Sie wollten ihr sexuelles Vergnügen durch Sauerstoffmangel steigern und bezahlten diesen Wunsch mit ihrem Leben: Ein obdachloser Mann wurde stranguliert in einer Chemietoilette gefunden, ein anderer erstickt in einer Regentonne.

Männliches Opfer eines autoerotischen Unfalls in einer Regentonne. Er hatte Propangas eingeleitet.
Fall 1: Schlüsselhalter in Anus eingeführt
Eine Frau hatte beobachtet, wie ein obdachloser 43-jähriger Mann nachmittags eine portable Chemietoilette in der Nähe ihrer Wohnung betrat. Seinen Einkaufswagen hatte der Mann davor stehen lassen. Als am Tag darauf der Einkaufswagen immer noch vor der Toilette stand, informierte die Frau die Polizei. Durch einen Spalt in der Tür sahen die Polizisten einen Mann in der Toilette und mussten die Tür gewaltsam öffnen. Der Mann saß nackt auf dem Boden. Neben ihm lag eine Tasche mit einem gerissenen Gürtel. Der Rest des Gürtels war um seinen Hals und seine Handgelenke gewickelt. An der dorsalen Seite seines Körpers hatten sich Totenflecke gebildet.
Bei der körperlichen Untersuchung wurde ein Schlüsselhalter gefunden, der für autoerotische Zwecke tief in das Rektum eingeführt worden war. Die toxikologische Untersuchung war negativ auf Alkohol und Drogen. Eine Autopsie wurde nicht durchgeführt. Da keine weiteren Anzeichen für Gewalt gefunden wurden, lautete die Todesursache Strangulation während sexueller Asphyxie.
Fall 2: Tod durch Propangas in einer Regentonne
In einem zweiten Fall fand ein Arbeitgeber einen 32-jährigen Arbeiter tot in der Scheune eines alten Bauernhauses in einer Regentonne. Von einem Propangaszylinder in der Nähe führte ein Schlauch in die Tonne. Darin saß halbnackt der Tote. Seine Hose und seine Unterhose waren zu den Füßen hinabgezogen. Ein Pornoheft befand sich zwischen seinen Beinen und Sperma auf der Glans penis. Äußerlich wies der Körper keine Spuren von Gewalt auf. Nach Angaben der Polizei handelte es sich bei dem Verstorbenen um einen bekannten Exhibitionisten. Eine Autopsie und eine toxikologische Untersuchung wurden nicht durchgeführt. Todesursache hier: Erstickung durch eingeleitetes Gas während sexueller Asphyxie.
Schnelle Aktivierung sexueller Empfindlichkeit
In verschiedenen Kulturen wird und wurde Asphyxiation zur Vergrößerung des sexuellen Vergnügens praktiziert. Durch derartige Praktiken sterben hauptsächlich Männer, für gewöhnlich aufgrund eines Kontrollverlusts oder einer Fehlfunktion der Vorrichtung, die dafür vorgesehen war, die Hypoxie zu unterbrechen. Derartige Tode werden manchmal auch für Suizide gehalten.
Laut Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders-IV (DSM-IV) wird autoerotische Asphyxie unter dem Begriff Paraphilie klassifiziert. Der Begriff definiert auch sexuelles Verhalten und Fantasien, die meistens ungewöhnliche Aktivitäten und Situationen mit der Beteiligung ungewöhnlicher Objekte involvieren. Im ICD-10 werden diese sexuellen Abweichungen auch unter dem Begriff „Störungen der Sexualpräferenz“ geführt. Beide Klassifizierungen beschreiben eine Handlung, durch die die Individuen sexuelles Vergnügen durch Sauerstoffmangel erreichen. Die ungenügende Menge an im Gehirn bereitgestelltem Sauerstoff führt zu einer Fehlfunktion des limbischen Systems, was zu einer schnellen Aktivierung sexueller Empfindlichkeit führt.
Asphyxiophilie nicht nur bei hohem sozioökonomischem Status
Ungewöhnlich an den beiden präsentierten Fällen ist laut Tzikas und Kollegen, dass beide Opfer der unteren sozioökonomischen Gesellschaftsklasse zugeordnet werden können. Laut Literatur sind Menschen, die sich auf diesen Typ der Paraphilie einlassen, gewöhnlich gut ausgebildet, haben ein höheres Einkommen und einen höheren beruflichen Status.
Literatur
basierend auf: Tzikas A. et al. Autoerotic deaths and low socioeconomic status. Presentation of two cases. Rechtsmedizin 2016; 26(1):53
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Seifert, L. Autoerotische Unfälle durch Asphyxiophilie. CME 13, 40 (2016). https://doi.org/10.1007/s11298-016-5733-z
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