Die primären Leberzelltumoren sind weltweit immer häufiger und stehen bei krebsbedingten Todesursachen gar an der dritten Stelle der meisten humanen Karzinome. In Deutschland hat die Inzidenz in den letzten zehn Jahren um mindestens 25 % signifikant zugenommen. Dies ist insbesondere mit der Zunahme der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLE/NASH) und der steigenden Anzahl von Patienten mit HCV-assoziierter Leberzirrhose sowie möglicherweise durch weitere, bisher unbekannte Faktoren, auch umweltbedingt verursacht. Die außergewöhnlich hohe Mortalität sowohl des Leberzellkarzinoms als auch des cholangiozellulären Karzinoms mit einer 5‑Jahres-Überlebensrate von weniger als 10 % im natürlichen Verlauf ist wesentlich dadurch bedingt, dass die Diagnose meist erst in einem späten Stadium erfolgt, so dass eine kurative Therapie nicht mehr möglich ist. Somit wird in der Diagnostik die Früherkennungsuntersuchung immer wichtiger, um letztendlich eine gute Prognose zu erreichen. Hier hat der Einsatz bildgebender Verfahren wie Sonographie, CT- und MRT-basierte Schnittbildgebung eine zunehmende Bedeutung erhalten, ebenso wie der Nachweis von Biomarkern wie AFP, AFP-L3, DCP und CA 19‑9 sowie endoskopische Verfahren wie der endoskopische Ultraschall (EUS) und ERCP-basierte Interventionen, einschließlich der direkten Cholangioskopie. Immense Fortschritte wurden auch in der Standardisierung der Leberchirurgie, einschließlich Leberresektion und Lebertransplantation sowie der Intervention, einschließlich TACE, RFA und SIRT erreicht. Insofern widmet sich das vorliegende Themenheft dem Problem der Lebertumoren, insbesondere der Diagnostik und Differentialdiagnostik des primären Leberzellkarzinoms (HCC), des cholangiozellulären Karzinoms (CCC) und des Leberzelladenoms.

Die Arbeit von Wörns et al. beschreibt zunächst die drei klinisch relevantesten benignen Lebertumoren und tumorartigen Läsionen, einschließlich des kavernösen Hämangioms und der fokalen nodulären Hyperplasie und das Leberzelladenom. Häufig werden diese Tumoren als Zufallsbefunde im Rahmen einer gastroenterologischen Untersuchung entdeckt. In seiner Übersicht arbeitet Herr Wörns die neuen Erkenntnisse zur Verbesserung in den kontrastmittelverstärkten Bildgebungsverfahren, insbesondere CEUS und MRT heraus, die die Voraussetzung auch für ein differentialtherapeutisches Vorgehen ermöglichen. Ab einer Größe von 5 cm steigt bekanntermaßen das Komplikationsrisiko beim Leberzelladenom deutlich an, so dass bei einem weiteren Wachstum diese Läsionen konsequent reseziert werden sollten.

In der Abklärung der Leberraumforderungen sind durch histologische und molekulargenetische Differenzierungen besondere Fortschritte für die Prognose maligner und benigner Lebertumoren erzielt worden.

Die Arbeit von Hartmann und Tannapfel stellt die histologischen und molekularen Eigenschaften und ihrer therapeutischen Implikationen sowie die wesentlichen Differentialdiagnosen des Leberzelladenoms und des hepatozellulären Karzinoms dar. Mittlerweile können unterschiedliche Subtypen von Leberzelladenomen charakterisiert werden, so dass einzelne Untergruppen, die besonders zur Malignität neigen, abgetrennt werden können.

So ist der β‑Catenin-aktivierte Subtyp des Leberzelladenoms besonders prädestiniert zu einem pseudoglandulären Wachstumsmuster, so dass im Einzelfall die Differentialdiagnostik zum hochdifferenzierten hepatozellulären Karzinom schwierig ist.

Das hepatozelluläre Karzinom ist ein primärer maligner lebereigener Tumor mit einem hepatozytären Differenzierungsgrad. Die Molekularpathologie wird in Zukunft ein molekulares Profiling ermöglichen, welches die Voraussetzung zu einer Verbesserung der medikamentösen Behandlungsoptionen im Sinne einer individualisierten und personalisierten Therapie darstellt.

