Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir hoffen, Sie sind gut und weiterhin mit voller Begeisterung für die Schulter- und Ellenbogenchirurgie in das neue Jahr gestartet.

Im ersten Heft des Jahres wollen wir uns der Revisionschirurgie widmen. Die stetig steigende Anzahl an Eingriffen im Bereich des Schultergürtels und des Ellenbogengelenks führt unweigerlich auch zu Komplikationen, die einen Revisionseingriff erforderlich machen. Das Thema ist in der Tat kein Erfolgsschlager, es beschreibt eher den steinigen Weg aus dem Misserfolg. Keiner will Komplikationen, jeder hat sie. Wenn etwas nicht planmäßig gelaufen ist und das gewählte Operationsverfahren zu keiner für den Patienten zufriedenstellenden Funktion geführt hat, gilt es weitere operative Schritte genau abzuwägen und zu entscheiden, inwieweit durch eine Revision eine Funktionsverbesserung erreicht werden kann. Die berechtigten Fragen von Seiten des Patienten zur Erfolgsaussicht sind in der Revision häufig schwer zu beantworten. Evidenz gibt es kaum. Der weitaus größere Teil der wissenschaftlichen Literatur konzentriert sich nicht auf Revisionseingriffe sondern auf primäre Ergebnisse.

Der beste Schutz vor einer Revision bleibt weiterhin der erfolgreiche Erstschlag, sodass der Faktor „Chirurg(in)“ auch immer eine Rolle spielt. Ob es um die „einfache“ primäre Versorgung der Klavikulaschaftfraktur oder die Bandplastik am Ellenbogen geht – die chirurgische Technik ist entscheidend, um Revisionen im Verlauf zu vermeiden.

Kommt es trotzdem zur Komplikation, ist die Revision meist aufwendiger und risikoreicher als der Primäreingriff. So zeigen Holschen u. Agneskirchner, dass im Falle einer Revision bei Rezidivinstabilität des Akromioklavikulargelenks in der Regel eine biologische Augmentation durch eine autologe Sehne erforderlich ist. Die Ergebnisse sind jedoch nicht vorhersehbar und eine Wiederherstellung von Anatomie und Funktion des Gelenks nicht garantiert.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Behandlung der Humerusschaftpseudarthrose. Abhängig von der Ätiologie (mechanisch vs. biologisch vs. infektassoziiert) muss die richtige Revisionsstrategie gewählt werden. Während bei der einfachen verzögerten Heilung und bei stabil einliegendem Implantat nichtinvasive Maßnahmen wie die fokussierte hochenergetische Stoßwelle zur erfolgreichen Ausheilung führen können, erfordern biologisch inaktive Pseudarthrosen oder ein Implantatversagen vergleichbar zur Klavikula auch eine biologische Augmentation und die Reosteosynthese. Im Infektfall ist meist ein zweizeitiges Vorgehen erforderlich.

Rausch et al. behandeln das Problem der Rezidivinstabilität nach Bandplastik am Ellenbogen. Analog zum Akromioklavikulargelenk sind auch hier die Revisionseingriffe deutlich aufwendiger und die Ergebnisse weniger gut vorhersehbar als nach der primären Stabilisierung. Insbesondere weisen die Autoren aber darauf hin, dass nicht immer nur die erneute Instabilität das Problem ist, sondern z. B. auch Pathologien des N. ulnaris eine Revision erforderlich machen können.

Auch Michel et al. verdeutlichen in ihrer Arbeit zu Klavikulapseudarthrosen, dass eine erfolgreiche Revision i. d. R. die Anlage autologer Spongiosa bzw. Knochenspäne aus dem Beckenkamm erfordert, was die perioperative Morbidität deutlich erhöht. Dennoch lässt sich mit der Kombination aus biologischer Augmentation und Reosteosynthese in den meisten Fällen eine Konsolidierung und Wiederherstellung der Funktion erreichen.

Schließlich stellt die proximale Humerusfraktur noch immer eine komplikationsträchtige Entität dar. Insbesondere nach osteosynthetischer Versorgung ist die Komplikationsrate weiterhin erheblich. Die inverse Prothese hat sich zu einem Standardverfahren für den Primäreingriff sowie die Revision entwickelt. Allerdings muss im Falle einer sekundären Prothesenversorgung nach gescheiterter Osteosynthese mit schlechteren funktionellen Ergebnissen und höheren Komplikationsraten gerechnet werden als im Falle einer Primärversorgung. Dies wird in der Originalarbeit von Katthagen et al. verdeutlicht.

Wir hoffen, dass Sie Freude beim Lesen dieses Heftes haben und die Artikel Ihnen helfen, die richtige Strategie zu wählen, wenn Sie in Zukunft einen Revisionseingriff an Schulter und Ellenbogen durchführen müssen.

Herzlichst,

Ihre

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Prof. Dr. Dominik Seybold

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PD Dr. Benedikt Schliemann