogenen Atmungsstörungen mit alternativen Systemen auf, die sich nicht einer klassischen Polysomnografie, einer Polygrafie oder Systemen mit reduzierten Signalen zuordnen lassen. Die Grundlage dieser alternativen Systeme bilden die SCOPER-Kriterien [19], die vorsehen, dass die physiologischen Entitäten Schlaf, Kardiovaskulär, Sauerstoffsättigung, Position, Atmungsanstrengung und Atemfluss in unterschiedlicher Güte und direkt oder indirekt erfasst werden. Systeme mit neuer Sensorik, wie mit peripherer arterieller Tonometrie [28] oder Atemgeräusch‑/Schnarchgeräuschanalyse [36, 37] oder kontaktloser hochauflösender Erfassung von Körperbewegungen mittel Radartechnologie [38, 39] oder Sensorik im Bett [40, 41], können durch moderne Biosignalanalyse mehrere Entitäten aus einem Signal extrahieren. Ein prominentes und mit hoher Evidenz publiziertes Beispiel ist die erfolgreiche Extraktion des Atemflusses und der Atmungsanstrengung aus dem modifizierten Fingerpuls (periphere arterielle Tonometrie) für die Diagnostik der Schlafapnoe [28]. Smartphone- und Smartwatch-basierte Systeme greifen diese technischen Entwicklungen auf und sind meistens nicht als Medizinprodukt zugelassen.

Empfehlungen.

Neu:

  • Systeme mit peripherer arterieller Tonometrie weisen eine gute Evidenz für die Diagnostik der Schlafapnoe auf und sollten analog zur Polygrafie bei hoher Prätestwahrscheinlichkeit für den diagnostischen Nachweis und die Schweregradbestimmung von schlafbezogenen Atmungsstörungen eingesetzt werden (Evidenzlevel 2a, Empfehlungsgrad B).

  • Systeme basierend auf Smartphone- und Smartwatch-Technologie mit internen und externen Sensoren sind bisher nicht als Medizinprodukt zugelassen, und Validierungsstudien fehlen, bzw. liegen nur in Ausnahmefällen vor, sodass sie derzeit nicht empfohlen werden (Evidenzlevel 5).

Die Empfehlungen zur Diagnostik von schlafbezogenen Atmungsstörungen mit alternativen Systemen wurden mit starkem Konsens (14/15) angenommen.

4 Obstruktive Schlafapnoesyndrome

4.1 Obstruktive Schlafapnoe und Demenz

Zwei prospektive Kohortenstudien mit 2636 älteren Männern und mit 298 älteren Frauen jeweils ohne kognitive Beeinträchtigung zu Studienbeginn untersuchten den Effekt einer obstruktiven Schlafapnoe auf die Hirnleistung. Bei den Männern fand sich nach im Mittel 3,4 Jahren ein signifikant stärkerer Verlust an Hirnleistung, wenn eine obstruktive Schlafapnoe mit zusätzlicher Hypoxämie vorlag [42]. Bei den Frauen mit obstruktiver Schlafapnoe und Hypoxämie war das Risiko für die Entwicklung einer milden kognitiven Beeinträchtigung (MCI) oder einer Demenz im Verlauf von im Mittel 4,7 Jahren nach Adjustierung für andere Risikofaktoren um den Faktor 1,85 (95 % CI 1,11–3,08) erhöht [43]. Das Risiko von Patienten mit Schlafapnoe, eine Demenz zu entwickeln, ist erhöht, wenn das Allel Apolipoprotein E varepsilon 4 fehlt [44]. Des Weiteren wurde eine signifikante Reduktion der instrumentellen Aktivität des täglichen Lebens bei älteren Frauen mit unbehandelten schlafbezogenen Atmungsstörungen nachgewiesen [45].

4.1.1 Therapie der obstruktiven Schlafapnoe bei Menschen mit Demenz

In einer kleinen randomisierten kontrollierten Studie wurden Menschen mit leichter und mittelschwerer Demenz und obstruktiver Schlafapnoe (AHI > 10/h) mittels CPAP bzw. mit einer subtherapeutischen CPAP-Therapie behandelt. Die Akzeptanz der CPAP-Therapie war initial hoch, jedoch brachen 25 % der Patienten die Studie nach der Randomisierung ab [46, 47], die Abbruchrate nach der randomisierten Studie war ebenfalls hoch [48].

Nach einer dreiwöchigen Therapie zeigten die Patienten mit einer CPAP-Therapie im Vergleich zu den Patienten mit subtherapeutischer CPAP-Therapie eine klinisch nicht relevante Besserung der Tagesschläfrigkeit (∆ Epworth Sleepiness Scale CPAP versus subtherapeutischer CPAP: −1,6) [47]. Es kam zu keiner signifikanten Besserung in verschiedenen neuropsychologischen Testscores [46].

Eine CPAP-Therapie kann nur in nichtrandomisierten Studien bei ausgewählten Patienten mit leichter und mittelschwerer Demenz die Tagesschläfrigkeit [47], das Schlafprofil [49] und die kognitive Leistungsfähigkeit [48] verbessern. Eine dauerhafte CPAP-Therapie ist bei ausgewählten Patienten mit leichter und mittelschwerer Demenz sowie obstruktiver Schlafapnoe möglich [46,47,48,49].

In den bisherigen randomisierten Studien konnte nicht nachgewiesen werden, dass eine CPAP-Therapie bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Demenz die Symptomatik und die kognitive Leistungsfähigkeit relevant verbessert. Die Studien waren zu klein, um solche Effekte nachzuweisen (Tab. 4). Deshalb können aktuell keine spezifischen Empfehlungen zur Behandlung der Schlafapnoe bei Demenzpatienten gegeben werden.

Tab. 4 Therapie von Patienten mit OSA und Demenz

Eine pharmakologische Therapie der Demenz mittels Donepezil kann eine obstruktive Schlafapnoe relevant bessern [50].

4.1.2 Nächtliche Überdruckbeatmung

Die Empfehlungen des bestehenden Kapitels zur nächtlichen Überdruckbeatmung behalten weiterhin ihre Gültigkeit. Präzisiert wird in diesem Abschnitt lediglich die Aussage zur CPAP-/APAP-Einleitung ohne polysomnografische Kontrolle, die nun wie folgt lautet: „Zum Management der Therapieeinleitung gibt es zunehmende RCTs (randomized controlled trials), die zeigen, dass bei bestimmten Subgruppen von Patienten eine CPAP-/APAP-Einstellung ambulant an einem schlafmedizinischen Zentrum auch ohne polysomnografische Kontrolle im Schlaflabor erfolgen kann.“

4.2 Nicht-CPAP-Verfahren bei obstruktiver Schlafapnoe

4.2.1 Lagetherapie

Der Begriff „rückenlageabhängige obstruktive Schlafapnoe“ wird üblicherweise verwendet, wenn der AHI in Rückenlage mindestens doppelt so hoch ist wie in den übrigen Lagen [51]. Die Prävalenz der rückenlageabhängigen Schlafapnoe wird auf 25–30 % bezogen auf alle Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe geschätzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine rückenlageabhängige Schlafapnoe vorliegt, fällt mit zunehmendem Schweregrad der Schlafapnoe und der Adipositas [51].

Insbesondere bei Patienten, die ausschließlich in Rückenlage Atmungsstörungen aufweisen bzw. bei denen in anderen Körperpositionen ein geringer bzw. nicht-therapiebedürftiger AHI vorliegt, hat eine Verhinderung der Rückenlage grundsätzlich therapeutisches Potenzial. Die zur Rückenlageverhinderung verwendeten Verfahren bzw. Hilfsmittel unterscheiden sich erheblich in ihrem Aufbau bzw. in der Zuverlässigkeit, mit der die Rückenlage verhindert wird. Bei der Lagetherapie kann zwischen passiven Verfahren (z. B. der sogenannten „tennis-ball technique“, sowie spezielle Kissen und Rucksäcken) und aktiven Verfahren (Lagetrainer, Vibrationsalarm gesteuert durch speziellen Algorithmus) unterschieden werden [52]. Analog zu anderen Hilfsmitteln ergibt sich auch hier das Problem der Compliance.

Eine aktuelle Metaanalyse beinhaltet drei randomisierte Studien, in denen aktive Verfahren mithilfe eines Lagetrainers gegenüber einer CPAP-Therapie verglichen wurden. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass es sich hauptsächlich nur um ein System in diesen Metaanalysen handelte. Zwei von diesen Studien zeigten, dass CPAP eine stärkere Reduktion des AHI mit einer mittleren Differenz von 6,4 Ereignissen pro Stunde (95 % CI 3,00 bis 9,79) im Vergleich zur Lagetherapie ergab [52]. Positive Effekte auf die Tagesschläfrigkeit waren unter Lagetherapie und CPAP vergleichbar [52]. Schlussfolgerungen hinsichtlich unerwünschter Ereignisse, Lebensqualität und Langzeiteffekten waren nicht möglich [52]. In einer aktuellen randomisierten Crossover-Studie über einen Zeitraum von jeweils 6 Wochen war die mittlere nächtliche Nutzungszeit mit einem Lagetrainer ca. 1 h länger als mit der CPAP-Therapie [51]. Es traten in beiden Gruppen keine schweren unerwünschten Ereignisse auf. Die Rate an unerwünschten Ereignissen war unter Lagetherapie geringer als unter automatischer CPAP-Therapie (4,2 % versus 18,8 %) [51]. Unter Lagetherapie wurden Schmerzen im Bereich des Rückens, der Schulter und des Nackens (3,4 %, 4/117) sowie abdominale Hautirritationen (< 1 %, 1/117) berichtet. Beide Therapien besserten signifikant die Tagesschläfrigkeit, jedoch nicht relevant die krankheitsspezifische Lebensqualität (Functional Outcomes of Sleep Questionnaire, FOSQ) [51].

