Zusammenfassung
Das Ziel der EU-Versuchstierrichtlinie 2010/63/EU ist es, einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen für Tierversuche in allen EU-Mitgliedstaaten zu schaffen. Aufgrund eigenständiger mitgliedstaatlicher Umsetzung der EU-Versuchstierrichtlinie in das jeweilige nationale Versuchstierrecht können nationale Regelungen durchaus ein unterschiedlich hohes Tierschutzniveau aufweisen. Deutlich zeigt sich dies bei der Tötung von überzähligen Versuchstieren, die regelmäßig bei der notwendigen Zucht von Versuchstieren entstehen. Gem. 1 S. 2 TierSchG muss nach deutschem Tierschutzrecht bei jeder Tötung eines Tieres ein vernünftiger Grund vorliegen. Dieses Erfordernis bezieht sich uneingeschränkt auch auf Versuchstiere und zeigt sich in seiner konkreten Ausgestaltung als nationale Besonderheit des deutschen Versuchstierrechts im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten. Fehlt ein vernünftiger Grund im Rahmen der Tötung eines Tieres, kann dies auch strafrechtliche Konsequenzen gem. 17 Nr. 1 TierSchG nach sich ziehen. Mangels gefestigter Rechtsprechung im Versuchstierbereich muss bei der rechtlich gebotenen Auslegung zur Bestimmung des unbestimmten Rechtsbegriffs des vernünftigen Grundes die Rechtsprechung aus anderen Bereiches des Tierschutzrechts herangezogen und auf das Versuchstierrecht übertragen werden. Unter Heranziehung der aktuellsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Tötung von männlichen Küken zeigt sich, wie schwierig sich eine solche Übertragung in der rechtswissenschaftlichen Praxis gestaltet. Eine mögliche Übertragung von Wertungen aus dem Nutztierbereich muss dabei aufgrund der Komplexität der versuchstierrechtlichen Materie stets den konkreten Einzelfall berücksichtigen und kann keinesfalls pauschal erfolgen.
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Wagenknecht, T., Eusemann, B., Schwedhelm, P. et al. Die Tötung überzähliger Versuchstiere – das Erfordernis des “vernünftigen Grundes” und die Übertragung aktueller Rechtsprechung auf den Versuchstierbereich. NuR 45, 22–30 (2023). https://doi.org/10.1007/s10357-022-4102-9
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