Statine scheinen die Zusammensetzung der Darmbakterien bei adipösen Menschen positiv zu beeinflussen. Bestätigt sich das, könnte sich für die Cholesterinsenker ein ganz neues Einsatzgebiet ergeben.

Gerät die Darmflora aus dem Gleichgewicht, kann sich dies durch Erkrankungen manifestieren. Dazu zählen etwa Adipositas, entzündliche Darmerkrankungen, Diabetes oder Depressionen, auch ein möglicher Zusammenhang mit Demenz wird erforscht. Neueste publizierte Studiendaten weisen nun darauf hin, dass bei adipösen Menschen Statine möglicherweise das aus dem Gleichgewicht geratene Mikrobiom und die damit einhergehende Entzündungsreaktion regulieren können.

Mehr entzündliche Prozesse

Die belgischen Forscher untersuchten für die Studie Darmbakterien von fast 900 Menschen aus verschiedenen europäischen Ländern. Sie gruppierten die Teilnehmer nach ihrem Body-Mass-Index (BMI), da bereits bekannt ist, dass sich das Mikrobiom von schlanken und adipösen Personen unterscheidet: Bei Fettleibigen ist die Bakterienvielfalt im Darm vermindert, es sind weniger gesundheitsfördernde darunter und es finden mehr entzündliche Prozesse statt. Das Forscherteam um Dr. Vieira-Silva, Leuven, entdeckte, dass ein bestimmtes, gering pathogenes Bakterium namens Bacteroides 2 (Bact2) nur bei 4% der schlanken und übergewichtigen Menschen, jedoch bei 18% der fettleibigen Personen, die keine Statine einnahmen, vorhanden war. Bei den adipösen, mit Statinen behandelten Teilnehmern, war die Prävalenz von Bact2 signifikant niedriger als bei den unbehandelten, nur 6% trugen es in sich. In einer Folgeuntersuchung mit 2.000 Teilnehmern bestätigte sich dieser Trend. Eine Ursache für den positiven Einfluss könnte sein, dass Statine neben ihrem cholesterinsenkenden Effekt auch systemische Entzündungsprozesse eindämmen.

Fördern Statine "gute Bakterien"?

So zeigten bereits Studien an Nagetieren, dass Statine das Bakterienwachstum beeinflussen können, was daran gelegen haben könnte, dass die entzündungshemmende Wirkung den nicht-entzündlichen Bakterien zugutekam. Es sind jedoch weitere Studien am Menschen erforderlich, um zu untersuchen, ob der entzündungshemmende Effekt der Statine kausal dafür verantwortlich ist, dass Bact2-Bakterien reduziert werden, und dadurch das Mikrobiom wieder ins Gleichgewicht kommt.

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Das Mikrobiom von Adipösen ist oft aus dem Gleichgewicht geraten.

"Der potenzielle Nutzen von Statinen in diesem Zusammenhang muss in einer prospektiven klinischen Studie weiter untersucht werden, um festzustellen, ob der Effekt in einer randomisierten Population reproduzierbar ist", fordern Vieira-Silva und Kollegen. Nur wenn dies der Fall sei, könnte die Anwendung von Statinen als Mikrobiom-modulierendes Medikament zukünftig in Betracht gezogen werden.

doi.org/10.1038/s41586-020-2269-x