In einer weiteren randomisierten Studie war die aktive Lagetherapie der Therapie mit einer UPS bei lagebabhängiger OSA ebenbürtig [53], und in einer weiteren Studie zeigte sich die Kombination beider Therapien signifikant wirksamer als die einzelnen Therapien [54].

Die aktive war der passiven Lagetherapie hinsichtlich der Vermeidung der Rückenlage ebenbürtig, zeigte jedoch deutlich bessere Compliance, Mean Disease Alleviation, Schlafqualität und Lebensqualität [55]. In einer Langzeitstudie mit einer aktiven Lagetherapie (Lagetrainer) betrug die Abbruchrate innerhalb eines Jahres 16 % (9/58) [56]. Die aktive Lagetherapie scheint daher auch eine realistische langfristige Therapiemethode der rückenlageabhängigen obstruktiven Schlafapnoe darzustellen. Dies war bei den meisten passiven Lagetherapien (z. B. „Tennisballmethode“) nicht gegeben. Die Übersicht über die dargestellten Studien gibt die Tab. 5.

Tab. 5 Lagetherapie bei Patienten mit OSA

Empfehlung.

Modifiziert:

  • Bei Patienten mit leicht- bis mittelgradiger lageabhängiger OSA sollte eine Therapie zur Rückenlageverhinderung mit validierten Systemen erwogen werden (Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad B).

Die Empfehlung zur Lagetherapie wurde mit starkem Konsens (9/11) angenommen.

4.2.2 Chirurgische Therapieverfahren

Bei den chirurgischen Verfahren wird zwischen resektiven und nichtresektiven Operationsmethoden und den gesichtsskelettverlagernden Verfahren (Osteotomien) unterschieden. Resektive Verfahren sind alle chirurgischen Maßnahmen, die zum Ziel haben, durch Resektionen im Bereich der oberen Atemwege Obstruktionen bzw. Behinderungen des Luftflusses zu beseitigen bzw. zu korrigieren. Insgesamt besteht bei resektiven Verfahren ein peri- und postoperatives Risiko, welches jedoch in den jüngeren Studien niedriger beschrieben wird und abhängig vom Therapieverfahren ist [62]. Ein weiteres Verfahren ist die Tracheotomie, die die OSA zuverlässig beseitigt [63], jedoch als Ultima Ratio anzusehen ist. Generell sind chirurgische Therapieformen schwieriger auf einem hohen Evidenzniveau zu evaluieren, da die operativen Techniken in Abhängigkeit von der Anatomie und Funktion des oberen Atemweges individuell ausgewählt werden mit entsprechend erschwerter Standardisierung und nur wenige Zentren das gesamte Therapiespektrum beherrschen [64]. Eine Verblindung ist bei vielen Operationstechniken naturgemäß nicht möglich. Es existieren dennoch zunehmend kontrollierte und randomisierte Studien, die chirurgische Therapieverfahren mit CPAP, Placebo oder Abwarten vergleichen. Daten zu Langzeiteffekten liegen nicht für alle dargestellten Verfahren vor.

Werden chirurgische Verfahren bei OSA-Patienten angewendet, so erfordern diese eine vorherige schlafmedizinische Diagnostik. Die Prädiktoren für einen Operationserfolg und damit die Selektionskriterien für die Wahl der geeigneten chirurgischen Therapie bei OSA-Patienten müssen für jede Intervention separat herausgearbeitet werden. Sie unterscheiden sich zum Teil erheblich und sind nicht für alle Operationen vorhanden. Insbesondere die Adipositas ist ein negativer Prädiktor, jedoch mit unterschiedlichen und zum Teil noch unbekannten Schwellenwerten je nach Intervention.

Operationen zur Verbesserung der Nasenatmung sind in einem anderen Kontext zu betrachten, denn sie verbessern die Atmungsstörung in der Regel nicht, reduzieren jedoch Tagesschläfrigkeit, Schnarchen sowie den erforderlichen CPAP-Druck und verbessern die generelle Akzeptanz der CPAP-Therapie [65]. Da die zugrundeliegenden Studien an Patienten mit bestehender Nasenatmungsbehinderung – also einer bestehenden rhinologischen Indikation – durchgeführt wurden, sind operative Verfahren zur Verbesserung der Nasenatmung auf dieses Kollektiv beschränkt.

Tonsillektomie, Uvulopalatopharyngoplastik und deren Modifikationen.

In zwei randomisierten Studien wurde die Kombination von Tonsillektomie (TE) und Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP) in Patientengruppen untersucht, die ausschließlich oder überwiegend einengende Tonsillen aufwiesen. In diesen Gruppen war die Operation dem alleinigen Abwarten über 6 Monate in Bezug auf die Reduktion der respiratorischen Ereignisse hochsignifikant überlegen. So zeigten sich eine Reduktion des AHI von 60 % versus 11 % sowie ein Therapieerfolg (Reduktion des AHI > 50 % auf einen AHI < 20) in 59 % vs. 6 % [66] bzw. eine Reduktion des AHI von 35,7 ± 19,4 auf 28,6 ± 19,3 in der Kontrollgruppe und 33,7 ± 14,5 auf 15,4 ± 14,1 in der OP-Gruppe [67]. Dementsprechend konnte auch ein systematisches Review dieser Studien eine signifikante Überlegenheit der TE mit UPPP in Bezug auf AHI, Schnarchen, und Tagesschläfrigkeit gegenüber einer unbehandelten Kontrollgruppe bei Patienten mit klinisch diagnostizierter isolierter oropharyngealer Obstruktion zeigen [68].

Positive Prädiktoren für den Therapieerfolg sind definierte anatomische Faktoren (z. B. Größe der Tonsillen), daraus abgeleitete klinische Scoringsysteme, der BMI sowie die Schwere der Schlafapnoe [68, 69]. Bei sehr großen Tonsillen kann auch eine alleinige TE sinnvoll und effektiv sein [70]. Für unselektionierte Patienten konnte die Wirksamkeit einer TE in Kombination mit UPPP bisher nur auf niedrigerem Evidenzniveau gezeigt werden [68]. Eine signifikante und langfristige Verbesserung der Tagesschläfrigkeit, des physischen und mentalen Befindens und der Schlafqualität konnte für die TE-UPPP in jüngster Zeit mittels randomisiert kontrollierter Studien nachgewiesen werden [71,72,73,74]. In Kohortenstudien konnte eine Normalisierung der Serumleptin- und -stickstoffmonoxidwerte sowie der endothelabhängigen Vasodilatation 3 Monate nach erfolgreicher UPPP erreicht werden [75, 76]; TNF‑α und IL‑6 als inflammatorische Marker waren 3 Monate nach UPPP mit Septumplastik signifikant reduziert im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe [77]. Die Mortalität bei OSA konnte in einer epidemiologischen Kohortenstudie an 444 Patienten durch eine UPPP gegenüber derjenigen einer unbehandelten Kontrollgruppe signifikant und vergleichbar der CPAP-Therapie gesenkt werden [78].

Ob die initiale Wirkung der operativen Maßnahme über die Zeit abnimmt, ist aufgrund inkonsistenter Daten noch Gegenstand der Diskussion [79, 80]. Die Ergebnisse von 24-Monats-Daten jüngeren Datums sprechen jedoch im Gegensatz zu älteren Daten – zumindest im Fall der TE-UPPP – gegen eine Abschwächung des Effekts mit der Zeit [81].

Anhaltende Nebenwirkungen wie z. B. Veränderungen der Stimme, Fremdkörpergefühl oder Schluckbeschwerden sind in Abhängigkeit vom Operationsverfahren möglich, jedoch selten [62, 68]. Die TE-UPPP wird in entsprechenden Übersichtsarbeiten Patienten mit leicht- bis mittelgradiger OSA, insbesondere bei Unverträglichkeit der CPAP-Therapie, bei geeigneter Anatomie (Tonsillenhyperplasie mit klinisch vermuteter oropharyngealer Obstruktion) entsprechend empfohlen, da sie einer „Nicht-Therapie“ bei vertretbaren Nebenwirkungen überlegen ist [70]. Ob die UPPP gegenüber der alleinigen TE einen Vorteil bietet, kann anhand der aktuell verfügbaren Studienlage nicht definiert werden.

Der Stellenwert der vielen Modifikationen der UPPP (z. B. Uvulaflap, Z‑Palatoplastik, Relokationspharyngoplastik, Han-UPPP, laterale Pharyngoplastik) ist bisher unklar, es sollten daher entsprechende Studien durchgeführt werden [82]. Einzig für die Expansionssphinkteroplastik konnte in einer systematischen Übersichtsarbeit bei geeigneter Anatomie eine Überlegenheit gegenüber UPPP gezeigt werden [83]. Die anteriore Palatoplastik konnte in einer Metaanalyse bei Patienten mit leichtgradiger OSA eine signifikante Verbesserung des AHI, des Schnarchens und der Tagesmüdigkeit zeigen [84].

Die laserassistierte Uvulopalatoplastik (LAUP) führt in nur 50 % der Fälle zu einer Reduktion des AHI unter 10/h, in bis zu 60 % der Fälle kommt es zu postoperativen Nebenwirkungen [85]. Im Langzeitverlauf über einen Zeitraum von im Mittel 11 Jahren zeigten sich ähnliche Ergebnisse [86]. Die LAUP wird daher auch in internationalen Publikationen nicht empfohlen.

