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Öffentliche Selbstdarstellung im Internet als Aufwand

Digitale Subjektwerdung am Beispiel von jungen Menschen in Internetberufen

Public self presentation on the web as effort

Digital subjectivation on the example of internet jobs

Zusammenfassung

Mit dem Internet und besonders mit dem Web 2.0 ist öffentliche Selbstdarstellung zur alltäglichen Praktik geworden. Der Artikel untersucht dieses Phänomen im Kontext von (Erwerbs-)Arbeit. Hierfür werden zunächst die Parallelen zwischen aktuellen arbeitssoziologischen Erkenntnissen und Ergebnissen der sozial- und kulturwissenschaftlichen Medien- und Technikforschung herausgearbeitet. In Anlehnung an das Konzept der sexuellen Arbeit werden die Praktiken öffentlicher Selbstdarstellung als Aufwand zum Subjekt zu werden betrachtet. Anhand der Ergebnisse einer empirischen Studie über junge Menschen in Internetberufen wird anschließend untersucht, welche Praktiken Subjekte inmitten der gesellschaftlichen und technologischen Anforderungen an öffentliche Selbstdarstellung entwickeln. Dabei werden diese als Arbeit der Akteure verstanden, als Subjekte sichtbar und anerkannt zu werden.

Abstract

Public self presentation has become an everyday practice on the internet and especially since web 2.0 arose. This paper investigates this issue in the context of (paid) work. First, the parallels between current sociological insights on work and results of social and cultural media and technology research are outlined. Referring to the concept of sexual work, the practices of public self-presentation are considered effort of becoming a subject. Second, based on the results of an empirical analysis about young adults in internet jobs will be examined how subjects comply with the social and technological requirements on public self presentation. These practices will be considered as individuals’ efforts to become visible and acknowledged as subjects.

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Notes

  1. Gleichzeitig ist keineswegs jedes soziale Handeln Arbeit: Nicht-intentionales, unbewusstes und nicht-zweckgerichtetes Handeln wie Muße, Zerstreuung, Unterhaltung lässt sich als „Nicht-Arbeit“ abgrenzen (Böhle 2010, S. 171).

  2. Das Projekt wurde von der Volkswagen-Stiftung und dem österreichischen FWF gefördert und als Kooperationsprojekt von vier Forschungsteams durchgeführt (2009–2012): Neben dem Team an der TU Hamburg-Harburg (Tanja Carstensen, Jana Ballenthien, Gabriele Winker) waren die Universität Klagenfurt (Christina Schachtner), die Universität Bremen (Heidi Schelhowe), und die Universität Münster (Raphael Beer) beteiligt (vgl. Carstensen et al. 2014).

  3. Die Zeichensetzung bei der Transkription erfolgte nicht nach grammatikalischen Regeln. Komma- und Punktsetzungen sollen Pausen und Betonungen verdeutlichen.

  4. Ausführlicher zum Zusammenhang von Internet, öffentlicher Selbstpräsentation und Kategorien sozialer Ungleichheit bzw. Intersektionalität (vgl. auch Carstensen und Winker 2012).

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Carstensen, T. Öffentliche Selbstdarstellung im Internet als Aufwand. Österreich Z Soziol 39 (Suppl 1), 83–100 (2014). https://doi.org/10.1007/s11614-014-0132-8

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Schlüsselwörter

  • Öffentlichkeit
  • Aufwand
  • Internet
  • Anforderungen
  • Selbstdarstellung
  • Arbeit

Keywords

  • Public space
  • Effort
  • Internet
  • Requirements
  • Self presentation
  • Work