Sport stimuliert die Proteinsynthese, beschleunigt andererseits aber auch den Proteinabbau — beide Prozesse finden nebeneinander statt, erklärte Prof. Luc van Loon, Department of Human Movement Sciences, Maastricht University Medical Center, Niederlande.

Proteinbalance: Wechselspiel zwischen Aufbau und Zerfall

Körperliche Aktivität und Ernährung gehen Hand in Hand, betonte van Loon. Denn die körperliche Aktivität beeinflusst die Verwertung der aufgenommenen Nahrung, daher bilden sich je nach Trainingsform unterschiedliche Proteine aus. Ohne körperliche Aktivität fehle der stimulierende Effekt für die Muskelproteinsynthese durch die Nahrungszufuhr; umgekehrt überwiege ohne Nahrung der Proteinzerfall — es komme zum Muskelabbau. Der Muskelaufbau sei ein energieaufwendiger Prozess. Die Aufnahme von Kohlenhydraten nach dem Sport verhindere den Abbau des Gesamtkörperproteins, während die Protein- oder Aminosäurezufuhr den Proteinzerfall reduziere und die Proteinsyntheserate stimuliere.

Die Muskelproteinsynthese erfolgt nach der sportlichen Aktivität (bis zu 24 h später) und wird vor allem von Art, Menge und Zeitpunkt des zugeführten Proteins, zusätzlicher Kohlenhydratzufuhr sowie der Zusammensetzung der restlichen Nahrung beeinflusst. Je nach Art der Proteinzufuhr wird der Muskelaufbau unterschiedlich stark stimuliert: Soja sei weniger wirksam als Milcheiweiß; Molkeprotein zeigte einen stärkeren anabolischen Effekt als Casein, das langsamer freigesetzt werde. Für eine ausreichende Stimulation der Muskelproteinsynthese, empfahl von Loon für den gesunden Erwachsenen eine Proteinmenge von 20–25 g direkt nach dem Sport. Zusätzlich sollte mit jeder Hauptmahlzeit die gleiche Proteinmenge aufgenommen werden. Molkeprotein und Casein bezeichnete er als gute Proteinquellen.

Für ältere Menschen sei es sinnvoll, mehr Protein (35–40 g) zuzuführen, da sie weniger sensitiv auf die anabolischen Effekte des Proteins reagierten. Darüber hinaus könne Muskelschwund beim älteren Menschen verschiedenste Gründe (Immobilisation, Sarkopenie, Tumorkachexie, COPD, Typ-II-Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen) haben, die es abzuklären gelte.

Die Syntheseraten des Muskelproteins konnten noch gesteigert werden, wenn das Nahrungsprotein unmittelbar nach dem Training bereitgestellt wurde. Es gebe jedoch auch Untersuchungen, die vermuten lassen, dass die Proteinverdauung und -absorption in der Erholungsphase direkt nach dem Sport beeinträchtigt ist. Daher sei es sinnvoll, „dass Fenster für alle Möglichkeiten offen zu halten“ und Proteine sowohl vor, während als auch direkt nach dem Training zu sich zu nehmen.

Muskeln im Schlaf aufbauen

Die Proteinzufuhr könne auch noch am Abend bzw. am folgenden Tag fortgesetzt werden, da der Proteinumsatz nach der sportlichen Belastung für 24 Stunden aktiviert bleibe, so der Referent. Daher würden die Muskeln sogar noch im Schlaf aufgebaut. So zeigte eine Untersuchung van Loons, dass Proteine, direkt vor dem zu Bett gehen eingenommen, über Nacht effektiv verdaut und absorbiert wurden und gleichzeitig die Muskelproteinsynthese stimulierten.

Auch hinsichtlich gewonnener Muskelkraft konnten Proteine punkten. So erzielten junge und alte Menschen durch die Proteinsupplementation einen größeren Zugewinn an Muskelkraft im Training. Bei älteren gebrechlichen Menschen nahm die fettfreie Körpermasse und die funktionelle Kapazität durch die sportliche Aktivität — verbunden mit den Proteingaben — deutlich zu.

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Stark wie ein Bär durch den Proteinhappen vorm Zubettgehen.

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