Akute Exazerbation der idiopathischen pulmonalen Fibrose

Definition

Die akute Exazerbation der idiopathischen pulmonalen Fibrose (AE-IPF) ist die häufigste Todesursache bei Patienten mit IPF (jährliche Inzidenz zwischen 4 und 20 %) und macht die Hälfte aller Todesfälle bei IPF aus. Die Prognose ist ungünstig, da die mit akuter Exazerbation (AE) assoziierte Mortalität etwa 50 % innerhalb von 90 Tagen beträgt und 80 % übersteigt bei Patienten, die auf Intensivstation aufgenommen werden [1]. Im Vergleich zu akuten Exazerbationen bei anderen progressiven Atemwegserkrankungen wie COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und Asthma zeigt die AE bei IPF eine spezifische Konstellation von klinisch-radiologisch-funktionellen Befunden, die in der Regel innerhalb von 4 Wochen auftreten.

Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2007 eine auf folgenden diagnostischen Kriterien basierende Definition vorgeschlagen [2]:

  1. 1.

    Verschlechterung der Dyspnoe innerhalb der letzten 30 Tage,

  2. 2.

    neu aufgetretene beidseitige Milchglastrübungen oder Konsolidierungen in hochauflösender Computertomographie (HRCT),

  3. 3.

    Ausschluss von durch endotracheale Aspiration oder bronchoalveoläre Lavage (BAL) nachgewiesenen pulmonalen Infektionen,

  4. 4.

    Ausschluss alternativer Ursachen akuter Lungenschäden.

Obwohl diese Definition für einige Jahre als Orientierung für die Erfassung und Klassifikation akuter Exazerbationen im Rahmen von klinischen Studien diente [3, 4], tauchte später der Begriff „suspected acute exacerbation“ auf, wenn nicht alle Klassifikationskriterien, v. a. zum Ausschluss pulmonaler Infekte durch invasive Untersuchungen (z. B. BAL), erfüllt werden können [5]. Es wurde gezeigt, dass der Verlauf und die Mortalität bestätigter und vermuteter AE sehr ähnlich sind und diese Trennung aufgrund der Definitionskriterien keine klinische Relevanz hat [5].

Im Jahr 2016 überarbeitete eine internationale Arbeitsgruppe die Definition sowie die diagnostischen Kriterien einer AE ([6]; Abb. 1). Entsprechend der neuen Definition wird eine akute Exazerbation wie folgt definiert:

  1. 1.

    bekannte oder zeitgleich mit der Exazerbation gestellte IPF-Diagnose,

  2. 2.

    klinische Verschlechterung/Entwicklung von Dyspnoe (typischerweise ≤4 Wochen),

  3. 3.

    neu aufgetretene beidseitige Milchglastrübung und/oder Konsolidierungen auf dem Boden eines UIP(„usual interstitial pneumonia“)-Musters,

  4. 4.

    Verschlechterung lässt sich nicht vollständig durch eine kardiale Dekompensation oder Hypervolämie erklären.

Abb. 1
figure 1

Diagnostisches Vorgehen bei akuter respiratorischer Verschlechterung einer idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF). CT Computertomographie, NW Nebenwirkungen, AE akute Exazerbation, OP Operation, BSK Bronchoskopie. (Aus [74])

Pathogenese

Die genauen Pathomechanismen der akuten Exazerbation werden noch nicht völlig verstanden. Mehrere Studien haben über einen Zusammenhang zwischen subklinischen oder okkulten Virusinfektionen und AE-IPF berichtet, obwohl die Kausalität nicht festgestellt wurde [7]. Allgemeine Atemwegsviren (z. B. Parainfluenza, Rhinovirus und Coronavirus) sowie HSV (Herpes-simplex-Virus), EBV (Epstein-Barr-Virus), CMV (Zytomegalievirus), HHV‑7 (humanes Herpesvirus 7) und Torque-Teno-Virus (TTV) sind durch PCR(Polymerasekettenreaktion)-Analysen der BAL-Flüssigkeit nachgewiesen worden. Dabei scheint sich der Anteil der Virusinfektionen in den IPF- und Nicht-IPF-ILD(interstitielle Lungenerkrankung)-Gruppen nicht zu unterscheiden [8, 9].

