Auf der ersten 3‑Länder übergreifenden Herausgebersitzung von Clinical Epileptology wurde als ein aktuelles Schwerpunktthema die geschlechtsspezifischen Aspekte gewählt und wir, Barbara Tettenborn aus St. Gallen, Lena Habermehl aus Marburg und Gerhard Luef aus Innsbruck wurden als GastherausgeberInnen angefragt.

Gerne haben wir angenommen, da wir der Meinung sind, dass teils signifikante Unterschiede in der Behandlung von Frauen oder Männern mit Epilepsie bestehen und diese nach wie vor zu wenig erforscht sind.

Geschlechtsspezifische Forschung in der Epileptologie konzentriert sich auf die Schnittstelle von Neurologie, Pädiatrie, Endokrinologie, Gynäkologie/Andrologie und Psychiatrie im Verhältnis zu Epilepsie. Während epidemiologische Studien keine Unterschiede in der Inzidenz der Epilepsien bei Männern und Frauen zeigen, ergeben sich teilweise signifikante Unterschiede in der Auswirkung der Diagnose auf die individuelle Person mit Beeinflussung der Lebensqualität von Männern und Frauen mit Epilepsie quer durch alle Alterskategorien.

Epilepsien wirken sich auf jeden Menschen unterschiedlich aus, das Geschlecht kann hier ein wesentlicher Einflussfaktor sein. Die Unterschiede ergeben sich aus biologischen Unterschieden zwischen Männern und Frauen, aber auch aus den mindestens teilweise immer noch verschiedenen sozialen Rollen beider Geschlechter. Hierbei sind nicht nur abweichende Wirksamkeiten von anfallssuppressiven Medikamenten zu berücksichtigen, sondern auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aufgrund hormoneller Unterschiede und teratogene Nebenwirkungen der Anfallssuppressiva.

Reviews zu geschlechtsspezifischen Themen konzentrieren sich häufig auf schwangerschaftsbezogene Probleme bei Frauen mit Epilepsie, während wir in dem vorliegenden Heft die Aspekte in allen Phasen des reproduktiven Lebens darstellen wollen. Epilepsien und die Behandlung mit Anfallssuppressiva wirken sich auf die sexuelle Entwicklung, den Menstruationszyklus, Aspekte der Empfängnisverhütung sowie Fruchtbarkeit und Fortpflanzung aus und auch auf die Entwicklung der Kinder von Müttern mit Epilepsie und Einnahme von anfallssuppressiven Medikamenten.

Die Informationen zur vergleichenden Teratogenität von Anfallssuppressiva bei Menschen haben sich in den letzten Jahren zwar gebessert, sind aber immer noch widersprüchlich, was hauptsächlich auf die unzureichende Stichprobengröße oder noch fehlende Daten und methodische Unterschiede einzelner Studien zurückzuführen ist.

Wir konnten Torbjörn Tomson und Dina Battino gewinnen, um eine Übersicht über die Bedeutung von Schwangerschaftsregistern für das Management von Frauen mit Epilepsie und Kinderwunsch mit besonderer Berücksichtigung von EURAP zu schreiben.

Drei Länder übergreifend haben Barbara Tettenborn, Christoph Baumgartner, Bettina Schmitz und Bernhard Steinhoff sich Gedanken dazu gemacht, inwieweit die Ergebnisse der SANAD II Studie Auswirkungen auf die geschlechtsspezifische Behandlung von EpilepsiepatientInnen haben. Marte-Helene Bjørk und MitautorInnen nehmen Stellung zu dem gerade sehr aktuellen Thema von Folsäureeinnahme und Schwangerschaft, und Markus Rauchenzauner und MitarbeiterInnen konzentrierten sich auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der pädiatrischen Epileptologie.

Wir hoffen, dass die vorliegenden Arbeiten Ihr Interesse wecken und Sie die Erkenntnisse in Ihrer täglichen Therapieplanung praktisch anwenden können.

Barbara Tettenborn, Lena Habermehl, Gerhard Luef