Masernausbrüche haben weltweit alarmierende Ausmaße angenommen, auch in vielen Reiseländern ist die Inzidenz hoch. So wurde etwa in den USA von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) die höchste Fallzahl seit 1992 gemeldet. Bislang gibt es über 1.000 Infektionen, betroffen sind mehr als die Hälfte aller Bundesstaaten.

Auch in Neuseeland wurde Anfang 2019 ein Masernausbruch festgestellt, mittlerweile geht das neuseeländische Referenzlabor davon aus, dass das Masernvirus weiträumig in der Bevölkerung zirkuliert, wie Prof. Ulrich Seybold vom Universitätsklinikum München beim InfektioUpdate 2019 berichtete. Dies alles sind gute Gründe, in der reisemedizinischen Beratung auch die Masern-Impfung abzufragen: Hier bietet sich eine Gelegenheit, Impflücken in der Bevölkerung zu schließen.

Immer wieder Mangel an Impfstoffen

Weiterhin wichtig in der Reisemedizin ist die Gelbfieber-Impfung, berichtete Prof. Tomas Jelinek vom Centrum für Reisemedizin (CRM) bei einer Veranstaltung in Berlin. In Brasilien wurden nach der großen Epidemie 2016/2017 und einem darauffolgenden kurzfristigen Rückgang 2018 wieder vermehrt Infektionen gemeldet. In der aktuellen Saison sind Angaben des CRM zufolge bisher 81 Erkrankungen bestätigt worden, 17 Menschen sind gestorben. Das Auswärtige Amt berichtet, derzeit seien nur noch wenige Gebiete gelbfieberfrei bzw. ohne bisher gemeldete Fälle.

Die Typhus-Impfung entwickelt sich Reisemediziner Jelinek zufolge in Deutschland immer mehr zum Problemfall: „Wir haben hier keinen guten Impfstoff.“ Zur Prophylaxe steht der orale Lebendimpfstoff Typhoral® sowie der parenterale Totimpfstoff Typhim® zur Verfügung. Bei beiden liegt die protektive Effektivität Angaben Jelineks zufolge aber nur bei 50–70%. Eine Indikation bestehe eigentlich nur bei Reisen in Hochrisiko-Gebiete und bei Reisenden, die zu riskantem Verhalten neigen.

„Problematisch ist der seit einigen Jahren immer wieder auftretende Mangel an Impfstoffen, der zum Teil erhebliche Ausmaße annimmt“, berichtete der Reisemediziner. So sei es 2018 über einen längeren Zeitraum nicht möglich gewesen, Reisende rechtzeitig gegen Tollwut und Hepatitis A zu impfen. Hier ist auch 2019 zu empfehlen, Patienten auf eine frühzeitige Impfung vor Abreise hinzuweisen, um eventuelle Versorgungsengpässe auffangen zu können.

Änderung bei Tollwut-Impfung

Auf die Tollwut-Impfung ging Jelinek noch einmal gesondert ein. Hier habe sich 2018 eine Änderung ergeben: „Anfang September wurde die lang erwartete Schnellimmunisierung an den Tagen 0, 3 und 7 für Rabipur® zugelassen.“ Beim Impfstoff HDC (humane diploide Zellen) bestehe die Grundimmunisierung wie bisher nach dem Impfschema Tag 0–7–28 und 1 Jahr. Nach neueren Untersuchungen sei bei der Tollwut-Impfung das ständige Nachboostern unnötig. „Tatsächlich sprechen die Daten dafür, dass eine einmalige Boosterimpfung nach frühestens einem Jahr langfristig, gegebenenfalls sogar lebenslang neutralisierende Antikörper vermittelt.“

Aufgrund des teils dramatischen Impfstoffmangels weltweit habe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2018 bei der Typhus-Impfung ein prime-boost-Konzept zur präexpositionellen Vakzinierung vorgeschlagen. Demnach werden präexpositionell nur zwei Impfungen an Tag 0 und 7 intramuskulär oder intradermal appliziert. Eine weitere Impfung erfolgt dann möglichst unmittelbar nach Exposition. „Immerhin kann hier auf die Gabe des teuren und schlecht erreichbaren Immunglobulins verzichtet werden“, so der Reisemediziner.

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Fragen Sie bei der reisemedizinischen Beratung auch die Masernimpfung ab!

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Allerdings setze dieses Konzept die Verfügbarkeit des Totimpfstoffes direkt nach der Exposition voraus. Die WHO habe daher ihre Empfehlung eingeschränkt und etwa Vielreisende, Reisende in Risikogebiete, oder solche mit hohem Expositionsrisiko davon ausgenommen.

Die „wichtigste und leider auch am meisten vernachlässigte Impfung“ ist Jelinek zufolge die Influenza-Impfung. Im Reiseland Australien etwa gibt es derzeit ungewöhnlich viele Influenza-Fälle. Auf der australischen Insel Tasmanien wurden Angaben des CRM zufolge bereits mehr Infektionen registriert als im gesamten Vorjahr. Bis Mitte Juni wurden landesweit etwa 86.690 Infektionen bestätigt, 2018 waren es zu dieser Zeit ungefähr 14.100.