Zusammenfassung
Die Veränderungen der gesetzlichen Grundlagen der Kinder-und Jugendhilfe im Jahr 1990 forderten in Ost-wie in Westdeutschland nahezu zeitgleich zur Entwicklung einer neuen Kultur des Helfens heraus: Fürsorglich-paternalistische Umgangsweisen mit der Klientel waren nun durch autonomieorientierte und damit durch professionelle Interaktionsmuster zu ersetzen. Klienten waren nun in den Prozess der Auswahl geeigneter Hilfen zur Erziehung einzubeziehen. Anhand des Vergleichs zweier ostdeutscher Jugendämter wird gezeigt, welche Faktoren den Prozess der Neustrukturierung einer adäquaten Professionellen-Klienten-Beziehung erschweren: Es ist dies vor allem der Kategorienfehler, Hilfe zur Erziehung mit Erziehung zu verwechseln.
Abstract
Changes in the child care legislation in 1990 led to the development of a new helping culture both in West and East Germany at the same time. Paternalistic relations to the clients had to be replaced by autonomy focused and thus professional interaction patterns. So clients were involved in the process of choosing adequate educational support. By comparing two East German youth welfare agencies we show the factors that impede the process of restructuring an appropriate professional-client relationship. The most important factor is the fallacy of mistaking educational support for education itself.
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Bruno Hildenbrand Jg. 1948, studierte an der Universität Konstanz Soziologie, Politische Wissenschaften und Psychologie und promovierte dort 1979. Danach Wiss. Mitarbeiter an der Klinik für Psychiatrie der Philipps-Universität Marburg, Hochschulassistent am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, dort Habilitation (1992). Professor für Soziale Arbeit an der Berufsakademie Villingen-Schwenningen. Seit 1994 Professor für Sozialisationstheorie und Mikrosoziologie am Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
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Hildenbrand, B. Die Transformation der Jugendhilfe in Ostdeutschland im Kontext von Tradition, Diskontinuität und Strukturbildung. ÖZS 29, 41–59 (2004). https://doi.org/10.1007/s11614-004-0013-7
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