Die Leberzirrhose ist das Endstadium aller chronischen Lebererkrankungen. Sie betrifft etwa 0,3–0,5 % der Gesamtbevölkerung in Industrieländern und ist mit einer signifikanten Morbidität und Mortalität assoziiert. Die Prävalenz der dekompensierten Leberzirrhose entspricht etwa 14 Mio. behinderungsbereinigten Lebensjahren („disability-adjusted life years“) als Maß der Einschränkung der Lebensqualität. Zusätzlich ist die Leberzirrhose weltweit für etwa 2 % der Gesamtmortalität verantwortlich, wobei die altersstandardisierte Mortalität der Leberzirrhose in Europa zwischen 10 % und 20 % liegt, was mehrheitlich jüngere Patienten betrifft als bei anderen chronischen oder malignen Erkrankungen.

Die Gründe für das Missverhältnis zwischen der Prävalenz und der Mortalität sind multifaktoriell: nicht nur die komplexe Pathogenese der Zirrhose und deren Komplikationen, wie in diesem Heft ausgeführt wird, sondern auch die Tatsache, dass die Erkrankung Jahrzehnte unbemerkt bleibt, da eine frühe Diagnose häufig schwierig ist. Zudem ist das Interesse der pharmakologischen Industrie in der frühen Phase der chronischen Leberschädigung sehr begrenzt, daher gibt es in keiner so relevanten Erkrankung aktuell so wenig neue Medikamente. Des Weiteren schließen die meisten neuen Medikamente die Komorbidität Leberzirrhose von der Zulassung aus. Im deutschen Gesundheitssystem sind Patienten mit einer Leberzirrhose nicht kostendeckend abgebildet. Daher gelten sie in der heutigen leistungs- und erlösorientierten Medizin als „Minusgeschäft“. Dies führt zu einer weiteren Stigmatisierung dieser Patienten, insbesondere wenn sie dekompensieren und dadurch sehr viele Ressourcen binden und wenig Erlös erbringen. Diese Tatsachen führen zwangsläufig zu einer Benachteiligung dieser Patienten in den Gesundheitssystemen weltweit.

Nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Gesellschaft sind diese Patienten benachteiligt. Gründe hierfür sind die körperlichen Einschränkungen dieser Patienten im täglichen Leben durch die Komplikationen der Leberzirrhose, wie die Dekompensationsepisoden und häufigen Krankenhausbesuche, hepatische Enzephalopathie und Sarkopenie. Außerdem liegt dies an den häufigsten Ätiologien der Erkrankungen, wie alkoholtoxische oder virale Genese, da den Patienten zumindest eine „Teilschuld“ an ihrer Erkrankung suggeriert wird. Diesem stigmatisierenden Charakter der Erkrankung sollten die Ärzteschaft, die medizinischen Mitarbeiter und unsere gesamte Gesellschaft entgegenwirken, insbesondere da zunehmend klar wird, dass genetische Faktoren zu einem wesentlichen Teil das Risiko der Progression der Leberzirrhose bestimmen.

Die Leberzirrhose ist eine komplexe, nicht ausreichend verstandene systemische Erkrankung. Insbesondere bei der Dekompensation der Zirrhose ist der gesamte Organismus in Mitleidenschaft gezogen und die Folgen für die Patienten sind dramatisch. Im Folgenden werden im Lauf des natürlichen Verlaufs der Erkrankung die einzelnen Komplikationen abgehandelt und der aktuelle Stand der Diagnostik und Therapie zusammengefasst.