Zusammenfassung
Guter Schlaf will erst gelernt sein. Nicht alle Säuglinge schaffen das selbst, manche brauchen die Unterstützung der Eltern. Damit dies positiv gelingt oder bei Regulationsstörungen gut abgefangen werden kann, sind Wissen und gute Beratung aus kompetenter Hand notwendig. Die im Handel erhältlichen und von verzweifelten Eltern häufig gelesenen Elternbücher zum Thema Kinderschlaf reichen oft nicht aus, um eine gute Information über die Zusammenhänge des Schlafs und der Selbstregulation zu gewährleisten. Umso entscheidender ist eine kompetente Beratung durch medizinisch ausgebildetes Fachpersonal. Dabei ist es wichtig, die physiologischen Veränderungen des Schlafs im ersten Lebensjahr zu kennen und erklären zu können.
Abstract
Good sleep first needs to be learned. Not all infants manage this by themselves; some need the support of their parents. In order for this to succeed or for regulatory disorders to be intercepted, knowledge and good advice from a competent source are required. The widely available parenting books on the subject of children’s sleep, which are frequently read by desperate parents, are often not sufficient to ensure adequate information on the relationships between sleep and self-regulation. More decisive is competent counseling from medically trained specialist staff. It is important to know and be able to explain the physiological changes of sleep during the first year of life.
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Interessenkonflikt
A. A. Schlarb und B. Schneider geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
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Redaktion
Dr. H. Hein, Reinbek
Prof. R. Schulz, Wiesbaden
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Eine Bekannte von Ihnen hat ein 2 Monate altes Baby. Die Mutter macht sich Sorgen, da das Kind auch tagsüber sehr viel schläft. Insgesamt sei das Kind maximal 2 h am Stück wach und schlafe dann wieder ein. Sie habe einmal mitgezählt und bemerkt, dass das Kind 18 h schlafe. Was raten Sie Ihrer Bekannten?
Ich empfehle ihr eine stationäre Abklärung, da eventuell eine ausgeprägte Hypersomnie besteht.
Ich empfehle ihr, eine Schlafberatung aufzusuchen, da es sich hier wahrscheinlich um eine Schlaf-Wach-Regulationsstörung handelt.
Ich beruhige die Mutter und erkläre ihr, dass das Schlafverhalten zum Alter des Kindes passt.
Ich schicke sie mit dem Säugling zum Kinderarzt, um ihn gründlich untersuchen zu lassen. Es besteht der Verdacht auf eine Infektion.
Ich empfehle ihr, den Säugling tagsüber nach jeweils einer Stunde Schlaf zu wecken.
Warum kann man bei Säuglingen im Schlaflabor nicht die gleiche Schlafstadienklassifikation verwenden wie bei größeren Kindern/Erwachsenen?
Da die Köpfe der Säuglinge so klein sind, kann man die Graphoelemente im EEG nicht gut erkennen.
Aufgrund der Unreife des Gehirns bilden sich noch keine vergleichbaren schlafphysiologischen Elemente im EEG ab.
Es gibt dafür im Befundungssystem kein geeignetes Programm.
Säuglinge sind nachts oft wach, sodass der Schlaf nicht sicher beurteilt werden kann.
Säuglinge haben keinen REM Schlaf.
Bei welchem Symptom streben Sie bei einem Säugling mit Ein- und Durchschlafschwierigkeiten eine organische Abklärung an?
Das Kind schnarcht und überstreckt im Schlaf den Kopf.
Das Kind lässt sich nur durch Stillen in den Schlaf bringen.
Das Kind wacht nachts alle 2 h auf.
Das Kind schläft nur durch Bewegung (Schaukeln, Tragen, Gymnastikballwippen) ein.
Das Kind schläft nur bei lauten Geräuschen ein (Staubsauger, Haartrockner, …).
Viele Eltern schaukeln ihr Kind auf dem Arm in den Schlaf – welche Aspekte sind dabei zu berücksichtigen?
Das Kind lernt durch die Nähe zur Bezugsperson eine falsche Einschlafassoziation.
Durch das Wiegen wird das Kind an die Situation in utero erinnert und kann sich damit besser regulieren.
Die Stimulation durch die Bewegung auf das Gleichgewichtsorgan ist wichtig zur Bildung von Schlafspindeln.
Das Kind wird so besser einschlafen lernen.
