Es werden Gerüchte verbreitet, dass die mRNA-Impfung gegen COVID-19 das Risiko für ein akutes Koronarsyndrom erhöhe. Befeuert wird dies u.a. durch ein fragwürdiges Abstract. In einer großen Studie hat sich diese Vermutung nun erneut als falsch herausgestellt.

Nach einer Impfung mit der BNT162b2-mRNA-Vakzine von BioNTech-Pfizer besteht kein erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Lungenembolien zu erleiden. Die dahingehende Sicherheit des Impfstoffes hat sich in einer großen Studie aus Frankreich erneut bestätigt.

"In dieser landesweiten Studie aus Frankreich mit Personen in einem Alter von 75 Jahren oder älter wurde kein Anstieg der Inzidenzen von akuten Myokardinfarkten, Schlaganfällen oder Lungenembolien 14 Tage nach jeder BNT162b2- mRNA-Impfdosis detektiert", berichten die Autoren um Prof. Marie Joelle Jabagi.

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© Christian Ohde / Chromorange / picture

Ein in der kardiologischen Fachzeitschrift "Circulation" publiziertes, womöglich unseriöses Abstract schürt die Angst vor Herzschäden nach einer Impfung mit mRNA-Vakzinen.

Impfgegner verbreiten Gerüchte auf dubiosen Seiten

Zwar haben bereits Phase-3-Studien mit der Vakzine keine Anhaltspunkte für einen solchen Verdacht gegeben. Trotz allem verbreiten dubiose Seiten von Impfgegnern und Impfkritikern Gerüchte, dass das Risiko für ein akutes Koronarsyndrom (ACS) nach der mRNA-Impfung ansteige. Als Argument wird ein in der "Circulation" (kardiologische Fachzeitschrift der American Heart Association) von Prof. Steven Gundry publiziertes Abstract angebracht. Darin beschreibt der ehemalige US-amerikanische Herzchirurg einen "dramatischen Anstieg" der Inflammation im Endothel und eine T-Zell-Infiltration in den Herzmuskel bei mit der mRNA-Vakzine geimpften Personen. Laut Gundry lässt sich daraus auf ein erhöhtes ACS-Risiko schließen. Dies könne die Beobachtung für den Anstieg von Thrombosen, Kardiomyopathien und anderer vaskulärer Ereignisse in Folge der Impfung erklären, behauptet er.

Fragwürdiges Abstract

Mehrere Aspekte aus diesem Abstract, welches Gundry im Übrigen alleine verfasst hat, muten jedoch seltsam an, weshalb die Fachzeitschrift kurz nach der Veröffentlichung reagiert und eine "expression of concern" veröffentlicht hat. Es sei an das wissenschaftliche Komitee der American Heart Association herangetragen worden, dass "potenzielle Fehler in dem Abstract vorhanden sind", heißt es darin. So gebe es typografische Fehler, die Daten bzgl. der myokardialen T-Zell-Infiltration fehlten, eine statistische Analyse zur Signifikanz sei nicht verfügbar und der Autor habe nicht klargemacht, dass lediglich anekdotische Daten verwendet worden seien. Dem Komitee zufolge deuten diese Ungereimtheiten, bis eine angemessene Korrektur des Abstracts vorliege, darauf hin, dass das Abstract in der derzeitigen Version womöglich nicht seriös ist.

Große Kohortenstudie zeigt keine Risikoerhöhung

Die "Theorie" eines durch die Impfung gesteigerten ACS-Risikos werden durch die aktuellen Studienergebnisse aus Frankreich erneut widerlegt. Jabagi und Kollegen haben alle verfügbaren Daten von 75-jährigen oder noch älteren Personen, die zwischen dem 15. Dezember und 30. April 2021 wegen eines akuten Infarktes, eines Schlaganfalles oder wegen einer Lungenembolie in ein französisches Krankenhaus eingewiesen worden sind, ausgewertet; das waren insgesamt über 40.000 Ereignisse. Etwa die Hälfte der Patienten hatte zu diesem Zeitpunkt mindestens eine Dosis der BioNTech- Pfizer-Vakzine erhalten.

Im Sinne einer selbstkontrollierten Fallserie (SCCS) verglichen die Wissenschaftler das Risiko für das Auftreten eines solchen kardiovaskulären Ereignisses während der Exposition (Tag 1 bis 14 nach jeder Impfdosis) mit dem Risiko, außerhalb dieser Exposition-Zeiten ein entsprechendes Ereignis zu erleiden (Kontrollperiode). Diese statistische Analyse ergab keine Risikoerhöhung für die Zeit nach der Impfung, weder für einen Infarkt, noch für einen Schlaganfall oder eine Lungenembolie. Auch bei separater Betrachtung zweier Expositionsfester (1-8 und 8-14 Tage) ließ sich keine Risikoerhöhung feststellen.

Wie die französischen Wissenschaftler ausführen, sind israelische und US-amerikanische Studien bereits zu dem selben Schluss gekommen. Ihre Studie liefere nun weitere Evidenz für ältere Menschen, erläutern sie den Erkenntniszuwachs.

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