Der Zusammenhang zwischen gastroösophagealem Reflux (GERD) und AE-IPF wird kontrovers diskutiert. Einige Studien zeigen, dass Patienten mit GERD niedrigere Lungenvolumina und DLCO(Diffusionskapazität)-Werte im Vergleich zu Patienten ohne GERD haben [10], während eine andere Studie zeigte, dass es keine signifikanten Unterschiede gäbe [11]. Bei einer retrospektiven Kohorte mit 272 Patienten wurde sogar gezeigt, dass GERD mit einem positiven Effekt auf das Überleben assoziiert war [12].

Risikofaktoren

Da standardisierte effektive Behandlungsoptionen fehlen, ist es entscheidend, IPF-Patienten mit einem erhöhten Risiko für eine akute Exazerbation frühzeitig zu identifizieren.

Eine niedrige forcierte Vitalkapazität (FVC) ist der am konsistentesten nachweisbare Risikofaktor für eine akute IPF-Exazerbation [4, 13, 14]. Niedrige DLCO, niedrige Gehstrecke im 6‑min-Gehtest, pulmonale Hypertonie, schlechte Oxygenierung, ausgeprägte Dyspnoe, FVC-Abfall, begleitende koronare Herzkrankheit (KHK), hoher Body-Mass-Index (BMI) und vorausgegangene akute Exazerbationen werden ebenfalls als bedeutsame Risikofaktoren betrachtet [15].

Risikofaktoren für die Entstehung einer postoperativen akuten Exazerbation (PAE-IPF) sind eine niedrige intraoperative Flüssigkeitsgabe, die Anwendung von hochkonzentriertem Sauerstoff sowie intensive Beatmung mit hohem Druck [16, 17].

Identifizierung der Risikopatienten

Serumbiomarker wie LDH (Laktatdehydrogenase), Surfactantprotein‑D und erhöhte KL-6-Serumspiegel haben einen potenziellen klinischen Nutzen zur Identifizierung von Risikopatienten gezeigt [15, 18].

Der Eosinophilen- und Neutrophilengehalt in der BAL wurde auch mit dem Risiko für eine akute Exazerbation assoziiert [15]. Es liegen auch Daten über eine mögliche Assoziation zwischen Genpolymorphismen, im Speziellen innerhalb der Mucine (MUC) und Telomerasen-kodierenden Gene (TERT) [19], Gensignaturen [20] und AE-IPF vor, die noch durch Validierungsstudien bestätigt werden müssen.

Prognose.

In den ältesten Studien wurde eine Krankenhausletalität bis 90 % beschrieben [21], während die neuesten über eine 90-Tage Mortalität zwischen 40 und 60 % berichten [22]. Unterschiede in den diagnostischen Kriterien und ihrer Anwendung, die frühzeitige Therapieeinleitung sowie ein besseres Management inklusive akkurater Selektion der Patienten zur invasiven/nichtinvasiven Ventilation können mit der Verbesserung des Überlebens assoziiert sein [22].

Management und Therapie

Die meisten Daten beruhen auf kleinen Kohortenstudien und Befragungen [22]. Standardisierte Therapien liegen nicht vor, das gilt auch für die häufig eingesetzte systemische Kortikosteroidtherapie.

Kortikosteroidtherapie

Die Rolle von hoch dosierten Kortikosteroiden bei AE-IPF ist nach wie vor umstritten. Die Leitlinien zur Behandlung der IPF 2011 gaben eine schwache Empfehlung für die Verwendung von Kortikosteroiden bei Patienten mit AE-IPF ab, obwohl randomisierte kontrollierte klinische Studien fehlen [23]. Die Dosis und Dauer der Therapie bleiben ungewiss, aber in den meisten Fallserien liegt die Dosis zwischen 1 mg Prednison/kg pro Tag oral und 1 g Methylprednisolon pro Tag i.v. für 3 Tage, gefolgt von einer allmählichen Reduktion, basierend auf dem klinischen Ansprechen. Eine japanische Studie mit 85 IPF-Patienten berichtet über eine Reduktion der Mortalität, wenn nach initialer i.v.-Gabe in Höchstdosis die hoch dosierte Steroidtherapie oral (≥ 0,6 mg/kg) für mindestens 1 Woche fortgeführt wurde [24].