Das Schaukeln fördert die Gehirnentwicklung und damit den Schlaf.
Vor Ihnen sitzt eine erschöpfte Mutter, die Ihnen signalisiert, dass sie wegen der Schlafstörung des Kindes und dem daraus resultierenden eigenem Schlafmangel nicht mehr kann. Was raten Sie ihr?
Das ist eine alterstypische Phase, die vergeht von selbst.
Sie müssen Ihr Kind auch mal schreien lassen.
Bestimmt bekommt Ihr Kind Zähne.
Ich empfehle Ihnen ein paar Bücher zum Thema Säuglingsschlaf.
Das ist eine sehr anstrengende Situation, lassen Sie uns mal herausfinden, was Ihnen helfen könnte.
Sie bekommen einen Anruf von einem Kollegen, der erst vor Kurzem Vater geworden ist. Das Baby ist gesund, schreit aber sehr viel. Er ist beunruhigt, da seine Frau wenig Freude an der neuen Mutterrolle zeigt und wenig reagiert, wenn der Säugling weint. Er möchte von Ihnen wissen, ob das Schreien des Kindes normal ist oder ob er etwas tun kann.
Sie beruhigen ihn und erklären ihm, dass viele Säuglinge in den ersten 3 Monaten schreien.
Sie vermuten Blähungen und raten zu kindgerechten Massagen oder anderen Hilfsmitteln zur Entspannung des Kindes.
Sie haben den Verdacht auf eine postpartale Depression der Mutter und schlagen dem Kollegen eine Untersuchung des Kindes durch die Pädiater und eine Einschätzung der Situation durch einen Psychologen vor.
Das Kind sollte umgehend eine Schlaflabordiagnostik erhalten, um eine organische Schlafstörung abzuklären und ggf. geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Sie erklären ihm, dass es wichtig sei, dass die Eltern entspannt seien, und schlagen Entspannungsübungen vor.
Welche Form der Schlaftiefe nimmt bei einem 4 Wochen alten Säugling normalerweise den größten Anteil des Schlafs ein?
Aktiver Schlaf
Ruhiger Schlaf
Indeterminierter Schlaf
Non-REM-Schlaf
Tiefschlaf
Ein Elternpaar macht sich Sorgen, weil sein 6 Wochen alter Säugling häufig schreit. Das Kind lässt sich meist gut beruhigen und ist ansonsten unauffällig. Dennoch beobachten die Eltern, dass die Schreiphasen seit der Geburt zugenommen haben. Wie beraten Sie die Eltern?
Die Schreiphasen nehmen zu, da der Zahndurchbruch beginnt, sie werden voraussichtlich bis zum Durchbruch des ersten Zahns weiter zunehmen, dann weniger werden.
Aufgrund der „3-Monats-Koliken“ werden die Schreiphasen noch weiter zunehmen, nach 6 Monaten wird es langsam weniger werden.
Die Schreiphasen nehmen physiologisch zumeist in den ersten Lebenswochen zu, um nach 2 Monaten langsam wieder abzunehmen.
Das zunehmende Schreien ist sehr wahrscheinlich ein Zeichen für Ängste des Kindes im Sinne eines Geburtstraumas.
Die Entwicklung deutet auf eine hirnorganische Störung hin, eine erste Abklärung durch den Kinderarzt sollte erfolgen.
In wie viel Prozent der Fälle hat das übermäßige Schreien eines Säuglings eine organische Ursache?
5–10 %
20 %
25–30 %
40 %
50 %
Welcher der folgenden Aspekte gehört zum Mini-KiSS-Programm?
Das Programm richtet sich nur an Kinder im Alter von 0 bis 2 Jahren.
Entspannungstechniken sind ein Teil des Programms.
Es umfasst 10 Sitzungen.
Es werden Einschlafrituale mit maximal 3 beruhigenden Aktivitäten vermittelt.
Spezifische Anleitung für mediale Einschlafhilfen wird gegeben.
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Schlarb, A.A., Schneider, B. Schlaf im Säuglingsalter. Somnologie 22, 273–284 (2018). https://doi.org/10.1007/s11818-018-0186-0
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DOI: https://doi.org/10.1007/s11818-018-0186-0
Schlüsselwörter
- REM-Schlaf
- Ein- und Durchschlafstörungen
- Schlaf-Wach-Störungen
- Physiologische Phänomene des Nervensystems
- Beratung