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Modernisierungsverlierer, Cultural Backlash, Postdemokratie

Was erklärt rechtspopulistische Orientierungen?

Modernization, Cultural Backlash, Post-Democracy

Which Approach Explains the Development of Right-Wing Populist Orientations?

KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

In der Debatte um die Ursachen des Aufschwungs rechtspopulistischer Orientierungen lassen sich drei zentrale Erklärungsstränge erkennen: die Modernisierungsverlierer-These, die cultural backlash-These und die Postdemokratie-These. Holger Lengfeld untersucht in seinem Beitrag (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 69:209–232) die Modernisierungsverliererthese und kommt zu dem Schluss, dass diese hinsichtlich der Absicht, die AfD zu wählen, nicht zutrifft. Die empirische Basis dieser Schlussfolgerung ist schmal, zudem werden in dem Beitrag von Lengfeld keine alternativen Erklärungen für die Erfolge der AfD empirisch untersucht. Im vorliegenden Aufsatz werden diese Beschränkungen überwunden. Auf einer erweiterten Datengrundlage werden neben der Modernisierungsverliererthese zwei weitere Hypothesen zur Erklärung der Wahlabsicht für die AfD geprüft: die cultural backlash-These und die Postdemokratie-These. Zudem wird der Frage nachgegangen, inwieweit eine Radikalisierung der Mittelschicht vorliegt. Datengrundlage sind Allbus-Studien von 1996, 2006 und 2016. In der Ursachenanalyse erweist sich die cultural backlash-These für die Vorhersage der Wahlabsicht für die AfD als erklärungsstärkster Prädiktor, aber auch ökonomische und politische Aspekte spielen eine signifikante Rolle. Es kann keine besondere Empfänglichkeit der Mittelschicht nachgewiesen werden.

Abstract

In the debate about the causes for the rise of right-wing populism three central hypotheses can be identified: the losers of modernization hypothesis, the cultural backlash hypothesis and the post-democratization hypothesis. In his article (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 69:209–232) Holger Lengfeld analyses if losers of the modernization process tend to vote for the party AfD (Alternative für Deutschland). Lengfeld found no empirical evidence for his assumption. The empirical data basis of his study is small and he also tests no alternative explanations. In the here presented paper we overcome these shortcomings using Allbus-Data from 1996, 2006 and 2016 to test two alternative hypotheses: the cultural backlash hypothesis and the post-democratization hypothesis. In addition we analyze also the question if the middle class shows a higher predisposition than other social classes. The cultural backlash hypothesis proves to be the strongest predictor for the intention to vote for AfD, nevertheless the two other aspects show significant influence. We found no evidence for a particular radicalization of the middle class.

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Notes

  1. https://www.sinus-institut.de/fileadmin/user_data/sinus-institut/Dokumente/downloadcenter/Sinus_Milieus/2017-01-01_Informationen_zu_den_Sinus-Milieus.pdf.

  2. Aufgrund der Selektivität der Stichproben, die den bisher vorgelegten Studien zugrunde liegen, sind diese Ergebnisse nur mit Einschränkungen zu interpretieren. Es ist davon auszugehen, dass die Teilnahmeverweigerung bei Personen, die dem rechtsextremen Umfeld zuzuordnen sind, besonders groß ist.

  3. Weitere Informationen zur Stichprobenziehung finden sich auf der Seite der Gesis unter http://www.gesis.org/allbus/allbus/allgemeine-informationen/stichproben-und-erhebungsdesign/.

  4. Die Allbus-Daten 2016 wurden von April bis September 2016 erhoben, die Daten von Lengfeld Ende November 2016, sodass die Erhebungszeitpunkte relativ dicht beieinander liegen und nicht für mögliche Unterschiede verantwortlich sein dürften.

  5. Ausführliche Angaben zu Fragentexten und Antwortvorgaben finden sich in den Codebooks der Allbus-Studien abrufbar unter: http://www.gesis.org/allbus/inhalte-suche/frageboegen/.

  6. Niehues (2017) zeigt, dass sich folgende Berufsgruppen in der Mittelschicht häufig finden: „Facharbeiter zählen mit einer besonders hohen Wahrscheinlichkeit zu der eng definierten Mittelschicht. Zugleich gehören ihr in einem hohen Ausmaß Angestellte in qualifizierter Tätigkeit an. Selbstständige, Beamte ab dem gehobenen Dienst und Angestellte mit hochqualifizierter Tätigkeit oder Leitungsfunktion erreichen hingegen häufig mindestens die obere Mittelschicht und zählen damit zu dem reichsten Fünftel der Gesellschaft“ (Niehues 2017, S. 13).

  7. Verwendet wurde im Fragebogen folgende Vorgabe: Unterschicht – Arbeiterschicht – Mittelschicht – obere Mittelschicht – Oberschicht. In den folgenden Auswertungen wurde als „Mitte“ nur die Kategorie Mittelschicht verwendet.

  8. Zur unteren Mittelschicht gehören in dieser Analyse Personen, die unterhalb des Medians des Äquivalenzeinkommens liegen und oberhalb der Armutsgrenze von 60 %. Die obere Mittelschicht definiert sich durch ein Äquivalenzeinkommen, das vom Medianeinkommen bis 150 % oberhalb des Medianeinkommens liegt.

  9. https://www.sinus-institut.de/fileadmin/user_data/sinus-institut/Dokumente/downloadcenter/Sinus_Milieus/2017-01-01_Informationen_zu_den_Sinus-Milieus.pdf.

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Ein Hinweis vorab: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.

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Tab. 5 OLS-Regression, beta-Koeffizienten – Prädiktoren für Bedrohung
Tab. 6 AME-Koeffizienten (average marginal effects) – Allbus 2016; abhängige Variable: Wahlabsicht AfD = 1

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Rippl, S., Seipel, C. Modernisierungsverlierer, Cultural Backlash, Postdemokratie. Köln Z Soziol 70, 237–254 (2018). https://doi.org/10.1007/s11577-018-0522-1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/s11577-018-0522-1

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