Das Erkennen infizierter Personen ist ein wesentlicher Baustein in der Bekämpfung der Coronapandemie. Obwohl Antigenschnelltests bereits seit Herbst 2020 zum Einsatz kamen, richtete sich der Fokus der Öffentlichkeit erst dann auf die Leistungsfähigkeit der Schnelltests. Zunehmend häuften sich in den Medien die Meldungen über abweichende Ergebnisse von Schnelltests und der PCR als Goldstandard. Auch bei symptomatischen Patienten können Schnelltests häufig gerade zu Beginn einer Infektion mit SARS-CoV‑2 ein negatives Ergebnis anzeigen, während das virale Genom mittels PCR bereits nachweisbar ist. Dies bringt verschiedene Probleme mit sich, da Infektionen unerkannt bleiben und dadurch zusätzliche Kosten entstehen. Gegenstand dieser Untersuchung war es, die Leistungsfähigkeit verschiedener Antigenschnelltests zu vergleichen und diese im Kontext der Auswirkungen falsch-positiver oder falsch-negativer Schnelltestergebnisse zu diskutieren.

Für die Identifizierung SARS-CoV-2-Infizierter ist die PCR aufgrund der hohen Sensitivität und Spezifität der diagnostische Goldstandard. Antigenschnelltests hingegen haben den Vorteil, dass sie schnell und vor Ort durchführbar sind. Nachteile der Schnelltests sind deren niedrigere Sensitivität und Spezifität im Vergleich zur PCR. Durch die reduzierte Sensitivität ergibt sich das Problem, dass Infektionen unerkannt bleiben und die Patienten sich so ggf. in falscher Sicherheit wiegen. Durch Antigenschnelltests mit nicht optimaler Spezifität wiederum entstehen falsch-positive Ergebnisse. Diese erfordern Folgediagnostik, welche unnötige Kosten verursachen, die Sorge der Patienten vor einer Infektion schürt und unnötige Quarantänezeiten bedingt.

Mittlerweile sind mehrere hundert Schnelltests auf der Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu finden, die aber bisher noch nicht alle unabhängig evaluiert wurden. Ziel unserer Untersuchung war es, einen Überblick über die Leistungsfähigkeit verschiedener Schnelltests zu erhalten.

Die SARS-CoV-2-Pandemie hat sich im Dezember 2019 rasch über die ganze Welt ausgebreitet [12]. Anfangs stand zur Diagnostik lediglich die PCR aus respiratorischem Material zur Verfügung. Die diagnostischen Kapazitäten gerieten dabei durch weltweite Reagenz- und Materialengpässe immer wieder an ihre Grenzen. Große Hoffnungen wurden daher in den ergänzenden Einsatz von Antigenschnelltests gesetzt [23]. Diese Nachweismethode bietet den Vorteil, dass sie allerorts anwendbar ist, da für die Durchführung keine aufwendige Laborausrüstung notwendig ist und die Resultate schnell vorliegen [7]. Antigenschnelltests sind in Deutschland seit Herbst 2020 zunehmend verfügbar und haben in Ergänzung zum molekularbiologischen Nachweis mittels PCR auch Eingang in die nationale Teststrategie gefunden. Insbesondere zur wiederkehrenden Untersuchung asymptomatischer Patienten, beispielsweise im Rahmen von Screeninguntersuchungen bei medizinischem Personal, erfolgte ein flächendeckender Einsatz [18].

