Leber- und Pankreastransplantationen sind als solide Organtransplantationen im klinischen Alltag etabliert. Etwa 700 bis 800 Lebertransplantationen werden pro Jahr in Deutschland durchgeführt. Die chirurgische Technik hat sich dabei in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert.

Ein großes Problem bleibt die Diskrepanz zwischen Transplantationskandidaten, d. h. dem Bedarf für eine Lebertransplantation und verfügbaren Spenderorganen. Seit einigen Jahren ist in Deutschland das in Amerika eingeführte MELD-System für die Organallokation übernommen worden. Der MELD-Score kann einfach errechnet werden, basierend auf Bilirubin, Gerinnung und Nierenfunktion. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben aber gezeigt, dass hierdurch immer kränkere Patienten transplantiert werden und somit die Ergebnisse nicht besser, sondern eher schlechter werden.

Bei frühen hepatozellulären Karzinomen kann die Lebertransplantation eine kurative Perspektive sein

Deshalb ist es wichtig, auch für die nicht direkt in der Transplantationsmedizin tätigen Ärzte einmal die Veränderungen der Situation für Lebertransplantationen nach Einführung des MELD-Systems darzustellen. Einige Erkrankungen gelten als „Standard Exceptions“, so das hepatozelluläre Karzinom (HCC). Das HCC entwickelt sich in der Regel auf dem Boden einer Leberzirrhose und gehört zu den am stärksten zunehmenden Lebertumoren weltweit. Die Lebertransplantation (LT) stellt für Frühstadien in der Tat eine kurative Perspektive dar. Die richtige Auswahl der Patienten ist jedoch für das optimale Ergebnis essenziell, ebenso wie die Behandlung des HCC während der Wartezeit bis zur Transplantation („Bridging“).

Heute ist die Lebertransplantation auch bei Hepatitis-B-Infektion möglich

Das Problem der Wartezeit lässt sich prinzipiell durch die Möglichkeit der Leberlebensspende („living donor liver transplantation“, LDLT) reduzieren. Diese stellt vor allem chirurgisch eine besondere Herausforderung dar. Bei Kindern ist die LDLT durch ein Elternteil oder andere Verwandte etabliert. Deshalb sterben Kinder kaum noch auf der Warteliste. Bei Erwachsenen ist die LT dagegen chirurgisch und medizinisch weiterhin eine besondere Herausforderung. Zu den wesentlichen Fortschritten in der Transplantationsmedizin bei LT gehört die Prophylaxe und auch Therapie der Hepatitis-B-Virus (HBV)-Reinfektion. Während früher die Hepatitis B eine LT-Kontraindikation war, ist eine LT heute bei Hepatitis B problemlos möglich. Problematisch bleiben hingegen die chronische Hepatitis-C-Virus (HCV)-Infektion und ihre Endstadien, da es bisher keine Möglichkeiten gibt, die HCV-Reinfektion zu verhindern. Gleichzeitig ist die Therapie der rekurrierenden Hepatitis C bisher unbefriedigend.

Anders als die LT ist die Pankreastransplantation nur an wenigen Zentren etabliert. Sie wird in der Regel bei Diabetespatienten mit diabetischer Nephropathie zusammen mit einer Nierentransplantation durchgeführt. Die Betreuung dieser Patienten ist außerordentlich komplex. Es ist deshalb nicht zuletzt auch für den niedergelassenen Gastroenterologen, der nicht regelmäßig Nierentransplantierte und Diabetespatienten betreut, wichtig, dass er über den aktuellen Stand der Pankreastransplantationen informiert ist und die Indikationen, die Prognose sowie die Grundzüge der Betreuung dieser Patienten kennt.

Die Herausgeber dieser Ausgabe von „Der Gastroenterologe“ zum Schwerpunktthema „Leber- und Pankreastransplantation“ hoffen, dass die Beiträge aus der Transplantationsmedizin abdomineller Organe Ihr Interesse finden und für die Betreuung Ihrer Patienten nützlich sein werden.

Prof. Dr. Michael P. Manns

Prof. Dr. Dr. h.c. Hubert E. Blum

Prof. Dr. Dr. h. c. Ulrich Hopt