In jeder fünften Familie in Deutschland lebt aktuell ein alleinerziehendes Elternteil mit Kindern zusammen in einem Haushalt. Die Lebenssituation vieler Alleinerziehender und ihrer Kinder ist durch materielle und psychosoziale Belastungen gekennzeichnet. Dies spiegelt sich auch in ihrer gesundheitlichen Lage wider. Um die Gesundheitschancen von Alleinerziehenden und ihren Kindern zu verbessern und psychosoziale Belastungen zu mindern, werden Familien von Alleinerziehenden explizit als Zielgruppe von Prävention und Gesundheitsförderung benannt. Aber welche Angebote gibt es, und wie wirksam sind sie?

Hintergrund und Fragestellung

In Deutschland lebten im Jahr 2019 1,5 Mio. alleinerziehende Mütter oder Väter mit mindestens einem minderjährigen Kind zusammen in einem Haushalt [59]. Knapp 9 von 10 Alleinerziehenden sind Frauen [57]. Die Lebenssituation Alleinerziehender ist oft durch die alleinige Zuständigkeit für die Kinderbetreuung und -erziehung sowie die Erwirtschaftung des Lebensunterhalts gekennzeichnet. Alleinerziehende stehen somit oftmals vor der Herausforderung, familiäre und berufliche Anforderungen in Einklang bringen zu müssen. Ein großer Anteil an Familien von Alleinerziehenden lebt – trotz vergleichsweise hoher Erwerbstätigkeit der Mütter – in Armut [2, 23, 32]. Im Jahr 2019 betrug die Armutsgefährdungsquote bei Familien von Alleinerziehenden 42,7 % [58].

Darüber hinaus kann der Prozess der Trennung des Elternpaares ein elementares Verlusterleben für Eltern sowie Kinder darstellen, das zu Verunsicherungen im Bindungs- und Erziehungsverhalten führen, aber auch Folgen für die Gesundheit von Eltern und Kindern mit sich bringen kann [6]. Allerdings können auch der Trennung vorangegangene konflikthafte Paarbeziehungen eine Belastung für Eltern und Kinder darstellen und zu gesundheitlichen Problemen beitragen. Ferner können Trennung und Scheidung zu einem Verlust von sozialen Kontakten und Unterstützung bei Eltern und Kindern führen [29].

Studien zu Alleinerziehenden in Deutschland belegen größere gesundheitliche Beeinträchtigungen als für in Partnerschaft lebende Eltern [21, 31, 56]. Alleinerziehende bewerten z. B. ihren allgemeinen Gesundheitszustand seltener als gut und leiden häufiger an Depressionen oder Rückenschmerzen als Eltern, die in Paarhaushalten leben [40]. Darüber hinaus finden sich bei ihnen höhere Prävalenzen für das Rauchen oder sportliche Inaktivität [40]. Aber auch bei den Kindern von Alleinerziehenden finden sich für psychische Auffälligkeiten, Beeinträchtigungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und beim Rauchverhalten höhere Prävalenzen, als bei den Kindern aus Zwei-Eltern-Familien [14, 22, 30, 41, 42, 54].

Aufgrund der besonderen Belastungen von Alleinerziehenden und ihren Kindern stellen sie eine wichtige Zielgruppe für Prävention und Gesundheitsförderung dar. Erste Überblicksarbeiten zur Praxis und zur Wirksamkeit von Maßnahmen sowie Interventionen der Gesundheitsförderung bzw. Prävention für die Zielgruppe der Alleinerziehenden und ihren Kindern verweisen auf ein breites, aber wenig strukturiertes Handlungsfeld. Konkrete Wirkungen einzelner Maßnahmen sind kaum ableitbar, eine systematische Übersichtsarbeit lag bislang nicht vor.