In den ersten Monaten des Jahres 2022, in denen Infektionen mit der Omikron-Variante von SARS-CoV‑2 (Sublinie BA.1 und BA.2 zusammen für > 88 % der Infektionen verantwortlich) dominierten, sahen wir uns konfrontiert mit neuen Höchstständen von Infektionszahlen [19]. Dies führte zu einer hohen Belastung der Labore mit regionalem Erreichen der Kapazitätsgrenzen [2], so dass der Einsatz von Antigenschnelltests zunehmend auch für Bereiche in der Teststrategie eingesetzt werden [13], die bisher der empfindlicheren PCR-Diagnostik vorbehalten waren. Als Beispiel sind hier das Freitesten aus der Isolation zu nennen oder die Testung mittels PCR bei asymptomatischen Patienten, die nun erst nach positivem Schnelltest vorgesehen ist. In beiden Fällen besteht nun die Möglichkeit, dass falsch-negative Schnelltestergebnisse negative Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen haben, wenn Patienten verfrüht entisoliert oder erst spät als infektiös identifiziert werden.

Goldstandard: molekularbiologischer Nachweis

Der molekularbiologische Nachweis mittels quantitativer qRT-PCR dient zum Nachweis verschiedener SARS-CoV-2-spezifischer Gene und gilt als Goldstandard des Virusdirektnachweises [11]. Bei der offiziell empfohlenen und im Routinelabor üblichen Dual-target-Strategie erfolgt der Nachweis zweier unabhängiger Genbereiche [17]. Dies verbessert die Sensitivität und Spezifität des SARS-CoV-2-Nachweises und verringert die Wahrscheinlichkeit von falsch-negativen und falsch-positiven Ergebnissen [15]. Ergebnisse liegen in der Regel nach etwa 4 h vor, wenn die PCR-Messung im medizinischen Labor erfolgt. Dabei sind die Zeiten für Entnahme der Probe und Transportwege ins Labor allerdings noch unberücksichtigt. Die Ermittlung der in dem Probenmaterial vorhandenen Viruskonzentration ist dabei indirekt mittels der PCR-Zykluszahl möglich, ab welcher das Fluoreszenzsignal der Real-time-PCR eine Schwelle überschreitet (Ct-Wert, Cycle-threshold-Wert). Dabei entsprechen niedrige Ct-Werte eher hohen Viruskonzentrationen und hohe Ct-Werte eher niedrigen Viruskonzentrationen [4]. Je PCR-Zyklus kann (mit gewissen Einschränkungen) von einer Verdopplung der vorhandenen DNA ausgegangen werden. Eine Differenz zwischen den Ct-Werten zweier Proben von 1 (z. B. Ct-Wert von Probe A von 24 und Ct-Wert von Probe B von 25) kann somit eine bis zu doppelt so hohe Viruskonzentration der einen Probe (A) im Vergleich zur anderen Probe (B) bedeuten.

Funktionsweise der Antigenschnelltests

Im Gegensatz zum molekularbiologischen Test wird beim Antigentest das Nukleokapsidprotein der SARS-CoV-2-Viren mittels monoklonaler Antikörper nachgewiesen [22]. Viele der Mutationen der jeweiligen Virusvarianten finden abseits dieses Strukturproteins statt und sollten daher nicht die Leistungsfähigkeit der Schnelltests beeinflussen [8]. Die Durchführung eines Schnelltests dauert von der Probennahme bis zum Ergebnis je nach Hersteller 15 bis 30 min.

Schnelltests sind immunchromatographische Lateral-flow-Tests. Die Auswertung und Ablesung kann ohne Gerät erfolgen, als Ergebnis erhält man die Aussage „positiv“ oder „negativ“. Einige Hersteller bieten auch handliche Geräte zur Durchführung fluoreszenzbasierter Schnelltests an, welche eine objektive Auswertung sowie eine automatisierte Inkubation ermöglichen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Funktionsweise immunchromatographischer (a) und fluoreszenzbasierter (b) Schnelltests. (Quelle: www.LADR.de/corona-schnellteste-antigen)

