Gastrointestinale Infektionen sind häufig; bei ca. 1,3 Episoden/Einwohner pro Jahr entstehen allein in Deutschland ca. 100 Mio. Krankheitsfälle/Jahr. Meist ist eine infektiöse Gastroenteritis selbstlimitierend, eine symptomatische Behandlung ausreichend und eine ätiologische Abklärung nicht notwendig. Etwa zwei Drittel der Erkrankten warten den Spontanverlauf der Erkrankung ab oder behandeln sich mit „Hausmitteln“. Im Gegensatz zu diesen blanden, selbstlimitierenden Verläufen gibt es aber auch schwerere oder sogar vital-bedrohliche Infektionen; die 2011 aufgetretene Epidemie mit enterohämorrhagischen E.coli in Norddeutschland ist hierfür ein eindrucksvolles Beispiel. In diesem Ausbruch wurden Mortalitätsraten von 0,6% bei Patienten mit Gastroenteritis und 4,1% bei Patienten mit hämolytisch-urämischen Syndrom beobachtet.

Von 2001–2011 hat sich die Zahl der stationären Aufnahmen aufgrund einer akuten Gastroenteritis von 127.867 auf 282.199 Fälle/Jahr mehr als verdoppelt, was auf eine Zunahme der Erkrankungsschwere deutet. Daneben sind nosokomiale Diarrhöen, insbesondere durch Clostridium difficile bedingt, häufige Komplikationen der stationären Patientenbetreuung, die dann die Mortalität erhöhen. Einige Risikofaktoren für die Clostridium-difficile-Infektion (CDI) sind bekannt. Zweifellos ist eine stattgehabte Hospitalisierung innerhalb der letzten 3 Monate, insbesondere wenn Patienten in Mehrbettzimmern untergebracht wurden, ein Risikofaktor für die Entwicklung einer CDI. Aktuelle epidemiologische Untersuchungen zeigen jedoch, dass daneben neue Risikosituationen wie „Leben in Pflegeinrichtungen“ oder „chronisch-entzündliche Darmerkrankungen“ eine Rolle spielen, die erst noch Eingang in ärztliches Denken finden müssen. Vor diesem Hintergrund sind strukturelle Anpassungen in den Einrichtungen unseres Gesundheitssystems (steigender Bedarf für „Isolationsbetten“) trotz begrenzter ökonomischer Möglichkeiten zu fordern.

Strukturelle Anpassungen trotz begrenzter ökonomischer Möglichkeiten sind zu fordern

Eine akute Diarrhö ist der zweithäufigste Grund, weshalb Fernreisende ihre Reise abbrechen und eine medizinische Betreuung in Anspruch nehmen. Der aktuelle Kenntnisstand zur Prophylaxe bei Fernreisen ist im Sinne einer Beratung unserer Patienten wichtig und wird deshalb ebenfalls in diesem Themenschwerpunkt der Zeitschrift Der Gastroenterologe abgehandelt. Durch steigende Mobilität und Bevölkerungsverschiebungen ist auch eine in Mitteleuropa inzwischen wenig bekannte Infektionskrankheit in der Gastroenterologie zu neuer Aktualität gelangt: die Tuberkulose und hier insbesondere die Darmtuberkulose. Sie muss in differenzialdiagnostische Überlegungen zunehmend einbezogen werden.

Vor dem Hintergrund der Häufigkeit, aber auch der klinischen Bandbreite vom blandem, selbstlimitierenden Verlauf bis hin zur vital-bedrohlichen Infektion ist ein evidenzbasiertes Vorgehen in der Diagnostik und Therapie notwendig, um den Patientenbedürfnissen gerecht zu werden, aber auch um die zur Verfügung stehenden Ressourcen adäquat einzusetzen. Wir hoffen, dass die Beiträge für Ihre tägliche Arbeit hilfreich sind.

Prof. Dr. A. Stallmach

Prof. Dr. G. Rogler