Das Editorial Board von Gynäkologische Endokrinologie gratuliert dem Vater der Reproduktionsmedizin und Senior Editor der Zeitschrift zum Gewinn des Nobelpreises für Medizin 2010.

Die Herausgeber haben sich sehr über die Entscheidung des Nobelpreiskomitees gefreut, Robert Geoffrey Edwards (s. Bild) den Nobelpreis für Medizin 2010 zu verleihen. Edwards (geb. 1925) hat seit vielen Jahren auf diese Würdigung seines lebenslangen, bahnbrechenden Engagements gewartet, die für die gesamte Reproduktionsmedizin eine große Anerkennung bedeutet. Edwards ist Physiologe und war an der Universität Cambridge tätig. Schon in den 1950er-Jahren begann er, an Tieren intensiv die Physiologie der Eizelle und die Steuerbarkeit ihrer Reifung zu erforschen. In den 1960er-Jahren führte er im Tierexperiment die erste erfolgreiche Untersuchung zur Befruchtung von Eizellen in vitro durch.

Ende der 1960er-Jahre traf er mit dem Gynäkologen Patrick Steptoe zusammen. Edwards war damals Direktor des Physiologischen Instituts in Cambridge, Steptoe war Chef der Gynäkologie in Oldham. Steptoe war einer der Pioniere der Laparoskopie. Bis zu diesem Zeitpunkt wäre eine Eizellentnahme mit einem Eingriff am offenen Bauch verbunden gewesen – eine undenkbare Vorstellung. Gemeinsam entwickelten Steptoe und Edwards ein Konzept, um den Zeitpunkt der optimalen Eizellreifung zu bestimmen und dann die Eizelle per laparoskopiam zu entnehmen. Da Edwards auf eine immense Erfahrung am Tier zurückblicken konnte, dauerte es nur kurze Zeit, bis der erste Inseminationsversuch gelang. Doch waren die Embryonen anfänglich nicht ausreichend entwicklungsfähig. Steptoe und Edwards gaben nicht auf, obwohl sie gegen erhebliche Widerstände kämpfen und ohne gesicherte Finanzierung arbeiten mussten. „Ich werde niemals den Tag vergessen“, erinnerte sich Edwards im Jahr 2008, „Ich blickte in das Mikroskop und was ich sah, war eine menschliche Blastozyste. Es war wunderbar.“ Das war 1972. Trotzdem dauerte es noch 6 Jahre bis 1978 Louise Brown geboren wurde, das erste durch In-vitro-Fertilisation (IVF) gezeugte Kind. Edwards und Steptoe arbeiteten eng zusammen bis zu Steptoes Tod 1988.

Im Jahr 1978 lernte ich selbst Robert Edwards auf einem Kongress in Japan kennen. In enger Zusammenarbeit mit den Kollegen in Großbritannien wurden auch in Europa und Deutschland Zentren für Reproduktionsmedizin gegründet. Die Standorte der damaligen 3 deutschen Zentren lagen in Erlangen unter Leitung von Siegfried Trotnow, in Lübeck unter Dieter Krebs und in Kiel unter Lieselotte Mettler. Das erste IVF-Kind Deutschlands wurde 1982 in Erlangen geboren, im darauf folgenden Jahr kam ein IVF-Kind in Lübeck zur Welt.

Als 1984 der erste Weltkongress für IVF in Helsinki stattfand, kam Edwards auf die Idee, eine europäische Fachgesellschaft für Reproduktionsmedizin zu gründen, die European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE). Es wurde der jährlich stattfindende ESHRE-Kongress ins Leben gerufen, der ein Jahr nach der Gründung 1985 erstmals in Bonn stattfand – mit 700 Teilnehmern. Damals konnten die Kongressteilnehmer noch einzeln per Handschlag begrüßt werden. Am ESHRE-Kongress 2010 in Rom nahmen über 10.000 Personen teil.

Edwards gründete die Zeitschriften Human Reproduction, Human Reproduction Update und Molecular Human Reproduction. Über viele Jahre war er ihr Herausgeber. Diese 3 Zeitschriften gehören nach wie vor zu den international führenden Zeitschriften in der Gynäkologie und Geburtshilfe.

Zusätzlich gründete er die Zeitschrift Reproductive Biomedicine online, die ebenfalls sehr erfolgreich im Bereich der Reproduktionsmedizin und Endokrinologie ist. Edwards genügte dies alles nicht. Er entwickelte immer neue Visionen, testete als Erster die Kryokonservierung überzähliger Embryonen, führte im Tierexperiment die erste Präimplantationsdiagnostik durch und hoffte, dass es möglich sei, diese Verfahren auch am Menschen zur Anwendungsreife zu führen. Darüber hinaus wendete er bereits 1965 erfolgreich die In-vitro-Maturation von Eizellen mit anschließender Befruchtung im Tiermodell an. Viele seiner Visionen wurden in die Tat umgesetzt.

Wir haben viele Kongresse und Workshops zusammen organisiert. Edwards war auch wissenschaftlicher Vater für viele deutsche Reproduktionsmediziner und Motor für die Reproduktionsmedizin in Europa. Es war für uns immer ein besonderes und inspirierendes Erlebnis, Zeit mit ihm zu verbringen. Als Dieter Krebs aus Bonn im Jahr 1992 den DGGG-Kongress in Berlin leitete, wurde Robert Geoffrey Edwards zum Ehrenmitglied der DGGG ernannt.

Das Editorial Board der Zeitschrift Gynäkologische Endokrinologie gratuliert ihm und sendet ihm herzliche Glückwünsche.

K. Diedrich

T. Strowitzki