Qualitätsansprüche an Antigenschnelltests

Vorgaben zu Mindestkriterien für Antigenschnelltests wurden von der WHO festgelegt: Ein Antigenschnelltest muss mindestens 80 % der Infektionen korrekt nachweisen und mindestens 97 % der Nicht-Infizierten ausschließen können. Abrechnungsfähig im Rahmen der Teststrategie sind nur Tests, die beim BfArm gelistet sind. Die Aufnahme auf diese Liste erfolgte allein aufgrund der vom Hersteller angegebenen Sensitivität und Spezifität [5]. Schnell stellte sich in ersten unabhängigen Studien heraus, dass die Daten der Hersteller nicht immer bestätigt werden konnten [6, 20]. Mit zunehmender Verfügbarkeit der Schnelltests erreichten unser Labor vermehrt Fragen nach ihrer Aussagekraft und Zuverlässigkeit. Die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Schnelltests ist neben der Präanalytik, hier v. a. eine korrekte Probennahme, ein entscheidender Faktor für einen sinnvollen praktischen Einsatz und eine vernünftige Ergebnisinterpretation. Dies nahmen wir zum Anlass, die hier präsentierte Untersuchung durchzuführen.

Methodik

Im Rahmen dieser Studie wurden von Oktober 2020 bis Sommer 2021 SARS-CoV-2-Antigenschnelltests 6 verschiedener Hersteller hinsichtlich der Trennschärfe zwischen positivem und negativem Testergebnis untersucht.

Die Auswahl der Tests richtete sich nach den zum Untersuchungszeitpunkt am Markt verfügbaren Tests. Im ersten Untersuchungszeitraum wurden dafür die SARS-CoV-2-Antigenschnelltests der Hersteller Roche (SARS-CoV‑2 Rapid Antigen Test, Roche, Rotkreuz, Schweiz), Abbott (Panbio COVID-19 Antigen-Schnelltest, Abbott, North Chicago, USA), Siemens (CLINITEST Rapid COVID-19 Antigen Test, Siemens Healthineers, München, BRD) und Bestbion (STANDARD F COVID-19 Ag FIA, Bestbion, Köln, BRD) eingesetzt. In einem weiteren Schritt folgte im Sommer 2021 eine orientierende Austestung der Schnelltests von Green Spring (SARS-CoV‑2 Antigen Rapid Test, Green Spring, Shenzhen, China) sowie von nal von minden (NADAL COVID-19 Antigen-Schnelltest, nal von minden, Moers, BRD).

Es wurden oro- oder nasopharyngeale Abstrichproben aus der Laborroutine für die Schnelltests eingesetzt, nachdem diese bereits molekularbiologisch mittels der Roche Cobas SARS-CoV-2-PCR untersucht wurden. Angaben zu Symptomatik waren nicht vorhanden. Die Testung erfolgte innerhalb von 24 h nach Probeneingang im Labor. Die Proben wurden zwischenzeitlich bei 4 °C gelagert.

Bei der Auswahl der Proben wurden sowohl hoch-positive Proben (niedriger Ct-Wert) als auch schwächer-positive Proben (hoher Ct-Wert) eingesetzt, um die Diskriminierungsgrenzen der Schnelltests zu definieren. Es konnte allerdings nicht dieselbe Probe für verschiedene Antigenschnelltests verwendet werden, da durch den Kontakt der Tupfer mit den jeweiligen schnelltestspezifischen Lysepuffern diese nicht weiter verwendbar waren. Deshalb wurden für den Vergleich verschiedener Schnelltests jeweils zwar verschiedene Proben, jedoch mit ähnlichem Ct-Wert eingesetzt.

Es zeigte sich bei der Austestung der RKI-Standardviruskonzentration in entsprechenden Ringversuchen, dass für das in unserem Labor verwendete PCR-System die Grenze für eine angenommene Kontagiösität bei einer Viruskonzentration mit Ct-Werten < 30 liegt. Dieser Wert hat somit u. a. Auswirkung auf die Beendigung der häuslichen Isolation von Infizierten.

