Zusammenfassung
Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs (C-826/18) macht erneut deutlich, dass innerstaatliche Vorschriften über die materielle Präklusion verspäteter Einwendungen unzulässig sind, wenn sie Rechtsbehelfe aufgrund des Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention betreffen, nicht aber, wenn sie für Rechtsbehelfe gemäß Art. 9 Abs. 3 der Konvention gelten. Der folgende Beitrag befasst sich deshalb mit der Frage, wie weit der Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 2 reicht. Diese Vorschrift gewährleistet den Zugang zu Gerichten in allen Fällen, in denen sich die Öffentlichkeit nach Art. 6 der Konvention an behördlichen Verfahren zur Zulassung von bestimmten Tätigkeiten beteiligen kann. Dazu gehören nicht allein die in Anhang I der Konvention aufgezählten Aktivitäten, sondern nach der teilweise unterschätzten Regelung des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b auch andere Tätigkeiten, die sich erheblich auf die Umwelt auswirken können. Das deutsche Recht entspricht diesen Vorgaben weitgehend, aber nicht vollständig. Nicht in allen Fällen besteht ein Recht der Öffentlichkeit zur Partizipation an den relevanten Zulassungsverfahren; soweit es existiert, enthalten einige der einschlägigen Gesetze Bestimmungen über die materielle Präklusion. Andererseits gibt es keine innerstaatlichen Vorschriften, die über die zwingenden Anforderungen des Art. 9 Abs. 2 hinausgehen. Die materielle Präklusion ließe sich deswegen nicht ohne Änderung der Konvention und des Unionsrechts wieder einführen.
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Bunge, T. Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 6 und Zugang zu Gerichten nach Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention. NuR 43, 670–681 (2021). https://doi.org/10.1007/s10357-021-3907-2
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