Antibiotika

Das Rationale zum Einsatz von Antibiotika bei AE-IPF hängt mit der Theorie des Infekttriggers zusammen, jedoch auch mit der Vorbeugung von Sepsis und Pneumonien bei hoch dosierter prolongierter Immunsuppression [25]. Bei einer retrospektiven Untersuchung von 85 IPF-Patienten zeigten Kawamura et al., dass die Gabe von Azithromycin 500 mg/täglich über 5 Tage mit einer signifikant niedrigen Mortalitätsrate in Vergleich zu Fluorchinolonen assoziiert war (26 % vs. 70 %; p < 0,001) [26]. Ding et al. evaluierten die Gabe von Antibiotika unter Kontrolle des Procalcitonin(PCT)-Spiegels vs. Standardtherapie [27]. Obwohl die Dauer der PCT-gesteuerten Antibiotikatherapie im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich kürzer war, konnten keine Vorteile in Bezug auf die Mortalität oder Dauer der invasiven Ventilation nachgewiesen werden.

Antifibrotika

Daten aus einer Phase-2-Studie und der Phase-3-Studien zeigen, dass Nintedanib die Zeit bis zur ersten Exazerbation verlängern kann, in ausgeprägter Weise bei Patienten mit FVC <70 % vom Sollwert [4, 28]. Für Pirfenidon liegen aus dem Phase-3-Programm keine Daten über die Vorbeugung der AE vor [29]. Eine retrospektive Untersuchung aus Japan berichtete über einen Überlebensvorteil für Patienten, die vor oder erstmalig zum Zeitpunkt des Auftretens einer AE mit Pirfenidon therapiert wurden und nach der AE mit Pirfenidon weiterbehandelt wurden [30]. Die Phase-3-Sudien mit Nintedanib zeigten, dass die Mortalität nach einer AE unter Nintedanib-Therapie numerisch reduziert war [31]. Diese Daten legen nahe, dass Antifibrotika während einer AE nicht abgesetzt werden sollten.

Antazida

Eine Untersuchung der Placeboarme aus 3 prospektiven, randomisierten, kontrollierten Studien (STEP-IPF, ACE-IPF und PANTHER-IPF, insgesamt N = 242) ergab, dass IPF-Patienten, die Antazida einnahmen, einen langsameren Abfall der FVC und deutlich weniger AE aufwiesen [32]. Die Post-hoc-Analysen aus den wichtigsten klinischen Studien mit Antifibrotika konnten allerdings keine Assoziation zwischen Antazida und Krankheitsprogress oder AE-Rate nachweisen [33, 34]. In der deutschen IPF-Leitlinie wird daher die Therapie mit Antazida nur für die Therapie der symptomatischen GERD, nicht aber für die Therapie der Grundkrankheit IPF empfohlen.

Invasive/nichtinvasive Beatmung

Die Rolle der invasiven (IV) und der nichtinvasiven Beatmung (NIV) bei der Behandlung von AE-IPF wurde noch nicht systematisch untersucht und ist weiterhin unklar. Die internationale IPF-Leitlinie von 2011 gibt eine schwache Empfehlung gegen die Verwendung der IV zur Behandlung der AE ab [23], wobei eine amerikanische retrospektive Untersuchung zeigte, dass die Mortalität bei IPF-Patienten, die IV oder NIV zusätzlich zur Standardtherapie für die AE erhielten (52 % bzw. 31 %), niedriger war als bei den Patienten ohne Beatmung [35]. Prospektive Studien sind erforderlich, um IPF-Patienten zu identifizieren, die von IV und NIV profitieren können.

Neue Ansätze

Zahlreiche Studien, v. a. aus Japan, haben die Behandlung der IPF-Exazerbation systematisch untersucht; unter anderem mit Cyclosporin, Rituximab, Tacrolimus, Thrombomodulin, Kortikosteroiden plus anderen immunmodulatorischen Substanzen oder Verfahren wie Polymyxin B-Hämoperfusion und venovenöser ECMO (extrakorporale Membranoxygenierung). Jedoch sind die meisten Studien sehr klein und nicht kontrolliert, sodass eine endgültige Bewertung ihrer Wirksamkeit nicht möglich ist. In der Tab. 1 werden die laufenden klinischen Studien für die Therapie der AE-IPF dargestellt.