Um auszuschließen, dass durch die erneute Verwendung der Tupfer ein Verdünnungseffekt zu befürchten ist, wurden die ausgewählten Tupfer vor der Testung mittels Antigenschnelltest zunächst erneut in BD CellWASH (Pufferlösung) eluiert (RNA herausgewaschen) und mittels PCR untersucht.

Die Durchführung der Schnelltests erfolgte nach den jeweiligen Herstellerangaben. Es wurden insgesamt 206 Proben eingesetzt.

Die Ablesung der von uns getesteten Schnelltests erfolgte unabhängig voneinander durch zwei qualifizierte Personen des medizinisch-technischen Fachpersonals (sog. 4‑Augen-Prinzip) unter geeigneten Lichtverhältnissen. In Abb. 2 sind jeweils stark-positive und schwach-positive Tests abgebildet. Insbesondere das Erkennen schwach-positiver Proben kann beim subjektiven Ablesen durch ungeübte Personen aus der Bevölkerung oder in der Patientenversorgung Probleme bereiten.

Abb. 2
figure 2

Positive (Ct-Wert 20 [b], 22 [d], 21 [f]) und schwach-positive (Ct-Wert 30 [a], 27 [c], 26 [e]) Schnelltestresultate verschiedener Hersteller, von links nach rechts: Roche (a,b), Abbott (c,d), Siemens (e,f)

Eine Berechnung von Sensitivität und Spezifität wurde nicht durchgeführt, da eine Vorauswahl der Tupfer durchgeführt wurde (wodurch bestimmte Ct-Werte überrepräsentiert sind).

Ergebnisse

Um auszuschließen, dass es nennenswerte Verdünnungseffekte gibt, wurden Tupfer aus allen Ct-Bereichen von positiven Proben erneut in Pufferlösung eluiert und einer erneuten PCR-Testung unterzogen. Dabei kam es zu keinen nennenswerten bzw. klinisch entscheidenden Veränderungen in dem ermittelten Ct-Wert der eingesetzten Proben (Abb. 3), so dass nicht von Verdünnungseffekten auszugehen ist. Somit sollten die bereits für die Routineanalytik verwendeten Abstrichproben generell geeignetes Probenmaterial für die hier erfolgte orientierende Austestung der Antigenschnelltests darstellen.

Abb. 3
figure 3

Vergleich der jeweils in der Roche Cobas SARS-CoV-2-PCR gemessenen Ct-Werte (Y‑Achse) bei Erstmessung (links) und bei zweiter Testung in erneutem Eluat (rechts)

In der weiteren Testung wurden zunächst Proben mit niedrigen Ct-Werten (hohe Viruslast) verwendet und sich dann an den Ct-Wert von 30 genährt und schließlich Proben mit niedriger Viruskonzentration (Ct-Wert > 30) untersucht, um zu erkennen, bis zu welchem Ct-Wert die Schnelltests noch in der Lage sind, Proben als positiv zu identifizieren. Die Austestungen wurden zunächst mit einer größeren Probenanzahl mit den Tests der Hersteller Abbott, Bestbion, Roche und Siemens durchgeführt. Eine orientierende Austestung in kleinerer Fallzahl wurde im Verlauf für die Tests von Green Spring und nal von minden angeschlossen (Tab. 1 und 2). Eine direkte Schlussfolgerung von den Ergebnissen innerhalb dieser Untersuchung auf die Sensitivität ist aufgrund der Vorauswahl des Probenmaterials nicht möglich. Würde man nur Proben mit niedrigen Ct-Bereichen auswählen, würde die Sensitivität eines Schnelltests sehr hoch bestimmt werden, bei entsprechender Auswahl von Proben mit hohem Ct-Wert entsprechend niedrig.

