Die vier Beiträge dieses Heftes sind Fragestellungen aus den Gebieten der Rechnungslegung, Wirtschaftsinformatik, Hochschulökonomie und Steuern gewidmet. Der letzte Artikel ist eine Übersichtsarbeit.

1 Struktur und Entwicklung der Rechnungslegungsforschung

Vor dem Hintergrund des Umstands, dass sich die deutsche Rechnungslegung immer mehr den internationalen Vorschriften des IRS, IFRS und US GAAP anpasst und damit zugleich die deutsche Forschung zur Rechnungslegung zunehmend internationaler ausgerichtet ist, versuchen Perrey, Schäffer und Becker durch ihre Arbeit zu dem Verständnis beizutragen, welche Struktur und Entwicklung die deutsche Rechnungslegungsforschung in den letzten vierzig Jahren angenommen bzw. vollzogen hat. Durch eine bibliometrische Analyse der Kozitationsstrukturen von rund 700 Beiträgen in etwa 1.500 Ausgaben der vier führenden wissenschaftlichen Zeitschriften für Betriebswirtschaft in Deutschland versuchen die Autoren herauszufinden, welche Beiträge und Forschungsfelder die Struktur der deutschen Rechnungslegungsforschung in dem genannten Zeitraum herausgebildet haben und wie sich diese Struktur im zeitlichen Ablauf verändert hat. Zu diesem Zweck werden die Kozitationsstrukturen gesondert für die beiden Unterzeiträume von 1970 bis 1988 und von 1989 bis 2007 analysiert. Durch die Anwendung der bibliometrischen Methode können die innere Struktur dieser Forschungsdisziplin erfasst und Schwerpunkte der Rechnungslegungsforschung durch entsprechende Clusterbildungen herausgefiltert werden. Dabei zeigt sich, dass sich die Schwerpunkte vom ersten Unterzeitraum, welche die 4. EG-Richtlinie, die Substanzerhaltung, Kapitalflussrechnung, Bilanzanalyse, Konzernabschlüsse, Bewertungsstetigkeit und Regelungen des Bilanzrichtliniengesetzes zum Gegenstand hatten, in dem zweiten Unterzeitraum von 1989 bis 2007 zu Fragestellungen des Bilanzrechts, der Unternehmenspublizität, Harmonisierung der Rechnungslegung sowie zur Bestimmung immaterieller Werte und der Integration von internem und externem Rechnungswesen hin verlagert haben. Die Vernetzung auf der Grundlage von Kozitationsbeziehungen hat über die beiden Zeiträume hinweg abgenommen, gleichzeitig ist aber eine Konzentration der Thematik bei größerer Ausdifferenzierung der Forschungsfelder vorzufinden. Ebenfalls ist die Dynamik der Rechnungslegungsforschung stärker geworden, was das Quellenalter der zitierten Beiträge betrifft. Allerdings hat überraschender Weise keine besonders starke Anpassung der deutschen Rechnungslegungsforschung an die Strukturen der internationalen Accounting-Forschung stattgefunden. Während der englischsprachige Raum sich stärker auf empirische Forschungen mit dem Schwerpunkt kapitalmarktorientierter Untersuchungen konzentriert hat, stehen im deutschsprachigen Raum stärker sachanalytische Fragestellungen und Überlegungen zur Bilanzrechtstheorie im Vordergrund der Untersuchungen. Die Arbeit zeichnet sich zudem durch ein sorgfältiges Verzeichnis der kozitierten Quellen aus, die unmittelbar zur Grundlage weiterer Forschungen zu dieser Thematik dienen können.

2 Aktualität von Daten in Informationssystemen

Heinrich, Klier und Görz stellen in ihrem methodischen Beitrag einen metrikbasierten Ansatz zur Messung der Aktualität von Daten in Informationssystemen vor. Sie konstruieren eine wahrscheinlichkeitstheoretisch fundierte Metrik, welche im Hinblick auf die Konformitätsqualität eine weitgehend automatisierbare Messung der Aktualität der Daten in Informationssystemen erlaubt, also Einschätzungen darüber abgibt, inwieweit die Daten innerhalb eines Informationssystems mit den tatsächlichen Tatbeständen übereinstimmen, über die sie Auskunft geben. Zunächst formulieren die Autoren allgemeine Anforderungen an Datenqualitätsmetriken und zeigen anschließend, wie die von ihnen methodisch entwickelte Metrik auf ein reales Fallbeispiel angewendet werden kann und welche Aussagen dabei getroffen werden können. Dass eine fehlende Datenqualität zu unternehmerischen Fehlentscheidungen führen kann, liegt unmittelbar auf der Hand. Als Anforderungen an Datenqualitätsmetriken nennen die Autoren die Normierung, Kardinalskalierung, Interpretierbarkeit, Aggregierbarkeit, Konfigurierbarkeit und Operationalisierbarkeit. Drei aus der Literatur bekannte Metriken werden im Hinblick auf die Erfüllung dieser Anforderungen diskutiert. Dabei zeigen sich erhebliche methodische Defizite, welche die Verfasser durch ihren Ansatz beheben möchten. Die neue Metrik wird auf der Grundlage von Verteilungsfunktionen bedingter Wahrscheinlichkeiten über das Alter der Daten im Vergleich zu ihrer Gültigkeitsdauer konstruiert. Anhaltspunkte für die theoretische Konstruktion für die Metrik können öffentlich zugängliche Daten, unternehmensinterne Daten, eigene Datenstudien oder Expertenschätzungen sein, die Auskunft über die Verfallsraten von Daten geben. Für die Anwendung der Metrik haben die Autoren die Studentenkampagne eines Mobilfunkanbieters ausgewählt. Dabei zeigt sich, wie wichtig es ist, bei dem Status Student auf eine sorgfältige Korrektur der Kundenselektion zu achten, die tunlichst nach Hochschulart, Studienfachgruppe und Anteil der zu erwartenden Studienabbrecher in diesen Institutionen und Fachdisziplinen differenzieren sollte. So sind bspw. die Studiendaten von Medizinstudenten im elften Semester von ihrer Qualität bzw. Aktualität her sehr viel besser einzuschätzen als die von Ingenieurwissenschaftlern derselben Semesterzahl.