Obere Atemwegsstimulation (Stimulation des Nervus hypoglossus).

Die Stimulation des Nervus hypoglossus zur Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) hat in den letzten Jahren einen festen Stellenwert erhalten. Sie bewirkt eine Kontraktion des M. genioglossus mit konsekutiver oberer Atemwegsöffnung [87]. Aktuell gibt es unterschiedliche Verfahren zur Stimulation des N. hypoglossus, die aufgrund ihrer klinischen Ergebnisse auch unterschiedlich betrachtet werden müssen [88, 89]. Zum Verfahren der atmungsgesteuerten selektiven Stimulation des N. hypoglossus existiert die größte Evidenz. Es liegen umfangreiche klinische Daten sowohl aus einer kontrollierten Multicenterstudie mit randomisiertem Therapieentzug und einem Nachsorgezeitraum von fünf Jahren als auch aus weiteren kontrollierten Studien sowie der Routineversorgung vor [90,91,92,93,94,95]. In allen Studien zeigen sich unter der atmungssynchronen Stimulation des N. hypoglossus anhaltende Effekte in der Reduktion der respiratorischen Ereignisse bei mittel- bis schwergradiger OSA bei einer hohen Nutzung, die zu einer signifikanten Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität führen. Patientenalter und Voroperationen am oberen Atemweg beeinflussen die Wirksamkeit des Verfahrens nicht. Die Morbidität des Verfahrens ist als gering zu bezeichnen [88]. In den ersten klinischen Studien lag die Rate der Revisionsoperationen bei 6 % über einen Zeitraum von 5 Jahren [89, 90] und konnte nach den Angaben der anschließenden umfangreichen Registerstudie (ADHERE-Register) auf 1 % reduziert werden [88].

Die atmungsgesteuerte Stimulation ist nur bei Patienten ohne Tonsillenhypertrophie und mittel- bis schwergradiger OSA sinnvoll. Da sich aus vorangegangenen Untersuchungen ergab, dass ein vollständiger konzentrischer Kollaps auf Weichgaumenebene in der Schlafendoskopie mit einem wesentlich höheren Nichtansprechen einherging, muss dieser präoperativ ausgeschlossen werden [96]. Zudem zeigte sich bereits in frühen Untersuchungen, dass ein Ansprechen auf die Therapie abgängig vom BMI und der Höhe des Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) war. Zwar schloss die STAR-Studie primär Patienten mit einem BMI < 32 kg/m2 und einem AHI zwischen 20 und 50/h ein, Ergebnisse von Kohortenstudien und der internationalen Registerstudie (ADHERE) legen jedoch nahe, dass die Indikationskriterien weiter gefasst werden können (BMI 35 kg/m2 statt 32 und AHI zwischen 15 und 65/h statt 20 und 50/h) [87, 88, 90, 97, 98].

Die kontinuierliche atmungsunabhängige Stimulation des N. hypoglossus besteht hauptsächlich in der Stabilisierung des oberen Atemwegs und im Gegensatz zur atmungsgesteuerten selektiven Stimulation eher nicht in der aktiven Öffnung [89, 99]. Die kontinuierliche atmungsunabhängige Stimulation kann bei Patienten mit einem AHI 20–65/h und einem BMI bis 35 kg/m2 und auch bei Patienten mit konzentrischem Kollaps der oberen Atemwege in Erwägung gezogen werden.

Eine Erfolgsrate nach den Sher-Kriterien (≥ 50 % AHI-Reduktion und AHI < 20/h unter Therapie) konnte nach 12 Monaten bei den einzelnen Systemen bei 72 % der 211 Patienten mit der atmungsgesteuerten selektiven Stimulation des N. hypoglossus und bei 77 % der 13 Patienten mit der kontinuierlichen atmungsunabhängigen Stimulation des N. hypoglossus erreicht werden [89]. Randomisierte Vergleichsstudien zwischen den einzelnen Stimulationsverfahren oder mit anderen Therapien (z. B. (UPS)) gibt es bislang nicht [89].

Osteotomien.

Osteotomien zur Vorverlagerung von Ober- und Unterkiefer (maxillomandibuläres Advancement) vergrößern den pharyngealen Atemweg und erhöhen dadurch den pharyngealen Muskeltonus. Beide Effekte reduzieren die Kollapsibilität des Pharynx synergistisch. Sie können bei angeborenen Fehlbildungen (u. a. Pierre-Robin-Sequenz, Crouzon-Syndrom, Apert-Syndrom) oder bei anatomischen Besonderheiten der oberen Atemwege wie Mikrogenie (kleinem Unterkiefer), mandibulärer Retrognathie (Rücklage des Unterkiefers in Relation zur vorderen Schädelbasis) und dem damit verbundenen engen sagittalen Gesichtsschädelaufbau, jedoch auch bei normognathen Patienten eine hocheffektive Therapie der OSA darstellen. Eine Vorverlagerung um 10 mm wird als erforderlich betrachtet. In einer Metaanalyse mit 627 Patienten wird eine substanzielle Besserung des AHI um 86 % angegeben, ein AHI < 5 wird in 43,2 % erreicht [100]. Der Therapieeffekt war in den Serien mit Langzeitdaten nach mehr als 2 Jahren unverändert vorhanden. Sowohl in Kohortenstudien als auch in einer randomisierten Studie zeigte sich kein Unterschied in der Wirksamkeit im Vergleich zur Ventilationstherapie [101, 102]. In einer Metaanalyse aus dem Jahr 2016 zeigt sich zusammengefasst eine Reduktion des AHI um 47,8/h (± 4,7) [103]. Der präoperative ESS von 13,5 (± 2,8) konnte auf einen postoperativen Wert von 3,2 (± 3,2) reduziert werden (minimale Nachsorgezeit im Median sechs Monate, Range 2–6 Monate). An unerwünschten Wirkungen werden häufig transiente Parästhesien (Sensibilitätsveränderungen) des 2. und/oder 3. Trigeminusastes angegeben [99], die nach 12 Monaten aber noch bei 14 % der Patienten nachzuweisen sind. Ästhetische Auswirkungen werden von mehr als 90 % der Patienten als positiv oder neutral eingestuft [100].

Weitere chirurgische Verfahren.

Die Radiofrequenzablation (RFTA) und die Weichgaumenimplantate als minimal-invasive Operationen sind verträglicher als die resektiven Eingriffe, scheinen in der Wirkung diesen jedoch deutlich unterlegen [104,105,106]. Mit der RFTA ist bisher eine nur 31-prozentige und nur kurzzeitige Reduktion der Schläfrigkeit mittels Epworth Sleepiness Scale (ESS) nachgewiesen [106]. So konnte in einer Placebo-kontrollierten Studie durch eine einmalige Behandlung kein Effekt bei OSA nachgewiesen werden [107]. Für die Zungengrund-RFTA fehlt bisher der gesicherte Nachweis einer Wirkung, von Einzelstudien abgesehen [108]. Die Radiofrequenzchirurgie des Weichgaumens scheint zumindest bei OSA-Patienten keinen Effekt auf den AHI, die Tagesschläfrigkeit und das subjektive Schnarchen zu haben [109]. Für die Weichgaumenimplantate ist eine geringe bis moderate Wirksamkeit für die Reduktion des Schnarchens und der OSA mit hoher Evidenz nachgewiesen, wobei von nahezu 10 % der Patienten über eine Extrusion berichtet wurde [105, 110].

Die sog. Multilevelchirurgie wird derzeit vielfach propagiert, jedoch fehlen hier durch kontrollierte Studien gesicherte Daten zum Nachweis des Erfolgs, wenn auch eine in allen Fallserien relativ konstante Ansprechrate von 50–70 % (im gewichteten Mittel 66,4 %) berichtet wird [111]. Die Ansprechraten unterscheiden sich nicht, wenn für den retrolingualen Eingriff die Zungensuspension anstatt der am häufigsten verwendeten Verfahren Genioglossus-Advancement ohne bzw. mit Hyoidsuspension eingesetzt wird [112]. In einer weiteren Untersuchung ergab sich auch kein Unterschied zwischen einer Entfernung der Zungengrundtonsille (mittels CO2-Laser) und einer Hyoidsuspension in Kombination mit einer Radiofrequenztherapie des Zungengrundes [113]. Babadamez et al. [114] konnten in einer randomisierten Studie keine signifikanten Gruppenunterschiede zwischen drei verschiedenen Zungengrundresektionen jeweils in Kombination mit einer UPPP darstellen [114]. Über einen Zeitraum von 5 Jahren kann die Ansprechrate abnehmen [115].

Das bereits in der vorangegangenen Version dieser Leitlinie dargestellte niedrige Evidenzniveau der Hyoidsuspension, der Midline-Glossektomie (kalte Chirurgie, Laser, roboterassistiert) und der Lingualplastik hat sich während des nun untersuchten Zeitraumes nicht verändert [85, 116]. Für folgende Therapieverfahren liegt keine ausreichende Evidenz vor: laserassistierte Weichgaumenchirurgie, Uvulakappung, „cautery-assisted palatal stiffening operation“, „injection snoreplasty“, Radiofrequenzchirurgie der Tonsillen, „transpalatal advancement pharyngoplasty“ und das isolierte Genioglossus-Advancement.

Eine Übersicht über die Studien zur operativen Therapie gibt die Tab. 6.

Tab. 6 Operative Therapie bei Patienten mit OSA

Empfehlungen.

Geprüft und belassen:

  • Operationen zur Verbesserung der Nasenatmung sollten bei behinderter Nasenatmung und daraus resultierender CPAP-Intoleranz erwogen werden (Evidenzlevel 4, Empfehlungsgrad B).

