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Eine frühkindliche Infektion mit einer bisher unbekannten Klasse von Erregern aus Kuhmilch und Rindfleisch, genannt BMMF für „Bovine Milk and Meat Factors“, kann das Risiko für Darmkrebs, und möglicherweise auch für andere Krebsarten steigern. Wissenschaftler um Prof. Harald zur Hausen und Dr. Timo Bund vom deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg haben diese auf epidemiologischen Beobachtungen basierende Hypothese seit nunmehr über zehn Jahren mit Ergebnissen aus wissenschaftlichen Studien unterfüttert.

Auf einer Pressekonferenz im Februar 2019 in Heidelberg stellte das DKFZ die aktuelle Datenlage vor. Danach haben die Forscher einen bisher unbekannten Infektionserreger in Blutserum und Milch von eurasischen Rindern nachgewiesen, der indirekt die Entstehung eines Kolonkarzinoms auslösen könnte. Der Erreger habe Ähnlichkeiten sowohl zu Bakterien als auch zu Viren und sei damit ein neuartiger Erregertyp, berichtete zur Hausen.

Keime fördern über Entzündungen DNA-Mutationen

In Kolonkarzinom-Proben wiesen die Forscher den Erreger-Typ BMMF zwar nicht nach. „Wir konnten BMMF aber über eine Antikörperfärbung in der Lamia propria um das Tumorgewebe herum detektieren“, fügte Bund hinzu. In ebendiesem Bereich fanden die Forscher Makrophagen und Sauerstoffradikale. „Wir gehen daher davon aus, dass BMMF über eine andauernde Entzündungsreaktion zu DNA-Mutationen in den Darmepithelzellen führen, was dann ein Kolonkarzinom auslösen kann“, so Bund.

Die Infektion erfolgt den Forschern zufolge dabei im frühen Säuglingsalter kurz nach dem Abstillen, sobald Milch zugefüttert werde. Sei das Immunsystem des Kindes mit etwa einem Jahr ausgereift, sei das Kind vermutlich immunkompetent und könnte den BMMF-Erreger abwehren.

Bereits 2015 hatten zur Hausen und seine Kollegen die Hypothese aufgestellt, dass die globale Epidemiologie etwa von Darm- und Brustkrebs auf eine Übertragung von spezifischen Infektionen von Tieren auf Menschen zurückgeführt werden könnte. Die Arbeitsgruppe um Bund konnte seitdem nachweisen, dass die BMMFs in menschlichen Zellen langfristig überdauern und hat Antikörper gegen diese Agenzien in menschlichen Blutproben entdeckt.

Der Nachweis einer direkten Verbindung zwischen einer Infektion mit den BMMFs und einer bestimmten Erkrankung könnte nach Angaben des DKFZ nun auch präventive Möglichkeiten eröffnen, etwa Impfungen oder schützende Lebensstil- und Ernährungsformen.