Der demographische Wandel impliziert, dass wir künftig noch mehr ältere Menschen – die meist multimorbide sind – behandeln werden. Dies schließt gastroenterologische Krankheiten mit ein, denn viele Pathologien im Magen-Darm-Trakt zeigen eine klare Altersassoziation. Der Umstand, dass heute der Großteil der Menschen ein hohes Alter in meist guter Funktionalität erreichen darf, ist denn auch mehr Chance als negativ konnotierte Herausforderung. Sei es „healthy aging“ oder „successful aging“, vieles wird erst durch den biomedizinischen Fortschritt möglich. Hier hat gerade die Gastroenterologie sowohl im diagnostischen Armentarium als auch in der Therapie auch für diese Bevölkerungsgruppe viel zu bieten. Dies soll im Einzelnen in den verschiedenen Artikeln dieses Schwerpunkthefts besprochen werden.

Die Vorstellung, dass das Alter mit Kontraindikationen zu einem operativen Eingriff verbunden sei, hat in den letzten Jahren eine grundsätzliche Revision erfahren. Im Beitrag von C.-T. Germer und B.H.A. von Rahden wird deutlich, dass verbesserte Operationsverfahren, die optimierte Anästhesie und die intensive postoperative Betreuung ganz wesentlich dazu beigetragen haben, dass heute das chronologische Alter keine prinzipielle Kontraindikation zu operativen Interventionen mehr darstellt. Unverändert bestimmen aber die Begleiterkrankungen das Risiko des Eingriffs, so dass bei Komorbiditäten sorgfältig abgewogen werden muss, sofern keine Notfallindikation besteht.

Alter kann mit diversen Funktionseinbußen intestinaler Organe einhergehen. Schluckstörungen können Folge eines physiologischen Alterungsvorgangs, aber mehr noch Folge zerebrovaskulärer, neurodegenerativer und besonders maligner Erkrankungen des Oropharynx und der Speiseröhre sein. Sie zu kennen, sie zu gewichten und das aktuelle Diagnose- und Behandlungskonzept einschlagen zu können, ist Anliegen des Beitrags von H.D. Allescher.

Protonenpumpenhemmer gehören auch im Alter zu einer sehr häufig verordneten Medikamentengruppe. Die langjährige Erfahrung mit dieser Wirkstoffgruppe hat zwar ein großes Sicherheitsprofil gezeigt, aber auch auf mögliche Risiken wie Osteoporose mit Frakturgefahr und Vitamin-B12-Mangel aufmerksam gemacht. So ist auch der Kernsatz des Beitrags von H. Koop zu verstehen, dass selbst derart sichere Medikamente wie PPI grundsätzlich nur bei korrekter Indikation und mit Überprüfungen bei notwendiger Dauermedikation verabreicht werden sollten.

Mit der perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG) ist dem Gastroenterologen ein Interventionsverfahren an die Hand gegeben worden, das eine komplette enterale Ernährung bei vielen Krankheitszuständen und bei Mangelernährung auf einfache und sehr tolerable Weise möglich macht. Im Beitrag zum Thema zeigt C. Löser klar die Indikationen auf, macht aber auch deutlich, dass die PEG kein Ersatz für die menschliche Fürsorge sein darf, wenn z. B. bei dementen Patienten oder bei terminal Kranken eine orale Ernährung mit viel Zeit und pflegerischem Aufwand verbunden ist.

Die Divertikulose mit ihren zum Teil bedrohlichen Folgen hat sich zu einem wichtigen interdisziplinären Krankheitsbild entwickelt. Es ist schon erstaunlich, dass es trotz seiner Häufigkeit keine großen Versorgungsforschungsstudien zu dem Thema gibt, die klare Handlungsanleitungen aufzeigen. Dennoch gibt es wichtige neue Erkenntnisse vor allem zur konservativen Therapie und zur Prognose leichterer Schübe einer Divertikulitis. Diesen Änderungen im Umgang mit der häufigen Konstellation Rechnung zu tragen ist Anliegen des Beitrags von E.M. Schmidt und R. Jakobs.

Krebse des Verdauungstrakts nehmen bekanntermaßen mit dem Alter zu. Das gilt besonders für das Kolon- und das Pankreaskarzinom. Neue Operationsverfahren und neue medikamentöse Behandlungskonzepte haben für manche Krebserkrankung die Prognose erheblich verbessert. Mit Hilfe des strukturierten geriatrischen Assessments ist dem Arzt ein Instrument an die Hand gegeben, mit dem er die individuelle Belastbarkeit des alten und des hochbetagten Menschen messen und danach entscheiden kann, was im individuellen Falle angemessene Therapie ist. Der Beitrag von U. Wedding fokussiert vor allem auf tumorspezifische medikamentöse Behandlungsoptionen von Karzinomen des Verdauungstrakts.

Der alte Mensch wird für die Medizin eine zunehmende Herausforderung. Wir Ärzte sind heute schon in der glücklichen Lage, für diese Herausforderung dank neuer Erkenntnisse und neuer technischer Entwicklungen gerüstet zu sein. Das enthebt uns aber nicht der Verpflichtung, ständig an Verbesserungen zu arbeiten und ganz besonders mithilfe der Versorgungsforschung die besonderen Bedürfnisse des älteren und alten Menschen herauszuarbeiten. Dieses und andere aktuelle Themen aus der Gastroenterologie werden in weiteren Beiträgen dieses Schwerpunkthefts beleuchtet.

Jürgen F. Riemann

Hans-Joachim Schulz

Cornel Sieber