Bereits im Rahmen einer vorangegangenen internationalen Literaturrecherche zur Prävention/Gesundheitsförderung bei Alleinerziehenden konnten nur wenige Studien identifiziert werden, die sich explizit dieser Personengruppe widmen [19]. Auch eine Bestandsaufnahme von Interventionen (Modelle guter Praxis) zur Prävention/Gesundheitsförderung [17] fand nur wenige evaluierte und als Good Practice klassifizierte Projekte, die Alleinerziehende exklusiv adressieren und auf sie abgestimmte Interventionen bereithalten. Vielmehr werden Alleinerziehende vorrangig im Kontext allgemeiner Fragen sowie der Praxis familiärer Gesundheitsförderung bei sozial benachteiligten Familien als eine besonders von Problemlagen betroffene Teilgruppe berücksichtigt. In den Studien identifizierte Unterstützungsbedarfe beziehen sich auf Empowerment, strukturelle Aspekte wie Kinderbetreuung und Zeitmanagement/zeitliche Entlastung, Prävention von Vorurteilen sowie Vernetzung und sind als wichtige mögliche Ansatzpunkte für Gesundheitsförderung anzusehen. Vorhandene Projekte und Ansätze richten sich primär auf psychosoziale Ressourcenstärkung. Zwar findet die gesundheitliche Situation von Alleinerziehenden in der Praxis Beachtung, ihre expliziten Bedarfslagen werden jedoch eher untergeordnet berücksichtigt.

In den genannten Rechercheberichten wird geschlussfolgert, dass die Lebenslage von Alleinerziehenden in der praktischen Arbeit wenig konzeptualisiert erscheint und dass der Fokus im Bereich der Prävention/Gesundheitsförderung überwiegend auf verhaltenspräventiven Ansätzen liegt. Auch die insgesamt geringe Anzahl identifizierter Studien und Projekte deutet darauf hin, dass die konkreten Lebenslagen Alleinerziehender und die jeweiligen Präventionsangebote bezüglich ihrer Wirkungen auf die Gesundheit bislang noch wenig erforscht sind. An dieser Forschungslücke setzt das Review an und adressiert die folgenden Forschungsfragen:

  • Welche nationalen und internationalen Studien liegen vor zu Gesundheitsförderungs- und Präventionsansätzen für Alleinerziehende und ihre Kinder?

  • Wie ist die Evidenz in Hinblick auf die Wirksamkeit der Interventionen einzuschätzen?

Methodik

Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde ein systematisches Review durchgeführt. Das Review ist Teil des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts LEFaG („Literaturrecherche und Evidenzauswertung von Ansätzen zur Gesundheitsförderung bei sozial belasteten Familien“, Review Registry UIN: researchregistry1095). Ausführliche Informationen sind dem Studienprotokoll zu entnehmen [18].

Es erfolgte eine systematische Recherche in den Datenbanken Cochrane, LIVIVO (inklusive BASE, TIB, Publishing Data, SOMED), PubMed, Scopus, EBSCOhost (inklusive APAPsychInfo, Psychology and Behavioral Science Collection, SocINDEX, ERIC, PSYNDEX) und PubPsych (inklusive Pascal, Narcis). Die Suchstrategie enthielt Kombinationen von Schlagwörtern, die die Intervention und Zielgruppe beschreiben. Ergänzend wurden die Referenzlisten der eingeschlossenen Studien nach weiteren Publikationen durchsucht. Der Auswahlprozess der Studien erfolgte entlang festgelegter Ein- und Ausschlusskriterien (vgl. Tab. 1) mittels der Software „Covidence“ [8]. Screening, Datenextraktion sowie Qualitätsbewertung wurden von zwei Reviewern/Reviewerinnen parallel und unabhängig voneinander durchgeführt. Eindeutige Duplikate wurden bereits beim Dateiimport durch die Software „Covidence“ erkannt. Durch die Reviewer/Reviewerinnen wurden weitere Duplikate im Screeningprozess identifiziert. Die methodische Qualität der quantitativen Studien wurde mittels des Bewertungstools des „Effective Public Healthcare Panacea Project“ (EPHPP) bewertet [13]. Die Datenextraktion erfolgte entlang eines deduktiv formulierten und induktiv weiterentwickelten Datenerfassungsformulars. Dieses wurde für jede eingeschlossene Studie angelegt und enthält ausgewählte Studieninformationen (z. B. Autoren/Autorinnen, Jahr, Erhebungsland, Studiendesign, Sample, Follow-up) und Angaben zur Intervention. Zur Systematisierung und Analyse der Ergebnisse wurden die Outcomes acht Kategorien zugeordnet. Vier Kategorien adressieren die alleinerziehenden Eltern und drei die Kinder und Jugendlichen (vgl. Tab. 2). In einer weiteren Kategorie „sonstige Outcomes“ wurden Einzelbefunde dokumentiert, die im Weiteren nicht dargestellt werden.

