Einführung und Inhalt

Der plötzliche Kreislaufstillstand (SCA) ist die dritthäufigste Todesursache in Europa [1,2,3]. Es wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, um den Hintergrund und die Ursachen eines Kreislaufstillstands sowie die Unterschiede in der Inzidenz innerhalb und zwischen Ländern zu verstehen. Faktoren, die das Überleben nach einem Kreislaufstillstand außerhalb des Krankenhauses (OHCA) und einem Kreislaufstillstand innerhalb des Krankenhauses (IHCA) beeinflussen, sind gut bekannt, es bestehen jedoch weiterhin erhebliche Unterschiede in Bezug auf Inzidenz und Ergebnis. Abweichungen können sich aus Unterschieden bei der Datenerfassung ergeben (z. B. Falldefinition, Ermittlungsmethoden und Ergebnisüberprüfung). Fallmix (z. B. Alter, sozioökonomischer Status, Komorbiditäten), Struktur (z. B. verschiedene Arten von Rettungsdiensten [EMS] oder Unterschiede in der Organisation von Teams, die auf IHCA reagieren; geografische Unterschiede, Einsatz von Community-Responder-Systemen), Unterschiede im Versorgungsprozess (z. B. Reaktionszeit des Rettungsdiensts, Zeit bis zur Defibrillation, Postreanimationsbehandlung) sowie Unterschiede in der Qualität der Behandlung durch einzelne Reanimationsteams (z. B. Qualität der CPR, bereitgestellte Interventionen, Entscheidungen darüber, wann die Wiederbelebung begonnen und beendet werden soll) [4]. Anfang der neunziger Jahre wurden die ersten Utstein-Empfehlungen veröffentlicht, um Forschern und Praktikern dabei zu helfen, dieselben Datenpunkte mit denselben Definitionen zu nutzen [5]. Es wurde erwartet, dass dies zu einem besseren Verständnis der Epidemiologie des Kreislaufstillstands führen, systemübergreifende und systeminterne Vergleiche erleichtern und den Vergleich der Vorteile verschiedener Systemansätze ermöglichen würde.

Die Utstein-Empfehlungen sollen als Treiber zur Qualitätsverbesserung fungieren, Wissenslücken identifizieren und klinische Forschung unterstützen [6].

Richtige und zuverlässige Daten sind erforderlich, um Ursachen, Behandlung und Ergebnis nach einem Kreislaufstillstand zu verstehen, unabhängig davon, wo er auftritt. In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über Ursachen, Inzidenzen und Ergebnisse von Kreislaufstillständen in Europa. Es ist wichtig, dass lokale Gegebenheiten berücksichtigt werden, wenn die Ergebnisse verglichen werden.

Suchstrategie

Für jeden Abschnitt dieser Leitlinie wurden individuelle Suchstrategien erstellt. Die Suche wurde in Medline durchgeführt. Es wurden nur Veröffentlichungen in englischer Sprache aus den letzten 10 Jahren aufgenommen, es sei denn, es war nur sehr wenig Literatur verfügbar. Die Abstracts wurden von mindestens zwei Autoren geprüft und relevante Artikel im Volltext gelesen. Studien, die sich offensichtlich nicht mit europäischen Patienten und Populationen befassten, wurden ausgeschlossen.

Europa und die Welt

Die Inzidenz von IHCA außerhalb Europas wird am umfassendsten anhand von Daten aus dem Get-With-The-Guidelines-Reanimationsregister der American Heart Association beschrieben [2]. Von 2003 bis 2007 betrug die geschätzte Inzidenz von IHCA in den USA ungefähr 6–7 Kreislaufstillstände pro 1000 Krankenhauseinweisungen [7]. Daten aus dem Get-With-The-Guidelines-Reanimationsregister der American Heart Association aus dem Jahr 2017 wurden verwendet, um das prozentuale Überleben bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus mit 25 % zu beschreiben [8]. Das britische National Cardiac Arrest Audit (NCAA) und das dänische In-Hospital Cardiac Arrest Registry (DANARREST) dokumentieren beide geringere IHCA-Inzidenzen (1,6 und 1,8 pro 1000 Krankenhauszuweisungen) im Vergleich zu den Vereinigten Staaten [9, 10]. Außerhalb Europas wurden mehrere Studien zur OHCA-Inzidenz und zum OHCA-Ergebnis veröffentlicht, in denen Überlebensraten zwischen 3 und 6 % in Asien [11], 11 % in den USA und 12 % in Australien und Neuseeland angegeben wurden [12]. Während einige der zwischen diesen Studien beobachteten Abweichungen auf Unterschiede auf Patienten‑, Gebiets- und Länderebene zurückzuführen sind, gibt es Berechnungs- und Kategorisierungsunterschiede, die die Varianz erhöhen.

Diese Leitlinien wurden von den Mitgliedern der Epidemiology-Autorengruppe entwickelt und verabschiedet. Die für die Leitlinienentwicklung verwendete Methodik ist in der Zusammenfassung dargestellt [13]. Die Leitlinien wurden im Oktober 2020 zur öffentlichen Kommentierung veröffentlicht. Das Feedback wurde von der Autorengruppe überprüft und die Leitlinien wurden gegebenenfalls aktualisiert. Die Leitlinie wurde der Generalversammlung des ERC am 10. Dezember 2020 vorgelegt und von ihr genehmigt.

Wichtige Fakten

Abb. 1.

Abb. 1
figure 1

Zusammenfassung der Infografik zur Epidemiologie

Kreislaufstillstand außerhalb des Krankenhauses

  • 29 Länder nehmen am Netzwerk des Europäischen Registers für Kreislaufstillstand (EuReCa) teil.

  • In etwa 70 % der europäischen Länder gibt es Reanimationsregister für den außerklinischen Kreislaufstillstand, wobei die Vollständigkeit der Datenerfassung sehr unterschiedlich ist.

  • Die jährliche Inzidenz von OHCA in Europa liegt zwischen 67 und 170 pro 100.000 Einwohner.

  • In etwa 50–60 % der Fälle (zwischen 19 und 97 pro 100.000 Einwohner) wird eine Wiederbelebung durch Rettungskräfte versucht oder fortgesetzt.

