Skip to main content
Log in

Gleichstellungspolitische Strategien österreichischer Gewerkschaften: Auf dem Weg zur Geschlechtergerechtigkeit?

Gender Equality Strategies of Austrian Trade Unions: On the Way to Gender Justice?

  • Hauptbeiträge
  • Published:
Österreichische Zeitschrift für Soziologie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Die Repräsentation von Frauen in den Strukturen der österreichischen Gewerkschaften hat eine lange Tradition, und in den letzten Jahrzehnten konnten in der Etablierung gleichstellungspolitischer Strukturen weitere Fortschritte erzielt werden. Trotz dieser Errungenschaften weisen Gewerkschaften geschlechterpolitische Defizite auf, etwa eine immer noch geringe Zahl an Frauen in Führungspositionen und meist an der Norm der Männer orientierte Verhandlungsinhalte und -ergebnisse. Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, in welcher Form Ansätze und Strategien zur Geschlechtergleichstellung bzw. Geschlechtergerechtigkeit Eingang in Programmatik und in ausgewählte Politikbereiche der österreichischen Gewerkschaften gefunden haben. Eine der Grundproblematiken in der Konstituierung der Geschlechterverhältnisse in Gewerkschaften wird in der Definition eines Arbeitsbegriffes verortet, der sich auf die Erwerbsarbeit beschränkt und unbezahlte Arbeit weitgehend ignoriert.

Abstract

The representation of women in the structures of the Austrian trade unions has a long tradition and further progress has been made in the establishment of gender equality structures in the last decades. Despite these improvements, trade unions still show a deficit in gender equality, e. g. few women in leading positions or aims and contents of negotiations which are dominantly male oriented. The article discusses the question in which way approaches and strategies for the advancement of gender equality have been implemented in programmes and in selected policy areas of Austrian trade unions. One of the basic problems in the constitution of gender relations can be seen in the concept of labour. The dominant concept of labour in trade unions is limited to paid employment and largely ignores unpaid (care) work.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Institutional subscriptions

Notes

  1. Im angloamerikanischen Raum hat die Erforschung der Geschlechterverhältnisse in Gewerkschaften eine wesentlich längere und elaboriertere Tradition als im deutschsprachigen Raum und vor allem feministische Wissenschafterinnen haben zahlreiche Beiträge zu Geschlechterverhältnissen und Gewerkschaften verfasst (etwa Colgan und Ledwith 2003; Kirton 2006; Lawrence 1994; Ledwith und Hansen 2013; Sinclair 1996; Trebilcock 1991). Wajcman (2000) stellt allerdings auch für die britische Industrial Relations Forschung fest, dass Genderthemen einen geringen Stellenwert haben.

  2. Auf die Unterschiede zwischen den Teilgewerkschaften kann in diesem Beitrag nicht eingegangen werden, obgleich festzuhalten ist, dass sich die Ausformung der Gleichstellungsstrukturen und deren Handlungsradius wesentlich unterscheiden.

  3. vgl. http://www.oegb.at/servlet/ContentServer?pagename=OEGBZ/Page/OEGBZ_Index&n=OEGBZ_bundeskongress2009.a&cid=1168604627996

  4. In der deutschen Gewerkschaft ver.di kommt eine Doppelstrategie zum Einsatz: Hier gibt es einen Bereich „Frauen und Gleichstellung“ und einen eigenständigen Bereich „Genderpolitik“, siehe https://www.verdi.de/themen/gleichstellung/++co++75e109ca-b20e-11e0-46e5-00093d114afd.

  5. Als Beispiel für eine präsente ÖGB-Frauenvorsitzende, die Frauenthemen auch gegen die Beschlüsse der Gesamtorganisation vertreten hat und frauenpolitische Bündnisse auch über parteipolitische Grenzen hinweg eingegangen ist, kann Irmgard Schmidtleitner genannt werden. So fanden etwa auf Schmidtleitners Initiative hin gemeinsame Protestaktionen der ÖGB-Frauen mit anderen Frauenorganisationen (evangelische und katholische Frauenbewegung, Grüne Frauen, etc.) gegen das von der SPÖ/ÖVP-Regierung beschlossene Sparpaket am Internationalen Frauentag im März 1996 statt (Fassler 2005, S. 34).