  • Bei entsprechendem anatomischen Befund mit kleinem Unterkiefer und engem Gesichtsschädelaufbau soll eine Vorverlagerung des Ober- und/oder Unterkiefers (bimaxilläres Advancement) erwogen werden, insbesondere dann, wenn eine andere Therapie (CPAP, UPS) nicht möglich ist bzw. diese nicht ausreichend toleriert wird (Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A).

Modifiziert:

  • Bei einer durch eine Tonsillenhyperplasie verursachten klinisch vermuteten oropharyngealen Obstruktion soll eine Tonsillektomie mit Uvulopalatopharyngoplastik erwogen werden, insbesondere dann, wenn eine andere Therapie (CPAP, UPS) nicht möglich ist bzw. diese nicht ausreichend toleriert wird (Evidenzlevel 1a, Empfehlungsgrad A).

  • Neurostimulationsverfahren des N. hypoglossus sollten bei Patienten mit CPAP-Unverträglichkeit bzw. -ineffektivität mit einem AHI 15–65/h und einem BMI bis 35 kg/m2 sowie bei fehlenden anatomischen Auffälligkeiten und mittel- bis schwergradiger OSA erwogen werden (Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad B)

Die Empfehlungen zu den chirurgischen Therapieverfahren wurden mit starkem Konsens angenommen (Empfehlung zur TE-UPPP mit 11/12, restliche Empfehlungen mit 13/13).

5 Schlafbezogene Hypoventilation/schlafbezogene Hypoxämie

Die ICSD‑3 [121] differenziert zwischen einer schlafbezogenen Hypoventilation und einer schlafbezogenen Hypoxämie. Bei der schlafbezogenen Hypoventilation werden sechs Entitäten unterschieden, während für die schlafbezogene Hypoxämie keine Unterteilung vorgeschlagen wird (vgl. Tab. 7). Nach der ICSD‑3 liegt eine schlafbezogene Hypoxämie dann vor, wenn in der Polysomnografie oder der nächtlichen Pulsoximetrie eine Sauerstoffsättigung ≤ 88 % über ≥ 5 min dokumentiert wird und keine schlafbezogene Hypoventilation vorliegt.

Tab. 7 Schlafbezogene Hypoventilations‑/Hypoxämiesyndrome (nach ICSD-3)

Die schlafbezogene Hypoxämie ist in der Regel Folge einer internistischen oder neurologischen Erkrankung und kann nicht durch eine schlafbezogene Atmungsstörung – die aber gleichzeitig vorliegen kann – erklärt werden.

Manche Patienten mit schlafbezogener Hypoxämie weisen auch am Tage eine Hypoxämie auf. Aufgrund der klinischen Bedeutung befasst sich dieser Abschnitt ausschließlich mit dem Obesitas-Hypoventilationssyndrom und der schlafbezogenen Hypoventilation durch eine körperliche Erkrankung.

5.1 Obesitas-Hypoventilationssyndrom (OHS)

Als diagnostische Kriterien gelten:

  1. a.

    Hyperkapnie (paCO2 am Tage ≥ 45 mm Hg)

  2. b.

    Body-Mass-Index (BMI) > 30 kg/m2

  3. c.

    Hypoventilation ist nicht in erster Linie durch eine andere Erkrankung definiert

In manchen Definitionen wird zusätzlich das Vorhandensein einer schlafbezogenen Atmungsstörung gefordert, am häufigsten (90 %) liegt eine obstruktive Schlafapnoe (OSA) vor.

Die Prävalenz eines OHS unter Patienten mit einem OSA liegt je nach Studie zwischen 4 und 50 %, bei Personen mit einem BMI > 30 kg/m2 ist mit dem Vorliegen eines OHS in einer Häufigkeit von 10–50 % zu rechnen.

5.1.1 Hauptbefunde

Da bei 90 % der Patienten eine obstruktive Schlafapnoe vorliegt, klagen OHS-Patienten häufig auch über Symptome der OSA wie nicht erholsamen Schlaf, Tagesschläfrigkeit oder Störung der Konzentrationsfähigkeit. Dies kann dazu führen, dass die Beschwerden ausschließlich der OSA zugeordnet werden und die Diagnose OHS übersehen wird. Im Vergleich zu OSA-Patienten oder zu Adipösen leiden OHS-Patienten häufiger unter Luftnot und präsentieren sich klinisch eher mit peripheren Ödemen, pulmonaler Hypertonie und Cor pulmonale. Im Vergleich zu eukapnischen Patienten mit einem BMI > 30 kg/m2 sind die Hospitalisierungsrate, die Morbidität und die Mortalität von OHS-Patienten erhöht. Neben respiratorischen Komplikationen wie einer erhöhten Notwendigkeit einer invasiven Beatmung im Krankenhaus tragen insbesondere kardiovaskuläre Folgekrankheiten wie arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz, Cor pulmonale und Angina pectoris zur erhöhten Morbidität bei. In der Folge ist die Lebensqualität bei Patienten mit OHS deutlich eingeschränkt.

5.1.2 Diagnostik

Bei einem BMI > 30 kg/m2 erfolgt bei entsprechendem klinischem Verdacht eine Blutgasanalyse zum Nachweis der Hyperkapnie am Tag. Eine Hypoventilation manifestiert sich jedoch vor dem Erreichen des Vollbilds bereits mit Hyperkapnien im Schlaf, sodass eine nächtliche Bestimmung des pCO2 (arteriell, kapillär, transkutan, endtidal) bei einem BMI > 30 kg/m2 notwendig ist [122,123,124]. Der Nachweis der schlafbezogenen Atmungsstörung erfordert eine Polysomnografie.

Empfehlung.

Geprüft und belassen:

  • Die Diagnostik einer schlafbezogenen Hypoventilation soll bei klinischem Verdacht oder prädisponierenden Grunderkrankungen mittels arterieller oder kapillärer Blutgasanalyse in der Nacht oder mittels nächtlicher transkutaner oder endtidaler CO2-Messung erfolgen. Für die Diagnose eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms ist eine arterielle Blutgasanalyse am Tag erforderlich. Zur Diagnostik einer schlafbezogenen Hypoxämie soll eine nächtliche Oximetrie in Verbindung mit einer Messung des CO2 in der Nacht durchgeführt werden (Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A).

Modifiziert:

  • Bei Patienten mit einem Body-Mass-Index > 30 kg/m2 und Symptomen schlafbezogener Atmungsstörungen soll zum Ausschluss einer gleichzeitig vorliegenden Hypoventilation im Schlaf die Bestimmung des venösen Bikarbonats im Wachzustand, des arteriellen oder kapillären pCO2 oder des transkutanen/endtidalen CO2 durchgeführt werden (Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A).

Die Empfehlungen zur Diagnostik des Obesitas-Hypoventilationssyndroms wurden mit starkem Konsens (13/13) angenommen.

5.1.3 Therapie

Hinsichtlich der apparativen Therapie sollte zwischen OHS-Patienten mit einer relevanten obstruktiven Schlafapnoe und OHS-Patienten ohne Obstruktion der oberen Atemwege differenziert werden. Bei stabilen OHS-Patienten mit einer schwergradigen obstruktiven Schlafapnoe erwiesen sich in zwei jüngeren randomisierten Studien sowohl eine CPAP-Therapie als auch eine nichtinvasive Beatmung als gleichwertige effektive Behandlungen [125, 126]. Dabei waren in der Studie von Masa et al. beide apparativen Therapien der alleinigen konservativen Therapie hinsichtlich Verbesserung der Symptome und der polysomnografischen Parameter überlegen [126]. Auch in der Betrachtung der Langzeiteffekte waren CPAP und NIV bei OHS-Patienten mit schwergradiger obstruktiver Schlafapnoe gleich effektiv [127]. Sollte es unter einer CPAP-Titration bei der Therapieeinleitung zu einem relevanten Anstieg des pCO2 kommen oder ein relevanter langdauernder Sauerstoffsättigungsabfall auftreten (SaO2 < 80 % für ≥ 10 min), ist die Umstellung auf eine nichtinvasive Ventilation (NIV) erforderlich [128,129,130], die auch bei einem OHS ohne begleitende relevante obstruktive Schlafapnoe das Mittel der Wahl darstellt [129,130,131]. Wurde mit einer CPAP-Therapie begonnen, so sind auch hier klinische Kontrollen nach 3 Monaten sinnvoll. Bei klinischer Besserung und Normokapnie wird die CPAP-Therapie fortgesetzt, andernfalls wird die Umstellung auf eine NIV erwogen [129, 130].

Sauerstoff kann den Atemantrieb reduzieren und erhöht den transkutanen CO2 zumindest in akuten Situationen. Eine Evidenz für die chronische Situation liegt nicht vor [132]. Demgegenüber verbessert eine nichtinvasive Beatmung (NIV) die Atmungsantwort, die Blutgase, die Schlafmikro- und Schlafmakrostruktur, die Lebensqualität, hämodynamische Parameter sowie das Überleben der OHS-Patienten. Als effektiv hat sich eine NIV mit fixer Druckunterstützung wie auch mit Zielvolumenvorgabe erwiesen. Vergleichende Studien zeigen unterschiedliche Ergebnisse. Zusätzlich kann auch der exspiratorische Druck automatisch adjustiert werden [133].

Die Gewichtsreduktion ist als wesentliche kausale Maßnahme beim OHS anzusehen, auch wenn die Beatmungstherapie nicht verzögert werden darf. Sollten konservative Ansätze der Gewichtsreduktion versagen, sind bariatrische Operationen eine mögliche Therapiealternative. Darunter können eine Reduktion des Körpergewichts und eine Verbesserung von Lungenfunktion und Blutgasen nachgewiesen werden.