Tab. 1 Laufende klinischen Studien zur Therapie der AE-IPF (akute Exazerbation der idiopathischen pulmonalen Fibrose)

Rekombinantes humanes Thrombomodulin

Thrombomodulin wirkt als Regulator der intravaskulären Koagulation und wird auf der Membran der Endothelzellen exprimiert. Rekombinantes humanes Thrombomodulin (rhTM) ist in Japan als Gerinnungshemmer zugelassen, jedoch ist bei diesem Präparat auch eine starke antientzündliche Wirkung bekannt [36]. Insgesamt 5 Studien aus Japan konnten deutlich zeigen, dass rhTM allein oder in Kombination mit Pirfenidon und Steroidtherapie das 3‑monatige Überleben bei Patienten mit AE-IPF besserte [37]. Diese Ergebnisse müssen jedoch weltweit bestätigt werden.

Polymyxin B-Hämoperfusion und extrakorporale Membranoxygenierung

Ursprünglich zur Entfernung von Endotoxinen gramnegativer Bakterien entwickelt, kann die Hämoperfusion durch Polymyxin B-Fasern (PMX-DHP) auch Zytokine, die am Lungenversagen beteiligt sind, entfernen [38]. Retrospektive Untersuchungen, meistens aus Japan, haben gezeigt, dass die Anwendung von PMX-DHP mit einem Überlebensvorteil bei Patienten mit AE-IPF assoziiert war, obwohl die Patienten auch hoch dosierte systemische Kortikosteroide erhielten [39, 40]. PMX-DHP ist ein vielversprechender therapeutischer Ansatz bei Patienten mit AE-IPF, jedoch müssen Sicherheit und Wirksamkeit in größeren prospektiven Studien validiert werden, da die Kosten dieses Verfahrens erheblich sind. Als Alternative für die PMX-DHP scheint die venovenöse ECMO ein vielversprechendes Verfahren zu sein auch ohne Aussicht auf eine Lungentransplantation [41, 42].

Autoantikörper-gezielte Therapie

Eine Dysregulation des Immunsystems im Sinne einer Hyperproduktion von Autoantikörpern und Heat-shock-Proteinen (HSP) scheint ein Begleitphänomen des IPF-Progresses und der AE zu sein, sodass vorgeschlagen wurde, dass Behandlungen, die Autoantikörper entfernen, wie Plasmapherese, Rituximab und i.v.-Immunglobuline, eine Option bei Patienten mit AE-IPF darstellen [43, 44]. Klinische Studien mit auf Autoantikörper ausgerichteten Kombinationstherapien bei Patienten mit AE-IPF sind am Laufen (Tab. 1).

Prävention von Infekten

Als Impfprophylaxe sollten grundsätzlich Influenza und Pneumokokken empfohlen werden. Beim Grippeimpfstoff für Erwachsene handelt es sich um einen Totimpfstoff. Die Impfstoffzusammensetzung wird jährlich geändert und von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an die aktuell zirkulierenden Grippeviren angepasst. Der quadrivalente Grippeimpfstoff enthält somit Antigene von weltweit jeweils 2 Subtypen des Influenzavirus Typ A und Typ B.

Bezüglich der Pneumokokkenimpfung sind derzeit in Deutschland 3 Impfstoffe zugelassen, ein Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff (PPSV), PPSV23, und 2 Konjugatimpfstoffe („pneumococcal conjugate vaccine“ [PCV]), PCV13 und PCV10. Bei allen handelt es sich um sog. Totimpfstoffe. IPF-Patienten sollten als Hochrisikogruppe betrachtet werden, somit empfiehlt die STIKO (Ständige Impfkommission) eine sog. sequenzielle Impfung, bestehend aus einer Impfung mit PCV13, gefolgt von einer Impfung mit PPSV23 nach 6 bis 12 Monaten (https://www.impfen-info.de/impfempfehlungen/fuer-erwachsene/pneumokokken/; letzter Abruf 23.12.2019). Für Risikogruppen hält die STIKO am Robert Koch-Institut Wiederholungsimpfungen im Abstand von mindestens 6 Jahren für sinnvoll, dann jedoch ausschließlich mit dem Impfstoff PPSV23.