Tab. 1 Übersicht Ein- und Ausschlusskriterien
Tab. 2 Übersicht der erhobenen Outcomes und Wirksamkeit der eingeschlossenen Studien (k = 27)

Ergebnisse

Der Screeningprozess ergab insgesamt 33 Studien (vgl. Abb. 1). Im Folgenden werden die Ergebnisse für die 27 quantitativen Studien dargestellt, die insgesamt 22 verschiedene Interventionsprogramme untersuchen. Angaben zu den Studien, der methodischen Qualität sowie der Intervention und ihrer Wirksamkeit sind der „Summary of findings“-Tabelle zu entnehmen (vgl. Tab. 2). Die im Sample vorrangig zur Anwendung kommenden Studiendesigns sind RCT, Vorher-Nachher-Studien und nicht-randomisierte, kontrollierte Studien (quasiexperimentell). In der Bewertung mit dem EPHPP-Fragebogen [13] erreichten drei dieser Studien das methodische Gesamturteil „stark“ und haben somit ein niedriges Biasrisiko. Die methodische Qualität von fünf Studien wurde als „moderat“ und von 19 Studien als „schwach“ bewertet (vgl. Tab. 2).

Abb. 1
figure 1

Flussdiagramm zur Studienauswahl. (Angelehnt an das „PRISMA flow diagram“ [36])

Charakteristika der Interventionen

Gemeinsam ist den Interventionen eine überwiegend verhaltenspräventive Orientierung. Strategien der Verhältnisprävention [9] werden in den eingeschlossenen Studien kaum bzw. nur in Einzelfällen ergänzend berücksichtigt [1, 4, 15, 16, 26, 27, 52]. Bei den Interventionen dominieren Kombinationen aus Bildungsangeboten und Trainings zum Erlernen spezieller Techniken (vgl. exemplarisch [7, 11, 20, 28, 35, 38]), vorrangig im Gruppenformat, seltener als Programm mit persönlicher Beratung und Betreuung der Familien [1, 10, 27, 52]. Dabei steht die Förderung der psychosozialen Ressourcen der Eltern im Vordergrund, zumeist jedoch im Sinne individueller Kompetenzen etwa in den Bereichen Erziehung, Kommunikation und Selbstmanagement. Häufig ist dieser Ansatz gekoppelt an das Ziel, die Beziehung zwischen den getrenntlebenden Elternteilen oder zwischen Eltern und Kindern zu verbessern. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Stärkung der individuellen Kompetenzen der Kinder von Alleinerziehenden (z. B. Förderung der emotionalen Intelligenz, eines besseren Umgangs mit Ängsten, von schulischen Leistungen oder Kommunikationsfähigkeiten; vgl. exemplarisch [26, 34, 37, 43, 45, 55]).

Effekte bei Alleinerziehenden

Elf Studien untersuchen Programme, die die Verbesserung der mentalen Gesundheit und des Wohlbefindens der alleinerziehenden Eltern zum Ziel hatten. Neun Studien erfassen Effekte von Interventionen auf Verhalten und Erziehungskompetenzen der Eltern. Zusammenfassend ist der Wirksamkeitsnachweis in diesen Bereichen als inkonsistent einzustufen, wobei sich in einigen Studien signifikante Verbesserungen messen lassen. Beispielgebend dafür sind ein emotionszentriertes Elterntraining [15, 16, 60], ein interaktives Online-Verhaltenstraining [10] sowie überwiegend psychoedukative Beratungs- und Bildungsansätze [7, 25, 28, 38, 44, 49, 53].

Zwei RCT [28, 53] und sechs einarmige Interventionsstudien [7, 11, 25, 35, 45, 49] untersuchen Angebote, die auf eine Verbesserung der zwischenelterlichen Beziehung zielen. Des Weiteren ist in sieben Studien die Beziehung der Eltern zu ihren Kindern Gegenstand der Evaluation [1, 7, 11, 15, 20, 25, 49]. Für die Beziehung zwischen den Elternteilen lassen sich statistisch signifikante Verbesserungen messen. Psychoedukative Ansätze stellen sich hier als wirksam dar [11, 28, 35, 45], während für die Beziehung zwischen Eltern und Kindern kein eindeutiger Wirksamkeitsnachweis zu beobachten ist.