  6. Tálos (1996, S. 10) analysiert Sozialpartnerschaft als „extreme Form der Elitenkooperation“, bei der Entscheidungsprozesse hinter dem Vorhang stattfinden: „Sie ist gesetzlich nicht geregelt, fundiert auf freiwilligen Vereinbarungen, funktioniert in weiten Bereichen informell, kennt – im Sinne des »Democratic Audit« – keinerlei demokratische Verfahrensregeln, Bestellungs- und Kontrollverfahren. Zugespitzt gesagt: Sozialpartnerschaft kann weder gewählt noch abgewählt werden. Sozialpartnerschaft stellt ein Politikmuster der dafür nicht gewählten Repräsentanten – bei weitgehendem Ausschluss der Repräsentierten – aus der Entscheidungsfindung dar. Korreliert Demokratie mit Öffentlichkeit, so Sozialpartnerschaft mit einer durchwegs nicht-öffentlichen Vertraulichkeit.“

  7. http://www.oegb.at/cms/S06/S06_30.a/1342555759378/home/teilzeit-ist-bremsklotz-fuer-karriere.

Literatur

  • Appelt, Erna. 1993. Sozialpartnerschaft und Fraueninteressen. In Sozialpartnerschaft. Kontinuität und Wandel eines Modells, Hrsg. Emmerich Tálos, 243–266. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik.

    Google Scholar 

  • Appelt, Erna. 1995. Frauen und Sozialpartnerschaft: Ein Nicht-Verhältnis? In Bericht über die Situation der Frauen in Österreich. Frauenbericht 1995, 610–614. Wien: Bundesministerin für Frauenangelegenheiten im Bundeskanzleramt.

    Google Scholar 

  • Artus, Ingrid, und Jessica Pflüger. 2015. Feminisierung von Arbeitskonflikten. Überlegungen zur gendersensiblen Analyse von Streiks. Arbeits- und Industriesoziologische Studien 8(2):92–108.

    Google Scholar 

  • Beck-Gernsheim, Elisabeth. 1992. Das halbierte Leben: Männerwelt Beruf, Frauenwelt Familie. Frankfurt am Main: Fischer.

    Google Scholar 

  • Bergmann, Nadja, und Irene Pimminger. 2004. Praxishandbuch Gender Mainstreaming. Konzept. Umsetzung. Erfahrung. Wien: L&R Sozialforschung.

    Google Scholar 

  • Bergmann, Nadja, Christian Scambor, und Elli Scambor. 2014. Bewegung im Geschlechterverhältnis? Zur Rolle der Männer in Österreich im europäischen Vergleich. Wien: LIT.

    Google Scholar 

  • Blaschke, Sabine. 2003. Austrian Trade Unions: Towards Mainstreaming Gender? Communication Paper presented at the Track 4‑Poster Session at the IIRA, 13th World Congress, Berlin., 8–12.

    Google Scholar 

  • Blaschke, Sabine. 2008. Frauen in Gewerkschaften. Zur Situation in Österreich und Deutschland aus organisationssoziologischer Perspektive. München: Hampp.

    Google Scholar 

  • Colgan, Fiona, und Sue Ledwith. 2003. Gender, Diversity and Trade Unions. International perspectives. New York: Routledge.

    Google Scholar 

  • Connell, Robert. 2005. Masculinities. Berkeley: University of California Press.

    Google Scholar 

  • Derichs-Kunstmann, Karin. 2012. Zur Architektur von Gleichstellungspolitik in den deutschen Gewerkschaften. In Erfolgreiche Geschlechterpolitik. Ansprüche – Entwicklungen – Ergebnisse, Hrsg. Barbara Stiegler, 54–65. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung.

    Google Scholar 

  • Dohnal, Johanna, und Susanne Feigl. 1988. Das Zauberwort heißt Aufstockung. Ein Gespräch unter Sozialistinnen (zur Quotenregelung). In Die Hüter der Ordnung. Aus den Einrichtungen des Patriarchats, Hrsg. Lydia Willkop, 175–191. München: Verlag Frauenoffensive.

    Google Scholar 

  • Ernst-Kaiser, Sandra. 2009. Über die Notwendigkeit einer Frauengewerkschaft. Diplomarbeit. Wien.

  • ETUC. 2006. Challenging Times. Innovative ways of organising working time: the role of trade unions. Brussels: ETUC.

    Google Scholar 

  • Fassler, Martina. 2005. „Ohne uns geht nichts!“ 60 Jahre ÖGB Frauen. Wien: ÖGB.