Als Impfprophylaxe sollten grundsätzlich Influenza und Pneumokokken empfohlen werden

Pertussis (Keuchhusten) ist als Auslöser von AE bei Patienten mit IPF beschrieben worden [45]. Pertussis wird seit Langem nicht mehr als reine Kinderkrankheit betrachtet, da immer mehr Erwachsene erkranken. Einen Einzelimpfstoff gegen Keuchhusten gibt es nicht mehr. Alle Pertussisimpfungen erfolgen mit einem Kombinationsimpfstoff als Injektion (Spritze). In Deutschland sind verschiedene Präparate für die Keuchhustenimpfung erhältlich, die gleichzeitig Tetanus, Diphtherie und/oder Pertussis(Keuchhusten)-und/oder Polio(Kinderlähmung)-Antigene enthalten. Alle Impfstoffe gegen Keuchhusten sind Totimpfstoffe und gut verträglich. Der Impfschutz gegen Keuchhusten hält nach einer Erkrankung ca. 7 bis 20 Jahre und nach einer Pertussisimpfung etwa 3,5 bis 12 Jahre an. Im Allgemeinen empfiehlt die STIKO, sich als Erwachsener erneut gegen Pertussis impfen zu lassen z. B. zusammen mit einer Auffrischungsimpfung gegen Diphtherie und Tetanus (https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/Impfempfehlungen_node.html; letzter Abruf 23.12.2019). Von Fall zu Fall sollte der Arzt entscheiden, welcher Keuchhustenimpfstoff im jeweiligen Fall sinnvoll ist und zum Einsatz kommt.

Pulmonale Hypertonie

Eine pulmonale Hypertonie (PH) liegt nach der WHO- und ESC(European Society of Cardiology)-Definition vor, wenn in Ruhe ein pulmonaler Mitteldruck (mPAP) von 25 mm Hg oder bei Belastung von 30 mm Hg überschritten wird. Zusätzliche Kriterien sind ein pulmonal-kapillärer Verschlussdruck unter 15 mm Hg sowie eine Erhöhung des pulmonal-vaskulären Widerstandes (PVR) auf >3 mm Hg/l/min (Wood-Einheiten) [46, 47]. Diese Definition kommt auch bei Patienten mit IPF zur Anwendung, setzt also eine invasive Druck- und Herzminutenvolumenmessung mittels Rechtsherzkatheter voraus. Im Rahmen des „An overview of the 6th World Symposium on Pulmonary Hypertension“ wurde eine neue Definition vorgeschlagen, nach der in 3 Gruppen von Patienten unterschieden wird [48]:

  1. 1.

    Patienten mit ILD ohne PH (mPAP <21 mm Hg oder mPAP 21–24 mm Hg mit PVR <3 Wood Units [WU]),

  2. 2.

    Patienten mit ILD mit PH (mPAP 21–24 mm Hg sowie PVR ≥3 WU oder mPAP 25–34 mm Hg),

  3. 3.

    Patienten mit ILD mit schwerer PH (mPAP ≥35 mm Hg oder mPAP ≥25 mm Hg mit erniedrigtem „cardiac index“ [<2,0 l·min−1·m−2]).

Nach der Venedig-Klassifikation aus dem Jahr 2003 wird die PH bei interstitiellen Lungenerkrankungen der Gruppe 3, also in Assoziation mit Lungenerkrankungen und/oder Hypoxie, zugeordnet.

Mehrere Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass die Häufigkeit einer PH bei Patienten mit IPF mit großer Wahrscheinlichkeit bisher deutlich unterschätzt wurde. Bei einem Grenzwert von 25 mm Hg zeigen 8–15 % der inzidenten Patienten eine PH, während die Prävalenz mit zunehmender Schwere dramatisch ansteigt (fortgeschrittene Erkrankung 30–50 %, im Endstadium >60 %) [49, 50]. Bei bis zu einem Drittel der Patienten kann eine schwere pulmonale Hypertonie ermittelt werden [51]. Die Prävalenz steigt insbesondere bei einem kombinierten Erkrankungsbild mit Emphysem („combined pulmonary fibrosis and emphysema“ [CPFE]) an [52].