Ein Beispiel für eine erfolgreiche Kombination aus Verhaltens- und Verhältnisprävention stellt das „Flying Solo“-Programm dar [4]. Die Verbindung eines Stipendienprogramms für alleinerziehende Studierende mit einem Life-Coaching und Vernetzungsangebot bewirkt eine signifikante Verbesserung des Studienerfolgs, gemessen an den erzielten Noten, den erworbenen Credits und der Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Studienabschlusses bei den Teilnehmenden. Dass eine Änderung der Verhältnisse auch Auswirkungen auf die mentale Gesundheit der Betroffenen haben kann, zeigt die Studie von Katikireddi et al. [27], auch wenn diese negative Effekte der Intervention bei den Alleinerziehenden findet. In der „Welfare-to-work“-Intervention wurde der Zugang zu finanziellen Hilfeleistungen mit der Verpflichtung verbunden, verstärkte Bemühungen, um eine Arbeitsaufnahme nachweisen zu müssen, was bei den Alleinerziehenden zusätzlichen Stress verursachte und sich in einer messbaren Verschlechterung der mentalen Gesundheit äußerte.

Effekte bei den Kindern und Jugendlichen

Dreizehn Studien untersuchen Angebote, die die Verhaltensweisen der Kinder und Jugendlichen aus Ein-Eltern-Familien in den Blick nehmen. Die Ergebnisse zeichnen ein heterogenes Bild: Während das psychoedukative „Parents Plus“-Programm mit einer statistisch signifikanten Verminderung problematischer Verhaltensweisen einhergeht [28], finden andere Studien keine eindeutigen Verbesserungen [1, 5, 7, 10, 15, 16, 20, 34, 37, 43, 53, 60] und das „Kid’s Turn“-Bildungsprogramm keine Effekte auf das Verhalten [11].

Vier Studien untersuchen den Effekt von Interventionen auf die schulischen und beruflichen Kompetenzen. Diese blieben größtenteils von den Interventionen unberührt. Die Studienlage (4 Studien) im Bereich der sozialen/emotionalen Kompetenzen schwankt zwischen signifikanten Verbesserungen und nicht messbaren Auswirkungen. Ein Schulgartenprogramm erzeugt gute Effekte, jedoch nur bei einem kleinen Sample [26].

Was wirkt?

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der überwiegende Teil der Studien Verbesserungen der erhobenen Outcomes, wenn auch häufig im nicht-signifikanten Bereich, nachweisen konnte. Auf Grundlage der beschriebenen Ergebnisse lassen sich folgende Ansätze mit hoher Wahrscheinlichkeit als wirksam für die Praxis herausstellen, auch wenn aufgrund der eingeschränkten methodischen Qualität der Studien hier eine gewisse Vorsicht geboten ist.

Mit Blick auf die alleinerziehenden Eltern erscheint zum einen die Bildungskomponente von Bedeutung für das Gelingen eines Präventionsprogramms und zum anderen die Möglichkeit, sich in kleinen Gruppen mit Peers auszutauschen. Ergänzt wird dies durch einen niedrigschwelligen Zugang, die Bereitstellung von Materialien, Handreichungen sowie Aufgaben und Übungen für Zuhause. Außerdem erweisen sich das Vermitteln und das Training von Konflikt- und Problemlösungsstrategien sowie von Erziehungskompetenzen mit den Alleinerziehenden als wirksam. Kommunikationstraining erscheint vor allem bei konfliktreichen Trennungsfamilien als wichtig und wirkungsvoll. Empowerment wird bei den Interventionen weder als direktes Ziel noch als Methodik der Programme benannt, aber implizit über psychosoziale Ressourcenorientierung sowie Kompetenzstärkung angestrebt und umgesetzt. Das Angebot einer persönlichen Beratung und individueller Unterstützung im Alltag erscheint als weitere Teilkomponente sinnvoll.

Die Adressatengruppe der Kinder und Jugendlichen profitiert insbesondere vom Training ihrer individuellen Kompetenzen mit Fokus auf Coping-Strategien, kommunikative, schulische und emotionale Fähigkeiten. Obwohl sich die Programme überwiegend an alleinerziehende Eltern richten, schlussfolgern einige Studien, dass über die positiven Veränderungen bei den Eltern auch die Gesundheit der Kinder positiv beeinflusst werden kann [38, 53, 55].

