Auch im vierten Heft dieses Jahrganges können wir Ihnen eine Auswahl von Beiträgen präsentieren, die ein breites Spektrum erziehungswissenschaftlicher Arbeitsweisen, Ansätze und Themen abdecken. Die inhaltlichen Themen reichen vom sonderpädagogischen Förderbedarf über die Wirkungen von Leistungserwartungen von Grundschullehrkräften auf Schülerleistungen in Mathematik, die Verlaufsmuster schulischer Leistungen von Klasse 3 bis Klasse 9, die Visualisierungskompetenz von Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe 1, die naturwissenschaftliche Kompetenz in Klasse 9, das Zusammenspiel von Schülerselbstwahrnehmungen und -orientierungen mit den Mathematikleistungen in Klasse 9, der Fortbildung von Lehrkräften zum Umgang mit Unterrichtsstörungen, der Beanspruchung von Lehramtsstudierenden im Praxissemester, der Rolle von Erfolgserwartungen von Bachelorabsolventen für die Absicht ein Masterstudium aufzunehmen bis hin zur Problemlösekompetenz von Auszubildenden in kaufmännischen Berufen.

Der erste Beitrag von Jenny Kölm, Cornelia Gresch und Poldi Kuhl geht der Frage nach, inwiefern die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Förderschwerpunkt Lernen und die besuchte Schulart mit dem Zuwanderungshintergrund der Schulkinder zusammenhängt. Unter Rückgriff auf die Daten des IQB-Ländervergleichs 2011, die mit logistischen Regressionsanalysen ausgewertet wurden, zeigen die Autorinnen, dass bei Berücksichtigung der sozialen Herkunft, der kognitiven Grundfähigkeiten und der schulischen Leistungen Kinder aus zugewanderten Familien im Vergleich zu Kindern ohne Zuwanderungshintergrund seltener einen Förderbedarf Lernen attestiert bekommen.

Lena Hollenstein, Bettina Affolter und Christian Brühwiler thematisieren im zweiten Beitrag die Bedeutung der Leistungserwartungen bei Primarschullehrkräften für die Mathematikleistungen ihrer Schülerinnen und Schüler. Anhand einer schweizer Stichprobe kann die Autorengruppe zeigen, dass auch nach Kontrolle von Unterschieden im Professionswissen die Schülerinnen und Schüler von Lehrkräften mit höheren Leistungserwartungen auch bessere Mathematikleistungen zeigen. Interessanterweise fällt der bekannte Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Leistungen nach Kontrolle der Leistungserwartungen der Lehrkräfte geringer aus.

Der dritte Beitrag von Martin Tomasik und Urs Moser widmet sich den Verlaufsmustern der Leistungen in Mathematik und Deutsch zwischen der 3. und 9. Klassenstufe. In den Daten der Zürcher Längsschnittstudie mit etwa 2000 Schülerinnen und Schülern ließen sich mit Hilfe von mischverteilten Wachstumskurvenmodellen fünf Typen von Schulleistungsverläufen identifizieren. Als besonders erklärungskräftige Prädiktoren der Typenzugehörigkeit erwiesen sich neben der Intelligenz die vorschulischen Rechenfertigkeiten sowie selbständiges Arbeitsverhalten.

Sammy Wafi und Markus Wirtz legen im vierten Beitrag dieses Heftes empirische Analysen zur Entwicklung und Validierung eines Strukturmodells der für den Deutsch- und Mathematikunterricht relevanten Visualisierungskompetenz vor. Datengrundlage bildeten die von knapp 2000 Schülerinnen und Schülern vorliegende Ergebnisse bei der Bearbeitung eines über 200 Items umfassenden Erhebungsinstruments. IRT-Analysen erbrachten eine theoriekonforme mehrdimensionale Struktur der Visualisierungskompetenz, die neben einer rezeptiven und einer produktiven Komponente detaillierte Facetten des Erkennens, Verstehens, Verknüpfens und Generierens enthält.

Mit der Vergleichbarkeit der im Nationalen Bildungspanel (NEPS) und im IQB-Ländervergleich 2012 erfassten naturwissenschaftlichen Kompetenz von Neuntklässlern beschäftigt sich der fünfte Beitrag von Helene Wagner, Inga Hahn, Katrin Schöps, Nicole Mahler und Olaf Köller. Überprüft wurden die dimensionale Äquivalenz und die Skalenäquivalenz der Testwerte von NEPS und dem IQB-Ländervergleich. Dazu wurde eine Linking-Studie realisiert, in der 678 Schülerinnen und Schüler die Aufgaben aus beiden Studien bearbeiteten. Nachgewiesen werden konnte eine hohe Übereinstimmung der faktoriellen Struktur der in NEPS und IQB-Ländervergleich verwendeten Testinstrumente und der Verteilung von Kompetenzwerten.

