Unter dem Schlagwort „Sharing Economy“ hat die gemeinschaftliche Nutzung von Gegenständen, Räumen und Kenntnissen eine Renaissance erfahren. Dabei geht es längst nicht mehr nur um den Zugang zu knappen Ressourcen oder eine alternative Form des Wirtschaftens gegen Überproduktion und Umweltbelastung. Von der hippen Konsumideologie hat sich die Sharing Economy weiterentwickelt und lukrative neue Geschäftsmodelle ermöglicht.

Zum einen bringen Sharing-Plattformen wie Mobility, Airbnb oder aber auch Uber potenzielle Tauschpartner zusammen und schaffen so erst die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Nutzung. Dazu tragen digitale Geschäftsmodelle und mobile Kommunikation maßgeblich bei. Globale Vernetzung und lokaler Zugang erhöhen den Nutzen für Teilnehmende als Kunden beziehungsweise Anbieter maßgeblich. Zum anderen basiert diese Entwicklung auf einem veränderten Werteverständnis. War über die letzten Jahrzehnte der „Besitz“ eines Gegenstandes das Maß aller Dinge, so liegt der heutige Wert des „Teilens“ in der größeren Flexibilität, den (vermeintlich) niedrigeren Kosten und damit erweiterten Wahlmöglichkeiten begründet.

Des Weiteren zeichnen sich die neuen Modelle der Sharing Economy nicht nur durch attraktive Nutzenkomponenten für den Kunden aus. Augenscheinlich sind diese Angebote auch in der Lage, Wettbewerbsverhältnisse maßgeblich zu verschieben. So hat der Fahrdienst Uber eine wichtige Diskussion über den Leistungsstandard existierender Beförderungsprogramme ausgelöst. Wohnungsbörsen wie Airbnb helfen, im Tourismus etablierte Angebotskategorien zu überdenken, und tragen zur Weiterentwicklung und Flexibilisierung der Angebote bei.

Mit der Sharing Economy sind aber die ökonomischen Grundprinzipien nicht am Ende. Denn (auch) heute wird das Teilen genutzt, um den Zugang zu bestimmten einzelnen Gütern für den Kunden zu erleichtern. Hinter Sharing Economy steht also immer noch ein ökonomischer Grundgedanke: durch wirtschaftlichen Austausch den Zugang zu knappen Ressourcen und Gütern zu ermöglichen.

Zudem muss auch bemerkt werden, dass diese Wirkungen (Nutzen, Zugang und Differenzierung) bereits in früheren Formen des Genossenschaftswesens einen maßgeblichen gesellschaftlichen Beitrag leisteten. In einzelnen Fällen wurden sie auch als einzig wahre Form eines demokratischen Wirtschaftens verstanden. So sind die genossenschaftlichen Ansätze des 19. und 20. Jahrhunderts sicherlich als Vorläufer aktueller Geschäftsmodelle des Teilens zu verstehen. Wenn es der Sharing Economy gelingt, eine Gemeinschaft von Nutzern zu bilden, deren Interessen über den rein monetären Aspekt des Teilens hinausgehen, so besteht die Chance, nachhaltige Alternativen zu bestehenden Unternehmenskonzepten zu etablieren.

Die Beiträge unserer aktuellen Ausgabe der Marketing Review St. Gallen nähern sich dem Phänomen wie immer aus verschiedenen praktischen, empirischen oder aber theoretischen Perspektiven und geben einen Einblick in unterschiedliche spezifische Fragestellungen und Herausforderungen der Thematik.

Wir wünschen Ihnen eine angeregte Lektüre!

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