Diskussion

Das vorliegende Review ergibt, dass in 27 Studien 22 Präventions- und Gesundheitsförderungsprogramme evaluiert wurden. Die verhaltenspräventiv geprägte Studienlage sowie deren heterogene Evidenzlage erbringen eingeschränkte Wirksamkeitsnachweise für Workshop-Formate, Bildungsangebote und Kompetenztrainings für Alleinerziehende und ihre Kinder. Die Belastbarkeit der Ergebnisse wird durch die mäßige methodische Qualität, die kleinen Stichprobengrößen und die kurzen Betrachtungszeiträume relativiert.

Maßnahmen, die sich explizit an Alleinerziehende wenden, beziehen sich oftmals auf Bereiche, die spezifisch für die Lebenssituation von Alleinerziehenden und ihren Kindern sind, so z. B. auf die Trennungssituation oder Schwierigkeiten (Umgangsregelungen, Erziehungsfragen etc.), die sich aus dem Getrennterziehen ergeben können. Da in das vorliegende Review nur Interventionen und Maßnahmen eingehen, die explizit Ergebnisse für Alleinerziehende berichten, sind besonders häufig Maßnahmen vertreten, die auf Konfliktmanagement, Kommunikationstraining und Co-Parenting fokussieren (vgl. exemplarisch [11, 15, 16, 25, 28, 35, 38, 43]). Maßnahmen der familiären Gesundheitsförderung, die in Settings wie Kommune, Kita oder Schule angesiedelt sind und eher auf die Ressourcenstärkung sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen allgemein zielen, sind hingegen in diesem Review kaum berücksichtigt [4, 26, 27, 52]. Dies liegt darin begründet, dass für Alleinerziehende und ihre Kinder meist keine Ergebnisse ausgewiesen werden und gesundheitsbezogene Wirkungen oftmals nur vermittelt zu erwarten sind (als Folge einer besseren sozialen Einbindung, Unterstützung oder dem Ausbau von zeitlichen, finanziellen, sozialen oder personalen Ressourcen).

Als Limitation zeigt sich somit die Schwierigkeit der Beurteilung der Wirksamkeit von Maßnahmen und Programmen zur Gesundheitsförderung bei Alleinerziehenden und ihren Kindern. Denn mit der Methodik eines systematischen Reviews kann die Vielfalt der vorhandenen Maßnahmen zur Gesundheitsförderung bei Alleinerziehenden und ihren Kindern nur unzureichend abgebildet werden. Es können lediglich Maßnahmen einbezogen werden, die evaluiert sind, was – wie dargestellt – eher auf verhaltenspräventive, denn auf verhältnispräventive Programme in diesem Handlungsfeld zutrifft. Diese Limitation wurde durch die eng gesteckten Auswahlkriterien begünstigt und hatte eine Vorselektion der Rechercheergebnisse zur Folge (Selektionsbias). Außerdem muss bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden, dass gut etablierte Programme mit längerer Laufzeit in den Ergebnissen überrepräsentiert sind, da sie mit mehreren Publikationen in die Auswertung einfließen (vgl. NBP und PALME-Wir2 in Tab. 2). Zudem gehen in dieses Review nur Interventionsstudien ein, die explizit Ergebnisse zur Wirksamkeit der jeweiligen Maßnahme bei Alleinerziehenden und/oder ihren Kindern berichten (vgl. Tab. 1). Dies entspricht zwar der Grundforderung nach adressatenspezifischen Ansätzen für Alleinerziehende und ihre Kinder [20], allerdings wenden sich viele bestehende Maßnahmen an sozial benachteiligte Familien im Allgemeinen. Dabei werden Alleinerziehende oftmals als Teilgruppe explizit benannt, in der Evaluation der Intervention werden aber keine Ergebnisse speziell für Alleinerziehende und/oder ihre Kinder ausgewiesen. Diese Interventionen bleiben in diesem Review unberücksichtigt, obwohl sie ggf. wirksam sein können und evtl. auch weniger stigmatisierungsgefährdend sind als Maßnahmen, die nur auf Alleinerziehende ausgerichtet sind. Hier wäre es von hohem wissenschaftlichem Interesse zu analysieren, ob Alleinerziehende mit diesen breit adressierten Angeboten gut erreicht werden und sie diese in Anspruch nehmen oder ob spezifische Probleme von Alleinerziehenden (wie fehlende Kinderbetreuung, Zeitknappheit etc.) dem entgegenstehen. Zur Beantwortung dieser Fragen stellt aber ein systematisches Review nicht die geeignete Methodik dar.