Tab. 1 Ergebnisse aller durchgeführten Schnelltests sortiert nach Hersteller im Vergleich zur PCR als Referenzmethode
Tab. 2 Ergebnisse der durchgeführten Schnelltests unter Ausschluss der in der PCR schwach-positiv getesteten Abstrichproben

Auffällig ist, dass trotz hoher Sensitivitäts- und Spezifitätsangaben der Testhersteller die Diskriminierung zwischen positiv und negativ unterschiedlich gut ausfiel (Abb. 4). In dieser Testung fanden die Tests der Hersteller Roche, Abbott, Siemens und Bestbion zwar auch Proben mit niedriger Viruslast, allerdings nicht mehr zuverlässig, sondern nur vereinzelt. Die Tests von Roche und Abbott haben in dieser Untersuchung eine sehr gute Trennschärfe zwischen positiv und negativ gezeigt. Generell zeigten alle verwendeten Schnelltests eine hohe Detektionsrate bei einer Viruskonzentration mit Ct-Werten von < 25. Ab Ct-Werten von 25 wird die Performance aller verwendeter Antigenschnelltests zunehmend schlechter, so dass bei Ct-Werten > 30 positive Proben nur noch vereinzelt detektiert werden.

Abb. 4
figure 4

Die Abbildungen zeigen die jeweiligen Schnelltestergebnisse (X-Achse, positiv oder negativ) in Abhängigkeit vom Ct-Wert des ORF1a/b-Gens, gemessen in der Roche Cobas SARS-CoV-2-PCR (Y-Achse). Jeder Punkt entspricht dabei einer gemessenen Probe. Die horizontalen Balken zeigen den Mittelwert, die vertikalen Balken die Standardabweichung (ORF, „open reading frame“)

Diskussion

Jeder in dieser Untersuchung eingesetzte Antigenschnelltest war grundsätzlich in der Lage, SARS-CoV‑2 zu detektieren. Es zeigten sich, wie in anderen Untersuchungen [6, 20], herstellerabhängige Unterschiede in der Leistungsfähigkeit.

Die Vergleiche der Antigenschnelltests orientieren sich in der Beurteilung am Ergebnis der PCR. Für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Antigenschnelltests ist hierbei die Ct-Wert-Grenze von 30 von Bedeutung [9]. Es zeigte sich bei der Austestung mittels quantitativer Referenzproben, dass für das von uns verwendete PCR-System bei einem Ct-Wert < 30 die Grenze für eine angenommene Kontagiösität liegt, eine niedrigere Viruskonzentration schließt eine Kontagiösität nicht aus, macht diese aber entsprechend unwahrscheinlich [21].

Dieser Wert ist laut Empfehlungen des RKI für die Beendigung der häuslichen Isolation von Infizierten relevant [16]. Der optimale Antigenschnelltest sollte also alle Proben mit einem Ct-Wert < 30 zuverlässig erkennen und somit eine hohe Sensitivität aufweisen [1, 14]. Proben mit hohen Ct-Werten von > 30, die in Schnelltests als positiv erkannt werden, würden also die Beendigung der häuslichen Isolation unnötig verhindern, obwohl diese Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht-infektiös sind. Unter diesem Aspekt wäre es wünschenswert, wenn die Schnelltests oberhalb eines Ct-Wertes von 30 negativ ausfielen.

Antigenschnelltests, die auch in unserer Testung überraschenderweise Proben mit hohen Ct-Werten von > 30 als positiv erkannt haben, bergen die Gefahr, dass diese sehr gute Sensitivität zu Lasten der Spezifität geht. Problematisch ist hierbei insbesondere, dass eine schlechtere Trennschärfe zwischen positiven und negativen Ergebnissen besteht – es wird nicht jede Probe mit einem hohen Ct-Wert zuverlässig erkannt.