  • Die Laienreanimationsrate variiert zwischen und innerhalb von Ländern (durchschnittlich 58 %, Bereich 13 % bis 83 %).

  • Der Einsatz automatisierter externer Defibrillatoren (AED) ist in Europa nach wie vor gering (durchschnittlich 28 %, Bereich 3,8 % bis 59 %).

  • 80 % der europäischen Länder bieten Telefonreanimation an und 75 % haben ein AED-Register. Die meisten (90 %) Länder haben Zugang zu Cardiac Arrest Zentren für die Postreanimationsbehandlung.

  • Die Überlebensraten bei Entlassung aus dem Krankenhaus liegen im Durchschnitt bei 8 % und variieren zwischen 0 % und 18 %.

  • Unterschiede in den Rettungsdiensten in Europa sind zumindest für einige der Unterschiede verantwortlich, die bei der OHCA-Inzidenz und den Überlebensraten beobachtet wurden.

Innerklinischer Kreislaufstillstand

  • Die jährliche Inzidenz von IHCA in Europa liegt zwischen 1,5 und 2,8 pro 1000 Krankenhauseinweisungen.

  • Mit dem Überleben verbundene Faktoren sind der Anfangsrhythmus, der Ort des Kreislaufstillstands und der Grad der Überwachung zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs.

  • Die Überlebensraten nach 30 Tagen/Entlassung aus dem Krankenhaus liegen zwischen 15 % und 34 %.

Langzeitergebnisse

  • In europäischen Ländern, in denen eine Begrenzung von lebenserhaltenden Behandlungen (WLST) bei Aussichtslosigkeit routinemäßig praktiziert wird, wird bei > 90 % der Patienten ein gutes neurologisches Ergebnis beobachtet. Die meisten Patienten können wieder arbeiten.

  • In Ländern, in denen WLST nicht praktiziert wird, sind schlechte neurologische Ergebnisse häufiger (50 %, 33 % in einem anhaltenden vegetativen Zustand).

  • Unter Überlebenden mit einem guten neurologischen Ergebnis sind Müdigkeit, neurokognitive und emotionale Probleme häufig und führen zu einer verminderten gesundheitsbezogenen Lebensqualität.

  • Patienten und Angehörige können eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln.

Rehabilitation nach Kreislaufstillstand

  • Die Bereitstellung von Rehabilitationsleistungen nach Kreislaufstillstand ist sehr unterschiedlich.

  • Viele Patienten haben keinen Zugang zur Rehabilitation nach Kreislaufstillstand.

Wichtige Empfehlungen (Expertenkonsens)

  • Die Gesundheitssysteme sollen bevölkerungsbezogene Reanimationsregister haben, die die Inzidenz, den Fallmix, die Behandlung und die Ergebnisse eines Kreislaufstillstands überwachen.

  • Register sollen die Utstein-Empfehlungen für Datendefinitionen und Ergebnisberichte einhalten.

  • Daten aus Registern sollen die Planung des Gesundheitssystems und die Reaktionen auf den Kreislaufstillstand beeinflussen.

  • Die europäischen Länder werden aufgefordert, sich am EuReCa-Netzwerk zu beteiligen, um das Verständnis der Epidemiologie und der Ergebnisse eines Kreislaufstillstands in Europa zu verbessern.

  • Es besteht Bedarf an mehr Forschung und einer besseren Bereitstellung von Rehabilitationsmöglichkeiten nach Wiederbelebung.

  • Es wird erwartet, dass die klinische Rolle genetischer und epigenetischer Faktoren zunehmend verstanden wird, wenn die Forschung in diesem Bereich weiter zunimmt. Derzeit gibt es keine spezifischen Wiederbelebungsempfehlungen für Patienten mit bekannter genomischer Veranlagung.

Kreislaufstillstand außerhalb des Krankenhauses

Inzidenz

Die tatsächliche Inzidenz von OHCA in Europa ist nicht bekannt. Die verfügbare Literatur basiert größtenteils auf Berichten über OHCA, die vom Rettungsdienst versorgt werden. Dies kann die wahre Inzidenz unterschätzen, da in einigen Ländern aufgrund von kulturellen Begebenheiten oder aus Überzeugung Laien den Rettungsdienst möglicherweise nicht anrufen, wenn sie Zeuge eines Kreislaufstillstands werden. Andere Gründe, warum der Rettungsdienst nicht gerufen wurde, könnten sein, dass das Ereignis nicht beobachtet wurde, der Patient als tot angesehen wurde oder vorab eine Entscheidung gegen eine kardiopulmonale Wiederbelebung (DNACPR) getroffen wurde oder dass der Patient so schwere Komorbiditäten hatte, das auf eine Aktivierung des Rettungsdiensts verzichtet wurde. Fälle von OHCA, zu denen der Rettungsdienst gerufen wird, können in zwei Gruppen unterteilt werden: 1) Fälle, in denen eine Reanimation durchgeführt wurde, und 2) Fälle, in denen keine Reanimation begonnen wurde. Es gibt mehr Informationen über die Anzahl der OHCA-Patienten, bei denen ein Wiederbelebungsversuch durch EMS durchgeführt wurde, als über diejenigen Patienten, die vom EMS erreicht, aber nicht behandelt wurden.

Das Europäische Register für Kreislaufstillstand (EuReCa), ein internationales Projekt des Europäischen Reanimationsrates (ERC), bietet die umfassendsten Informationen zur Epidemiologie des Kreislaufstillstands in Europa [1, 14]. Die gemeldete Inzidenz von Kreislaufstillstand variiert stark zwischen den Ländern, aber auch zwischen den Regionen innerhalb der Länder (Tab. 1; [15,16,17,18,19,20]). In der EuReCa-ONE-Studie wurden die vom Rettungsdienst bestätigten Kreislaufstillstände mit einer Inzidenz von OHCA auf 84 pro 100.000 Einwohner pro Jahr erhoben. Diese Inzidenz variiert zwischen 28 und 160. Die ermittelte Inzidenz der vom Rettungsdienst begonnenen Reanimationen betrug 49 pro 100.000 Einwohner und variierte zwischen 19 und 104 [14]. Die Folgestudie EuReCa TWO sammelte Daten über drei Monate und berichtete, das die vom Rettungsdienst bestätigten Kreislaufstillstände bei 89 pro 100.000 Einwohner pro Jahr (zwischen 53 und 166) lagen. Die Inzidenz der vom Rettungsdienst begonnenen Reanimationen betrug 56/100.000 Einwohner (zwischen 27 und 91) [1]. Aus den Studien geht hervor, das in 50–60 % der Fälle der Rettungsdienst mit Reanimationsmaßnahmen begonnen hat. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass eine erhebliche Unterberichterstattung vorliegt und die Variabilität zwischen den Ländern beträchtlich ist (siehe Tab. 1).

