Das akute Nierenversagen, insbesondere das dialysepflichtige akute Nierenversagen beim kritisch kranken Patienten auf Intensivstation, ist unabhängig von der zugrundeliegenden Ursache mit einer erheblichen Morbidität und Mortalität assoziiert. Trotz modernster (intensiv-)medizinischer Maßnahmen und Fortschritten in der Nierenersatztherapie ist die Mortalität von Patienten mit akutem Nierenversagen gegenüber Patienten ohne Nierenfunktionseinschränkung deutlich erhöht, bei o.g. Risikokollektiv beträgt sie mehr als 50%. Leider ist die Definition des akuten Nierenversagens bzw. der akuten Nierenfunktionseinschränkung immer noch uneinheitlich und reicht von leichter Erhöhung der Retentionswerte bis hin zur Dialysepflichtigkeit. Insgesamt liegen in der Literatur über 30 Definitionen des akuten Nierenversagens vor, was eine Einschätzung des Problems „akutes Nierenversagen“ und eine Abschätzung der Prognose des akuten Nierenversagens erschwert.

Im Zusammenhang mit dem Leitthema „akutes Nierenversagen“ in der aktuellen Ausgabe des Nephrologen beschäftigt sich N. Lameire aus Gent deswegen zunächst mit der Frage einer einheitlichen Definition, um im folgenden Schritt auch zuverlässige und zwischen einzelnen Kollektiven vergleichbare Aussagen zur Epidemiologie und zur Prognose treffen zu können. Er stellt den Versuch verschiedener Arbeitsgruppen dar, eine einheitliche Klassifikation für die akute Nierenschädigung zu etablieren. Dies sind die bereits seit längerer Zeit publizierte RIFLE-Klassifikation und die jüngst publizierte AKIN-Klassifikation, die eine Modifikation der RIFLE-Klassifikation darstellt. Im Anschluss wird die Alltagstauglichkeit dieser Klassifikationen sowie allgemein die Epidemiologie der akuten Nierenschädigung diskutiert.

Bei den zahlreichen Auslösern des akuten Nierenversagens unterscheidet man weiterhin zwischen prä-, intra- und postrenalen Ursachen. Während die postrenalen Ursachen, also im Wesentlichen Harnabflussstörungen, zumeist einfach zu diagnostizieren und zu therapieren sind (dies ist nicht Gegenstand im Schwerpunktthema), stellen die prä- und intrarenalen Ursachen des akuten Nierenversagens den Nephrologen und Kollegen anderer Fachdisziplinen oft vor diagnostische und therapeutische Herausforderungen.

Ein akutes Nierenversagen intrarenalen Ursprungs stellt einen absoluten Notfall dar

W.H. Schmitt aus Weinheim beleuchtet in seinem Beitrag das Krankheitsbild der rapid-progressiven Glomerulonephritis näher. Dieses akute Nierenversagen intrarenalen Ursprungs stellt einen absoluten Notfall dar, Verzögerungen bei Diagnosestellung und Therapie können fatale Konsequenzen für den Patienten haben. Insbesondere bei Vorliegen eines pulmorenalen Syndroms, also gleichzeitiger Beteiligung der Lunge, ist die Prognose des Krankheitsbildes im Wesentlichen von einer frühzeitigen aggressiven (immunsuppressiven) Therapie abhängig, die ihrerseits wiederum eine hohe therapieassoziierte Morbidität nach sich ziehen kann.

Prärenale Ursachen des akuten Nierenversagens sind mannigfaltig, durch zunehmende diagnostische, interventionelle und operative Maßnahmen auch bei älteren und multimorbiden Patienten ist eine steigende Tendenz bei der Inzidenz zu verzeichnen. Insbesondere auf der Intensivstation ist das prärenale Nierenversagen die führende Ursache für Nierenfunktionsstörungen. J. Roggenbach aus Heidelberg geht in seinem Beitrag auf Epidemiologie sowie Prävention und therapeutische Beeinflussbarkeit des postoperativen Nierenversagens ein sowie auf das Nierenversagen nach diagnostischen und anderen interventionellen Maßnahmen.

Die Inzidenz des akuten Nierenversagens prärenaler Ursachen ist tendenziell steigend

Haben prophylaktische und therapeutische Versuche versagt, so steht die Nierenersatztherapie zur Behandlung des akuten Nierenversagens zur Verfügung. Hier konkurrieren zahlreiche verschiedene Nierenersatzverfahren, mit jeweils spezifischen Vor- und Nachteilen. V. Schwenger aus Heidelberg diskutiert die Verfahren kritisch und fasst die aktuellen Studienergebnisse zu den weiterhin strittigen Themen – Dosis der Nierenersatztherapie und Zeitpunkt des Beginns der Nierenersatztherapie – zusammen.

Nach überstandenem akuten Nierenversagen erholt sich die Nierenfunktion oft vollständig. Doch es gibt auch Patienten mit bleibender Funktionseinschränkung bzw. Verschlechterung der Nierenfunktion gegenüber den Ausgangswerten, gerade wenn bereits vor dem akuten Nierenversagen eine Nierenfunktionsstörung vorgelegen hatte („acute-on-chronic“ Nierenversagen). S. Morgera aus Berlin fasst im letzten Beitrag zum Schwerpunktthema die aktuelle Literatur zusammen und zeigt eigene interessante Daten zu diesem Thema auf.

Wir hoffen, dass wir mit den Themen Ihr Interesse geweckt haben, und wünschen viel Spaß bei der Lektüre.

Dr. C. Morath, Heidelberg

Prof. Dr. M. Zeier, Heidelberg