Rezidivierende Bauchschmerzen kommen im Kindesalter bei bis zu 19% vor. Organische Ursachen sind selten: Überdiagnostik muss vermieden werden ohne pathologische Befunde zu übersehen. Auch ohne organische Ursachen ist der Leidensdruck oft hoch. Es ist deshalb wichtig, „dem kleinen Patienten den Schmerz zuzugestehen, auch wenn sich objektiv nichts finden lässt“, so PD Dr. Philip Wintermeyer, Kinderarzt in München, auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin.

Von chronischen Bauchschmerzen spricht man bei einer Schmerzsymptomatik über mehr als zwei Monate und mehr als einmal pro Woche.

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Was steckt hinter rezidivierenden Bauchschmerzen?

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Als funktionelle gastrointestinale Beschwerden lassen sich funktionelle Dyspepsie, funktionelle Bauchschmerzen, das Syndrom der funktionellen Bauchschmerzen, das Reizdarmsyndrom sowie die abdominelle Migräne unterscheiden. Immer fehlen Anzeichen für einen entzündlichen, anatomischen, metabolischen oder neoplastischen Prozess, der die Symptome erklären würde.

Besserung nach Defäkation?

Bei der funktionellen Dyspepsie mit anhaltenden oder wiederkehrenden Schmerzen mit Schwerpunkt im Oberbauch kommt es durch Defäkation zu keiner Erleichterung. Anders beim Reizdarmsyndrom, unter dem schon ganz kleine Kinder leiden können. Es bessert sich durch Defäkation und ist mit einer Änderung der Stuhlfrequenz und/oder der Form des Stuhls assoziiert. Bei funktionellen Bauchschmerzen liegt ein episodischer oder kontinuierlicher Bauchschmerz vor sowie unzureichende Kriterien für andere funktionelle gastrointestinale Störungen. Noch komplizierter, so Wintermeyer, ist das Syndrom der funktionellen Bauchschmerzen im Kinderalter. Hier kommen die Beeinträchtigung der Lebensqualität sowie zusätzliche somatische Beschwerden, wie Kopfschmerz oder Schlafstörungen hinzu. „Das Kind macht nichts mehr, was ihm sonst immer Spaß gemacht hat“, so Wintermeyer.

Manche Kinder haben auch eine abdominelle Migräne. Sie ist gekennzeichnet durch anfallartige Episoden, mindestens zweimal in den letzten zwölf Monaten, mit heftigen, akuten periumbilikalen Schmerzen, die für mindestens eine Stunde andauern. Dazischen können beschwerdefreie Perioden über Wochen bis Monate liegen. Die Schmerzen sind mit mindestens zwei der folgenden Symptome assoziiert: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Lichtscheue oder Blässe.

Nach Saft- und Milchkonsum fragen

Wichtigstes diagnostisches Werkzeug ist die strukturierte Anamnese. Zunächst gilt es, Warnsymptome abzufragen, wie Schmerzen abseits des Nabels, rezidivierendes Erbrechen, chronischer, vor allem nächtlicher Durchfall, analer Blutabgang, Fieber oder Beschwerden beim Wasserlassen. Bei Nüchternerbrechen muss an einen Hirntumor gedacht werden.

Problematisch gerade bei jüngeren Kindern ist die Lokalisation, denn „es ist immer der Bauchnabel“. Dabei können Schmerzen im rechten Oberbauch auf eine Autoimmunhepatitis hindeuten, im rechten Unterbauch auf eine Appendizitis.

Gefragt werden sollte auch nach Ernährungsgewohnheiten. Größere Mengen an Saft oder Milch können Bauchschmerzen machen. Bei der Familienanamnese müssen organische Erkrankungen wie eine CED oder eine Zöliakie ebenso erfragt werden wie funktionelle Beschwerden. Auch nach Schluckbeschwerden sollte gefragt werden um eine eosinophile Ösophagitis nicht zu übersehen. „Ein signifikantes Problem sind auch Würmer, auch wenn die Kinder nicht im Urlaub waren“, so Wintermeyer.

Diagnostisch nicht zielführend

Bereits weiterführen kann ein Basislabor. Die Sonographie habe einen sehr hohen Stellenwert vor allem für die Eltern, jedoch keine Evidenz für einen diagnostischen Nutzen. Nicht zielführend sind aus seiner Sicht der C13-Atemtest, die Ösophagus-pH-Metrie, die Dysbakterie-Analyse des Stuhls, das IgG4-Antikörper-Screening gegen Nahrungsallergene und die Untersuchung auf Histaminintoleranz.