Die Stärken des Reviews liegen in der transparenten Durchführung und der Offenlegung von Unsicherheiten sowie im strukturierten und reflektierten Arbeitsprozess. Die systematische Aufarbeitung und Bewertung der vielfältig vorhandenen Angebotsinhalte und -strukturen im Rahmen eines systematischen Reviews sind damit ein erster Schritt einer evidenzbasierten Gesundheitsförderung [46], die auf einer systematischen Sichtung, Bewertung und Zusammenfassung des bestverfügbaren wissenschaftlichen Wissens [51] zur Wirksamkeit von Maßnahmen der Gesundheitsförderung fußt [9].

Laut De Bock et al. [9] kommt bei einer evidenzbasierten bzw. „evidence-informed“ Gesundheitsförderung, neben den in Reviews gebündelten Ergebnissen zur Wirksamkeit von Maßnahmen auch Aspekten wie der Akzeptanz der Maßnahme in der Bevölkerung, der Machbarkeit und der Kosten sowie Auswirkungen auf die gesundheitliche Chancengleichheit und die Umwelt eine wichtige Rolle zu. Da zudem die konkrete Ausgestaltung einer Maßnahme der Gesundheitsförderung stark kontextabhängig ist, müssen Ergebnisse aus Reviews generell mittels Annahmen zur Analogie und Plausibilität [50] auf andere Settings, Bevölkerungsgruppen oder Umstände übertragen werden [3]. In der Gesundheitsförderung werden zudem Ansätze, die dem Health-in-all-policies-Ansatz der WHO folgen sowie unterschiedliche Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisprävention kombinieren, als zielführend und nachhaltig eingeschätzt [47]. Dies schließt z. B. Maßnahmen zur Armutsbekämpfung, zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zum Ausbau der Kinderbetreuung etc. ein, die für Alleinerziehende gute Rahmenbedingungen für ein Leben in Gesundheit schaffen. Dabei ist davon auszugehen, dass weniger eine Maßnahme allein, als vielmehr die Summe mehrerer Maßnahmen gesundheitsfördernde Effekte entfalten kann. Allerdings sind Nachweise gerade für solche komplexen Maßnahmen schwierig [48]. So kommen Quilling und Kruse [39] zu dem Schluss, dass eindeutige Wirkeffekte kommunaler Maßnahmen der Gesundheitsförderung im Sinne einer medizinisch definierten Evidenz in Deutschland bislang nicht gemessen werden konnten.

Familiäre Gesundheitsförderung bei Alleinerziehenden ist komplex, denn die Lebenssituation von Alleinerziehende und ihren Familien kann durch unterschiedliche Belastungen und Herausforderungen gekennzeichnet sein. Vor diesem Hintergrund scheint der Einbezug von Stakeholdern oder Alleinerziehenden selbst in die konkrete Ausgestaltung von kommunalen Maßnahmen unter Berücksichtigung der Bedarfe oder des Kontextes vor Ort sowie des in Reviews gebündelten Wissens zur Wirksamkeit von Maßnahmen zielführend und vielversprechend. Das vorliegende Review liefert somit einen Baustein eines evidenzbasierten Vorgehens bei der Entscheidung oder Weiterentwicklung von Maßnahmen der familiären Gesundheitsförderung für Alleinerziehende und/oder ihren Kindern.

Fazit für die Praxis

  • Zur psychosozialen Ressourcenstärkung bei Alleinerziehenden und ihren Kindern erweisen sich kombinierte Angebote aus Workshops, Bildungsangeboten sowie Kompetenztraining als effektiv.

  • Da die Lebenssituation von Alleinerziehenden und ihren Kindern von Armut und Zeitdruck geprägt ist, sind auch stärker verhältnispräventiv orientierte Maßnahmen nötig. Mit Blick auf Programme der Verhältnisprävention sowie der Gesundheitsförderung in Lebenswelten, die auf Alleinerziehende zielen, werden systematische Übersichtsarbeiten benötigt.

  • In der familiären Gesundheitsförderung besteht Bedarf an qualitativ hochwertigen Studien mit längeren Follow-ups zur Erhebung der Langzeiteffekte.