    Google Scholar 

  • Fraser, Nancy. 2001. Die halbierte Gerechtigkeit. Schlüsselbegriffe des postindustriellen Sozialstaats. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Gesterkamp, Thomas. 1996. Männerbund Gewerkschaft. Gewerkschaftliche Monatshefte 47:596–600.

    Google Scholar 

  • Hansen, Lise Lotte, und Sue Ledwith. 2013. A diverse trade union leadership. Complexity, contradictions and change. In Gendering and diversifying trade union leadership, Hrsg. Sue Ledwith, Lise Lotte Hansen, 1–26. New York: Routledge.

    Google Scholar 

  • Jacobs, Jerry A., und Kathleen Gerson. 2004. The Time Divide. Work, Family and Gender Inequality. Cambridge: Harvard University Press.

    Google Scholar 

  • Jansen, Mechthild. 1995. Feminisierung der Gewerkschaften und die Wirkung auf Frauen und Männer. Gewerkschaftliche Monatshefte 7:414–424.

    Google Scholar 

  • Kirton, Gill. 2006. The making of women trade unionists. Hampshire: Ashgate.

  • Klenner, Fritz, und Brigitte Pellar. 1999. Die österreichische Gewerkschaftsbewegung: von den Anfängen bis 1999. Wien: Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes.

    Google Scholar 

  • Kurz-Scherf, Ingrid. 1994. Brauchen die Gewerkschaften ein neues Leitbild der Erwerbsarbeit? Oder: Brauchen die Frauen eine neue Gewerkschaft? Gewerkschaftliche Monatshefte 7:436–449.

    Google Scholar 

  • Kurz-Scherf, Ingrid. 2004. „Hauptsache Arbeit“? – Blockierte Perspektiven im Wandel von Arbeit und Geschlecht. In Hauptsache Arbeit? Feministische Perspektiven auf den Wandel von Arbeit, Hrsg. Dagmar Baatz, Clarissa Rudolph, und Ayla Satilmis, 24–46. Münster: Westfälisches Dampfboot.

    Google Scholar 

  • Lawrence, Elizabeth. 1994. Gender and Trade Unions. Gender and Society: Feminist Perspectives on the Past and Present Series. Bristol: Taylor and Francis.

    Google Scholar 

  • Ledwith, Sue. 2012. Gender politics in trade unions. The representation of women between exclusion and inclusion. Transfer 18(2):185–199.

    Article  Google Scholar 

  • Ledwith, Sue, und Lise Lotte Hansen. 2013. Gendering and Diversifying Trade Union Leadership. New York: Routledge.

    Google Scholar 

  • Löffler, Doris. 2012. Gender Mainstreaming im Betrieb. Praktische Gewerkschaftsarbeit. PGA 8. Wien: VÖGB.

    Google Scholar 

  • Mayring, Philipp. 1995. Qualitative Inhaltsanalyse. In Handbuch Qualitativer Sozialforschung, Hrsg. Uwe Flick, Ernst Kardorff, Heiner Keupp, Lutz Rosenstiel, und Stephan Wolff, 207–213. Weinheim: Beltz.

    Google Scholar 

  • Neyer, Gerda. 1995. Frauen und Gewerkschaften. In Bericht über die Situation der Frauen in Österreich. Frauenbericht 1995, Hrsg. Bundesministerin für Frauenangelegenheiten im Bundeskanzleramt, 614–618. Wien: Bundesministerin für Frauenangelegenheiten.

    Google Scholar 

  • Neyer, Gerda. 1997. Fraueninteressen und ÖGB. In Denn sie wissen nicht, was wir tun! Gewerkschaften und Mitbestimmung, Hrsg. Referat für Bildung, Freizeit und Kultur der Kammer für Arbeiter und Angestellte Oberösterreich, 67–117. Linz: AK OÖ.

    Google Scholar 

  • ÖGB. 2009. Als Frauen – Mit Frauen – Für Frauen. 16. ÖGB-Bundeskongress, Wien, 3. Juni 2009. Arbeitsprogramm.

    Google Scholar 

  • ÖGB. 2013a. Leitantrag der ÖGB-Frauen. Wir fordern. Wir arbeiten. Wir erreichen. 17. ÖGB-Frauenkongress, Wien, 11. Apr 2013.

