Typ-2-Diabetes wird in Deutschland häufig bereits in mittleren Lebensjahren diagnostiziert. So sind bereits 5–10% der Bevölkerung im Alter von 50 Jahren betroffen, berichtete Prof. Jochen Seufert von der Universitätsklinik Freiburg beim Internistenkongress.

Multifaktorielle Therapie wichtig

Er schilderte den Fall einer 48-jährigen Krankenschwester, die über Sehstörungen, Polyurie und Polydipsie klagte. Der Body Mass Index betrug 29 kg/m2. Als einzige Erkrankung war eine arterielle Hypertonie bekannt. Zusätzlich bestand eine Dyslipidämie, der Nüchternblutzucker betrug 210 mg/dl bei einem HbA1c von 9,1%. Diagnose: metabolisch-kardiovaskuläres Syndrom bei viszeraler Adipositas und manifestem Typ-2-Diabetes. Diese Risikokonstellation gilt es zu erkennen, betonte Seufert. Denn die Lebenserwartung ist dabei eingeschränkt.

Vorrangiges Ziel ist es, Langzeitkomplikationen zu verhindern. Dazu ist eine multifaktorielle Therapie nötig, die sich an den von Fachgesellschaften empfohlenen Zielwerten orientiert. Es gilt seit langem als erwiesen, dass damit das kardiovaskuläre Langzeitrisiko reduziert werden kann.

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In Deutschland leiden nicht wenige bereits im mittleren Lebensalter an Diabetes.

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Zur Risikominderung trägt nach Seuferts Angaben die Reduktion von Blutdruck und LDL-Cholesterin stärker bei als eine intensive glykämische Kontrolle. Der Blutdruck ist auf höchstens 140/85 mmHg einzustellen, bei zusätzlicher Proteinurie auf maximal 130/85 mmHg. Damit sinkt das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle, Nephropathie, Retinopathie und Demenz. Zur Nephroprotektion ist stets ein Hemmer des Renin-Angiotensin-Systems (RAS) zu verordnen. Liegen kardiovaskuläre Risikofaktoren vor, ist ein LDL-Cholesterin-Ziel unter 70 mg/dl anzustreben.

Die antiglykämische Therapie muss im Langzeitverlauf eskaliert werden, weil die Insulinsekretion allmählich immer schlechter wird — darauf müssen auch die Patienten vorbereitet werden. Denn bislang gibt es keine Antidiabetika, die die Insulinsekretion erhalten könnten.

Daher geht es auch in puncto Stoffwechselkontrolle um die Reduktion kardiovaskulärer Risiken. Unabhängig von der verwendeten Medikation hat sich in Langzeitstudien bestätigt, dass die initial gute Glykämiekontrolle makrovaskuläre Komplikationen verhindern kann. „Eine stringente Blutzuckereinstellung verhindert immer mikrovaskuläre Komplikationen und verhindert kardiovaskuläre Komplikationen im langfristigen Verlauf“, fasste Seufert zusammen. Der HbA1c sollte ohne Hypoglykämien zwischen 6,5 und 7,5% liegen.

Empfehlungen zu Antidiabetika

Die US-Diabetesgesellschaft ADA und ihr europäisches Pendant EASD empfehlen in ihren neuen Konsensus-Leitlinien zu Typ-2-Diabetes: Metformin bleibt Basisarznei [1]. Bei der Eskalation der Behandlung ist jedoch zu berücksichtigen, ob der Patient zusätzlich an atherosklerotisch kardiovaskulären Erkrankungen (ASCVD), chronischer Nierenkrankheit oder Herzinsuffizienz leidet. Liegt keine solche Folgekrankheit vor, muss entschieden werden, ob Hypoglykämie-Vermeidung, Gewichtsreduktion oder die Therapiekosten im Vordergrund der Behandlung stehen. Das heißt:

  • Patienten mit ASCVD sollen SGLT2-Hemmer oder GLP-1-Agonisten mit belegtem Herzschutz kriegen.

  • Bei chronischer Nieren- und/oder Herzinsuffizienz ist ein SGLT-2-Hemmer mit entsprechenden Endpunktdaten Mittel der Wahl.

  • Bei einer Präferenz für Hypoglykämievermeidung werden DPP4-Hemmer, Glitazone, GLP-1-Agonisten oder SGLT2-Hemmer empfohlen und

  • bei einer Präferenz für Gewichtsreduktion SGLT2-Hemmer oder GLP-1-Agonisten.

  • Nur bei einer Präferenz für niedrige Kosten wird zu Sulfonylharnstoffen oder Glitazonen geraten.

  • Der Fokus der Insulintherapie verschiebt sich auf späte Stadien von Typ-2-Diabetes.

Seufert sagte zudem: Bekommen jüngere Typ-2-Diabetiker SGLT2-Hemmer und GLP-1-Analoga mit belegter kardiovaskulärer Risikoreduktion, dann besteht die Hoffnung, dass sich die Therapie bei ihnen langfristig auch in vergleichsweise niedrigen Mortalitätsraten widerspiegeln könnte. Entsprechende Daten stehen allerdings noch aus.