Tab. 1 Die gemeldete Inzidenz eines Kreislaufstillstands außerhalb des Krankenhauses und die entsprechenden Zahlen der begonnenen Reanimationen

Die Anzahl der gemeldeten prähospitalen Kreislaufstillstände in Europa hat in den letzten Jahren im Vergleich zur Situation vor ein oder zwei Jahrzehnten zugenommen. Ob diese Unterschiede eine erhöhte Inzidenz oder einfach eine umfassendere Berichterstattung widerspiegeln, ist unklar. Es ist wahrscheinlich, dass dies zumindest teilweise durch verbesserte Methoden zur Fallermittlung und eine verstärkte Abdeckung durch regionale und nationale Register in den letzten Jahren erklärt wird.

Systemkonfiguration

Eine hohe Variabilität in den Rettungsdiensten ist ein gemeinsames Thema in internationalen Registern oder anderen Datensammlungen [12, 23,24,25,26]. Es ist daher wahrscheinlich, dass Unterschiede in den Rettungsdienstsystemen in Europa zumindest einen Teil der Unterschiede beim prähospitalen Kreislaufstillstand und den Überlebensraten ausmachen. In Vorbereitung auf die Überarbeitung der ERC-Wiederbelebungsleitlinien wurde von Oktober 2019 bis Januar 2020 eine Umfrage in den Rettungsdiensten in 28 europäischen Ländern durchgeführt. Die Umfrage spiegelte frühere internationale Ergebnisse wider und zeigte erhebliche Unterschiede in der Anzahl der Rettungsdiensteinsätze und dem Ausbildungsniveau des Rettungsdienstpersonals, Verfügbarkeit von Hubschraubern (HEMS) und Verfügbarkeit von professionellen Ersthelfern in ganz Europa [22].

Zum Zeitpunkt der Umfrage variierte die Bevölkerungsdichte in den teilnehmenden Ländern zwischen 3,6 und fast 510 Personen/km2. Während die Populationsmerkmale einige der Unterschiede erklären, bleiben große Unterschiede in den Rettungsdiensten bestehen. Beispiele hierfür sind die Anzahl der Rettungsdiensteinsätze pro 1000 Einwohner und die Eintreffzeiten. Die meisten Länder gaben an, Krankenhäuser zu haben, die in der Lage sind, nach der Wiederbelebung eine Versorgung bereitzustellen, wie in den vorherigen ERC-Wiederbelebungsleitlinien empfohlen. Es gab jedoch große Unterschiede in der Anzahl der Krankenhäuser mit 24/7-Notaufnahmen pro eine Million Einwohner. Diese Unterschiede in der Verfügbarkeit und Struktur der Gesundheitsdienste können einige der Unterschiede im Überleben und in den Ergebnissen nach einem Kreislaufstillstand erklären.

In 65 % der untersuchten Länder waren die Rettungsleitstellen komplett Teil des Rettungssystems, in 14 % der Länder war dies nicht für alle Leitstellen der Fall. Die Anzahl der Leitstellen variierte zwischen 0,35 und 3,3 pro eine Million Einwohner, was bedeutet, dass die Größe des Landes oder die Gesamtbevölkerung nicht direkt mit der Anzahl der Leitstellen zusammenhängt. 23 von 28 Ländern gaben an, Telefonreanimation (DA-CPR) anzubieten, und die meisten Länder gaben an, standardisierte Leitstellenprotokolle und Anleitungen zur Telefonreanimation zu verwenden. Einundzwanzig Länder gaben an, AED-Register zu haben, von denen die meisten in Leitstellen verfügbar waren.

Es wurde berichtet, dass in nur 32 % der Länder in Europa die mittlere Eintreffzeit des Rettungsdiensts von weniger als zehn Minuten für städtische Gebiete erreicht wurde. In einigen Gebieten der meisten Länder wurden im ländlichen Raum weniger als zehn Minuten mittlere Eintreffzeiten erreicht, in keinem Land jedoch konsistent. Es ist daher ermutigend, dass die Umfrage ergab, dass mindestens 18 europäische Länder First-Responder-Systeme eingerichtet haben. In einer anderen kürzlich durchgeführten europäischen Umfrage wurden jedoch viele Arten von First-Responder-Systemen beschrieben und hervorgehoben, dass Regionen innerhalb von Ländern unterschiedliche Ansätze verfolgen [27]. Die Einführung von First-Responder-Systemen ist positiv, fügt jedoch weitere Unterschiede hinzu, die bei der Erklärung der unterschiedlichen Ergebnisse berücksichtigt werden müssen.

Es wurde auch berichtet, dass die konkrete Behandlung von Patienten mit Kreislaufstillstand in Ländern in Europa unterschiedlich war. Einige Rettungsdienste waren verpflichtet, die Reanimation zu beginnen, wenn sie vor Ort ankamen, und die Behandlung nicht abzubrechen, was eine gemeldete Inzidenz von vom Rettungsdienst behandeltem OHCA über 90 pro 100.000 Einwohner ergab. In anderen Ländern konnten Rettungskräfte die Behandlung abbrechen und Patienten nur dann ins Krankenhaus bringen, wenn sie die Rückkehr des spontanen Kreislaufs (ROSC) erreichten. Selbst wenn die Beendigung der Wiederbelebung vor Ort erlaubt war, erlaubten die meisten Länder den Transport unter laufender CPR. Für die meisten Länder wurden besondere Umstände festgelegt, um diese Praxis zu ermöglichen.