Die Arbeit von Müller-Schilling et al. beschreibt die diagnostischen Algorithmen und systemischen Therapieoptionen des primären Leberzellkarzinoms. Erstmals ist seit 2008 der therapeutische Nihilismus ad acta gelegt durch die Einführung der antiproliferativen und spezifisch tumorhemmenden Therapie mittels Sorafenib. Neue, darüber hinaus wirksame „small molecules“ werden derzeit in Phase III-Studien eingesetzt. Als Immuntherapie gehören auch die PD1-Inhibitoren Nivolumab zu den neuen Therapieoptionen am Horizont. Als Zweitlinientherapie ist auf europäischer Ebene (EMA) erstmals als Tyrosin-Kinase-Inhibitor Regorafenib nach Sorafenib-Therapieversagen im Zulassungsverfahren.

Immense Fortschritte wurden auch in der Standardisierung der Leberchirurgie erzielt und es bleibt, wie die Arbeit von Pratschke et al. ausarbeitet, immer die letztendliche Entscheidung, ob der Lebertumor reseziert oder transplantiert werden sollte. Die Therapieentscheidung wird in Deutschland aktuell maßgeblich durch die S3-Leitlinie und durch die novellierten Richtlinien der Bundesärztekammer zur Organtransplantation geregelt und sollte im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz festgelegt werden. Die Resektion kann damit grundsätzlich bei kurativer Intention für HCCs ohne oder mit chronischer Lebererkrankung mit noch ausreichender Leberfunktion empfohlen werden. Neue laparoskopische Therapieverfahren mit parenchymsparender Resektion werden derzeit entwickelt. In Anbetracht des Organmangels sollte eine Leberlebendspende für Patienten immer diskutiert werden.

Aufgrund des Organmangels und der oft rasch fortschreitenden HCC-Tumoren gewinnen lokalablative Therapieverfahren beim Leberzellkarzinom eine immer wichtigere Rolle. Die meisten Erfahrungen wurden mit der transarteriellen Chemoemboliation (TACE) gesammelt, die sich mittlerweile flächendeckend etabliert hat. Neu hinzugekommen ist als lokalablative Therapie die selektive interne Radiotherapie (SIRT), die bisher vorwiegend bei weit fortgeschrittenen und sonst nicht mehr behandelbaren Patienten, wie solche mit Pfortaderthrombose, eingesetzt wird.

Die Arbeit von Ricke et al. geht insbesondere auf diese Therapieverfahren und den angemessenen therapeutischen Algorithmus ein.

Neben dem primären Leberzellkarzinom ist die zweithäufigste Gruppe der Lebertumoren das cholangiozelluläre Karzinom, welches durch eine besonders ungünstige Prognose ausgezeichnet ist. Wie die Arbeit von Dechêne und Kasper zusammenfasst, ist häufig bereits bei Diagnosestellung ein potenziell kurativer chirurgischer Eingriff aufgrund des Fortschrittes der Tumorerkrankung nicht mehr möglich, so dass nur palliative Therapieverfahren in Frage kommen. Neben interventionellen, endoskopischen und nicht-endoskopischen Therapieverfahren stehen hier gut untersuchte systemische Chemotherapieregime zur Verfügung. Grundlage der Palliativtherapie ist die biliäre Drainage zur Dekompression der infizierten Gallenwegsabschnitte. Als Therapie kann bei extrahepatischen Befallsmustern seitens des CCC die photodynamische Therapie (PDT) eingesetzt werden, die gegenüber einer alleinigen Drainage einen Vorteil im Bereich des Gesamtüberlebens zeigt. Die biliäre Radiofrequenztherapie (RFA) ist bisher noch wenig klinisch untersucht und kann sowohl transluminal als auch perkutan eingesetzt werden. Die Selektive Interne Radiotherapie (SIRT) steht demgegenüber für selektionierte, interhepatische und hepatisch gut perfundierte metastasierte CCCs zur Verfügung und stellt eine signifikante Verbesserung der Therapieoptionen zur Lebensverlängerung dar. Als standardisierte Systemtherapie gilt die Behandlung aus der Kombination Gemcitabin und Cisplatin, beziehungsweise Oxaliplatin, wobei zielgerichtete Therapieansätze in der Kombination sich derzeit in Prüfung befinden, unter anderem anti-VEGFR, BRAF und MEK 1/2 sowie PD1-Inhibitoren.

Die Lektüre dieses vorliegenden Schwerpunktheftes sollte dazu anregen, die Fortschritte der medizinischen Versorgung der Lebertumoren wie Primäres Leberzellkarzinom und cholangiozelluläres Karzinom zur Fort- und Weiterbildung zu nutzen. Neben einer guten Kenntnis des Therapieverfahrens ist jedoch als Grundlage auch die molekulare und histochemische Diagnostik grundsätzlich von zukünftiger Bedeutung, insbesondere um zielgerichtete Therapien zum Wohle der uns anvertrauten Patienten zu etablieren.

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Prof. G. Gerken, Essen

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Prof. M. Müller-Schilling, Regensburg