Der sechste Beitrag von Sina Mews und Andreas Pöge greift die klassische pädagogische Frage nach der Rolle motivationaler Schülermerkmale für schulische Leistungen auf. Die Daten von mehr als 4000 15-Jährigen aus der PISA-Studie 2012 wurden dazu mittels linearer Strukturgleichungsmodelle analysiert. Die Befunde legen nahe, dass sich Unterschiede in der Freude und dem Interesse im Unterrichtsfach Mathematik sehr gut über Selbstkonzept, Selbstwirksamkeitserwartungen und instrumentelle motivationale Orientierung erklären lassen. Als bester Prädiktor für die Mathematikleistungen erwiesen sich die Selbstwirksamkeitserwartungen der Schülerinnen und Schüler.

Doris Kunz Heim, Anita Sandmeier, Yves Hänggi, Netkey Safi und Annette Cina beschäftigen sich im siebten Beitrag mit den Wirkungen eines Trainings zum Umgang mit Unterrichtsstörungen auf die selbst wahrgenommene Belastung und Beanspruchung von Lehrkräften. Im Rahmen eines quasiexperimentellen Prätest-Posttest-Interventionsdesigns kann die Autorengruppe zeigen, dass infolge des Trainings die Belastung und negative Beanspruchung der Lehrkräfte der 4. bis 6. Klassenstufe durch Unterrichtsstörungen im Schulalltag abnehmen.

Negative Beanspruchungsfolgen stehen auch im Fokus der Studie von Denise Kücholl, Andrea Westphal, Rebecca Lazarides und Anna Gronostaj im achten Beitrag. Die Verfasserinnen legten knapp 200 Lehramtsstudierenden zu Beginn und am Ende ihres viermonatigen Praxissemesters ein umfangreiches Fragebogeninstrument vor, um die Rolle von Mentoring und Selbstwirksamkeitserwartungen für den Umgang mit den Beanspruchsfolgen im Praxissemester zu untersuchen. Auf der Basis multipler Regressionsanalysen kommt die Autorengruppe zu dem Ergebnis, dass ein Zusammenhang zwischen den Selbstwirksamkeitserwartungen der Studierenden und ihrer Leistungsfähigkeit besteht, der durch ihre wahrgenommene soziale Unterstützung durch Mentoring in der Schule moderiert wird.

Der neunte Beitrag in diesem Heft widmet sich der Absichtsbildung von Bachelorstudierenden, nach dem Bachelorabschluss ein Masterstudium aufzunehmen. Susanne Bergann, Irmela Blüthmann, Martin Neugebauer und Rainer Watermann legen dazu latente Regressionsanalysen einer Online-Studie unter Bachelorstudierenden an der Freien Universität Berlin vor. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die subjektive Erfolgserwartung ausschlaggebender ist für die Absicht, ein Masterstudium aufzunehmen, als die subjektiv erwarteten Kosten und Erträge. Neben bisherigen Studienleistungen wird die subjektive Erfolgserwartung dabei wesentlich dadurch bestimmt, wie die Studierenden ihre Fähigkeit wahrnehmen, wissenschaftliche Texte rezipieren und produzieren zu können.

Der zehnte und letzte Originalbeitrag dieses Heftes thematisiert die Problemlösekompetenz in der kaufmännischen Ausbildung. Christin Siegfried, Kristina Kögler, Andreas Rausch, Jürgen Seifried, Eveline Wuttke und Rebecca Eigenmann realisierten mit 780 Auszubildenden eine Bürosimulation zur Erfassung beruflicher Kompetenzen. Durch eingebettete Erlebensstichproben wurden mehrfach nicht-kognitive Kompetenzfacetten erhoben. Bewertet wurde die fachliche Qualität der zu bearbeitenden Problemfälle. Für die kognitiven Komponenten der Problemlösekompetenz erwies sich erwartungsgemäß das domänenspezifische Vorwissen als bester Prädiktor, während die nicht-kognitiven Komponenten sich eher durch das Ausbildungsinteresse und die beruflichen Selbstwirksamkeitserwartungen vorhersagen ließen.