In den vorherigen ERC-Wiederbelebungsleitlinien wurde empfohlen, Patienten mit OHCA mit vermuteter kardialer Ursache in ein Krankenhaus zu bringen, das eine sofortige Koronarrevaskularisation, ein gezieltes Temperaturmanagement und die Möglichkeit zur Durchführung einer Neuroprognose bietet. Seitdem hat die Anzahl der Cardiac Arrest Zenter (CAC) in mehreren europäischen Ländern zugenommen. Derzeit gibt es keine eindeutige Definition eines CAC, aber das übliche Verständnis ist, dass dies eine Akutversorgungseinrichtung ist, die in der Lage ist, rund um die Uhr eine frühzeitige Notfallkoronarangiographie (CAG) und Intervention, ein Temperaturmanagement (TTM) und Intensivpflegeeinrichtungen bereitzustellen [28]. Zwei Interventionen nach Wiederbelebung sind am engsten mit verbesserten Ergebnissen nach Kreislaufstillstand verbunden: frühe CAG und TTM, insbesondere bei Patienten mit einem anfänglich schockbaren Rhythmus und einer vermuteten kardialen Ursache des Kreislaufstillstands [29,30,31,32,33,34,35,36,37,38]. Die Gründe für diese Interventionen werden an anderer Stelle erörtert. Die nach OHCA in Europa bereitgestellte CAG- und TTM-Rate ist unterschiedlich und in der Umfrage gaben drei europäische Länder an, keine Krankenhäuser zu haben, die all diese Therapieoptionen für OHCA-Patienten anbieten könnten.

2012 veröffentlichte das Europäische Parlament eine schriftliche Erklärung (0011/2012), in der empfohlen wurde, dass alle Mitgliedstaaten gemeinsame Programme für die Ausbildung von Laien und die Etablierung von AED an öffentlichen Orten verabschieden und die Rechtsvorschriften anpassen sollen, um die Reanimation und Defibrillation durch nichtmedizinisches Personal zu erleichtern. Ebenso wurde eine Organisation der systematischen Datenerfassung zum Kreislaufstillstand für die Möglichkeiten von Feedback und Qualitätsmanagement (https://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-%2f%2fEP%2f%2fNONSGML%2bWDECL%2bP7-DCL-2012-0011%2b0%2bDOC%2bPDF%2bV0%2f%2fEN) empfohlen.

Die Erfassung von Registerdaten allein ist keine Garantie für ein verbessertes Überleben. Wenn jedoch keine Kerndaten verfügbar sind, kann die routinemäßige Überwachung und Auswertung der OHCA-Ergebnisse schwierig sein. In der Umfrage gaben 6 Länder an, ein Register mit vollständiger Bevölkerungsabdeckung zu haben, 14 Länder gaben an, eine teilweise Bevölkerungsabdeckung zu haben. In diesen 20 Ländern gaben nur 13 (65 %) an, Informationen über ROSC aus allen teilnehmenden Gebieten zu erhalten, und sieben (35 %) gaben an, Informationen über ROSC aus einigen Gebieten zu erhalten [22]. Da in 20 der 28 antwortenden Länder Register für Kreislaufstillstand vorliegen, sind somit in vielen europäischen Ländern Registerdaten verfügbar. Die Ergebnisse legen auch nahe, dass eine erneute Anstrengung erforderlich ist, um die Länder zu ermutigen, sicherzustellen, dass Überlebensdaten, die ein zentraler Bestandteil der Datenerfassung sind, durch die Einführung von Registern erfasst werden. Dies ist wichtig, um einen Vergleich der Ergebnisse und ein Benchmarking mit den Ländern zu ermöglichen, die hohe Überlebensraten erzielt haben [6]. Abb. 2.

Abb. 2
figure 2

Nationale Register in Europa. Die dunkelste Farbe zeigt ein nationales Register an, das das ganze Land abdeckt, die zweitdunkelste Farbe zeigt ein nationales Register an, das Teile des Landes abdeckt, mittelorange zeigt mehrere lokale Register an, hell mit grau zeigt ein lokales Register an, grau zeigt keine lokalen Register an und schwarz definiert unbekannt. Die weiße Farbe zeigt an, dass das Land nicht an der Umfrage teilgenommen hat

Die systematische Überprüfung des ILCOR ergab (wenig sichere) Beweise dafür, dass die Vertrautheit mit Wiederbelebungsmaßnahmen mehr als jahrelange Erfahrung mit dem Überleben verbunden ist [39]. Ob ein reines Notfallsanitäter- oder ein Notarztsystem die Ergebnisse beeinflusst, ist ungewiss [40, 41]. Es wurde festgestellt, dass Unterschiede in der Rettungsdienstpraxis bei der Einleitung der Wiederbelebung und des Transports zwischen 10 US-Standorten zur Variation des OHCA-Überlebens beitragen [42]. Rettungsdienstsysteme mit den höchsten Überlebensraten hatten häufiger: Teams mit mehr als 6 Rettungsdienstmitarbeitern; ein kürzeres EMS-Anruf-Antwort-Intervall; fortgeschrittenere Atemwegssicherung; und Behandlung von einem ALS-BLS-gestuften System [43]. Die ERC-Umfrage ergab Unterschiede in der Qualifikation des Rettungsdienstpersonals sowie in den fachlichen Abstufungen und den Möglichkeiten der Interventionen, die das Rettungsdienstpersonal unabhängig vom Arzt durchführen durfte. In einigen Teilen von 26 Ländern wurden Teamtrainings in Reanimation unter Einbeziehung aller Rettungskräfte gemeldet, und in 16 Ländern wurden Reanimationsdaten in Echtzeit für Feedback- und Nachbesprechungszwecke gesammelt, die jedoch flächendeckend nur in Zypern verwendet wurden. Defibrillatoren waren in allen zu Reanimationen disponierten Rettungsmitteln verfügbar, während mechanische CPR-Geräte in allen Gebieten von nur drei Ländern verfügbar waren [22].

Überlebenskette

In Europa ist „112“ die einheitliche Notrufnummer (http://data.europa.eu/eli/dir/2002/21/oj). Durch Wählen der Nummer 112 können europäische Bürger eine Rettungsleitstelle entweder direkt (in einem Schritt) oder über ein Call-Center erreichen, das den Anruf an eine Rettungsleitstelle weiterleitet (in zwei Schritten). Die meisten europäischen Länder haben auch eine lokale Notrufnummer. Es hat sich gezeigt, dass die Zeit vom ersten Klingelton bis zur Antwort durch die Leitstellen erheblich länger ist, wenn der Anruf über ein Call-Center weitergeleitet wird, als wenn er direkt in einer Rettungsleitstelle angenommen wird [44]. In einer französischen Studie wurde gezeigt, dass das 30-Tage-Überleben für Patienten mit OHCA besser war, wenn der erste Anruf über ein 1‑Schritt-Verfahren im Vergleich zu einem 2‑Schritt-Verfahren einging [45].