Empfehlungen.

Geprüft und belassen:

  • Bei OHS sollten nach Ausschöpfung von Maßnahmen der Gewichtsreduktion bariatrische Operationen erwogen werden (Evidenzlevel 2c, Empfehlungsgrad B).

Modifiziert:

  • Bei Patienten mit OHS und relevanter obstruktiver Schlafapnoe sollte ein Therapieversuch mit CPAP durchgeführt werden (Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad B).

Neu:

  • Bei OHS-Patienten mit schwerer Hyperkapnie oder ohne begleitende Obstruktion der oberen Atemwege sollte primär eine nichtinvasive Beatmung begonnen werden (Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad B).

Die Empfehlungen zur Therapie des Obesitas-Hypoventilationssyndroms wurden mit starkem Konsens (9/9) angenommen.

5.2 Schlafbezogene Hypoventilation durch eine körperliche Erkrankung

Typische Erkrankungen aus dem jeweiligen Formenkreis sind kursiv in Klammern angegeben: Obstruktive Atemwegserkrankungen (z.B. COPD), thorakal-restriktive Lungenerkrankungen (z.B. interstitielle Lungenerkrankungen), die Adipositas (OHS) und neuromuskuläre oder Brustwanderkrankungen (Kyphoskoliose, Post-Tbc-Syndrom, Post-Polio-Syndrom, Muskeldystrophien) prädisponieren für das Auftreten einer schlafbezogenen Hypoventilation.

5.2.1 Hauptbefunde

Die Symptome der Patienten sind uncharakteristisch und oft von denen der Grunderkrankung überlagert. Da die Beeinträchtigung der Ventilation im Vordergrund steht, klagen die Patienten typischerweise über Dyspnoe bei Belastung, eine verminderte körperliche Leistungsfähigkeit, oft Beinödeme und infolge einer Hyperkapnie auch Kopfschmerzen. Durchschlafstörungen und Aufwachen mit Luftnot sind die häufigsten auf den Schlaf bezogenen Symptome. Auch Tagesschläfrigkeit kann eine führende Beschwerde sein. Systematische Untersuchungen zu den Leit- und schlafbezogenen Symptomen liegen nicht vor.

5.2.2 Beginn, Verlauf, Komplikationen

Die Grunderkrankung bewirkt eine verminderte Kapazität und/oder erhöhte Last des Atempumpapparats, die in frühen Krankheitsstadien noch kompensiert werden kann. Mit dem Fortschreiten der Grunderkrankung treten initial im REM-Schlaf Hypoventilationen mit Hyperkapniephasen auf, die zu einer metabolischen Kompensation in Form von Bikarbonatretention führen; konsekutiv verringert sie ebenfalls die Atemantwort auf Hyperkapnie. Im Verlauf stellt sich auch eine Hypoventilation/Hyperkapnie im NREM-Schlaf ein und schließlich das Vollbild der hyperkapnischen respiratorischen Insuffizienz im Wachzustand.

5.2.3 Diagnostik

Die Diagnostik der manifesten alveolären Hypoventilation am Tag erfolgt definitionsgemäß über die arterielle Blutgasanalyse. Zur weiteren Diagnostik im Wachzustand sind eine Lungenfunktionsprüfung sowie die Messung von Kraft und Belastung der Atmungsmuskulatur sinnvoll. EKG, Labor und Röntgen-Thorax sowie ggf. eine Echokardiografie erfolgen in Abhängigkeit von Anamnese und klinischem Befund. Unabhängig von der Grundkrankheit gehen der Hyperkapnie am Tage regelhaft Hypoventilationen im REM-Schlaf und später auch im Non-REM-Schlaf voraus [134,135,136], die die Prognose der Patienten verschlechtern können [137, 138]. Beobachtungsstudien weisen darauf hin, dass die nächtliche Hyperkapnie einen Indikator für die Erkrankungsschwere und die Langzeitprognose darstellt [139].

Da die uncharakteristischen Symptome der alveolären Hypoventilation oft fälschlich ausschließlich der Grunderkrankung zugeschrieben werden, besteht die Gefahr, die frühen Phasen der chronischen ventilatorischen Insuffizienz mit ausschließlich nächtlichen Hypoventilationen zu übersehen und somit deren adäquate Therapie zu verzögern. Bei entsprechenden Risiken für das Auftreten einer sekundären alveolären Hypoventilation ist daher in regelmäßigen Abständen eine Messung der nächtlichen Atmung angezeigt. Das Risiko steigt ab einer Vitalkapazität von < 50 Soll% bei restriktiven Störungen deutlich an [136]. Eine alleinige Pulsoximetrie genügt nicht zum Nachweis einer schlafbezogenen Hypoventilation. Nächtliche arterielle paCO2-Messungen sind nicht praktikabel. Daher ist zum Nachweis schlafbezogener Hypoventilationen eine transkutane oder endtidale pCO2-Messung in Kombination mit der Polygrafie erforderlich. Die in der transkutanen Kapnometrie gemessene Hyperkapnie weist direkt die Hypoventilation nach [140]. Die alleinige nächtliche kontinuierliche Registrierung des CO2 hat den wesentlichen Nachteil, dass unklar bleibt, ob der Patient das Schlafstadium REM erreicht hat. Daher ist das Verfahren zum positiven Nachweis von Hypoventilationen gut, zum Ausschluss derselben jedoch nicht geeignet. Bei nächtlichen Symptomen ohne Hypoventilationsnachweis in der Polygrafie oder Langzeitkapnometrie ist daher eine Polysomnografie indiziert.

Empfehlungen.

Geprüft und belassen:

  • Als sensitivste Methode für den Nachweis einer schlafbezogenen Hyperkapnie wird die transkutane Kapnometrie empfohlen. Sie kann in Verbindung mit einer Polygrafie oder Polysomnografie durchgeführt werden (Evidenzlevel 2, Empfehlungsgrad C).

  • Bei neuromuskulären oder Brustwanderkrankungen soll im Hinblick auf die Einleitung einer Beatmungstherapie bei einer Vitalkapazität < 50 % eine Hypoventilation im Schlaf ausgeschlossen werden (Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A).

  • Zur Ausschluss- und Differenzialdiagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen im Rahmen einer schlafbezogenen Hypoventilation oder Hypoxämie ist die Polysomnografie der diagnostische Standard (Evidenzlevel 2, Statement).

Die Empfehlungen zur Diagnostik der Hypoventilationssyndrome wurden mit starkem Konsens (13/13) angenommen.

5.2.4 Therapie

Bei den chronisch verlaufenden Grunderkrankungen reicht deren Therapie meistens nicht zur Beseitigung der Hypoventilationen aus. Therapeutisch erfolgt daher die nichtinvasive Ventilation (NIV) im Schlaf über eine Maske, mit dem Ziel der Steigerung der alveolären Ventilation und Vermeidung der Hypoventilationen. Hauptkriterien für den Beginn einer langfristigen NIV-Therapie bei einer schlafbezogenen Hypoventilation durch eine körperliche Erkrankung sind Symptome und Folgen der ventilatorischen Insuffizienz wie Dyspnoe und Ödeme sowie Einschränkung der Lebensqualität in Form von nicht erholsamem Schlaf infolge von Durchschlafstörungen bzw. von Hypersomnie. Die Leitlinie zur nichtinvasiven und invasiven Beatmung der chronischen respiratorischen Insuffizienz der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin [129, 130] formuliert ferner folgende Kriterien:

  • Bei schlafbezogener Hypoventilation im Rahmen einer Obstruktion der unteren Atemwege:

    • ein Tages-paCO2 ≥ 50 mm Hg oder

    • ein nächtlicher paCO2 ≥ 55 mm Hg oder

    • ein Anstieg des nächtlichen transkutan gemessenen CO2 ≥ 10 mm Hg bei einem Tages-paCO2 zwischen 45 und 50 mm Hg, zudem sollte im Anschluss einer akuten beatmungspflichtigen Exazerbation eine langfristige NIV eingeleitet werden, wenn 14 Tage nach Beendigung der Akutbeatmung noch eine Tages-Hyperkapnie > 53 mm Hg vorliegt.

  • Bei schlafbezogener Hypoventilation im Rahmen einer Brustwanderkrankung:

    • ein Tages-paCO2 ≥ 45 mm Hg oder

    • ein nächtlicher paCO2 ≥ 50 mm Hg bzw. ein Anstieg des nächtlichen transkutan gemessenen CO2 ≥ 10 mm Hg.

  • Bei schlafbezogener Hypoventilation im Rahmen einer neuromuskulären Erkrankung:

    • ein Tages-paCO2 ≥ 45 mm Hg oder

    • ein nächtlicher paCO2 ≥ 45 mm Hg oder

    • ein nächtlicher transkutan gemessener CO2 ≥ 50 mm Hg oder

    • eine rasche FVC-Abnahme.

Ziel der Beatmung ist Normokapnie durch die Beseitigung von Hypoventilationen unter Beatmung im Schlaf sowie die Reduktion des paCO2 bis hin zur Normokapnie am Tage. Die Einleitung kann am Tag und in der Nacht erfolgen. Im Verlauf der Ersteinstellung muss die Effektivität der Beatmung mittels Blutgasanalyse unter Spontanatmung und unter Beatmung erfolgen, und sie muss um nächtliche Messungen ergänzt werden.

Die Therapie erfolgt i. d. R. als nichtinvasive Beatmung (NIV) über eine Nasen- oder Nasen-Mund-Maske während der gesamten Schlafzeit. Da der REM-Schlaf eine besonders kritische Phase darstellt, sollte die Effektivität der Beatmung im Schlaf mittels transkutaner CO2-Messung (tcpCO2) plus Polygrafie dokumentiert werden. Bei Unklarheit hinsichtlich nächtlicher Hypoventilationen im REM-Schlaf ist eine Polysomnografie indiziert.

