Diese Ausgabe von Der Nephrologe beschäftigt sich ausführlich mit den Schnittstellen die Nephrologie und Onkologie haben. Beide Disziplinen haben sich nebeneinander entwickelt und sowohl der klinische Alltag, als auch die Forschung haben in den letzten Jahren immer mehr Kontakte hervorgebracht die es zu beleuchten gilt. Beide Disziplinen behandeln systemische Erkrankungen – nephrologisch die Niereninsuffizienz und onkologisch die metastasierte Tumorerkrankung oder die primär systemische Erkrankung. Dadurch sind zwangsläufig die zugrunde liegende Erkrankung, ihre Therapie und die Auswirkungen auf die Niere miteinander verbunden.

Zunächst einmal gilt es die Nierenfunktion an sich zu erhalten, weil die Nierenfunktion selbst einen sehr wichtigen kardiovaskulären Risikofaktor darstellt. Eine Tumorerkrankung auf Kosten der Nierenfunktion zu überleben, führt zu ähnlich schlechter Überlebens-Prognose wie die Tumorerkrankung nicht kontrollieren zu können. Ein eindrucksvolles Beispiel dazu, ist die organerhaltende Nierentumor-Chirurgie, die auch in CME-Beiträgen von Der Nephrologe abgehandelt wurde. Neben der chirurgischen Verkleinerung der „Nephron-Masse“ kann dies auch durch die verschiedenen Chemotherapeutika ausgelöst werden. Hier ist der Nephrologe und Onkologe im Dialog gefordert die adäquate Dosis der Behandlung sowie die potenziellen Folgen im Hinblick auf die Nierenfunktion und auf die onkologische Grundkrankheit abzuwägen. Hinzu kommen spezifische renale Nebenwirkungen der neuen „zielgerichteten Therapien“ (in zelluläre Signalwege eingreifend)“ die z. B. Nierenschäden wie eine Proteinurie auslösen können. Langfristig wäre es wünschenswert einen Nierenspezialisten – ähnlich wie den Radiologen – in das Tumorboard mit aufzunehmen.

Es gibt darüber hinaus eine Reihe von onkologischen Erkrankungen die mit einer Nierenbeteiligung einhergehen, respektive die Niere direkt betreffen. Ein Beispiel hierfür sind Lymphome mit direkter Infiltration der Niere. Eine weitere, zwar seltene, jedoch sehr relevante hämatologische Erkrankung mit Nierenbeteiligung ist die Amyloidose. Durch neue Therapiestrategien, die interdisziplinär entwickelt wurden, konnte die Prognose der Erkrankung deutlich verbessert werden.

Ein Austausch von Onkologen und Nephrologen ist klinisch, wissenschaftlich und für Patienten von großem Nutzen

Die Nieren sind durch maligne Erkrankungen zudem häufig indirekt betroffen (paraneoplastisch). Paradebeispiel dafür ist die membranöse Glomerulonephritis beim älteren Patienten, die sich als nephrotisches Syndrom manifestiert. Im Falle einer solchen Diagnose ist die Tumorsuche wichtig um therapiebare maligne Erkrankungen anzugehen.

Auch im Transplantationsbereich ist die Kompetenz der Onkologen von großer Bedeutung. Zum einen im Hinblick auf die Wartezeit auf ein Spenderorgan, bei behandeltem Tumorleiden. Die bisherigen Wartezeiten waren häufig ohne gute Evidenz. Die vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt, dass die Tumorbiologie für diesen Entscheidungsprozess viel zu selten berücksichtigt wurde. Häufig wird die Prognose des Tumorleidens gefährlicher angesehen, als die Zeit an der Dialyse. Wir können durch eigene Erfahrungen belegen, dass bis zu zwei Fünftel der Wartelistepatienten früher transplantiert werden könnten, wenn die Wartezeit individuell eingeschätzt wird.

Egal von welcher Seite man auf beide Disziplinen sieht, die Schnittmenge ist groß und der gegenseitige Austausch, klinisch und wissenschaftlich, ist für Beratung und Behandlung der Patienten von großem Nutzen.

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M. Zeier

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J. Hoyer