    Google Scholar 

  • ÖGB. 2013b. Grundsatzprogramm des ÖGB. 2013 bis 2018. 18. ÖGB-Bundeskongress, Wien, 20. Juni 2013.

    Google Scholar 

  • ÖGB, und GMT (Gewerkschaft Metall-Textil). 2003. Projekthandbuch. Mit gutem Beispiel voran. Wir. Die MetallerInnen. Gender Mainstreaming in Kollektivverträgen am Beispiel der Kollektivverträge der Gewerkschaft Metall-Textil, 2. Aufl., Wien: ÖGB, GMT.

    Google Scholar 

  • Pernicka, Susanne, und Günter Hefler. 2015. Austrian Corporatism – erosion or resilience? Austrian Journal of Political Science 44(3):40–56.

    Google Scholar 

  • Pircher, Erika, Edeltraud Ranftl, und Elfriede Neubauer. 2003. Dokumentation der Arbeitstagung „Gender Mainstreaming in den Interessenvertretungen der ArbeitnehmerInnen“. Kooperationsveranstaltung der Arbeitsgruppe „Gender Mainstreaming and Unions – MSU Österreich“, ÖGB, AK Wien, GMT, GPA. Wien: Arbeitsgruppe „Gender Mainstreaming and Unions – MSU Österreich“.

    Google Scholar 

  • Podann, Audrey-Catherine. 2012. Im Dienste des Arbeitsethos – Hegemoniale Männlichkeit in Gewerkschaften. Stuttgart: Budrich UniPress.

    Google Scholar 

  • Ranftl, Edeltraud. 1997. Jenseits traditioneller Gewerkschaftspolitik? Interessenvertretung von Frauen zwischen Tradition und Innovation. In Denn sie wissen nicht, was wir tun! Gewerkschaften und Mitbestimmung, Hrsg. Wolfgang Greif, Gerhard Gstöttner-Hofer, Erwin Kaiser, und Sepp Wall-Strasser, 107–117. Wien: VÖGB.

    Google Scholar 

  • Sinclair, Diane. 1996. The importance of gender for participation in and attitudes to trade unionism. Industrial Relations Journal 27(3):239–252.

    Article  Google Scholar 

  • Sorger, Claudia. 2012. Von Halbe/Halbe weit entfernt: Zur Verteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit. In Verteilen statt Verspielen. Wege zu mehr Verteilungsgerechtigkeit, Hrsg. Wolfgang Katzian, Lucia Bauer, und David Mum, 133–143. Wien: ÖGB Verlag.

    Google Scholar 

  • Sorger, Claudia. 2013. Wer dreht an der Uhr? Geschlechtergerechtigkeit in der Arbeitszeitpolitik der Gewerkschaften. Dissertation. Wien.

  • Sorger, Claudia. 2014. Wer dreht an der Uhr? Geschlechtergerechtigkeit und gewerkschaftliche Arbeitszeitpolitik. Münster: Westfälisches Dampfboot.

    Google Scholar 

  • Tálos, Emmerich. 1996. »Zwangskammerstaat«? Zur Demokratiequalität der Sozialpartnerschaft. In Reihe Politikwissenschaft/Political Science Series 29, Hrsg. Institut für Höhere Studien (IHS) Wien: IHS.

    Google Scholar 

  • Trebilcock, Anne. 1991. Strategies for strengthening women’s participation in trade union leadership. International Labour Review 130(4):407–426.

    Google Scholar 

  • Wajcman, Judy. 2000. Feminism facing industrial relations in Britain. British Journal of Industrial Relations 38(2):183–201.

    Article  Google Scholar 

  • Wineroither, David. 2013. Die Sozialpartnerschaft als Eckpfeiler der österreichischen Konsensdemokratie. In Wissenschaft über Gesellschaft. Analysen und Perspektiven, Hrsg. Brigitte Pellar, 39–70. Wien: ÖGB Verlag.

    Google Scholar 

  • Witzel, Andreas. 1982. Verfahren der qualitativen Sozialforschung. Überblick und Alternativen. Frankfurt a. M.: Campus.

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Claudia Sorger.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this article

Sorger, C. Gleichstellungspolitische Strategien österreichischer Gewerkschaften: Auf dem Weg zur Geschlechtergerechtigkeit?. Österreich Z Soziol 42, 167–182 (2017). https://doi.org/10.1007/s11614-017-0263-9

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s11614-017-0263-9

Schlüsselwörter

Keywords

Navigation