Die NIV kann als assistierte, als assistiert-kontrollierte oder als rein kontrollierte Beatmung erfolgen. Es liegen keine Daten hinsichtlich der Überlegenheit eines Modus vor. Patienten mit neuromuskulären und thorakoskeletalen Erkrankungen tolerieren oft den kontrollierten Modus subjektiv sehr gut, während Patienten mit COPD zumeist den assistierten Modus bevorzugen. Eine optimale individuell angepasste Einstellung ist entscheidend für gute Akzeptanz und den Erfolg der Therapie. Hinsichtlich der Effekte der NIV liegen nur wenige methodisch hochwertige kontrollierte Studien vor (vgl. Tab. 8 und 9). Bei langsam progredienten Muskelerkrankungen, Kyphoskoliose oder posttuberkulösen Zuständen erzielt die NIV akut und auch in der Langzeittherapie eine dramatische klinische Besserung, sodass kontrollierte Studien bei diesen Erkrankungen heute ethisch bedenklich sind. Während diese Patienten früher an der respiratorischen Insuffizienz verstarben, kann die Lebenserwartung mit NIV nahezu normal sein [141,142,143,144,145,146,147]. Entsprechend ist unter NIV auch die Lebensqualität massiv verbessert, die Hospitalisierungsrate sinkt, und die Symptome werden reduziert [121, 148]. Die physiologischen Parameter wie Blutgase und Lungenfunktion können in manchen Fällen sogar normalisiert werden [128, 138, 149]. Bei den genannten Erkrankungen ergibt sich eine uneingeschränkte Therapieindikation. Bei rasch progredienten neuromuskulären Erkrankungen wie beispielsweise der amyotrophen Lateralsklerose bzw. der Duchenne-Muskeldystrophie liegen eine kontrollierte Studie sowie mehrere Fallserien vor, die einen deutlichen Überlebensvorteil mit NIV zeigen [146, 148, 150, 151], allerdings schränkt die Progression der Grunderkrankung die positiven Effekte der NIV ein. Bei diesen Patienten muss eine individuelle Indikation zur Beatmungstherapie gestellt werden. Die ethische Diskussion um die Akzeptanz einer eventuell erforderlichen invasiven Beatmung ist dabei möglichst frühzeitig zu führen. Eine Zwerchfellstimulation zur Therapie der ventilatorischen Insuffizienz bei ALS sollte nicht durchgeführt werden, da in einer randomisierten Studie eine erhöhte Sterblichkeit mit diesem Verfahren gesehen wurde [152].

Tab. 8 Studien zur NIV-Therapie bei alveolärer Hypoventilation im Wachzustand oder im Schlaf im Rahmen von neuromuskulären Erkrankungen (NME); thorakorestriktiven Erkrankungen und Obesitas-Hypoventilationssyndrom (OHS)
Tab. 9 Studien zur NIV-Therapie bei alveolärer Hypoventilation im Wachzustand oder im Schlaf im Rahmen von COPD

Patienten mit COPD stellen die größte Gruppe an Patienten, welche die Indikationskriterien zur NIV erfüllen. Kürzer dauernde kontrollierte Untersuchungen belegten unter NIV eine verbesserte Lebensqualität, eine Reduktion der Hospitalisierungsrate, eine Verbesserung der Schlafqualität und eine Verbesserung der körperlichen Belastung sowie der Blutgase [156, 160, 162,163,164,165]. Mehrere, allerdings mit erheblichen Mängeln behaftete, kontrollierte Studien ergaben für die Gruppe der mit NIV behandelten Patienten keine Mortalitätssenkung [157,158,159, 161]. In einer Metaanalyse [155] wurden für sieben Studien keine Unterschiede in der BGA, Lungenfunktion und Lebensqualität nachgewiesen. Ein wesentlicher Kritikpunkt dieser Studien war die fehlende substanzielle Reduktion des paCO2 durch die NIV-Therapie. In einer randomisiert kontrollierten Studie hingegen verbesserte sich die Lebenserwartung der COPD-Patienten unter NIV signifikant, bei geringerer Lebensqualität [166]. In der deutschen multizentrischen Studie bei stabilen COPD-Patienten im Stadium GOLD IV mit Hyperkapnie am Tage bestätigte sich die Verbesserung der Mortalität durch die NIV [167]. In dieser Studie kam es durch die Beatmungstherapie zu einer signifikanten Reduktion des paCO2 am Tage. Aufgrund dieser Datenlage sollte bei COPD ein Behandlungsversuch mit NIV bei o. g. Indikationskriterien eingeleitet werden. Die Therapieeffekte und die Compliance sollten nach etwa drei Monaten überprüft werden, und es sollte über die Fortsetzung der Behandlung entschieden werden.

Nach einer akuten beatmungspflichtigen Exazerbation einer COPD sollte eine dauerhafte nichtinvasive Beatmung dann eingeleitet werden, wenn 14 Tage nach Beendigung der Akutbeatmung noch eine Hyperkapnie (paCO2 > 53 mm Hg) besteht [154, 155].

Für weitere Details der Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz sei hier auf die S2-Leitlinie „Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz“ der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin verwiesen [129, 130].

Empfehlungen.

Geprüft und belassen:

  • Persistiert unter CPAP die nächtliche Hypoventilation, sollte eine nichtinvasive druckunterstützte Beatmung (ohne oder mit Zielvolumen) eingeleitet werden (Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad B).

  • Eine alleinige Sauerstofftherapie ist beim OHS nicht zu empfehlen (Evidenzlevel 2c, Empfehlungsgrad A).

Modifiziert:

  • Bei symptomatischen Patienten mit Obstruktion der unteren Atemwege, neuromuskulären oder Brustwanderkrankungen mit Hyperkapnie im Wachzustand (paCO2 ≥ 50 mm Hg bei Erkrankungen mit Obstruktion der unteren Atemwege bzw. ≥ 45 mm Hg bei neuromuskulären oder Brustwanderkrankungen) oder im Schlaf (paCO2 ≥ 55 mm Hg bei Erkrankungen mit Obstruktion der unteren Atemwege, ≥ 50 mm Hg bei Brustwanderkrankungen bzw. ≥ 45 mm Hg bei neuromuskulären Erkrankungen oder tcpCO2-Anstieg ≥ 10 mm Hg bei Erkrankungen mit Obstruktion der unteren Atemwege und Brustwanderkrankungen bzw. tcpCO2 ≥ 50 mm Hg bei neuromuskulären Erkrankungen) wird die Einleitung einer nichtinvasiven Beatmung empfohlen (Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A).

Die Empfehlungen zur Therapie der Hypoventilationssyndrome wurden mit starkem Konsens (9/9) angenommen.

6 Anhang

6.1 Leitlinienreport

6.1.1 Geltungsbereich und Zweck

Die vorliegende Aktualisierung bezieht sich auf die S3-Leitlinie zum nicht erholsamen Schlaf/Schlafstörungen und hier auf das Kapitel „Schlafbezogene Atmungsstörungen“. Die genannte Leitlinie zu den schlafbezogenen Atmungsstörungen wurde 2015 in der Zeitschrift Somnologie publiziert [168].

Seit der letzten Veröffentlichung der Leitlinie wurde bezüglich einzelner Aspekte dieser Leitlinie eine Reihe relevanter Erkenntnisse veröffentlicht, die eine Neubewertung einzelner Aussagen und Empfehlungen der Leitlinie erforderlich machten, sodass für diese Kapitel die hier vorliegende Aktualisierung erstellt wurde. Alle übrigen Inhalte, Kapitel und Empfehlungen der Leitlinie, für die keine Aktualisierung vorgelegt wurde, bleiben in der bisherigen Form weiterhin gültig (siehe auch Kapitel „Konzept der Aktualisierung“).

Diese Leitlinie richtet sich an ärztliche und nichtärztliche Berufsgruppen (z. B. Psychologen, Naturwissenschaftler), Pflegepersonal, Selbsthilfegruppen und interessierte Laien und dient außerdem als Information für MTAs.

6.1.2 Zusammensetzung der Leitliniengruppe, Beteiligung von Interessengruppen

Steering-Komitee.

  • Dr. med. Alfred Wiater, Köln

  • Prof. Dr. med. Boris A. Stuck, Marburg

Autoren.

  • Prof. Dr. med. Boris A. Stuck, Marburg

  • Prof. Dr. med. Michael Arzt, Regensburg

  • Prof. Dr.  med. Ingo Fietze, Berlin

  • Priv. Doz. Dr. med. Wolfgang Galetke, Köln

  • Dr. med. Holger Hein, Hamburg

  • Simon D. Herkenrath, Solingen

  • Priv. Doz. Dr. med. Benedikt Hofauer, Freiburg

  • Prof. Dr. med. Joachim T. Maurer, Mannheim

  • Prof. Dr. rer. physiol. Thomas Penzel, Berlin

  • Prof. Dr. med. Maritta Orth, Mannheim

  • Prof. Dr. med. Geert Mayer, Schwalmstadt-Treysa

  • Prof. Dr. med. Winfried Randerath, Solingen

  • Prof. Dr. med. J. Ulrich Sommer, Wuppertal

  • Prof. Dr.  med. Armin Steffen, Lübeck

  • Prof. Dr. med. Clemens Heiser, München

Medizinische Fachgesellschaften.

