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„Man tritt ja keine Realitätsflucht an, wenn es nichts gibt, wovor man fliehen will“

Die Begegnung eines Online-Rollenspielers mit einem psychodramatischen Rollenspieler

“One does not flee from reality when there’s nothing one would like to escape from”

Encounter of an online-role player and a psychodramatic role player

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Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie Aims and scope

Zusammenfassung

Viele exzessive Verhaltensweisen werden als Verhaltensabhängigkeiten bezeichnet. Die Abhängigkeitstheorie wird aus psychodramatischer Sicht am Beispiel des exzessiven Online-Rollenspiels kritisch beleuchtet. In Anbetracht der komplexen und vielfach überfordernden Umweltbedingungen eröffnet das virtuelle Leben dem Individuum häufig Möglichkeiten, die in der realen Welt nicht zur Verfügung stehen. Die individualisierende Diagnostik verstellt den Blick auf die Lage, in der störende Abhängigkeiten entwickelt werden. Die theoretischen Ausführungen werden durch eine Fallvignette ergänzt.

Abstract

Excessive behavior tends to be labeled as a behavior-related addiction disorder. Concerning excessive online role-play gaming the addiction theory is critically discussed from a psychodramatic perspective. Considering complex and in many cases overstraining circumstances, living in virtual worlds provides the individual with opportunities that are not accessible in real life. Personalized clinical diagnostics do in fact prevent a clear view of conditions which determine addiction disorders. A case study completes the theoretical explanations.

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Notes

  1. Die Schreibweise mit dem Unterstrich spricht Frauen, Männer und Personen an, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen wollen oder können.

  2. Die Diagnose der Video- und Online-Spiel-Abhängigkeit ist keineswegs unumstritten. Kritiker_innen des Abhängigkeitskonzeptes vertreten den Standpunkt, dass das Phänomen eine Übertragung von bereits bestehenden Störungen auf das Medium Internet ist und keine eigene, abgrenzbare Störung darstellt.

  3. Die Lage ist „die Situation einer Person unter Einbeziehung innerer wie äußerer Determinanten“ (Stadler und Kern 2010, S. 252).

  4. Ich verwende an dieser Stelle die Wir-Form um zu verdeutlichen, dass dieses Dilemma alle betrifft: Online-Rollenspieler_innen, Nicht-Spieler_innen, Klient_innen, Therapeut_innen, Berater_innen und all jene, die beraten werden.

  5. Tatsächlich gibt es in der „Cybertherapy“ Online-Rollen-Spiele zur Behandlung von Depressionen und Ängsten (zum Beispiel das Internet-basierte Programm Sparx) sowie Online-Spiele, die das individuelle Gesundheitsverhalten positiv verändern. Die kurzfristigen Effekte dieser Spiele sind mittlerweile gut erforscht und unbestritten, langfristig nachhaltige Effekte allerdings noch fraglich.

  6. „expi“ steht für experience (Erfahrung).

  7. „korrekt“ bedeutet z. B. sich in allen digitalen sozialen Netzwerken souverän zu bewegen ohne „peinliche Intimitäten“ preiszugeben.

  8. Proteus ist eine Gestalt aus der griechischen Mythologie. Es handelt sich um einen Meeresgott mit prophetischer Gabe, der versuchte, Fragen aus dem Weg zu gehen, indem er immer verschiedene Gestalten annahm. Er lebte auf den Inseln Karpathos und Pharos. Proteus ist ein Meister der Verwandlung.

  9. Die technischen Möglichkeiten der Gestaltung eines Avatars haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt, so dass es heute möglich ist, Avatare zum Einsatz zu bringen, die sich in Echtzeit bewegen und in Mimik und Gestik sehr ausdifferenziert gestaltet sind. Man kann aber nicht nur Personen sehr realitätsnah nachbilden, man kann sie auch in digitalen Landschaften bewegen.

  10. Anmerkung: es handelt sich um den Krankenhausaufenthalt nach seinem Suizidversuch.

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Paul, Online-Rollen-Spieler, online-role player

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Silbermayr, E. „Man tritt ja keine Realitätsflucht an, wenn es nichts gibt, wovor man fliehen will“. Z Psychodrama Soziometr 11 (Suppl 1), 133–146 (2013). https://doi.org/10.1007/s11620-012-0168-3

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