Die Überlebenskette für OHCA-Patienten wurde ursprünglich 1967 von Friedrich Wilhelm Ahnefeld beschrieben, um alle zeitkritischen Interventionen (als Kettenglieder dargestellt) zur Maximierung der Überlebenschancen hervorzuheben [46]. Das Konzept wurde 1988 von Mary M. Newman von der Sudden Cardiac Arrest Foundation in den Vereinigten Staaten ausgebaut und weiterentwickelt [47]. Es wurde 1991 von der American Heart Association modifiziert und aktualisiert [48]. Das erste Glied in der Überlebenskette ist Früherkennung eines Kreislaufstillstands und der Notruf. Dies geht Hand in Hand mit frühen Wiederbelebungsmaßnahmen, die von einem Laien mit oder ohne telefonische Anweisung zur Wiederbelebung (DA-CPR) eingeleitet wurden. Die Laienreanimation bleibt eine der wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung des Überlebens nach OHCA. Sie kann mit einer Verdreifachung des Überlebens und günstigen neurologischen Ergebnissen verbunden sein [49, 50]. Daher wurden viele verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Laienreanimationsrate in ganz Europa und der Welt zu verbessern [51]. Die systematische ILCOR-Überprüfung ergab (sehr wenig sichere) Beweise dafür, dass die telefonische Anleitung zur Reanimation durch die Leitstelle die Ergebnisse eines Kreislaufstillstands verbessert [52]. In den letzten Jahren scheint die telefonische Anleitung zur Reanimation durch die Leitstelle ein Treiber für eine zunehmende Anzahl an Laienreanimationen zu sein [49]. In EuReCa ONE und EuReCa TWO wurde gezeigt, dass die DA-CPR-Rate von 29,9 % im Jahr 2014 auf 53,2 % im Jahr 2017 gestiegen ist [1, 14].

Trotzdem variiert die Laienreanimationsrate innerhalb und zwischen europäischen Ländern enorm. In der EuReCa-ONE-Studie wurde ermittelt, dass die durchschnittliche Laienreanimationsrate in den 27 teilnehmenden Ländern bei 47,9 % lag [14]. 28 europäische Länder wurden in die EuReCa-TWO-Studie 2017 aufgenommen, in der eine Laienreanimationsrate von insgesamt 58 % dokumentiert wurde, die von 13 % in Serbien bis 83 % in Norwegen reichte [1].

Zumindest ein Teil dieser Variation bei der Laienreanimationsrate kann darauf zurückzuführen sein, dass die Definition Laienreanimation europaweit nicht einheitlich ist. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass es vor der Ankunft des Rettungsdiensts im Falle eines OHCA eine zunehmende Anzahl und eine zunehmend unterschiedliche Qualifikation von Hilfskräften gab, was bedeutet, dass es schwieriger geworden ist zu definieren, ob die Person, die mit der Reanimation beginnt, als Laie angesehen oder ob sie als Teil des organisierten Rettungsdiensts betrachtet wird [53].

Die Verwendung von AEDs ist in Europa nach wie vor selten. Die durchschnittliche Rate der Anwendung eines AED für OHCA in Europa beträgt 28,1 %, wobei ein Schock in 16,5 % abgegeben wird [1]. In einigen europäischen Regionen ist die Nutzungsrate eines AED höher. Beispielsweise fand sich in der Region um Amsterdam und Nordholland in 23 % bis 59 % aller OHCA, zu denen der Rettungsdienst alarmiert wurde, ein AED-Einsatz [54, 55]. Im Gegensatz dazu wurde in Schweden eine Verwendung von AED von 15 % angegeben und in Kopenhagen/Dänemark in nur 3,8 % der OHCA-Fälle [56, 57]. Es wurden neue Initiativen vorgeschlagen, um die Verwendung von AED zu erhöhen und um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass ein AED verfügbar ist und eingesetzt wird (z. B. durch die Verwendung von Drohnen zum Transport des AED an die Einsatzstelle) [58]. Ebenso wurde die Verwendung von App-basierten Systemen, die potenzielle Helfer lokalisieren und an die Einsatzstelle entsenden, empfohlen. Hier soll der erste Helfe sofort mit der Wiederbelebung starten sowie eine zweite Person entsandt werden, den nächsten AED zu holen [55, 59,60,61]. Ob ein AED an der Einsatzstelle verfügbar ist, hängt auch vom Ort des OHCA ab. Ungefähr 49 % der Unternehmen, die 2012 und 2014 in Belgien an einer fragebogenbasierten Umfrage teilgenommen haben, hatten einen AED in ihren Räumlichkeiten [62].

Ergebnis nach Kreislaufstillstand außerhalb des Krankenhauses

Wissenschaftliche Empfehlungen und politische Empfehlungen des Europäischen Parlaments (Erklärung des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 2012 zur Einrichtung einer europäischen Woche zur Sensibilisierung für Kreislaufstillstand: https://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2012-0266+0+DOC+XML+V0//DE) haben hervorgehoben, wie wichtig es ist, dass jedes Land seine Ergebnisse von OHCA kennt und sich bemüht, sie zu verbessern [63].