Um die Repräsentativität der Leitliniengruppe zu gewährleisten, wurden folgende Gesellschaften, Berufsgruppen und Patientenvertreter zur Mitarbeit eingeladen:

  • Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, DGSM

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, DEGAM

  • Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, DGIM

  • Deutscher Hausärzteverband

  • Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e. V., DGG

  • Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V., DGHNO-KHC

  • Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung e. V., DGK

  • Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V., DGKJ

  • Deutsche Gesellschaft für Mund‑, Kiefer- und Gesichtschirurgie e. V., DGMKG

  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie e. V., DGN

  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V., DGP

  • Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V., DGPPN

  • Deutsche Gesellschaft für Psychologie, DGPS

  • Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Schlafmedizin, DGZS

  • Deutsche Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie e. V., DGKFO

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V., DGAV

  • Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V., DGAI

  • Berufsverband Deutscher Neurologen, BDN

  • Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner, BdP

  • Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V., BDP

  • Bundesverband niedergelassener Kardiologen e. V., BNK

  • Berufsverband Deutscher Psychiater, BVDP

  • Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V., BVHNO

  • Bundesverband Schlafapnoe und Schlafstörungen Deutschland e. V., BSD

  • Bundesverband Gemeinnützige Selbsthilfe Schlafapnoe Deutschland e. V. GSD

  • Deutsche Restless Legs Vereinigung e. V., RLS e.V.

  • Deutsche Narkolepsie Gesellschaft e. V., DNG

  • Selbsthilfegruppe Schlafapnoe/chronische Schlafstörungen Solingen e. V.

Folgende Gesellschaften, Berufsgruppen und Patientenvertreter haben ihre Bereitschaft zur Mitarbeit erklärt und einen Vertreter für den nominalen Gruppenprozess benannt:

  • Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin DGSM (Vertreter: Prof. Stuck, Dr. Wiater)

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, DEGAM (Vertreter: Frau Prof. Dr. Baum, Stellvertreter: Herr Dr. Stephan Hoffmann)

  • Deutscher Hausärzteverband (Vertreter: Frau Prof. Dr. Baum, Stellvertreter: Herr Dr. Stephan Hoffmann)

  • Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V., DGHNO-KHC (Vertreter: Prof. Dr. Clemens Heiser, Stellvertreter: Priv. Doz. Dr. Michael Herzog)

  • Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung e. V., DGK (Vertreter: Herr Prof. Dr. Arzt)

  • Deutsche Gesellschaft für Mund‑, Kiefer- und Gesichtschirurgie e. V., DGMKG (Vertreter: Herr Prof. Dr. Dr. Hans Pistner)

  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie e. V., DGN (Vertreter: Prof. Dr. Geert Mayer)

  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V., DGP (Vertreter: Herr Dr. N. Büchner, Stellvertreter: H. Woehrle)

  • Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V., DGPPN (Vertreter: Dr. Lukas Frase)

  • Deutsche Gesellschaft für Psychologie, DGPS (Vertreter: Frau Prof. Dr. Angelika Schlarb)

  • Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Schlafmedizin, DGZS (Vertreter: Herr Dr. Markus Heise)

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V., DGAV (Vertreter: Herr Dr. Matthias Schlensak)

  • Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V., DGAI (Vertreter: Herr Dr. Martin Rösslein)

  • Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, DGIM (Vertreter: Herr Prof. Dr. Hendrik Bonnemeier) Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner, BdP (Vertreter: Herr Dr. Christian Franke)

  • Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V., BDP (Vertreter: Frau Dr. Johanna Thünker, Stellvertreter: Herr Prof. Dr. Erich Kasten)

  • Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V., BVHNO (Vertreter: Dr. med. Andreas H. Schmidt)

  • Bundesverband Schlafapnoe und Schlafstörungen Deutschland e. V., BSD (Vertreter: Herr Werner Waldmann)

  • Bundesverband Gemeinnützige Selbsthilfe Schlafapnoe Deutschland e. V. GSD (Vertreter: Herr Ralf Kiehne)

  • Deutsche Restless Legs Vereinigung e. V., RLS e.V. (Vertreter: Herr Dr. Joachim Paulus)

  • Deutsche Narkolepsie Gesellschaft e. V., DNG (Vertreter: Herr Tobias Schmid)

  • Selbsthilfegruppe Schlafapnoe/chronische Schlafstörungen Solingen e. V. (Vertreter: Herr Hartmut Rentmeister)

Folgende Gesellschaften, Berufsgruppen und Patientenvertreter hatten ihre Bereitschaft zur Mitarbeit erklärt, allerdings für den nominalen Gruppenprozess auch nach mehrmaliger Aufforderung keinen Vertreter benannt:

  • Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e. V., DGG

  • Berufsverband Deutscher Neurologen, BDN

  • Bundesverband niedergelassener Kardiologen e. V., BNK

  • Berufsverband Deutscher Psychiater, BVDP

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V., DGKJ, hat keinen Vertreter benannt, nachdem ihr auf Anfrage mitgeteilt worden war, dass sich die Leitlinie auf Erwachsene bezieht.

Die Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie e. V., DGKFO, (Vertreter: Herr Prof. Bert Braumann) hat nach Durchsicht der Tischvorlage die Teilnahme an der Konsensuskonferenz abgesagt.

6.1.3 Methodisches Vorgehen

Die Aktualisierung der Leitlinie wurde während der gesamten Entwicklung von der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.) begleitet.

Zunächst wurden die Kapitel identifiziert, die einer Aktualisierung bedurften. Als überarbeitungsbedürftig wurden Kapitel definiert, bei denen neue wissenschaftliche Erkenntnisse oder andere Gründe potenziell zu einer Änderung der hierin enthaltenen Empfehlungen führen könnten. Auf eine Aktualisierung wurde entsprechend verzichtet, wenn keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorlagen oder diese nicht im Widerspruch zu den bisherigen Empfehlungen standen. Hierzu wurden durch den Leitlinienkoordinator (B. A. Stuck) alle Empfehlungen der Leitlinie mit der Nennung der zugehörigen Kapitel in eine Tabelle eingefügt und den Mitgliedern des Steering-Komitees der bisherigen Leitlinie sowie den für die Aktualisierung verantwortlichen Autoren zur Verfügung gestellt, soweit diese verfügbar waren. Dies waren folgende Personen: J. T. Maurer (Mannheim), I. Fietze (Berlin), G. Mayer (Schalmstadt-Treysa), W. Galetke (Hagen), W. Randerath (Solingen), B. A. Stuck (Marburg), J. U.  Sommer (Wuppertal), T. Penzel (Berlin), B. Hofauer (Freiburg), C. Heiser (München), A. Steffen (Lübeck). Die genannten Personen bewerteten für jedes Kapitel der bisherigen Leitlinienversion, ob dieses wie zuvor dargestellt einer Aktualisierung bedarf. Ein Kapitel wurde entsprechend ausgewählt, wenn mehr als 25 % der genannten Personen eine oder mehrere Empfehlungen des Kapitels als aktualisierungsbedürftig einstuften.

Die ausgewählten Kapitel wurden dann jeweils einer Gruppe von Autoren zugeordnet, die auf Basis des vorliegenden Textes nach Auswahl und Bewertung der Literatur (siehe unten) entsprechend überarbeiteten. Hier wurde bereits auf eine interdisziplinäre Zusammensetzung der Autorengruppen geachtet.

Unabhängig davon wurde eine Textpassage identifiziert, die in der klinischen Impletementierung der bisherigen Leitlinie zu Missinterpretationen geführt hatte und häufig Gegenstand von Diskussionen war, auch wenn es sich nicht um eine Empfehlung handelte. Diese Textstelle wurde in der vorliegenden Aktualisierung präzisiert.

Die Abstimmungen in den Konsensuskonferenzen erfolgten nach dem nominalen Gruppenprozess und wurden durch Priv. Doz. Dr. H. Sitter, Marburg, moderiert. Im Vorfeld erfolgte die Einladung aller an der Konsensfindung Beteiligten mit Festlegung der Ziele und des Tagungsorts. Durch die Funktion von Priv. Doz. Dr. H. Sitter war eine unabhängige Moderation gewährleistet. Als Tischvorlage dienten das Manuskript der notwendigen Aktualisierungen sowie die Empfehlungen. Während der Konsensuskonferenzen wurden die Aussagen/Empfehlungen präsentiert, die Stellungnahmen hierzu im Umlaufverfahren aufgenommen und von dem Moderator zusammengefasst. Es fand eine Vorabstimmung und Diskussion der einzelnen Kommentare mit Erstellung einer Rangfolge statt. Die Diskussion der einzelnen angesprochenen Punkte war gewährleistet. Eine endgültige Abstimmung über jede Empfehlung bzw. aller Alternativen wurde durchgeführt.

Der nominale Gruppenprozess (Konsensuskonferenz) fand am 23.01.2020 in Frankfurt statt. Teilgenommen haben die folgenden Mandatsträger bzw. Fachgesellschaften:

Priv. Doz. Helmut Sitter (AWMF), Prof. Boris A. Stuck (DGSM), Dr. Alfred Wiater (DGSM), Dr. Stephan Hoffmann (DEGAM/Deutscher Hausärzteverband), Prof. Dr. Clemens Heiser (DGHNO-KHC), Priv. Doz. Dr. Michael Herzog (DGHNO-KHC), Prof. Dr. Arzt (DGK), Prof. Dr. Dr. Hans Pistner (DGMKG), Dr. N. Büchner (DGP), Holger Woehrle (DGP), Dr. Lukas Frase (DGPPN), Prof. Dr. Angelika Schlarb (DGPS), Dr. Matthias Schlensak (DGAV), Dr. Martin Rösslein (DGAI), Prof. Dr. Hendrik Bonnemeier (DGIM), Dr. Christian Franke (BdP), Dr. Johanna Thünker (BDP), Dr. med. Andreas H. Schmidt (BVHNO), Ralf Kiehne (GSD), Dr. Joachim Paulus (RLS e. V.), Herr Hartmut Rentmeister (GSD-SH), sowie als Vertreter der Autorengruppe Prof. Dr. Wolfgang Galetke, Simon Herkenrath, Priv. Doz. Dr. Benedikt Hofauer, Prof. Dr. Joachim Maurer, Prof. Dr. Maritta Orth, Prof. Dr. Thomas Penzel, Prof. Dr. Winfried Randerath, Prof. Dr. Ulrich Sommer und Prof. Dr. Ingo Fietze.