Neben einer hohen Sensitivität und Spezifität als Leistungskriterium des Antigenschnelltests gibt es verschiedene weitere Einflussfaktoren, die wir kurz erwähnen möchten. Leistungsverluste der Schnelltests können sich sowohl durch eine nicht sachgerechte Probenentnahme als auch in der Durchführung der Schnelltests ergeben. Hierbei ist genauestens auf die Herstellerangaben zu achten, wobei es teils deutliche Unterschiede von Hersteller zu Hersteller gibt. Beispielweise ist für den Siemens Clinitest eine 1‑minütige Inkubationszeit einzuhalten, die bei anderen Tests nicht vorgesehen ist. Auch die Ablesezeiten des Ergebnisses variieren teils deutlich. Bei häufigen Testwechseln, weil z. B. ein Hersteller gerade nicht lieferfähig ist, können durch die notwendige Veränderung der Arbeitsschritte weitere Einflussfaktoren auf die Leistungsfähigkeit eines Tests entstehen. Auch beim Ablesen des Ergebnisses können weitere Probleme entstehen, wenn z. B. ein schwach-positiver Test nicht als solcher gewertet wird. In einer Studie wurde geprüft, welchen Einfluss die Anwendung durch Laien oder durch professionelle Anwender auf die Performance der Antigenschnelltests hat. Hier zeigte sich bei höheren Viruskonzentration mit einem Ct-Wert < 25 kein wesentlicher Unterschied für das Erkennen infizierter Personen. Im Ct-Wertbereich zwischen 25 und 30, in welchem Patienten bereits infektiös sind, wurde die Testung in unserer Untersuchung nur mit einzelnen Schnelltests durchgeführt und liefert somit keine ausreichenden Daten, um eine abschließende Aussage tätigen zu können [10]. Für häufige Testwechsel, wie sie aufgrund der Lieferengpässe bei Schnelltests zwischenzeitlich erforderlich waren, liegen unserer Kenntnis nach keine Daten vor.

Die Trennschärfe der großflächig verwendeten Antigenschelltests besitzt besonders Relevanz in Hinblick auf den positiv prädiktiven Wert (PPV, „positive predictive value“). Dieser Wert gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein positives Testergebnis mit einem tatsächlichen Krankheitsnachweis (hier ermittelt durch eine PCR) übereinstimmt. Er errechnet sich aus der Sensitivität und Spezifität des verwendeten Tests und aus der Prävalenz der Erkrankung (also der sog. Vortestwahrscheinlichkeit). Zum Beispiel zeigt ein PPV von 0,95 bzw. 95 %, dass bei 100 positiven Testergebnissen in der untersuchten Population das Testergebnis in 95 Fällen richtig-positiv war und dass es in 5 Fällen zu einem falsch-positiven Testergebnis kam.

Die Prävalenz beschreibt hierbei die Erkrankungshäufigkeit bzw. den Bestand an Erkrankungen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die in Pandemiezeiten häufig mitgeteilte 7‑Tage-Inzidenz beschreibt im Gegensatz dazu die Anzahl der Neuinfektionen bzw. die Zunahme von Erkrankungen in einem definierten Zeitraum (hier 7 Tage).

Bei einer angenommenen niedrigen Prävalenz von 10 Fällen auf 100.000 Personen und einer angenommen hohen Sensitivität und Spezifität von 99 % und 99,5 % (somit jeweils oberhalb der WHO-Kriterien) liegt der PPV bei 0,019 also bei ca. 2 %. Somit ist in ca. 49 von 50 Fällen das Testergebnis falsch-positiv. Hier werden in Deutschland derzeit zwingend Folgetestungen mittels PCR gefordert und es folgt (im breitflächigen Einsatz) entsprechend häufig eine unnötige zusätzliche diagnostische Abklärung mit zusätzlichem Bedarf an Ressourcen. Eine höhere Belastung im Sinne der bevölkerungsbezogenen Konsequenzen wie Einhalten von vorläufigen Quarantänemaßnahmen bis zum Vorliegen des PCR-Ergebnisses [4] und die entstehenden wirtschaftlichen Folgekosten für z. B. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind weitere Probleme, die sich ergeben. In Zeiten hoher Auslastung der Labore bei hohen Inzidenzen entstehen hierdurch gleich mehrere Probleme: Zum einen kann bis zum Vorhandensein des PCR-Ergebnisses durchaus ein Zeitraum von 72 h vergehen. Zum anderen werden die ohnehin ausgelasteten Labore zusätzlich durch PCR-Testungen belastet, die durch falsch-positive Schnelltests verursacht wurden.