Die EuReCa-TWO-Studie ergab eine Gesamtüberlebensrate von 8 % nach OHCA in Europa [1]. Eine systematische Überprüfung und Metaanalyse, die 56 Studien aus Europa umfasste, ergab eine Überlebensrate von 11,7 % (95 %-CI 10,5–13,0 %) [64]. Eine Überlebensrate von weniger als 8 % (weniger als 3 % bei gutem neurologischem Ergebnis, Cerebral Performance Category [CPC] 1–2) wurde von PAROS, dem asiatischen Reanimationsregister [11], berichtet. Das australische Aus-ROC-Register, an dem Australien und Neuseeland beteiligt sind [12], gibt ein Überleben von 12 % an. Die USA geben etwa 11 % an (9 % mit gutem neurologischem Status) [8]. Diese durchschnittlichen Werte basieren auf sehr unterschiedlichen Überlebensraten innerhalb und zwischen den teilnehmenden Ländern. Beispielsweise wurde in der EuReCa-ONE-Studie das durchschnittliche Überleben mit 10,3 % angegeben und lag zwischen 1,1 und 30,8 % unter den teilnehmenden europäischen Ländern. Die neuesten Daten von EuReCa TWO beschreiben ein durchschnittliches Überleben von 8 % (Bereich 0 bis 18 %) [1]. In den letzten Jahren wurden auch Überlebensraten aus einzelnen europäischen Ländern gemeldet. England 7,9 % [17]; Frankreich 4,9 % [65]; Spanien 13 % [21]; Deutschland 13,2 % (https://www.reanimationsregister.de/downloads/oeffekter-jahresberichte/rettungsdienst/142-2019-ausserklinischer-jahresbericht-2018/file.html); Irland 6 % [66]; Schweden 11,2 % [66]; Dänemark 16 % (https://hjertestopregister.dk/?page_id=428); Norwegen 14 % [22].

Das Überleben nach OHCA hängt von vielen Faktoren ab, die über die initialen Wiederbelebungsmaßnahmen hinausgehen, und die Variation der Überlebensraten spiegelt die heterogenen Faktoren wider, die zum OHCA geführt haben. Zu den Faktoren, die zur Heterogenität der Überlebensrate beitragen, gehören: Geschlecht [67, 68]; Ursache; initialer EKG-Rhythmus [69,70,71,72]; frühere und bestehende Komorbiditäten [73, 74]; Ort [75, 76]; sozioökonomische Benachteiligung [77, 78] und ethnische Zugehörigkeit [79]. Die Gesundheitsorganisation, die die Versorgung gewährleistet, die verfügbaren Ressourcen und die Fähigkeit der Organisation, jedes einzelne Glied in der Überlebenskette zu koordinieren und zu handeln, sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung [80]. Die systematische Überprüfung durch das ILCOR ergab (sehr wenig sichere) Beweise dafür, dass CAC das Überleben von OHCA verbessern [81]. Die Verfügbarkeit spezifischer Postreanimationsmaßnahmen, wie z. B. perkutane Koronarintervention (PCI) [21, 36, 82] und TTM [83,84,85,86] oder zentraleres CAC [87, 88], sind weitere Faktoren, die zur Variabilität des Patientenüberlebens beitragen können [89,90,91,92,93,94]. Auf nationaler Ebene werden die Gesundheitspolitik, rechtliche und strategische Initiativen, die im breiteren gesellschaftlichen Netzwerk durchgeführt werden, die Anzahl der OHCA-Überlebenden und ihre spätere Lebensqualität beeinflussen [95].

Es ist bekannt, dass selbst innerhalb von Rettungsdiensten mit ähnlichen Strukturen oder zwischen Regionen desselben Landes Schwankungen bei den Überlebenszahlen vorkommen, selbst wenn demografische Überlegungen, Merkmale des Ereignisses und die Reaktion der Gemeinschaft berücksichtigt werden [14]. Es gibt auch Variabilität innerhalb der Rettungsdienste selbst über verschiedene Zeiträume, was normalerweise die Tendenz widerspiegelt, das Überleben zu verbessern, wenn Maßnahmen implementiert werden, die nachweislich Auswirkungen auf das endgültige Überleben haben [26, 95]. Eine Variabilität des Prozentsatzes der Wiederbelebungsversuche wurde auch zwischen Ländern in Europa und zwischen verschiedenen Rettungsdiensten im selben Land beobachtet [1, 14, 96]. Trotz des Bewusstseins all dieser Nuancen bleibt ein wichtiger Teil der Variabilität, der mit aktuellen Datenerfassungssystemen schwer zu erklären ist [66]. In der Tat ist die Variabilität zwischen den Ergebnissen beim Vergleich von Daten aus Registern mit a priori definierten Zielen im Vergleich zu retrospektiven Daten aus mehr administrativ ausgerichteten Registern bemerkenswert [8, 97]. Dasselbe passiert, wenn Daten aus Registern mit klinischen Studien verglichen werden, die von denselben Rettungsdiensten durchgeführt wurden [17, 98,99,100].

Die robuste Erfassung von Schlüsseldatenelementen (z. B. anfänglicher EKG-Rhythmus, Beobachtungsstatus, Ursache des Kreislaufstillstands) ermöglicht die Analyse des Überlebens in bestimmten Untergruppen. Die neuesten Utstein-Veröffentlichungen empfehlen die Kategorisierung von Patienten [6]. Die Utstein-Vergleichsgruppe (kardiale Ursache, Beobachtungsstatus schockbarer Anfangsrhythmus) ist die Gruppe mit höheren Überlebenschancen der Patienten. Diese liegt bei ungefähr 20 % für England und etwas mehr als 30 % für die übrigen Standorte innerhalb des EuReCa-Netzwerks [19, 101]. Einzelne Länder (Dänemark, Niederlande, Schweden, Tschechische Republik und Norwegen) hatten in der EuReCa-TWO-Studie Überlebensraten von 40 % für diese Patientengruppe [1].

Das Überleben von Patienten mit traumatischer Ätiologie war mit einem beschriebenen Überleben zwischen 2 % im deutschen Register und 2,8 % in EuReCa TWO und bis zu 6,6 % mit gutem neurologischem Status bei Entlassung in einer Kohorte aus einem spanischen Rettungsdienst weniger ermutigend [1, 102, 103]. Der Start einer Wiederbelebung nach einem traumatischen Kreislaufstillstand wurde früher als zwecklos angesehen [104], aber seit 2015 bietet ein spezifischer ERC-Algorithmus Empfehlungen und Interventionen an, die ein vermehrtes Überleben ermöglichen können [105].

