Sophia Charlotte Volk (Universität Zürich) wählt in ihrer Monographie, die auf ihrer Dissertationsschrift (Universität Leipzig) beruht, ein originelles Thema, das eine Forschungslücke offenbart. Denn bislang wurde nicht systematisch untersucht, wie sich die Zunahme international vergleichender, kollaborativer Forschung auf die Kommunikationswissenschaft und die Wissensproduktion des Fachs ausgewirkt hat. Die fehlende Selbstreflexion über die Prämissen und Standards nimmt die Autorin zum Anlass, die intellektuellen und sozialen Herausforderungen zu analysieren, die komparative Forschung zwangsläufig mit sich bringt.

Die Problemstellung konstatiert eine Zunahme international vergleichender und kollaborativer Forschung, die quasi zwangsläufig mit komplexeren intellektuellen und sozialen Herausforderungen einhergeht – welche allerdings bislang zu wenig reflektiert wurden. Gut fundiert gibt Volk zu bedenken, dass soziale Probleme im Forschungsnetzwerk zu methodischen Kompromissen führen können und umgekehrt Forschungsergebnisse mitunter soziale Verwerfungen im Forschungsteam herbeiführen. Diese beiden Aspekte, die intellektuelle und soziale Dimension vergleichender Kommunikationsforschung, werden im Verlauf der Arbeit stringent verfolgt und systematisch analysiert. RQ 1 fragt, inwiefern vergleichende kommunikationswissenschaftliche Studien überhaupt die wissenschaftlichen Prinzipien des Vergleichs erfüllen. RQ 2 fragt, wie Forschungsgruppenleitende von vergleichenden kommunikationswissenschaftlichen Forschungsprojekten ihre Erfahrungen der Kollaboration in international gemischten Teams reflektieren. Im zweiten Kapitel setzt sich die Autorin zunächst auf der Grundlage einer Literaturstudie mit den theoretischen und wissenschaftssoziologischen Grundlagen kollaborativen Forschens auseinander und entwirft eine Analysematrix zur Untersuchung der Organisation komparativer Kommunikationsforschung. Sie beschreibt hier bereits einen Bias in der international vergleichenden Forschung, die eine stark westlich, US-amerikanische und eurozentrische Prägung offenbart, die zu gegenstandsbezogen und zu wenig kosmopolitisch und transkulturell (sprachlich, theoretisch) agiert. Außerdem legt sie detailliert frei, warum die komparative Kommunikationsforschung eben noch keine systematisch etablierte Teildisziplin ist. Erst im dritten Kapitel definiert Volk internationale kollaborative Kommunikationsforschung vor allem als ländervergleichende Forschung auf der Makroebene – andere Vergleichsdimensionen wie transkulturelle Vergleiche von Epistemologien bleiben außen vor. Es folgt eine systematische Auseinandersetzung mit den intellektuellen Herausforderungen der komparativen Kommunikationsforschung mit einem Überblick über den Forschungsstand, aus dem sie zentrale Bedingungen und Prinzipien extrahiert, die immer wieder in komparativen Forschungsprojekten beobachtet werden können. Auf dieser Grundlage entwickelt Volk ein Prozessmodell für komparative Kommunikationsforschung.

Das vierte Kapitel widmet sich der Sozialdimension kollaborativer Forschung. Damit erweitert Volk die Perspektive in die Sozialwissenschaften. Auch für diese Dimension entwickelt Volk auf Basis der Organisationstheorie zunächst einen Überblick. Daraus resultiert ein „input-mediator-outcome model of international team research in comparative communication“, das letztlich in ein systematisch hergeleitetes Analysemodell für die empirischen Studien fließt. Der Theorieteil alleine verschafft bereits einen großen Erkenntnisgewinn, weil zahlreiche blinde Flecken beleuchtet werden.

Die Autorin führt anschließend zwei empirische Studien durch. Zunächst wird bezogen auf RQ1 inhaltsanalytisch untersucht, inwiefern sich die zuvor erarbeitete Systematik zu den intellektuellen Herausforderungen in einem Sample von 335 Zeitschriftenartikeln wiederfindet, die Forschungsergebnisse vergleichender Studien präsentieren. Das Sample stellt eine Vollerhebung aller Artikel in 27 SSCI-gelisteten Journalen dar, die zwischen 2015 und 2019 erschienen sind. Es reproduziert also den oben kritisierten westlichen Bias, was Volk hinreichend begründet, und bildet den Mainstream der komparativen kommunikationswissenschaftlichen Studien ab. Dadurch sind die Ergebnisse nur bedingt auf kleinere, kritische oder medienökonomische Studien übertragbar.

Die zweite qualitative Studie (zu RQ2) beinhaltet 15 Interviews mit Forschungsgruppenleitenden, u. a. zu Herausforderungen des Teambuildings sowie zu innerfachlichen und externen Faktoren, die die Teamforschung beeinflusst haben. So wird empirisch belegt, was gängige Praxis ist, nämlich, dass neben der Fähigkeit, Forschungsmittel einzuwerben, persönliche Netzwerke die Bildung eines Forschungsteams begünstigen: „First, people want to work with their friends.“ Im siebten Kapitel schließlich reflektiert die Autorin nochmals eingehend über Limitierungen und den Wert ihrer Forschung und gibt wertvolle Hinweise für die Forschungspraxis.

Für die Lesenden aus dem Fach liefert das Buch einen großen Erkenntnisgewinn über ihre eigene Disziplin – und darüber hinaus. Insbesondere die Interviewstudie der Forschungsgruppenleitenden sowie die Überlegungen zur Umsetzung der Erkenntnisse in die Forschungspraxis sind spannend und erhellend. Der Nutzwert des Buches wird auch dadurch gesteigert, dass Sophia Charlotte Volks Methodik stets nachvollziehbar und stringent präsentiert wird, und sie die Lesenden von Anfang an mithilfe zahlreicher Schaubilder, Zwischenfazits und zusammenfassenden Tabellen durch die Komplexität des Themas navigiert. Für das Fach Kommunikationswissenschaft und insbesondere die komparative Forschung hat die Autorin tatsächlich Großes geleistet, denn es steht zu erwarten, dass ihre Studie einen Beitrag zur Systematisierung und Etablierung der international vergleichenden Kommunikationsforschung liefern kann – in theoretischer, empirischer und praktischer Hinsicht. Die Verbesserungsvorschläge zur Forschungspraxis können einen wichtigen Beitrag zur Kosmopolitisierung der komparativen Kommunikationswissenschaft leisten. Das Buch ist ein must-read für alle, die in diesem Feld forschend unterwegs sind, vor allem auch für jene, die erstmals eine Leitungsfunktion übernehmen.