Die Palliativmedizin begleitet Menschen mit einer fortgeschrittenen, unheilbaren, progredienten Erkrankung und begrenzter Lebenserwartung mit dem Ziel der Optimierung ihrer Lebensqualität in der letzten Lebensphase. Ursprünglich ging die Palliativmedizin aus der Onkologie hervor, doch nun ist sie, nicht nur demografisch bedingt, weltweit auf dem Vormarsch und adressiert u. a. neurologische und internistische Erkrankungsbilder – so etwa bei Patienten mit chronischen gastroenterologischen und hepatologischen Erkrankungen wie z. B. der Leberzirrhose. Alle diese Patienten bedürfen in ihrer letzten Lebensphase einer Therapie, die die Symptome und Beschwerden lindert und die Lebensqualität weitmöglichst steigert. In den letzten Jahren erlangte die Palliativmedizin aufgrund vieler großer und qualitativ hochwertiger Studien sowie klinisch relevanter Leitlinien einen zunehmend größeren Stellenwert in der Gastroenterologie. Die vorliegende Ausgabe von Der Gastroenterologe behandelt 5 relevante Themen der Palliativmedizin in der Gastroenterologie; ihr Ziel besteht in der klinisch basierten, klar strukturierten und anschaulichen Vermittlung der jeweiligen aktuellen diagnostischen und therapeutischen Strategien in der Palliativmedizin.

Zunächst wird ein Überblick über den Ansatz des Advance Care Planning (ACP) in der Gastroenterologie mit seiner Rolle zur Förderung der Patientenautonomie und zur Optimierung der Behandlungsabläufe in der ambulanten und stationären Versorgungsstruktur gegeben. Der nächste Artikel beschäftigt sich mit der Bedeutung der Palliativmedizin in der Hepatologie. Da innerhalb des kritischen Zeitfensters oft keine Spenderorgane verfügbar sind, kommen viele Patienten mit einer Leberzirrhose nicht für eine Lebertransplantation infrage, sodass ein nicht unerheblicher Anteil während der Wartezeit auf eine Transplantation verstirbt. Diese Patienten sind palliativmedizinisch unterversorgt. Der Artikel bietet einen orientierten Behandlungspfad zur Symptomlast bei solchen Patienten.

Der Stellenwert der Palliativmedizin in der Gastroenterologie hat in vergangenen Jahren zugenommen

Ein wesentlicher Bestandteil der Palliativmedizin umfasst den Bereich der enteralen und parenteralen Ernährung – mit der wichtigen Frage, wann und wie lange Patienten eine solche Ernährung erhalten dürfen oder sollten. Ernährung und Lebensqualität sind lebenslang miteinander verbunden. Palliativ behandelte Patienten mit unheilbaren Erkrankungen haben spezifische ernährungsmedizinische Bedürfnisse, die sich im Verlauf wandeln. Anfangs zielt die Ernährungsmedizin schwerpunktmäßig auf die bedarfsdeckende Versorgung mit Energie und Nährstoffen, doch diese muss im späteren Verlauf zugunsten des Wohlbefindens und Genusserlebnisses neu bewertet werden. Wichtig ist, dass die Wünsche der Patienten in ihrer persönlichen Lebenssituation in jeder Phase oberste Priorität haben.

Die Wünsche der Patienten sollen in jeder Phase oberste Priorität haben

Der nachfolgende Artikel beleuchtet die Frage der palliativen Stenttherapie im oberen und unteren gastrointestinalen Trakt. Dabei wird erörtert, wann ein Stent angelegt werden sollte, wie sinnvoll dieses Verfahren ist und welche Komplikationen hiermit assoziiert sind. Obstruktionen des Gastrointestinaltrakts als Komplikation gastrointestinaler Tumoren, die mit einer sehr starken Einschränkung der Lebensqualität einhergehen, führen zu Dysphagie, Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen und Gewichtsverlust. Die Therapiefähigkeit der Patienten ist v. a. bei biliären Obstruktionen aufgrund der erhöhten Leber- und Bilirubinwerte sowie der damit einhergehenden Leberfunktionseinschränkung limitiert. Maligne Obstruktionen können hocheffizient mit selbstexpandierenden Metallstents (SEMS) behandelt werden, die einer chirurgischen Therapie oft nicht unterlegen sind. Komplikationen wie eine Stentokklusion und Blutungen sind selten und die therapieassoziierte Mortalität ist sehr gering. Bei Patienten mit bestimmten Tumorleiden ist die Stenttherapie daher eine sinnvolle palliativtherapeutische Ergänzung.

Anschließend werden ethische Überlegungen in der gastroenterologischen Palliativmedizin diskutiert. Bei allen medizinisch machbaren und technisch möglichen Interventionen gilt es, die ethischen Aspekte begleitend im Blick zu behalten und bei der Betreuung der Patienten zu berücksichtigen.

Der Schlussbeitrag soll dem Leser anhand einiger onkologischer und nichtonkologischer Beispiele eine Hilfestellung bei der Behandlung palliativmedizinischer Patienten in der Gastroenterologie geben.

Wir hoffen, Ihnen mit den ausgewählten Beiträgen einen guten Überblick über die Palliativmedizin in der Gastroenterologie und Hepatologie zu geben, und wünschen Ihnen Freude und vertiefte Einsichten beim Lesen dieser Ausgabe.

Prof. Dr. Ali Canbay

Prof. Dr. Andrea Riphaus

Prof. Dr. Alexander Dechêne