Pädiatrischer OHCA (POHCA)

Die unterschiedliche Definition des pädiatrischen Alters bedingt, dass es schwierig ist, die Überlebensraten bei POHCA zu vergleichen. Die am weitesten verbreitete Definition sind Patienten unter 18 Jahren; einige Studien haben jedoch Patienten bis zu 21 Jahren eingeschlossen. Abhängig von den analysierten Altersgruppen gibt es unterschiedliche Merkmale, Ursachen und Überlebensraten [106]. Die meisten Daten zum POHCA-Überleben stammen aus amerikanischen und japanischen Registern [107, 108] mit nur Teildaten aus lokalen Registern [109, 110]. Die umfangreichsten Daten aus Europa in Bezug auf die Anzahl der Fälle und Trends im Zeitverlauf stammen aus dem schwedischen Register [111]. Von 1990 bis 2012 dokumentierte das schwedische Register eine Inzidenz von 4,9 Fällen pro 100.000 Personenjahre unter 21 Jahren vor Eintreffen des Rettungsdiensts. Das berichtete Überleben war wie folgt: Säuglinge (weniger als 1 Jahr) 5,1 %; kleine Kinder (1–4 Jahre) 11,0 %; ältere Kinder (5–12 Jahre) 7,5 %; Jugendliche (12–21 Jahre) 12,6 %. In den Fällen, in denen der Kreislaufstillstand vom Rettungsdienst beobachtet wurde, betrug das Überleben 14,9 %, 22 %, 21,2 % und 17,9 % für die gleichen Altersgruppen in den Jahren 2011 und 2012 [112]. Schwedische Daten deuten darauf hin, dass das POHCA-Überleben zunehmend gestiegen ist.

Kreislaufstillstand im Krankenhaus

Ebenso wie für den prähospitalen Kreislaufstillstand (OHCA) ist die tatsächliche Inzidenz eines Kreislaufstillstands im Krankenhaus (IHCA) nicht bekannt. Die verfügbare Literatur stammt häufig aus einzelnen Zentren, was die Generalisierbarkeit erschwert, und letztendlich sterben alle Patienten, die im Krankenhaus sterben, an einem Kreislaufstillstand. Im Jahr 2019 wurde eine aktualisierte Berichtsvorlage im Utstein-Stil für IHCA veröffentlicht, in der die Bedeutung eines gemeinsamen Berichtsformulars für Datensätze hervorgehoben wird, um einen Vergleich zwischen Regionen und Ländern zu ermöglichen [113].

Inzidenz

Die tatsächliche Inzidenz von IHCA ist aus mehreren Gründen schwer einzuschätzen. Letztendlich haben alle Patienten, die im Krankenhaus sterben, einen Kreislaufstillstand, aber all diese Todesfälle gelten nicht als Kreislaufstillstand, der für eine Wiederbelebung in Betracht gezogen werden soll. Eine Studie aus Göteborg in Schweden verglich die Gesamtzahl der Todesfälle im Krankenhaus während eines Jahres mit der Anzahl der Wiederbelebungsversuche und beschrieb, dass die Wiederbelebung nur bei 12 % aller Kreislaufstillstände im Krankenhaus begonnen wurde [114]. In Schweden wurde ein Verhältnis von OHCA zu IHCA von 1,7 zu 1 angegeben (schwedisches Register für kardiopulmonale Wiederbelebung [Svenska Hjärt-Lung-räddningsregistret] [1. November 2012]).

Viele IHCA-Studien sind nur eingeschränkt verallgemeinerbar, da sie in einzelnen Zentren durchgeführt wurden. Unterschiede in der DNACPR-Politik zwischen den Ländern erklären wahrscheinlich einige der Unterschiede in der Inzidenz von IHCA [115]. Aufgrund logistischer Probleme kann es auch zu Schwierigkeiten bei der Meldung von IHCA kommen. Beispielsweise werden Patienten, die während einer Koronarangiographie Kammerflimmern (VF) entwickeln und die schnell defibrilliert werden, möglicherweise nicht immer einem Register gemeldet.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Berechnung der IHCA-Inzidenz: IHCA/Krankenhausbett, IHCA/Krankenhauseinweisung, IHCA/Land/Region/Stadt/Staat. Die Inzidenz von IHCA pro 1000 Krankenhauseinweisungen wurde in Polen mit 2,8 angegeben [116]. 1,8 in Dänemark [10] und Norwegen (unveröffentlichte Beobachtung), 1,7 in Schweden [117], 1,6 im Vereinigten Königreich [9] und 1,5 in der Region Piemont in Italien [118]. Eine Studie aus Trondheim in Norwegen dokumentierte 72 IHCA-Ereignisse pro 1000 Krankenhausbetten [119].

Das Geschlecht beeinflusst auch die Inzidenz. Das Inzidenzverhältnis von Männern zu Frauen für IHCA wurde mit 1,4–1,6 zu 1 angegeben [119]. Dies kann größtenteils durch eine höhere Prävalenz und eine höhere Mortalität aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Männern erklärt werden [120].

In einer kürzlich durchgeführten europäischen Umfrage gaben 18 von 28 Ländern an, ein nationales Register für IHCA zu haben, aber nur zwei Länder (Schweden und Dänemark) gaben an, dass alle Krankenhäuser eingeschlossen waren [22].

