Liebe Leser und Leserinnen,

„Epilepsie und Musik“ sind zwei Themengebiete, die in vielerlei Hinsicht zusammengehören: Abgesehen davon, dass Komponisten auch von einer der häufigsten neurologischen chronischen Erkrankungen betroffen sein können, kann – wie schon seit über 100 Jahren bekannt ist – das Spielen von Musik Anfälle auslösen. Das Auftreten dieser Anfälle hängt – wie funktionelle Untersuchungen inzwischen belegen konnten – mit komplexen neuronalen Vorgängen beim Hören von Musik zusammen. Auf der anderen Seite konnte durch kognitive Paradigmen während der prächirurgischen Diagnostik gezeigt werden, dass beim Hören von Musik nicht nur das auditive System, sondern auch die limbischen Strukturen und weitverteilte assoziative Netzwerke involviert sind.

Dieser Sonderband hat nicht den Anspruch an thematischer Vollständigkeit (einige Themengebiete wie iktales Singen, Diagnostik und Therapie an Epilepsie erkrankte ausübende Musiker oder die Verwendung des Themas „Epilepsie“ in der Unterhaltungsmusik fehlen oder werden nur angerissen). Vielmehr entstand die Auswahl aufgrund einer Idee auf der letztjährigen Drei-Länder-Tagung in Dresden, bei der dankenswerterweise ein Symposium ausschließlich dem Thema „Epilepsie und Musik“ gewidmet wurde. Alle Einreicher für Vortragsbeiträge wurden nach diesem Symposium gefragt, ob sie ihren Vortragsvorschlag zu Artikeln erweitern wollen.

Über musikogene Epilepsien wurde von S. Evers (Coppenbrügge) eine historische und eine aktuelle Literaturübersicht verfasst, A. Hoppner (Günzburg) und F.C. Schmitt (Magdeburg) stellen zwei Fallbeispiele mit demselben Krankheitsbild in einen neurobiologischen Kontext. D. Sammler (Leipzig) untersuchte die neurokognitiven Schnittstellen der Musik- und Sprachwahrnehmung von Patienten mit Temporallappenepilepsien. Eine medizinhistorische Arbeit stellt der Beitrag von D.M. Altenmüller (Freiburg) dar: Er fasst die Belege für das Vorliegen eines idiopathischen Epilepsiesyndroms von Hector Berlioz zusammen. S. Heiner (Cortona, Italien) analysiert aus filmwissenschaftlicher Sicht den Beitrag der Musik- und Tonspur in zwei gegensätzlichen, aber recht bekannten Spielfilmen, in denen Epilepsie eine zentrale Rolle spielt.

Wir hoffen, dass es – auch aus Ihrer Sicht – in diesem Sonderheft zu einer (wohlklingenden) und nicht kurzweiligen Mischung verschiedener wissenschaftlicher und analytischer Texte gekommen ist, die einen Überblick in den Themenkomplex „Epilepsie und Musik“ geben kann.

Ihr

F. C. Schmitt und E. Altenmüller