Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in Deutschland benötigen derzeit weit mehr als 100.000 Patienten ein Nierenersatzverfahren, jedes Jahr kommen Tausende hinzu. Da zunehmend weniger dieser Patienten eine Nierentransplantation erhalten, steigt die Zahl derer, die auf eine Hämo- (HD) oder Peritonealdialyse (PD) angewiesen sind, von Jahr zu Jahr an. Um diese Verfahren zu ermöglichen, ist für diese Patienten ein funktionierender Dialysezugang ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens. Probleme, sowohl mit dem HD- als auch mit dem PD-Zugang, beeinträchtigten nicht nur die Lebensqualität der Patienten, sondern sind auch die häufigste Ursache für einen (auch längeren) Krankenhausaufenthalt und letztendlich auch für das Versagen eines Dialyseverfahrens. Zu Recht wird deshalb der Dialysezugang auch als die „Achillesferse“ der Nierenersatztherapie bezeichnet.

In den letzten Jahren hat sich auf diesem interdisziplinären Gebiet zwischen Nephrologen, Gefäßchirurgen, Angiologen und Radiologen die sog. interventionelle Nephrologie entwickelt. Durch Weiterentwicklung der Techniken, vermehrte interdisziplinärer Zusammenarbeit und Etablierung von qualitativ kontrollierten (zertifizierten) Dialysezugangszentren, ist das Ziel, Patienten mit Zugangsproblemen rasch und effektiv zu helfen, vielerorts erfolgreich realisiert worden. Diese Zentren dienen v. a. dazu, die stationäre Versorgung möglichst kurz zu halten oder ganz zu verhindern, und natürlich zur Vermeidung von intermittierenden Dialysekathetern und/oder der Notwendigkeit, Dialysen auszulassen.

Das vorliegende Heft von Der Nephrologe beleuchtet die Entwicklung der letzten Jahre auf dem Gebiet des Dialysezugangs aus Sicht der interventionell, chirurgisch und nephrologisch tätigen Kollegen. In diesem Zusammenhang berichtet Markus Hollenbeck über die interdisziplinäre Zertifizierung der „Dialysezugangs(Shunt)-Zentren“, die gemeinsam von den Gesellschaften für Nephrologie, Radiologie, Angiologie, Gefäßmedizin zertifiziert werden.

Interventionelle Nephrologie arbeitet interdisziplinär zusammen mit Gefäßchirurgie, Angiologie und Radiologie

Die zunehmend problematischen Gefäßverhältnisse bei immer älteren und multimorbiden Dialyseanfängern erschweren oft eine primär erfolgreiche Shuntanlage. Torsten M. Meyer und Eckehard Mündlein berichten hierzu über neue Entwicklungen bei schwierigen Zugangsmöglichkeiten. Neben den früh punktierbaren Prothesen werden auch sog. Surfacer und der HeRO(„hemodialysis reliable outflow“)®-Graft abgehandelt, die bei Patienten einerseits den schnellen Dialysezugang trotz komplizierter Gefäßverhältnisse ermöglichen, andererseits trotz der häufig vorliegenden venösen Stenosen dennoch einen funktionsfähigen Zugang garantieren.

Herr Günther Wittenberg aus Bielefeld und Herr Ernst U. Metzler aus Berlin zeigen sehr anschaulich die verschiedenen Stenosen im Bereich des Dialyseshuntes auf und berichten über die interventionellen (PTA, Stent) und chirurgischen Möglichkeiten diese sowohl zu verhindern als auch zu behandeln. Besonders bemerkenswert – und für Nephrologen und punktierende Dialyseschwestern wichtig – ist die Aussage, dass nicht jede detektierte Shuntstenose behandelt werden muss. Die gestörte Funktion des Shunts gilt es immer abzuwägen gegenüber dem Risiko eines operativen Eingriffs.

Frau Adina S. Voiculescu und Dirk M. Hentschel aus Boston beschreiben die Möglichkeiten, interventionell mittels neuer Techniken die chirurgischen Revisionen zu unterstützen, ggf. zu ergänzen oder sogar zu ersetzen. Die hierbei eingesetzten Methoden, wie die perkutane Angioplastie (PTA) mit verschiedenen Ballons, Stent- und Stentgraftanlage und die endovaskuläre Thrombektomie mittels verschiedener Methoden, werden ausführlich beschrieben. Auch die neue technologische Entwicklung der endovaskulären Shuntanlage ist ein Thema.

Ein Problem der Dialysekatheter ist die katheterassoziierte Infektion. Da nicht alle Patienten aufgrund Ihrer Gefäßsituation einer Shuntanlage oder alternativ einer PD zugeführt werden können, verbleibt ein gewisser Prozentsatz mit einem Dauerdialysekatheter. Die Infektionsrate dieser Katheter sowohl am Exit als auch als Blutstrominfektion ist leider sehr hoch, weshalb Herr Karsten Schlieps aus Berlin die Möglichkeiten, Infektionen zu verhindern, ausführlich behandelt. Dies ist besonders für das Pflegepersonal wichtig, da hier die Einhaltung der Hygienemaßnahmen an erster Stelle steht.

Schließlich fasst Herr Martin Kimmel aus Göppingen Vorgehensweisen zur Vorbeugung von katheterassoziierten Infektionen bei der PD – die oft Ursache für das Therapieversagen sind – zusammen. Auch hier ist eine enge Zusammenarbeit zwischen implantierenden Chirurgen, Fachpflegepersonal und Nephrologen unabdingbar.

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Christiane Erley

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Danilo Fliser