Der diesjährige Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin steht unter dem Motto „Gemeinsam für den Patienten“. Er ruft dazu auf, alle Sektoren der respiratorischen Medizin für eine medizinisch qualifizierte, moderne, angemessene, effiziente und schlanke Versorgung unserer Patientinnen und Patienten zusammenzuführen. Kaum eine Erkrankung eignet sich besser für eine Erörterung der Aufgaben, Probleme und Interaktionen der ambulanten und stationären Pneumologie als die ambulant erworbene Pneumonie („community-acquired pneumonia“, CAP).

Jährlich erkranken etwa eine halbe Million Menschen in Deutschland an einer CAP. Sie ist mit Abstand die häufigste potentiell lebensbedrohliche Infektion in den entwickelten Ländern. Die Schwere der Erkrankung umfasst ein sehr weites Spektrum vom banalen Infekt mit dem unerwarteten Nachweis eines Infiltrats im Röntgenbild bis hin zur schweren Sepsis mit Mehrorganversagen. Die Hälfte der Betroffenen wird ambulant behandelt und viele ambulante Patienten werden vom Hausarzt betreut. Bei diagnostischer Unsicherheit, bei kompliziertem Verlauf oder bei unsicherer Ausheilung wird es aber die Kompetenz von Pneumologen benötigen.

Eine stationäre Behandlung der zahlreichen Patienten mit leichten Pneumonien würde die wirtschaftlichen Belastungen unseres Gesundheitssystems ebenso erhöhen, wie die unangemessene Betreuung von Patienten mit septischer Pneumonie – immerhin etwa die Hälfte aller Patienten mit Sepsis in der Intensivmedizin – die Letalität der Erkrankung erhöhen würde. Die Entscheidung zur häuslichen Betreuung, zur stationären Aufnahme oder zur Verlegung auf die Intermediate-Care- oder Intensivtherapiestation ist also in mehrfacher Hinsicht von entscheidender Bedeutung.

Die Entscheidung zur stationären Aufnahme wird oft auch zu einer ethischen Frage

Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt: Die Pneumonie ist ein häufiges finales Ereignis im Rahmen chronisch progredienter Leiden, vor allem bei alten und multimorbiden Menschen. Schon heute sind etwa 40% der stationär behandelten Patienten 80 Jahre oder älter und dieser Anteil wird weiter zunehmen. Damit wird die Entscheidung zur stationären Aufnahme oder zur Intensivtherapie häufig auch zu einer ethischen Frage. Mit diesem Aspekt werden sich Ärzte in allen Bereichen zukünftig noch stärker als heute auseinandersetzen müssen.

Wir haben uns bemüht, wichtige Aspekte der CAP, die sowohl den ambulanten wie den stationären Sektor betreffen, in diesem Heft zu erörtern.

B. Schaaf und Mitautoren stellen die Epidemiologie der CAP dar. Der Beitrag basiert auf den umfassenden deutschen Daten zu stationär behandelten Patienten, die im Rahmen der externen Qualitätssicherung durch die Ärztekammern und das AQUA-Institut seit neun Jahren erhoben werden. Durch Verknüpfung mit Daten des Statistischen Bundesamtes wird nun erstmals nicht nur eine aktuelle Analyse der CAP in deutschen Krankenhäusern, sondern auch eine Extrapolation in die nächsten Jahrzehnte möglich. Die Erhebungen zeigen, dass sich die Altersstruktur der Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten dramatisch verändert wird. Die Gesamtbevölkerung wird abnehmen, der Anteil älterer Menschen wird dagegen erheblich steigen. Im Ergebnis wird es bis 2050 zu einem Anstieg von Pneumonien um die Hälfte und gleichzeitig zu einem noch höheren Anteil von Patienten im Alter von über 80 Jahren kommen. Auf diese Entwicklung ist bisher das Gesundheitswesen nicht vorbereitet. Die Herausforderungen, die sie mit sich bringt, werden in dem Beitrag herausgearbeitet.

Neue Impfstoffe verbessern die pneumologische Impfprävention

Die wichtigste Maßnahme zur Eindämmung der Zahl kompliziert verlaufender Pneumonien ist die Impfung. In dem Beitrag von B. Hauptmeier und G. Rohde wird der aktuelle Stand der pneumologischen Impfprävention vorgestellt. Neue Erkenntnisse über den Wandel der Immunabwehr vom Neugeborenen bis zum alten Menschen und die Entwicklung neuartiger Impfstoffe haben erhebliche Auswirkungen auf die Auswahl von Impfstoffen und die Indikationen zu Impfungen. Um dem gerecht zu werden, wird der Umgang mit der Vakzination zukünftig anspruchsvoller sein als in der Vergangenheit.

S. Krüger stellt die notwendige und hinreichende Diagnostik der ambulant erworbenen Pneumonie verschiedener Schweregrade dar. Dies ist ein Bereich, in dem große Unsicherheiten in der klinischen Betreuung herrschen. Ist eine Röntgenaufnahme immer notwendig? Wie viel mikrobiologische Diagnostik ist notwendig? Welche Rolle spielen Biomarker? Der Autor führt in rational begründete Empfehlungen ein.

H. Schütte befasst sich mit der kritischen Entscheidung häusliche Betreuung versus stationäre Aufnahme. Es wird deutlich, dass der prognostischen Einschätzung des klinischen Verlaufs und damit der Verwendung klinischer Prädiktoren eine entscheidende Rolle zukommt. Neben der Einschätzung des akuten Krankheitsbilds und der Risiken durch chronische Erkrankungen müssen auch Aspekte der häuslichen Versorgung eine Rolle bei der Entscheidung spielen.

T. Skodra und J. Lorenz thematisieren die palliativmedizinischen Aspekte der Pneumonie. Die Entscheidung für eine Umorientierung des Therapieziels von der Heilung hin zur Symptomenkontrolle bei Vorliegen einer grundsätzlich kurativ behandelbaren Akuterkrankung Pneumonie bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Sie haben zu tun mit der Notwendigkeit einer validen Einschätzung der klinischen Situation, dem Umgang mit der Autonomie der Betroffenen, den Fragen zur Implementierung der Palliativpflege und dem sich bietenden Spektrum von medizinischen Optionen der Therapiebegrenzung und den Möglichkeiten der Symptomenkontrolle.

Wir danken den Autoren für die kompetenten und vielseitigen Beiträge und wünschen uns, dass das Heft zum Gelingen des Kongresses beiträgt!

Prof. Dr. Torsten Bauer und Prof. Dr. Joachim Lorenz