Bei einer hohen Erkrankungsprävalenz von 1000 Fällen auf 100.000 Personen steigt der PPV des Testergebnisses (bei gleicher Sensitivität und Spezifität) auf 0,667 bzw. 66,7 %. Somit liefert das Testergebnis einen entscheidenden Hinweis auf das Vorliegen einer Infektion. Das Testresultat eines Schnelltests sollte daher stets im Kontext des aktuellen Infektionsgeschehens interpretiert werden. Es ist zu bedenken, dass eine geringere Spezifität die Bedeutung eines positiven Testergebnisses zudem weiter herabsetzt (PPV wird niedriger). Auf der anderen Seite führen Schnelltests mit niedrigerer Sensitivität zu höheren Raten an falsch-negativen Resultaten. Im Sinne der Bevölkerungsgesundheit bedeutet das, dass die daraus resultierenden unentdeckten Infektionen in stärkerem Maße um sich greifen und vermeidbare Krankheitsfälle nicht verhindert werden.

Die Folgen durch Antigenschnelltests unzureichender Güte können dabei weitreichende Folgen haben, die sich an folgenden Beispielen verdeutlichen lassen.

Im Januar 2022 war vielerorts beispielweise ein Restaurant- oder Schwimmbadbesuch nur mittels zusätzlichem Schnelltest möglich. Wird hier ein Schnelltest mit niedriger Sensitivität eingesetzt, der im Bereich zwischen Ct-Wert 25 und 30 nicht jede positive Probe korrekt erkennt und somit einen infizierten Patienten als negativ testet, ist hier die weitere Verbreitung der Infektion durchaus möglich. Wenn Schnelltests, egal in welchem Bereich eingesetzt, infizierte Patienten übersehen, führt dies zu einer verlängerten Infektionswelle. Wird wiederum ein Schnelltest mit niedriger Spezifität eingesetzt, wird eine gesunde Person als vermeintlich infektiös getestet. Aus solch einem Ergebnis folgt dann unmittelbar eine Quarantäne für die betreffende Person und die Notwendigkeit eines PCR-Tests [7].

In einigen Studien sind die hohen ökonomischen, sozialen und auch psychologischen Belastungen sowohl für die einzelne Person als auch die Gesellschaft bereits eindrucksvoll dargelegt [3].

Fazit für die Praxis

  • Für den Einsatz von Antigenschnelltests sind bestmögliche Sensitivitäten bei gleichzeitig optimaler Spezifität zu fordern.

  • Die Spezifität ist bisher leider kaum in Studien untersucht worden. Da bereits bei der Sensitivität die Herstellerangaben meist nicht der Realität im Alltag entsprechen, ist dies für Herstellerangaben zur Spezifität in vergleichbarem Maße zu befürchten.

  • Die Diagnostik mittels PCR als Goldstandard hat insbesondere in Zeiten starken Infektionsgeschehens den Nachteil, dass bis zum Vorliegen des Ergebnisses längere Zeit benötigt wird und Engpässe bestehen.

  • Aus unserer Sicht ist nicht nur die Überprüfung der Sensitivität für alle auf dem Markt verfügbaren Antigenschnelltests weiter zu verfolgen, sondern auch mit der Überprüfung der Spezifität durch unabhängige Stellen zu beginnen, um eine Übersicht über wirklich brauchbare Antigenschnelltests zu erhalten.

  • Sollten im Alltag vermehrt falsch-positive Ergebnisse im Antigenschnelltest auffallen, sollte ein Wechsel des Herstellers erwogen werden.