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Akuter Schmerz hat eine wichtige Signalfunktion. Chronischer Schmerz hingegen, so Dr. Johannes Fleckenstein, Institut für Sportwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen, „erhöht das Verletzungsrisiko und beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit erheblich“.

Chronischer Schmerz ist bei Sportlern weit verbreitet

Ein Problem, das viele Athleten betrifft. Denn chronische Schmerzen sind im Spitzensport an der Tagesordnung. Erstes Beispiel Rückenschmerzen: 81% der deutschen Leistungssportler leiden regelmäßig darunter. Zweites Beispiel italienische Profifußballer der 1. Liga: 36% von ihnen nehmen regelmäßig Analgetika ein, in erster Linie Ibuprofen. Ungeachtet dessen werden Schmerzen bei Spitzensportlern laut Dr. Fleckenstein „zu wenig adressiert und nur begrenzt untersucht“.

Vor diesem Hintergrund führen der Sportmediziner und sein Team an der Universität Gießen derzeit eine explorative Querschnittstudie in drei Sportdisziplinen durch: Bundesliga Fußball Damen, Handball Herren und Hockey Herren. Die Daten dafür werden mit dem deutschen Sportschmerz-Fragebogen erhoben. Er erfasst gemäß dem bio-psycho-sozialen Modell neben Schmerzlokalisation und -intensität unter anderem auch Auswirkungen auf Lebensqualität und psychische Verfassung.

Der Fragebogen ging an 87 Elitesportler mit einem Durchschnittsalter von 21,6 Jahren. Daten von 39 Athleten konnten inzwischen erfasst werden. Bei 43,6% betrug die Schmerzintensität auf der Numerischen Ratingskala (NRS) über 3. „Vier von zehn Sportlern haben mithin Schmerzen, die gemäß WHO-Definition behandlungsbedürftig sind“. Jeder Fünfte leidet unter Dauerschmerz und die Hälfte der Befragten sucht Linderung durch Ibuprofen, so der Sportmediziner weiter. Im psychischen Bereich zeigen sich signifikant erhöhte Skalen für Angst und Stress, Stimmung und Schlaf sind beeinträchtigt.

Besorgniserregend sind allerdings auch die ausgeprägten Bedenken, über die Schmerzen zu sprechen: „Zwei von drei Sportlern haben die Sorge, dadurch ihren Stammplatz zu verlieren“.

„Leistungssport muss wehtun“

Dieser noch immer herrschenden Auffassung widerspricht Dr. Fleckenstein mit Nachdruck: „Aus sportmedizinischer Sicht ist das komplett falsch. Damit tut man einem Athleten langfristig nichts Gutes“. Gefordert sind Konzepte mit einer niedrigen Kontaktschwelle, um Schmerzen endlich thematisieren zu können. Und zwar nicht erst dann, „wenn die Sportler bereits leiden“. In derartige präventive Maßnahmen sollte nach Ansicht des Sportmediziners das gesamte Team eingebunden sein: die Athleten und deren Betreuerstab gemeinsam.