Dieses Heft enthält vier Forschungsbeiträge aus den Bereichen des Marketing, der Produktion, der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre und des Informationsmanagements.

1 Entscheidungsunterstützung zur Gestaltung von Girokonto-Tarifen

Albers, Gensler und van de Bergh entwerfen in ihrer praxisorientierten Studie eine Methodik der Entscheidungsunterstützung für einen Finanzdienstleister, wobei den spezifischen Anforderungen des Entscheidungsträgers durch eine inhaltlich motivierte Heuristik der Entwicklung von Entscheidungsalternativen Rechnung getragen werden soll. Konkret geht es um die Gestaltung optionaler zweiteiliger Tarife für Girokonten, um durch die Abschöpfung der Zahlungsbereitschaft der Kunden einen höheren Deckungsbeitrag für die Dienstleistung zu erzielen. Sechs Charakteristiken für die mengen- und leistungsbezogene Preisdifferenzierung der Kontennutzung werden dabei zu vier Alternativen gruppiert. Die Eigenschaften bestehen in einem monatlichen Grundpreis, in Nutzungspreisen für beleglose und beleghafte Transaktionen sowie im Zugang zu Onlinebanking und Telefonbanking sowie der Nutzung einer Kreditkarte. Aus der Vielzahl der möglichen Ausprägungen werden den Kunden segmentspezifische Wahlsets angeboten, aus denen sie dann entsprechend ihren Präferenzen möglichst gute Tarifmenüs auswählen können. Die Befragung von rund 360 Kunden ergab dabei eine Einteilung der Kontennutzer in drei Segmente, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die in ihnen gruppierten Kunden entweder sehr preissensibel sind, oder einen beleghaften Nutzungspreis von Null bevorzugen, dafür aber einen höheren Grundpreis akzeptieren würden, oder aber für unterschiedliche Leistungskomponenten durchaus zahlungsbereit, dabei jedoch sehr preisbewusst sind. Die Entscheidungsunterstützung führte schließlich zur Gestaltung von drei Tarifen, die nach den Präferenzen der Kunden am besten zu den Segmenten passen. Dabei strebte der Finanzdienstleister schließlich keine Deckungsbeitragsmaximierung an, sondern er bevorzugte Tarife, bei denen ihm die potentielle Kundenabwanderung relativ risikoarm erschien.

2 Optimal Replacemant Strategies in Networks

Weber, Schober und Schaeffler entwickeln ein analytisches Modell für den Betreiber eines Energieverteilungsnetzes, welches es erlaubt, unter der Zielsetzung der Kostenminimierung optimale Instandhaltungsstrategien für eine Netzwerkinfrastruktur abzuleiten, wenn Ausfälle des Netzes mit Strafkosten belegt werden. Im Wesentlichen geht es um den optimalen Trade-off zwischen Ausgaben für die Ersatzbeschaffungen und den Qualitätsstrafen bei Ausfällen. Die Formulierung des Modells ist an Ansätze angelehnt, die aus dem Instandhaltungsmanagement in der Elektrotechnik bekannt sind. Sie enthalten das Ausfallverhalten von Komponenten, die Kosten der Instandhaltung bzw. Erneuerung sowie die Qualitätsstrafen bei Ausfällen und die dabei zusätzlich noch in höherem Maße anfallenden Instandhaltungskosten. Zur Beschreibung der Ausfallwahrscheinlichkeiten der Komponenten werden unterschiedliche Verteilungen in Betracht gezogen. Die formulierten Beziehungen zwischen Komponentenausfall und Kosten sowie den dabei zu erwartenden Qualitätsstrafen ermöglichen die Herleitung von Optimalitätsbedingungen einer wirtschaftlichen Netzbetreibung. Die Autoren weisen theoretisch die Existenz eindeutiger Ersatzstrategien nach, zeigen, wie die allgemeinen Optimalitätsbedingungen von den Ausfallverteilungen abhängen, und können darlegen, wie die optimalen Ersatzzeitpunkte der Komponenten durch ihr Alter bestimmt werden, wenn man in der Zeit weniger steigende Ausfallwahrscheinlichkeiten unterstellt. Steigen die Ausfallwahrscheinlichkeiten und die Instandhaltungskosten, dann werden die Ersatzzyklen kürzer. Die methodisch hergeleiteten Erkenntnisse sind insofern unmittelbar praxisrelevant, als das Verhalten von Betreibern von Energieverteilungsnetzen zeigt, dass sie zu verringerten Erneuerungszyklen tendieren, damit aber möglicherweise Gefahr laufen, sehr viel höhere Instandhaltungskosten aufwenden zu müssen.

