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Ginkgo biloba ist das einzige wissenschaftlich gut untersuchte Phytopharmakon, dass bei milden Demenzformen eingesetzt werden kann. Prof. Dr. Karin Kraft von der Universität Rostock erklärt im Interview, wie diese Heilpflanze wirkt und was bei ihrer Verwendung beachtet werden muss.
CME: Wie ist die Evidenzlage der Demenzbehandlung mit Gingko?
Kraft: Nur der Spezialextrakt EGb 761® ist wissenschaftlich gut untersucht und wurde in die aktualisierte S3-Leitlinie „Demenzen“ aufgenommen.
CME: Was bedeutet Spezialextrakt?
Kraft: Das Besondere an dem standardisierten Spezialextrakt ist, dass bestimmte wirksame Substanzen aus den Ginkgoblättern angereichert und toxische Substanzen — wie zum Beispiel die Ginkgolsäure — abgereichert wurden. Die Ginkgolsäure ist dann in einem so geringen Maße im Spezialextrakt enthalten, dass sie nicht mehr gefährlich sind.
CME: Was würde denn passieren, wenn man Ginkgoblätter essen würde?
Kraft: Nur die gegarten und geschälten Samen kann man essen. Isst man die Blätter, kann das Allergien auslösen.
CME: Welche wirksamen Substanzen sind in Gingkoblättern enthalten und wie wirken sie?
Kraft: Da gibt es neben Flavonoiden auch Terpene wie die Ginkgolide, die offenbar für einen Großteil der pharmakologischen Wirkung verantwortlich sind.
Der Ginkgoextrakt hat viele positive Wirkungen auf das zentrale Nervensystem. Zum einen reduziert er die Apoptose von neuronalen Zellen und schützt neuronale Mitochondrien, außerdem ist er ein Radikalfänger. Zudem verbessert er den zerebralen Blutfluss, indem er die Blutviskosität über Inhibition des plättchenaktivierenden Faktors senkt.
CME: Bei welchen Demenzformen kann man Ginkgo anwenden?
Kraft: Sehr gut untersucht sind die vaskuläre und vor allem die Alzheimer-Demenz, sowohl im Vergleich zu Placebo als auch im Vergleich zu klassischen Antidementiva wie den Cholinesterasehemmern. Zum Vergleich mit Placebo gab es 2010 eine Metaanalyse, in der neun Studien mit insgesamt 2373 Patienten eingeschlossen wurden, die über 12 bis 52 Wochen mit diesem Spezialextrakt behandelt wurden*. Alle Studien waren randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert.
Das Ergebnis der Metaanalyse war, dass sich die geistige Leistungsfähigkeit bei der Ginkgotherapie im Vergleich zu Placebo verbessern ließ. Bei Alzheimerpatienten war die Signifikanz besonders hoch, hier verbesserten sich sogar die Aktivitäten des täglichen Lebens. Dies gilt allerdings nur für milde Demenzformen. Bei schwerer Demenz ist keine Wirksamkeit beschrieben, hier sollte man Ginkgospezialextrakt also nicht verwenden.
„Ginkgo schützt neuronale Mitochondrien.“
CME: Welchen Stellenwert hat Ginkgo im Vergleich zu den klassischen Antidementiva?
Kraft: Bei den milden Demenzformen, bei denen ja auch die Cholinesterasehemmer am besten wirken, gibt es keine Unterschiede in der Wirksamkeit. Ginkgo ist hier also nicht unterlegen. Aber der Ginkgoextrakt hat im Vergleich zu den Cholinesterasehemmern einen Vorteil: Er ist wesentlich besser verträglich.
CME: Worauf sollte der Arzt bei der Ginkgobehandlung achten?
Kraft: Der Extrakt sollte nur unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden, wenn der Patient bereits mit Phenprocoumon, anderen Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmern behandelt wird.
Es gibt außerdem Hinweise, dass Ginkgo biloba das p-Glykoprotein im Darm hemmt. Dadurch könnten Konzentrationen von anderen Arzneimitteln ansteigen, die durch das p-Glykoprotein beeinflusst werden. Zum Beispiel scheinen die Konzentrationen von Nifedipin und Dabigatran bei gleichzeitiger Behandlung mit Ginkgo anzusteigen, wodurch es zu toxischen Wirkungen kommen kann. Beim antiretroviralen Medikament Efavirenz vermutet man, dass die Plasmakonzentration durch Ginkgo gesenkt werden könnte.
CME: Ginkgo gilt als nebenwirkungsarm. Gibt es dennoch Risiken, über die man Patienten vor einer Behandlung mit Ginkgo aufklären sollte?
Kraft: Was sehr häufig vorkommt sind Kopfschmerzen oder Benommenheit. Häufiger kann es auch zu gastrointestinalen Beschwerden kommen. Und dann gibt es noch Patienten, bei denen trotz des Abreicherns der Ginkgolsäure allergische Hautreaktionen auftreten. In der Literatur sind außerdem noch Organblutungen beschrieben, die habe ich aber selbst noch nie gesehen.
Literatur
Weinmann S et al. BMC Geriatr. 2010; 10: 14. doi: 10.1186/1471-2318-10-14
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Consortia
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Springer-Verlag Berlin Heidelberg. Ginkgo gegen Demenz. CME 13, 38 (2016). https://doi.org/10.1007/s11298-016-5959-9
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