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Die Österreichische Gesellschaft für Chirurgische Forschung trauert um Frau Hofrat Univ. Prof. Dr. Ingrid Göber, die am Freitag, den 06.10.2023, im 84. Lebensjahr an ihrem früheren Wirkungsort im AKH Wien verstarb.

Nach ihrem Medizinstudium an der Universität Wien trat Ingrid Göber 1966 unter Professor Kunz in die II. Chirurgische Universitätsklinik ein. Mit der Berufung von Professor Navratil wurden neue klinische und wissenschaftliche Schwerpunkte wie der Aufbau der Herzchirurgie und der experimentellen Forschung v. a. zu Herz- und Lungentransplantation und Kunstherz an der Klinik forciert. Ingrid Göber war eine der ersten beiden Assistenzärztinnen, die sich in der damals Männer-dominierten Chirurgie etablierte und zu einer sehr guten Allgemeinchirurgin entwickelte. Ihre experimentelle Forschung zur Leber- und Lungentransplantation und ihre klinische Habilitationsschrift zur „Auswirkung des hypovolämischen Schocks auf das Pankreas“ ermöglichen ihr, sich 1976 als 2. Frau an der Wiener Chirurgie zu habilitieren. Diese intensiven experimentellen Forschungsaktivitäten waren auch der Grund, dass sie 1974 Gründungsmitglied und später Präsidentin unserer Gesellschaft wurde. Zähigkeit und Frustrationstoleranz waren notwendig, nur so konnte sie in einem der „großen“ Fächer der Medizin, der Chirurgie, reüssieren. Ihr Motto in solchen Fällen lautete „Gar nicht hinhören!“. Damit wurde Ingrid Göber zu einer echten Pionierin für Frauen in der Chirurgie und zu einem „role model“ für Generationen von nachfolgenden Chirurginnen.

Im Jahr 1994, mit der Übersiedlung in das neue AKH, kam es zu einer Umstrukturierung der Chirurgie, und Ingrid Göber schloss sich der Abteilung für Allgemeinchirurgie an, wo sie bis zu ihrer Pensionierung 2005 als angesehene Oberärztin tätig war.

Ihre Beiträge zum Lehr- und Prüfungsbetrieb der Chirurgie waren legendär. Zwei Beispiele: (1) Vor Kurzem habe ich mich mit einer jetzt 60-jährigen Kollegin unterhalten, und wir kamen irgendwie auf ihr seinerzeitiges Chirurgie-Rigorosum zu sprechen. Was sagte sie: „Ich hätte so gerne bei Professor Göber das Rigorosum gemacht, aber sie war so überbucht, dass ich Monate hätte warten müssen.“ (2) Ebenfalls eine Anekdote zum Chirurgie-Rigorosum: Als Professor Göber bei den Röntgenbildern eine Aufnahme einer Pneumonektomie zeigte, starrte der bisher hervorragende Kollege vollkommen verständnislos auf das Bild und sagte: „Eigentlich schaut das aus, als ob die rechte Lunge fehlen würde, aber das ist ja sicher nicht mit dem Leben vereinbar.“ Prof. Göber darauf: „Leider schon, aber (nun zum Vorlesungsassistenten gewandt) anscheinend ist das ein zu schwieriges Bild, das müssen wir aussortieren!“

Ingrid Göber wird uns immer als liebenswerte Kollegin, als eine Pionierin für Frauen in der Chirurgie sowie als hervorragende Lehrende in Erinnerung bleiben.

Bruno Podesser

Ernst Wolner