3 Missbrauchsbesteuerung bei Anteilsveräußerung nach Sacheinlage

Die Belastungs- und Preiswirkungen der Missbrauchsbesteuerung bei Anteilsveräußerung nach Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft sind Gegenstand der analytischen Erörterungen von Müller und Wiese. Hintergrund sind die gesetzlichen Regelungen der §§ 20 und 22 UmwStG, nach denen der Einbringungsgewinn bei Anteilsveräußerung innerhalb von sieben Jahren nach Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft unter Anrechnung einer jahresanteiligen Verringerung des Wertes seit Einbringung zu versteuern ist. Generell ist diese Regelung dann für den Veräußerer nachteilig, wenn der Barwert der Steuerersparnisse aus den Abschreibungen nicht durch die Höhe des Kaufpreises vergütet wird. Insofern ist ein Vergleich der Barwerte des Nettoendvermögens des Einbringenden ohne und mit Anwendung der Missbrauchsvorschrift erforderlich. Der relative Unterschied zwischen regulärer Besteuerung und Missbrauchsbesteuerung hängt dabei von dem Ertragsteuersatz der Kapitalgesellschaft und dem Barwert der Abschreibungsrate ab. Für praktisch relevante Kalkulationszinsfüße nach Steuern und Abschreibungszeiträume treten im Allgemeinen nur geringe Vermögenseinbußen des Veräußerers auf. Dies ist ein Grund, warum die Autoren der Meinung sind, dass die Missbrauchsvorschrift praktisch nicht zu rechtfertigen ist. Ein weiteres Gegenargument liegt in der Begründung, dass die Missbrauchsregelung der Vereinfachung und der Transparenz der Besteuerung widerspricht.

4 Wertschöpfungspotentiale einer Öffnung von Informationsressourcen

Muhle, Schoder und Fischbach untersuchen in ihrem Strukturierungsbeitrag, wie Wertschöpfungspotentiale externer Ressourcen besser durch die Öffnung eigener Informationsressourcen genutzt werden können. Im Hinblick auf die Öffnungsphänomene wird ein Bezugsrahmen entwickelt, in dessen Kontext die Öffnungsphänomene anhand der Dimensionen Zugriff und Kontrolle differenziert werden. Was den Zugriff betrifft, so unterscheiden die Autoren aus der Sicht des Unternehmens, ob dieser exklusiv, gruppenexklusiv oder allgemein sein soll. Bezüglich der Kontrolle wird in die Ausprägungen intern, gemeinsam und extern differenziert. Durch die Kombination dieser Eigenschaften in den beiden Dimensionen ergibt sich ein Spektrum an Öffnungsphänomenen, das vom exklusiven Unternehmenseigentum an den Informationsressourcen bis hin zum offenen Eigentum externer Unternehmungen reicht. Die Öffnungsüberlegungen mögen zwar zunächst dem ressourcen-orientierten Ansatz zuwiderlaufen, tatsächlich erweitern sie diesen aber um den Ansatz dynamischer Fähigkeiten und das Konzept der relationalen Sicht. Ersterer erlaubt über die Öffnung der Informationsressourcen eine Anpassung der eigenen Ressourcenbasis an die veränderte Informationswelt, während letzteres der Erhebung von Wertschöpfungspotentialen externer Informationsressourcen dient. Dadurch kann schließlich auch der Wert eigener Informationsressourcen erhöht werden. Die Betrachtungen machen deutlich, wie sich das Management der Informationsressourcen auf diesem Wege allmählich zu einem Management unternehmensübergreifender Informationssphären verändert. Aus der Sicht der Autoren ergibt ich insbesondere noch ein starker Forschungsbedarf zum Gebiet der Open Source Software. Der praktische Zusatznutzen der Öffnung eigener Informationsressourcen liegt für die Unternehmen in der Beratung und der begleitenden Softwareunterstützung sowie im Verkauf entsprechender Handbücher.

