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Praktiken des Managements von Privatheit und Öffentlichkeit im Cyberspace: Performative Akte im Kontext des Zeigens und Nicht-Zeigens

Managing the practices of private and the public spheres in cyberspace: performative acts within the context of showing and not-showing

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Zusammenfassung

In den Sozial- und Medienwissenschaften hat das Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit angesichts gesellschaftlicher und medialer Phänomene wie der Entgrenzung von Arbeits- und Freizeit, der öffentlichen Erörterung bislang privater Themen oder der Entstehung medialer Formate, die zur Veröffentlichung von Intimität drängen, neue Aufmerksamkeit erhalten. Diese gilt nicht nur den Veränderungen auf der Makroebene, sondern auch den Subjekten, die sich mit diesen Veränderungen auseinandersetzen müssen, um im Alltag handlungsfähig zu sein.

Das Forschungsinteresse richtet sich in diesem Beitrag auf die Praktiken des Managements von Privatheit und Öffentlichkeit in dem durch digitale Medien konstituierten virtuellen Raum. Die Analyse orientiert sich an den Ergebnissen der Studie „Kommunikative Öffentlichkeiten im Cyberspace“, die als Teilprojekt der Studie „Subjektkonstruktionen und digitale Kultur“ an der Universität Klagenfurt durchgeführt wurde. Die identifizierten Praktiken lassen sich den drei Kategorien Selektion, Differenzierung und Gestaltung zuordnen, die sich zwischen den Polen Zeigen und Nicht-Zeigen entfalten. Die Subjekte gestalten mit ihren Online-Praktiken nicht nur das Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit; sie bringen mit ihren Praktiken auch sich selbst hervor. Sie kreieren sich – so das Ergebnis unserer Studie – als erfolgreich und anerkannt, als humorvoll, vielfältig und fragmentiert, schutzbedürftig und besorgt, umsichtig, achtsam und balancierend. Die Praktiken des Managements zwischen Privatheit und Öffentlichkeit sind als eigenständige Leistungen des Subjekts, jedoch im Kontext gesellschaftlicher Normen zu erbringen, d. h. sie changieren zwischen Freiheit und Unterwerfung.

Abstract

The relation between the public and the private spheres has attracted renewed attention within social and media sciences. This is due to phenomena like the blurring of boundaries between work and leisure, the public discussion of issues previously considered private or the emergence of media formats pressing for intimate revelations. The transformations are not only of particular interest at the macro level; but also subjects themselves have to face these changes in order to remain able to perform their everyday activities.

In this paper our research interest focuses on the practices of management of both privacy and publicity in virtual spaces constituted by digital media. The analysis is based on results coming from the sub-project “Communicative Publics in Cyberspace”, which is located within the research project “Subject Formations and Digital Culture” and conducted at the University of Klagenfurt. The identified practices can be assigned to the three categories of selection, differentiation and design, while extending along the poles of showing (visibility) and not-showing (non-visibility). With these practices, subjects do not only enact the relation between public and private in cyberspace, but also create their own being. According to the results of our project the subjects construct themselves as successful and appreciated, humorous, multifaceted and fragmented, needy and worried, considerate, cautious and balancing. The practices of managing are performed autonomously by the subject, but within the context of social norms, which means, that they oscillate between freedom and submission.

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Notes

  1. Die Dichotomien Erwerbsarbeit und Freizeit sowie Öffentlichkeit und Privatheit sind nicht deckungsgleich; vielmehr spielt sich Freizeit teils im öffentlichen, teils im privaten Raum ab, genauso wie die Erwerbsarbeit ein Gemisch an öffentlichen und privaten Aspekten darstellt, worin aber gerade die diskursive Herausforderung steckt.

  2. Jan Schmidt spricht von einer „persönlichen Öffentlichkeit“ (2009, S. 106), wenn „Informationen, Inhalte und Themen (…) vorrangig nach Kriterien der subjektiven Relevanz ausgewählt (werden)“ (ebd.).

  3. Forschungsteam des Klagenfurter Teilprojekts: Univ. Prof. DDr. Christina Schachtner, Mag. Nicole Duller, Dipl. Kommunikationswissenschaftlerin Katja Ošljak, Mag. Heidrun Stückler (Laufzeit 2009–2013).

  4. FWF = Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Forschung

  5. Das Teilprojekt unter dem Titel „Lernen mit technischen Artefakten“ wurde an der Universität Bremen unter der Leitung von Prof. Dr. Heidi Schelhowe durchgeführt. Unter der Leitung von Prof. Dr. Gabriele Winker und Dr. Tanja Carstensen fand an der TU Hamburg-Harburg das Teilprojekt „Webbasierte Erwerbsarbeit“ statt. Das Teilprojekt „Formen und Inhalte des Subjekts“ wurde von PD Dr. Raphael Beer an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster durchgeführt (Laufzeit 2009–2012).

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Schachtner, C., Duller, N. Praktiken des Managements von Privatheit und Öffentlichkeit im Cyberspace: Performative Akte im Kontext des Zeigens und Nicht-Zeigens. Österreich Z Soziol 39 (Suppl 1), 61–81 (2014). https://doi.org/10.1007/s11614-014-0131-9

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