Bloße Selbstüberschätzung macht Ärzte nicht automatisch unzuverlässig, auch wenn ein Patient stirbt. Auf den Antrag einer Ärztin ordnete daher das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen an, dass ihre Approbation bis auf Weiteres nicht ruht.

Seit 30 Jahren ist die Kollegin als Hebamme tätig und seit über 25 Jahren als Ärztin zugelassen. Vor dem Landgericht Dortmund wurde 2011 gegen sie Anklage wegen Totschlags erhoben. Ihr wird vorgeworfen, einer „natürlichen Geburt“ zu hohes grundsätzliches Gewicht einzuräumen. Dadurch soll sie 2008 „bedingt vorsätzlich“ den Tod eines Kindes in Kauf genommen haben.

Das Regierungspräsidium Arnsberg ordnete das Ruhen der Approbation an. Dagegen wandte sich die Ärztin und hatte zunächst im Eilverfahren Erfolg. Nach dem Beschluss kann sie zumindest so lange als Ärztin weiterarbeiten, bis das VG im Hauptverfahren entschieden hat.

Einmalig in 25 Berufsjahren

Zur Begründung betonte das Gericht, der Fall sei in der 25-jährigen Tätigkeit der Ärztin einmalig. Konkrete Gefahren für weitere Patienten seien daher nicht ersichtlich. Der Vorwurf, die Ärztin habe den Tod eines Kindes in Kauf genommen, weil sie „um jeden Preis“ einer Hausgeburt und einem „natürlichen Geburtsvorgang“ den Vorzug gebe, sei bislang nicht belegt.

Im Streitfall habe sie vorgetragen, die Hausgeburt habe „dem unbedingten Elternwillen entsprochen“. Es gebe lediglich Anhaltspunkte, dass die Ärztin meine, auch Risikogeburten „auf natürlichem Wege zu beherrschen“. Eine solche „bloße Selbstüberschätzung des eigenen Könnens“ begründe aber noch nicht ohne Weiteres die Unzuverlässigkeit der Ärztin.