Fruktose wird heute nicht nur über Obst und Fruchtsäfte konsumiert, sondern zu großen Teilen über industriell gefertigte Nahrungsmittel wie Limonaden, die mit Fruktose angereicherten Sirup aus Maisstärke (high-fructose corn syrup, HFCS) enthalten. Das könnte kanadischen Ärzten zufolge auch einer der Gründe sein, warum die Zahl der Gichtpatienten seit Jahren zunimmt. Die Ärzte um Joseph Jamnik von der Universität in Toronto sind dem Zusammenhang zwischen Fruktoseaufnahme und der Entstehung von Gicht in einer Metaanalyse nachgegangen. „Unsere Ergebnisse stehen in Einklang mit der immer umfangreicheren Literatur, wonach Fruktose ein Risikofaktor für Gicht ist“, schreiben die Ärzte in BMJ Open.

Für ihre Metaanalyse mussten sie sich mit zwei prospektiven Studien begnügen: der Health Professionals Follow-up Study mit 46.393 männlichen Ärzten und zwölf Jahren Beobachtungszeit und der Nurses‘ Health Studie mit 78.906 Krankenschwestern und 22-jähriger Nachverfolgung. Die Teilnehmer beider Studien, von denen anfangs keiner an Gicht litt, hatten regelmäßig validierte Ernährungsfragebögen beantwortet. Eine diagnostisch gesicherte Gicht entwickelten 1533 Studienteilnehmer, 755 Männer und 778 Frauen.

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Fruchtzucker ist z.B. auch in Softdrinks enthalten.

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Risikoanstieg um 60%

Für Probanden im obersten Quantil der Fruktosezufuhr (11,9% der Gesamtenergie) war das Erkrankungsrisiko um 62% höher als für Probanden im untersten Quantil (7,1% der Gesamtenergie). Bei dieser Risikoberechnung sind zahlreiche Störfaktoren wie Alter, BMI, Gesamtenergiezufuhr, Alkoholkonsum, Diuretikagebrauch, Bluthochdruck und Niereninsuffizienz berücksichtigt. Wurde zusätzlich ein Abgleich für die Energiezufuhr aus Nichtfruktose-Kohlenhydraten und Protein vorgenommen, lag das Risiko im obersten Fruktosequantil immer noch um 34% höher. Hauptquellen für Fruktose waren Orangensaft, mit Zucker gesüßte Getränke, Äpfel, Rosinen und Orangen.

Evidenz aus anderen Studien

Trotz der hohen Studienqualität und einer sich abzeichnenden Dosis-Wirkungs-Beziehung liefert die Analyse laut Jamnik und Kollegen nur „geringgradige“ Evidenz für den Effekt von Fruktose auf die Gicht. „Die beobachtende Studienanlage verbietet Rückschlüsse auf eine Kausalität, weil manche Störfaktoren möglicherweise nicht berücksichtigt wurden.“ Um die Hypothese zu untermauern, wollten die kanadischen Ärzte den Zusammenhang zwischen Fruktoseaufnahme und Harnsäurespiegeln untersuchen. Dieses Vorhaben mussten sie jedoch mangels prospektiver Studien aufgeben.

Die Mediziner verweisen aber auf andere Untersuchungen, die ebenfalls für eine Rolle von Fruktose sprechen. Im Tierexperiment konnte z. B. durch Fruktosezufuhr ein Anstieg der Harnsäurespiegel induziert werden. Epidemiologische Studien zum Einfluss auf die Harnsäure haben dies zum Teil bestätigt. In einer Querschnittsstudie wurde zudem eine Assoziation zwischen zuckerhaltigen Getränken und Gicht festgestellt. Diätlimonaden waren dagegen nicht mit einer erhöhten Erkrankungsrate assoziiert.

Weniger Softdrinks!

Mechanistisch ließe sich eine Rolle von Fruktose bei der Gichtentstehung ebenfalls erklären. Fruktose führt u. a. über eine ATP-Depletion zur Anreicherung von Inosinmonophosphat, einem Vorläufermolekül der Harnsäure. Die durch den ATP-Mangel angeregte kompensatorische Synthese von Purinnukleotiden kann die Harnsäureproduktion zusätzlich steigern.

Das American College of Rheumatology rät in seiner Leitlinie zur Gicht, den Konsum von Soft- und Energy-Drinks, die mit HFCS gesüßt sind, einzuschränken. Solche Getränke sind in den USA die Hauptquelle für Fruktose. Zu anderen Fruktose-haltigen Lebensmitteln enthält die Leitlinie keine Empfehlungen. Jamnik und Kollegen weisen aber darauf hin, dass auch Früchte und Fruchtprodukte einen signifikanten Anteil an der Fruktosezufuhr haben.