Bei bis zu einem Drittel der IPF-Patienten liegt eine schwere pulmonale Hypertonie vor

Aufgrund der neuen Erkenntnisse zur Häufigkeit der PH bei Patienten mit IPF kommt der Diagnosestellung eine große Bedeutung zu, insbesondere aus prognostischen Erwägungen. Entsprechend der deutschen Richtlinie zur „Diagnostik und Therapie der chronischen pulmonalen Hypertonie“ sollte bei „Patienten mit anderen Lungenerkrankungen, bei denen durch die Lungenfunktion die klinische Progredienz nicht ausreichend erklärt“ werden kann, eine Screeninguntersuchung erfolgen [47]. Der im Rahmen des 6th World Symposium vorgeschlagene Algorithmus stellt eine gut anwendbare Alltagsoption zur Diagnostik dar [48]:

Prognostische Bedeutung

Die Bedeutung einer PH als unabhängiger Prognosefaktor ist eindeutig belegt. Mehrere Studien zeigen, dass eine PH bei Patienten mit IPF unabhängig vom Ausmaß der restriktiven Ventilationsstörung mit einer erhöhten Mortalität verbunden ist. Exemplarisch dafür sind die Daten von Lettieri et al. [53]. In dieser Studie zeigte sich eine Mortalität von 60,0 % (vs. 29,9 % ohne PH; Odds Ratio 2,6; 95 %-Konfidenzintervall 2,3–3,1; p < 0,001) über einen Zeitraum von 6 Jahren. Auch die Unterschiede in der 1‑Jahres-Mortalität sind erheblich (28,0 % vs. 5,5 %; p < 0,002).

Therapie

Etablierte und zugelassene Therapieoptionen bei pulmonal-arterieller Hypertonie und anderen Formen einer PH wie PDE(Phosphodiesterase)-Inhibitoren, Endothelinrezeptorantagonisten, Prostaglandinderivate sowie Kalziumantagonisten sind für die Therapie der PH bei IPF nicht zugelassen und sollten keine Standardtherapie darstellen, sodass zum jetzigen Zeitpunkt lediglich die Therapie der Grunderkrankung empfohlen werden kann. In Einzelfällen mit schwerer PH kann eine Einzelfallentscheidung nach Abklärung und Indikationsstellung durch ein erfahrenes Zentrum sinnvoll sein.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann lediglich die Therapie der Grunderkrankung empfohlen werden

Die Initiierung einer Sauerstofflangzeittherapie entsprechend den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie sollte erwogen werden [54], auch wenn die wissenschaftlichen Grundlagen für diese Empfehlung sich im Wesentlichen am Krankheitsbild der COPD mit respiratorischer Insuffizienz orientieren.

Pneumothorax

Die Inzidenz eines Pneumothorax bei Patienten mit IPF ist im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöht. Aktuelle Daten zeigen eine kumulative Inzidenz von 8,5 %, 12,5 % bzw. 17,7 % nach 1, 2 und 3 Jahren, das Auftreten ist mit einer verschlechterten Prognose vergesellschaftet (Hazard Ratio 2,99; p = 0,002) [55]. Relevante Risikofaktoren für einen Pneumothorax sind ausgeprägte Retikulationen, ein niedriger BMI, Rauchen sowie subpleurale Bullae [56, 57]. Die Therapie richtet sich nach den entsprechenden Empfehlungen, setzt jedoch in Anbetracht der Komplexität der Patienten ein entsprechend spezialisiertes Zentrum voraus.

Pneumologische Rehabilitation bei idiopathischer pulmonaler Fibrose

Evidenz für die pneumologische Rehabilitation bei idiopathischer pulmonaler Fibrose

Neben den Kardinalsymptomen Dyspnoe und Husten spielen bei IPF-Patienten auch extrapulmonale Manifestationen wie Muskelatrophie eine entscheidende Rolle in der Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit [58]. Das Ausmaß der körperlichen Leistungsfähigkeit korreliert stark mit der Lebensqualität und der Mortalität. Je geringer belastbar Patienten bei Alltagstätigkeiten wie Anziehen oder Haushaltstätigkeiten sind, umso höher ist das Mortalitätsrisiko [59]. Deshalb stellt die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei IPF-Patienten einen wichtigen Bestandteil des Therapiemanagements dar. Pneumologische Rehabilitation (PR) wird in Deutschland fast ausschließlich stationär über eine Dauer von mindestens 3 Wochen durchgeführt. PR muss sich am jeweiligen Gesundheitsstatus und den persönlichen Zielen des Patienten orientieren und individuelle Therapien anbieten (Abb. 2). Das übergeordnete Ziel ist es, ein lang anhaltendes, gesundheitsförderndes Verhalten (z. B. aktiver Lebensstil) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten zu vermitteln.