Nach der Überarbeitung des nominalen Gruppenprozesses wurden noch nicht abschließend bearbeitete Fragestellungen im Rahmen eines nicht anonymisierten Delphi-Verfahrens abschließend konsentiert. Zum Delphi-Verfahren wurden die Autoren sowie die Teilnehmer des nominalen Gruppenprozesses eingeladen. Der Delphi-Prozess wurde am 21.02.2020 eröffnet und am 15.03.2020 geschlossen. Die Rückmeldungen wurden von B. A. Stuck und A. Wiater zusammengetragen und am 16.03.2020 zur Abstimmung gestellt. Zum Abstimmung waren alle benannten Vertreter der beteiligten Fachgesellschaften und Organisationen eingeladen. Der Abstimmungsprozess wurde am 31.03.2020 abgeschlossen. Am Abstimmungsprozess beteiligt haben sich die folgenden Mandatsträger bzw. Fachgesellschaften: Prof. Stuck/Dr. Alfred Wiater (DGSM), Prof. Dr. Clemens Heiser/Priv. Doz. Dr. Michael Herzog (DGHNO-KHC), Prof. Dr. Arzt (DGK), Prof. Dr. Dr. Hans Pistner (DGMKG), Dr. Lukas Frase (DGPPN), Prof. Dr. Angelika Schlarb (DGPS), Dr. Christian Franke (BdP), Dr. Johanna Thünker (BDP) und Dr. med. Andreas H. Schmidt (BVHNO). Basierend auf den Ergebnissen der Abstimmung wurden entsprechende Änderungen im Text vorgenommen, hierbei war eine Runde ausreichend, um einen Konsens zu erzielen.

Da es sich um eine S3-Leitlinie handelt, enthielt der Konsensusprozess die folgenden Elemente:

Logische Analyse (klinischer Algorithmus), formale Konsensfindung, Evidenzbasierung, Entscheidungsanalyse. Für eine S3-Leitlinie gilt, dass anhand einer klar definierten Fragestellung eine Lösung mit konditionaler Logik (Wenn-Dann-Logik) in mehreren Schritten herbeigeführt wird. Für die Evidenzbasierung werden klinische Studien und Metaanalysen mit einbezogen. Anhand der grafischen Algorithmen soll das Vorgehen einfach, klar und übersichtlich dargestellt werden.

6.1.4 Abfassen der Leitlinie/Konsentierung

Ein erster Entwurf der Aktualisierung wurde unter Leitung des Leitlinienverantwortlichen Boris A. Stuck und von den Autoren der einzelnen Kapitel verfasst.

6.1.5 Systematische Literaturrecherche

Die Literaturrecherche wurde für alle Studien durchgeführt, die ab April 2014 in der PubMed-Datenbank publiziert wurden (der Zeitraum der Literaturrecherche der zugrundeliegenden Leitlinienversion endete 04/2014). Als Einschlusskriterien wurden definiert:

Deutsch- oder englischsprachige Publikationen, prospektive oder retrospektive klinische Studien, randomisierte kontrollierte Studien, kontrollierte klinische Studien, systematische Reviews, Metaanalysen, Leitlinien der AWMF, der europäischen und nordamerikanischen Fachgesellschaften (Practice Guidelines, Guidelines) in deutscher oder englischer Sprache. Ausschlusskriterien waren definiert als: Originalarbeiten, publiziert in einer anderen Sprache als Englisch oder Deutsch, tierexperimentelle Studien, Leserbriefe, Case Reports (Falldarstellungen), Expertenmeinungen, Reviews (Übersichtsartikel), die keine systematische Zusammenfassung der Literatur darstellten, sondern nur einen allgemeinen Überblick zur Thematik lieferten. Die Suche wurde eingegrenzt auf Erwachsene (adult 19+).

Hierzu wurde folgende Suchstrategie angewendet: „sleep apnea“ OR „snoring“ mit den folgenden Limits: Publication Date 01042014-30042019, Humans, Clinical Trial, Meta-Analysis, Practice Guideline, Guideline, Randomized Controlled Trial, Review, Controlled Clinical Trial, Guideline, English, German, adult: 19+years.

6.1.6 Bewertung

Die Bewertung der Literatur erfolgte von zwei Gutachtern unabhängig nach den Oxford Centre for Evidence-based Medicine Levels of Evidence (2009). Neben der Auswahl der Literatur und der Klassifikation des Evidenzlevels erfolgte eine kritische Bewertung der Literatur/der Studien durch die Autoren.

6.1.7 Klinische Algorithmen

Insgesamt wurden zwei klinische Algorithmen aktualisiert (s. Abschnitt 6.2 Algorithmen):

  • das diagnostische Vorgehen bei obstruktiver Schlafapnoe,

  • das therapeutische Vorgehen bei obstruktiver Schlafapnoe.

6.1.8 Externe Begutachtung und Verabschiedung

Nach Abschluss des Konsensusverfahrens wurden von Seiten der DEGAM Forderungen nach weitergehenden inhaltlichen Änderungen und Ergänzungen gestellt, die im Rahmen des laufenden Prozesses nicht realisiert werden konnten. Die DEGAM hat daraufhin erklärt, sich der Leitlinie nicht anschließen zu können.

Die DGAI ist nach Abschluss des Konsensusverfahrens zur Feststellung gekommen, dass anästhesiologische Fragestellungen in der Aktualisierung weitgehend unberücksichtigt geblieben sind, und hat aus diesem Grund der Leitlinie ebenfalls nicht zugestimmt.

Die Vorstände der übrigen beteiligten medizinischen Fachgesellschaften haben die Leitlinie beraten und im Juni 2020 zugestimmt.

6.1.9 Redaktionelle Unabhängigkeit

Finanzierung der Leitlinie.

Die Erstellung der Leitlinie und die Durchführung der Konsensuskonferenzen erfolgten ausschließlich durch Mittel der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM).

Darlegung von und Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten.

Um eine Verzerrung des Leitlinienprozesses durch Interessenskonflikte zu vermeiden, wurden verschiedene vorbeugende Mechanismen zur Anwendung gebracht: (1) die systematische Erfassung und Bewertung der Interessenkonflikte aller am Leitlinienprozess Beteiligten sowie sich daraus ableitende Maßnahmen, (2) die interdisziplinäre Zusammensetzung der Leitliniengruppe sowie (3) die Veröffentlichung einer Konsultationsfassung, um auch nicht direkt am Leitlinienprozess Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben.

Alle Autoren und Teilnehmer des nominalen Gruppenprozesses haben potenzielle Interessenkonflikte über das hierfür seitens der AWMF bereitgestellte Formular offengelegt. Die beiden Mitglieder des Steering-Komitees haben die Interessenskonflikte aller Beteiligten überprüft und entsprechend den Empfehlungen der AWMF in gering, moderat und hoch eingeteilt. Zweifelsfälle wurden in der gesamten Leitliniengruppe diskutiert. Die Leitliniengruppe hat die Selbsteinschätzung der Interessenskonflikte der beiden Vertreter des Steering-Komitees überprüft.

Bei geringem Interessenskonflikt genügt die einfache Offenlegung, bei moderatem Interessenskonflikt zu einem Themenkomplex wurde die betreffende Person vom diesbezüglichen Abstimmungsprozess ausgeschlossen, bei hohem Interessenskonflikt darüber hinaus vom diesbezüglichen Diskussionsprozess. Als moderater Interessenskonflikt wurden direkte Verbindungen in die Industrie oder andere Interessensgruppen bewertet, die mit relevanten direkten oder indirekten finanziellen Zuwendungen (z. B. für die Durchführung klinischer Studien oder die Übernahme von Reisekosten oder Referentenhonoraren) in Zusammenhang mit in der Leitlinie behandelten Fragestellungen verbunden waren.

Die einzelnen Interessenkonflikterklärungen sind beim Leitlinien-Koordinator (Stuck) hinterlegt, eine Zusammenfassung ist auf der Homepage der AWMF öffentlich einsehbar.

6.1.10 Verbreitung und Implementierung

Die Leitlinie wird über das Fachjournal Somnologie verbreitet und kann online auf der Homepage der AWMF eingesehen werden (http://www.awmf.org).

6.1.11 Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren

Die aktualisierten Kapitel bzw. diese Aktualisierung erhalten ihre Gültigkeit für drei Jahre nach dem Erscheinungsdatum. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist dann eine Überarbeitung der gesamten Leitlinie zu den Schlafbezogenen Atmungsstörungen geplant.

6.2 Algorithmen

(Abb. 1 und 2)

Abb. 1
figure 1

Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf obstruktive Schlafapnoe

Abb. 2
figure 2

Algorithmus zur Behandlung von Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe. (*Bei CPAP-Intoleranz und Nasenatmungsbehinderung Operation zur Verbesserung der Nasenatmung erwägen. **Insbesondere dann, wenn eine andere Therapie (CPAP, UPS) nicht möglich ist bzw. diese nicht ausreichend toleriert wird)