3 Fundamentale Studienziele

Ahn, Clermont, Dyckhoff und Höfer-Diehl verfolgen in ihrer methodischen Arbeit das Ziel, eine entscheidungsanalytische Strukturierung fundamentaler Studienziele vorzunehmen, diese in eine Zielhierarchie zu bringen und die hergeleiteten Überlegungen anhand einer Fallstudie auf ihre Anwendbarkeit hin zu untersuchen. Methodisch baut der Ansatz zur Herleitung einer Zielhierarchie für die Studienauswahl auf der Methodik der multiattributiven Nutzentheorie auf. Zielgewichtungen werden innerhalb dieser Hierarchie exemplarisch für wirtschaftswissenschaftlich orientierte Studiengänge hergeleitet. Zur Aufstellung des Zielkatalogs dienen Ziele, die von Studierenden in Befragungen genannt und deren Ergebnisse in der Literatur veröffentlicht worden sind. Diese Ziele können fachbezogen, berufsbezogen, sozial sowie auf die Auswahl einer bestimmten Hochschule an einem bestimmten Hochschulort ausgerichtet sein. Zusätzlich sind in einer empirischen Studie rund 1.200 Studierende befragt bzw. interviewt worden. Anschließend werden die Ziele unter dem Kriterium „Ein gutes Leben führen“ danach hierarchisiert und ausdifferenziert, inwieweit sich diese Ziele auf die Zeiträume während des Studiums oder nach dem Studium beziehen. Zielgewichte werden schließlich für die Fachrichtungen „Betriebswirtschaftslehre“, „Wirtschaftsingenieurwesen“ sowie zusammengefasst für andere wirtschaftswissenschaftlich ausgerichtete Studiengänge und je nach den angestrebten Abschlüssen „Diplom“, „Bachelor“ und „Master“ bestimmt. Die Ergebnisse bilden damit eine wichtige Grundlage für individuelle und hochschulpolitische Entscheidungsprozesse der Studierenden und Universitäten, wenn es um die Studienauswahl geht.

4 Latente Steuern und Earnings Management

In seiner Übersichtsarbeit berichtet Breitkreuz über den Stand der empirischen Forschung auf dem Gebiet der latenten Steuern und ihrer Beziehung zum Earnings Management und welche Implikationen sich daraus für die Bilanzanalyse ergeben. Aus den Erkenntnissen resultiert unmittelbar ein erheblicher Informationsnutzen über einzelne Komponenten des Steueraufwands für externe Abschlussadressaten. Während die latenten Steuern zwar einerseits direkt zu einem günstigen Earnings Management genutzt werden können, bieten die damit zusammenhängenden Manipulationsmöglichkeiten zugleich aber auch einen indirekten Indikator dafür, welchen bilanzpolitischen Beeinflussungen u. U. auch andere Bilanzierungssachverhalte desselben Unternehmens unterworfen sein könnten. Zudem werden zusätzlich Signalwirkungen entfaltet, dass Steuereinsparungen durch Verluste erzeugt sein könnten, diese aber möglicherweise in der Folgeperiode noch mehr Verluste erwarten lassen. Aufgrund der ausgewerteten Forschungen wird sehr deutlich, dass Earnings Management aktiv durch die Bildung der Position latenter Steuern betrieben wird.

5 Das Dezember-Heft

Das nächste Heft wird fünf Beiträge enthalten, die aus den Bereichen Finanzierung, Marketing, Rechnungslegung, Steuern und Produktion kommen.

Hoffmann und Nippel zeigen in ihrer Arbeit, wie sich die Abgeltungssteuer auf Kursgewinne und der Steuerstundungseffekt auf die Unternehmensbewertung auswirken. Dabei werden unterschiedliche Strategien der Kapitalgeber zugrunde gelegt.

Mithilfe einer empirischen Studie auf Basis von Handelsdaten versuchen Weber und Steiner Absatzreaktionsfunktionen zu modellieren. Dabei wird zugleich der Frage nachgegangen, ob sich der Aufwand komplexerer Modellansätze, die der Heterogenität und der größeren funktionalen Flexibilität Rechnung tragen, überhaupt gegenüber einfachen parametrischen Ansätzen lohnt.

Zum Zusammenhang von vorsichtiger Rechnungslegung und Informationsgehalt nimmt Wagenhofer in seiner Arbeit Stellung. Die Abgrenzung und Interpretation von vorsichtiger gegenüber unvorsichtiger Rechnungslegung wird, wie der Autor darlegt, dann zwiespältig, wenn ungünstige Signale den Informationsgehalt verringern.

Den Einfluss der Zinsschranke auf unternehmerische Kapitalstrukturentscheidungen untersuchen Maßbaum, Klotzkowski und Sureth. Insbesondere analysieren die Autorinnen in diesem Zusammenhang, ob die Zinsschranke das Fremdkapital gegenüber dem Eigenkapital steuerlich diskriminiert.

Dyckhoff, Müser und Renner bringen in ihrem Beitrag zunächst eine Übersicht über Ansätze einer Produktionstheorie des Serienanlaufs, bevor sie selbst ein Basismodell entwickeln, welches den idealtypischen Verlauf einer Anlaufkurve durch Lerneffekte des Personals und induzierten technischen Fortschritt an den Maschinen zu erklären vermag.