Abb. 2
figure 2

Inhalte einer multimodalen, interdisziplinären Rehabilitation für IPF(idiopathische pulmonale Fibrose)-Patienten. GdB Grad der Behinderung

Die Evidenz für PR bei COPD ist laut Cochrane-Institut auf der höchsten Evidenzstufe 1A belegt [60]. Die deutsche IPF-Leitlinie von 2013, in der das Thema PR zuletzt behandelt wurde, spricht lediglich eine schwache Empfehlung bei geringer Evidenz für PR bei IPF-Patienten aus [61]. Jedoch wurde die Evidenz für PR bei IPF in den letzten Jahren gestärkt. Eine Vielzahl von Studien konnte eine signifikante Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit (gemessen mittels 6‑min-Gehtest) nachweisen (Abb. 3). Eine Steigerung der 6‑min-Gehtest-Strecke von mehr als 30 m nach einer Intervention, wie z. B. PR, wird als klinisch relevant eingestuft [62].

Abb. 3
figure 3

Steigerungen der 6‑min-Gehtest-Strecke bei IPF(idiopathische pulmonale Fibrose)-Patienten nach pneumologischer Rehabilitation. Die gestrichelte Linie stellt den Grenzwert der klinisch relevanten Verbesserung (30 m) dar

In einer deutschen Studie [63] wurden 202 IPF-Patienten über eine 4‑wöchige stationäre PR (FVC = 53 %/Soll) untersucht. Im Mittel konnten die Patienten ihre 6‑min-Gehtest-Strecke signifikant um 45 ± 55 m (p < 0,001) steigern. Dabei war die 6‑min-Gehtest-Strecke bei Aufnahme ein unabhängiger Prädiktor für die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Je niedriger die Gehstrecke zu Beginn war, umso mehr konnten die Patienten ihre Leistung steigern. Dies impliziert, dass v. a. auch die wenig belastbaren IPF-Patienten von einer gut gemachten PR profitieren können.

Körperliches Training bei idiopathischer pulmonaler Fibrose

Körperliches Training gilt als einer der wichtigsten und effektivsten Bestandteile einer PR. In der Regel wird eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining durchgeführt, wie dies auch bei COPD-Patienten empfohlen wird [64]. Ausdauertraining wird zumeist auf Fahrradergometern bei einer Intensität von 50–80 % der maximalen Wattleistung durchgeführt [64]. Bei IPF-Patienten mit ausgeprägter belastungsinduzierter Hypoxämie hat sich in Analogie zu Patienten mit schwerer COPD ein intensives Intervalltraining etabliert [65, 66]. Hierbei wechseln kurze Belastungsphasen von in der Regel 30 s mit einer 30-sekündigen Pause ab. Auch IPF-Patienten im fortgeschrittenen Stadium ist so (unter Einsatz einer optimierten Sauerstofftherapie) ein effektives Ausdauertraining möglich. Ein Krafttraining der großen Hauptmuskelgruppen wird ebenfalls in Anlehnung an Trainingsempfehlungen von COPD-Patienten mit 1 bis 3 Durchgängen à 8 bis 15 Wiederholungen bis zum Erreichen einer lokalen muskulären Erschöpfung empfohlen [64]. Unerwünschte Nebenwirkungen im Rahmen eines körperlichen Trainingsprogrammes bei IPF wurden in Studien bisher nicht berichtet. Dies stimmt mit dem Fazit eines Cochrane Reviews [67] überein, das resümiert, dass körperliches Training bei IPF-Patienten sicher durchführbar ist und eine signifikante Leistungssteigerung bewirken kann.

Nachhaltigkeit der pneumologischen Rehabilitation

Die Nachhaltigkeit einer PR bei IPF wurde bisher nur in vereinzelten Studien untersucht. Auch wenn sich alle Studien darin einig waren, dass im Rahmen einer PR kurzfristig äußerst positive Effekte erzielt werden können, so sind die Studienergebnisse bezüglich der Nachhaltigkeit auf den ersten Blick nicht ganz einheitlich. Einige Studien berichten, dass die gewonnenen Trainingseffekte 6 Monate nach einem ambulanten Trainingsprogramm häufig wieder auf das Ausgangsniveau absinken [67, 68]. Jedoch wurde in diesen Programmen „nur“ ein körperliches Training durchgeführt. Bisher gibt es nur 2 Studien, welche die Nachhaltigkeit eines multimodalen PR-Programmes untersuchten, bei dem neben dem Training auch Schulung und andere Inhalte vermittelt wurden (wie in Abb. 2 dargestellt) [69, 70]. Diese beiden Studien konnten selbst 12 Monate nach Beendigung einer PR bei IPF-Patienten noch positive Effekte der körperlichen Leistungsfähigkeit und Lebensqualität nachweisen. Ein multimodaler Reha-Ansatz ist deshalb von entscheidender Bedeutung, um die Motivation des Einzelnen, die individuelle Krankheitsverarbeitung oder etwaige Komorbiditäten zu adressieren, um so eine positive Verhaltensänderung zu erzielen.