5 Das Juli/August-Heft

Traditionsgemäß erschient das nächste Heft als Doppelausgabe; diesmal aber nicht zum Ausgleich bereits überzogener Seitenzahlen, sondern vielmehr, weil darin sechs Arbeiten zum Abdruck gelangen, von denen zwei zeitlich vorgezogen werden. Ein Beitrag ist ein Bericht aus der Praxis, die übrigen tragen Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung vor. Zwei Beiträge kommen aus dem Bereich der Personalwirtschaft, die anderen rekrutieren sich aus den Bereichen der Logistik, der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, dem Forschungsgebiet kleiner und mittelständischer Unternehmungen sowie aus dem Marketing.

Brast und Krüger beschäftigen sich in ihrer Arbeit zur Humankapitalbewertung bei der BASF Coatings AG mit einer anwendungsorientierten Modifizierung und Operationalisierung der Saarbrücker Formel zur Wissensbewertung. Der Ansatz soll die Vielfältigkeit der Mitarbeiterstruktur des Unternehmens abbilden als auch Grundlage unternehmensspezifischer Handlungsempfehlungen im Bereich der Personalpolitik sein.

Kopfer und Meyer tragen in ihrer methodisch ausgerichteten Arbeit ein Optimierungsmodell für die wöchentliche Tourenplanung unter Einbeziehung der EU-Sozialvorschriften vor. Der Ansatz geht dabei insbesondere auf die Regelungen zu Lenk- und Arbeitszeiten von Kraftfahrern sowie die von ihnen einzuhaltenden Lenkzeitunterbrechungen und Ruhezeiten ein.

Die steuerliche Berücksichtigung von Refinanzierungsaufwendungen beim internationalen Unternehmenskauf ist Gegenstand des Beitrags von Ruf. Die Überlegungen können multinationalen Unternehmungen steuerplanerisch dazu dienen, eine steuerlich möglichst vorteilhafte Berücksichtigung der Refinanzierungsaufwendungen zu erreichen.

Die Wirkung ausländischer Direktinvestitionen auf die Beschäftigung am Heimatmarkt untersuchen Zapkau, Schwens und Kabst in einer empirischen Analyse des deutschen Mittelstandes. Die Auswertung der Ergebnisse für rund 1100 deutsche mittelständische Unternehmen zeigt, dass eine differenzierte Analyse der Beschäftigungswirkungen für den Heimatmarkt erforderlich ist.

Eisenkopf und Lukas analysieren in einer theoretischen Arbeit unterschiedliche Auswahlpolitiken in Ausbildung und Beschäftigung. Sie zeigen, dass fehlerhafte Selbstwahrnehmungen und mangelhafte Leistungsmessung zu gravierenden Wohlfahrtsverlusten in differenzierten Ausbildungssystemen führen können. Ihre Erkenntnisse übertragen sie auf das Diversity Management in Unternehmungen.

Posselt, Radić und Tammen unterziehen die Möglichkeit der Produktrückgabe und der damit verbundenen Preise im elektronischen Versandhandel einem internationalen Vergleich zwischen Deutschland und den USA. Sie können zeigen, dass die Rücktrittsregelung unter voller Rückzahlung des Kaufpreises in Deutschland zu einem höheren Preisniveau der Produkte führt als in den USA, wo bei Rücktritt eine Wiedereinlagerungsgebühr erhoben wird.

Günter Fandel

Editor-in-Chief

E-mail: ZfB@FernUni-Hagen.de