Im Kontext der sogenannten Flüchtlingskrise erhielt die Populismusforschung in der Medien- und Kommunikationswissenschaft einen beachtlichen Anschub. Aufgrund neuer politischer AkteurInnen, der Gründung rechter Parteien und Gruppierungen in Europa und internationaler Wahlereignisse wie dem Brexit widmeten sich eine Vielzahl an Publikationen dem Phänomen. In ihrer Metaanalyse von Abstracts publizierter Fachartikel (2004–2018) in internationalen Zeitschriften identifizieren Sophia Hunger und Fred Paxton (2021) einen klaren Forschungstrend zur Beschäftigung mit dem Populismusthema in unserer Disziplin. Somit ist der Forschungsband von Benjamin Krämer und Christina Holtz-Bacha eine wichtige und anschlussfähige Ressource für WissenschaftlerInnen im Fach.

Mit seinen sechzehn Beiträgen deckt der Band ein breites Themenspektrum entlang der Wechselwirkung zwischen populistischen Phänomenen und Medienkommunikation ab. Hierbei beleuchten die einzelnen Texte nicht nur die Medienrezeption populistischer Kommunikation oder seine Mediation in Pressediskursen, sondern charakterisieren auch die aktive Mediennutzung populistischer AkteurInnen mit einem besonderen Augenmerk auf digitale Kommunikationsräume. Eine Vielzahl der Kapitel leistet wichtige Definitionsarbeit und legt überblickshaft die Relevanz ihrer spezifischen Forschungsgegenstände dar. Dementsprechend ist der Band kein klassisches Handbuch. Die Beiträge skizzieren Perspektiven aktueller Forschung in Bereichen wie Journalismus, politischer (Online)Kommunikation oder auch Wissenschaftskommunikation.

Die Beiträge decken ein methodisches Spektrum von Inhaltsanalysen über Wirkungsstudien bis hin zu Mediensystemvergleichen ab. Einige Kapitel liefern Erkenntnisse aus vergleichenden Studien und das nicht nur für den europäischen Raum (Engesser et al.), sondern auch für Nord- und Südamerika (Just & Crigler; Avila & Kitzberger; Casullo). Somit erhalten LeserInnen Einblicke in populistische Politiken und ihre medialen Verhandlungen in diversen kulturellen Kontexten, was die geografische Verbreitung, gesellschaftliche Relevanz und Forschungswürdigkeit des Gegenstandes weiter herausstellt. Neben empirischen Beiträgen werden in einigen Texten auch Modelle vorgestellt (Fawzi; Reinemann; Avila & Kitzberger), die zu weiterer Forschung genutzt werden können.

Theoretisch diskutieren die Kapitel populistische Narrative über Medieninstitutionen (Fawzi; Avila & Kitzberger), die Verhandlung von Populismus im Pressediskurs (Goyvaerts & De Cleen), rechte Angriffe auf JournalistInnen (Holtz-Bacha) oder das Zusammenspiel populistischer Konjunktur mit dem Aufkommen von Fake News (Corbu & Negrea-Busuioc). Auch die thematischen Reibungspunkte populistischer Kommunikation auf inhaltlicher Ebene werden behandelt, in einigen Beiträgen gesondert mit Blick auf Genderdynamiken (Campus; Krämer & Klingler; Casullo). Ertragreich liest sich der Beitrag zur populistischen Onlinekommunikation (Haller), in welchem aktuelle Strategien und digitale Praktiken rechter AkteurInnen aufgezeigt werden. Digitale Kommunikationsphänomene wie Memes (Wagner & Schwarzenegger; Lobinger et al.) oder alternative Medienangebote via Social Media (Holt) finden ebenso Berücksichtigung wie die Verknüpfung und Indienstnahme populärkultureller Trends in der populistischen Mediennutzung (Nærland).

Besonders lesenswert ist Krämers Einleitung zum Band. Neben nützlichen Definitionen des Populismusbegriffs für die Medien- und Kommunikationswissenschaft gibt er einen gelungenen Umriss der thematischen Relevanz für das Fach. Hierbei reflektiert er kritisch, zeigt Leerstellen auf und unterstreicht die Ambiguität des Forschungsgegenstandes mit seinem kulturellen Spektrum. Im Vergleich bieten einige Texte eher ein kurzes Fazit ihrer Befunde und so gelingt nicht allen Kapiteln eine solch gesellschaftstheoretisch fundierte, kritische Besprechung. Die Stärke des Bandes besteht in seiner dennoch wichtigen Vogelperspektive auf das Phänomen Populismus in Medien- und Kommunikationskontexten. Somit hat der Band neben seinem fachlichen Charakter auch einen klaren didaktischen Wert: Die kurzen Texte eignen sich sehr gut als Basistexte für die Lehre in unserer Disziplin, beispielsweise in Seminaren zu politischer Kommunikation, Journalismus, Mediensystemen, digitaler Kommunikation oder Medienkultur.