In Deutschland gibt es im Rahmen der Reha-Nachsorge zudem die Möglichkeit der Verordnung des ambulanten Lungensports, der auch für IPF-Patienten angedacht ist (Verordnungsweg, Adressenverzeichnis und weitere Informationen unter: www.lungensport.org).

Sauerstofftherapie bei idiopathischer pulmonaler Fibrose

Die grundlegende Evidenz der Langzeitsauerstofftherapie basiert im Prinzip auf lediglich 2 Studien aus den frühen 1980er-Jahren, bei denen für chronisch hypoxämische COPD-Patienten ein signifikanter Überlebensvorteil gezeigt werden konnte, wenn über mindestens 15 h pro Tag zusätzlich Sauerstoff appliziert wird [71, 72]. In nationalen und internationalen Leitlinien werden diese Erkenntnisse in der Regel auch auf andere Grunderkrankungen mit begleitender, chronischer Hypoxämie übertragen, da separate Langzeitstudien fehlen.

ILD-Patienten weisen im Vergleich zur COPD häufig eine ausgeprägtere, belastungsinduzierte Hypoxämie auf sowie in fortgeschrittenem Stadium auch eine erhebliche Hypoxämie in Ruhe. Vergleichbar mit der COPD sind beide Formen der Hypoxämie auch bei ILD-Patienten mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Wichtige patientenzentrierte Ziele für ILD-Patienten sind die Verbesserung der Dyspnoe, körperlichen Belastbarkeit und Lebensqualität. Eine Sauerstofftherapie wird in der klinischen Routine häufig mit diesen Zielen verordnet. Mehrere kleine Studien zu den kurzfristigen Effekten einer Sauerstoffapplikation bei Patienten mit ILD haben gezeigt, dass sich Dyspnoe, Ausdauerleistung und Gehstrecke akut verbessern lassen. Bislang fehlt jedoch eine belastbare Evidenz für die langfristigen Effekte bei ILD v. a. im Hinblick auf Krankheitsprogression oder Mortalität. Die Durchführung solcher Studien dürfte jedoch aufgrund ethischer Überlegungen schwierig sein.

Deshalb wurde 2019 eine Delphi-Befragung von 42 internationalen ILD-Experten durchgeführt [73]. Die ILD-Experten waren sich einig, dass Sauerstofftherapie eine sichere therapeutische Intervention ist, die in Verbindung mit den Wünschen und Zielen der ILD-Patienten besprochen werden sollte. Es bestand Konsens, dass bei ILD-Patienten mit ausgeprägter Hypoxämie in Ruhe, bei Belastung oder während der Nacht eine Sauerstofftherapie initiiert werden sollte. Als Indikationen wurden eine Ruhe-Hypoxämie (paO2 < 55 mm Hg/SpO2 < 90 %) oder bei belastungsinduzierter Hypoxämie (SpO2 < 85–89 %) eine Verbesserung der Dyspnoe oder der körperlichen Belastbarkeit unter Sauerstofftherapie angesehen.

Fazit für die Praxis

  • Komplikationen wie akute Exazerbationen, Infektionen, pulmonale Hypertonie und Pneumothorax sind relevante Mortalitätstreiber bei der idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF).

  • Der Prävention derselben kommt somit große Bedeutung zu.

  • Pneumologische Rehabilitation als multimodale Intervention verbessert bei IPF kurz- und langfristig die körperliche Belastbarkeit, Lebensqualität und Symptome in klinisch relevantem Ausmaß.

  • Die Langzeiteffekte einer Sauerstofftherapie bei IPF werden von der Evidenz bei COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) extrapoliert. Sauerstoff bei IPF sollte laut Expertenmeinung in Anlehnung an die Indikationen bei COPD verordnet werden.