Systemkonfiguration und Überlebenskette

Im Jahr 2017 wurden 89,4 Mio. Menschen stationär in Krankenhäusern in ganz Europa behandelt, eine Zahl, die in den letzten Jahren zugenommen hat (Eurostat. Statistiken über Krankenhausentlassungen und Aufenthaltsdauer – Erklärung der Statistiken [zitiert am 18. Januar 2020]. Verfügbar unter: https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Hospital_discharges_and_length_of_stay_statistics#Hospital_discharge). Leider ist die medizinische Versorgung im Krankenhaus nicht frei von Komplikationen und schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen, die bei ungefähr 10 bis 20 % aller Patienten auftreten [121]. In einer großen europäischen Beobachtungsstudie, an der ungefähr 46.000 postoperative Patienten teilnahmen, lag die Mortalität bei 4 %, mit großen Unterschieden zwischen den Ländern [122]. Das alarmierendste Ergebnis dieser Studie war jedoch der hohe Anteil an „Rettungsversagen“, da 73 % der verstorbenen Patienten zu keinem Zeitpunkt nach der Operation auf eine Intensivstation aufgenommen wurden. Unerwünschte Ereignisse wurden teilweise durch eine nicht optimale Versorgung verursacht, die meisten waren jedoch auf eine Verschlechterung der Grunderkrankung zurückzuführen. Es gibt zwei Hauptunterschiede zwischen IHCA und OHCA hinsichtlich der Erkennung und Verhinderung eines Kreislaufstillstands. Erstens werden in den meisten Fällen lebensbedrohliche Ereignisse im Krankenhaus durch eine Verschlechterung der Vitalfunktionen Stunden oder sogar Tage vor dem Auftreten des katastrophalen Ereignisses angekündigt und können daher frühzeitig erkannt und damit verhindert werden [121]. Zweitens soll eine angemessene Überwachung der Patienten die Früherkennung von Risikopatienten ermöglichen, und daher soll das Notfallteam vorzugsweise als medizinisches Notfallteam (MET) oder schnelles Reaktionsteam (RRT) fungieren und anstelle eines reinen Reanimationsteams, welches ausschließlich für Reanimationsmaßnahmen zuständig ist, aufgestellt sein. Wenn Patienten unzureichend überwacht werden, kann die lebensbedrohliche Situation zu spät bemerkt werden und es kann zu einem Anstieg der Reanimationsraten im Krankenhaus und zu mehr unerwarteten Todesfällen kommen [123]. Diese Entwicklung kann sich aufgrund der zunehmenden Arbeitsbelastung in den Krankenhäusern und der zunehmenden Komorbidität der Patienten sogar beschleunigen. Der ILCOR-2020-Konsens zu Wissenschafts- und Behandlungsempfehlungen ergab (wenig sichere) Beweise dafür, dass Schnellreaktionssysteme die Inzidenz von IHCA verringerten und die Mortalität verbesserten, was zu einer (schwachen) Empfehlung führte, die die Einführung eines Schnellreaktionssystems (Rapid-Response-System) oder Reaktionsteam/medizinisches Notfallteam) unterstützte [39]. Dies ergänzt die vom ERC eingeführten Leitlinien zur Einrichtung eines Frühwarnsystems für unerwartete Notfälle [123].

IHCA – Systeme zur Erkennung kritischer Krankheiten

Am 23. Juni 2017 gaben der Europäische Wiederbelebungsrat, das European Board of Anaesthesiology und die European Society of Anaesthesiology eine gemeinsame Erklärung ab, in der die europäischen Krankenhäuser aufgefordert wurden, alle dieselbe interne Telefonnummer (2222) zu verwenden, um bei einem Kreislaufstillstand Hilfe zu rufen. Es ist zu hoffen, dass durch die Implementierung einer einzigen Notrufnummer im Krankenhaus die Zeit für Hilferufe verkürzt wird [124].

IHCA – Antwortzeiten

Medizinische Notfallteams (MET) oder Rapid-Response-Teams (RRT) unterscheiden sich von Teams, die ausschließlich als Reanimationsteam agieren, darin, dass ihr Ziel die rechtzeitige Identifizierung und Behandlung von Notfällen im Krankenhaus ist, um Kreislaufstillstände und unerwartete Todesfälle zu vermeiden [125] (siehe ALS-Leitlinien). Im Gegensatz zu OHCA, wo die Zeit vom Kreislaufstillstand bis zur Einleitung von Wiederbelebungsmaßnahmen (entweder durch Laien oder durch den Rettungsdienst) von entscheidender Bedeutung ist, beziehen sich die Daten zur RRT-Leistung weitgehend auf Kriterien, die den Alarm auslösen, Komorbiditäten und die Krankenhausaufenthaltsdauer vor dem Alarm der betroffenen Patienten [126]. Verzögerungen in der Behandlung sind mit einem schlechteren Ergebnis verbunden [127].

Daten zu den Reaktionszeiten des traditionellen Wiederbelebungsteams nach IHCA sind ebenfalls rar. Daten aus einem großen schwedischen Register zeigten jedoch, dass eine Verzögerung von mehr als einer Minute vom Kreislaufstillstand bis zum Anruf oder bis zum Beginn der Reanimation, eine Verzögerung von mehr als 2 min vom Anruf bis zum Eintreffen des Rettungsteams und eine Verzögerung von mehr als 3 min vom Kreislaufstillstand bis zur Defibrillation alle mit einem schlechteren Gesamtergebnis verbunden waren [128].

Es gibt nur wenige Studien, die die Wirksamkeit von MET bei der Verringerung der Häufigkeit unerwarteter Todesfälle, der ungeplanten Aufnahme auf die Intensivstation (ICU) oder beidem bewerten. Ein Hauptproblem besteht darin, dass keine Evidenz mit hoher Sicherheit erzielt werden kann, da eine Randomisierung einzelner Patienten zur Versorgung durch eine MET im Vergleich zu einer Kontrollgruppe unmöglich ist. Die verfügbaren Erkenntnisse stammen daher hauptsächlich aus Beobachtungsstudien, Vorher-nachher-Untersuchungen oder Berichten, bei denen einige Krankenhäuser ein MET einführten, während andere Krankenhäuser in demselben Gebiet oder derselben Krankenhausorganisation dies nicht getan hatten. In der jüngsten Metaanalyse zu diesem Thema, die 29 Studien mit 2.160.213 Patienten (1.107.492 in der Interventionsgruppe und 1.052.721 in der Kontrollgruppe) umfasste, wurden MET mit einer signifikant verringerten Krankenhausmortalität und Inzidenz eines Kreislaufstillstands in Verbindung gebracht [125]. Obwohl es schwierig ist, die Wirksamkeit der MET-Implementierung anhand evidenzbasierter Kriterien nachzuweisen, deutet die pathophysiologische Argumentation darauf hin, dass die Erkennung und angemessene Behandlung von Patienten vor dem Auftreten eines katastrophalen Ereignisses richtig ist. Das Timing ist in vielen Bereichen der Akutversorgung wie Sepsis, Myokardinfarkt und Schlaganfall wichtig.

IHCA-Ergebnis

Viele Faktoren bestimmen das Ergebnis von Patienten mit einem IHCA. Einige dieser Faktoren können beeinflusst werden, andere nicht. Zu den Faktoren, die nicht beeinflusst werden können, gehören Alter, Geschlecht und Komorbiditäten der Patienten. Beispielsweise haben ältere Patienten nach IHCA eine geringere Überlebenschance [129, 130]. In den meisten Fällen kann die Ursache des Kreislaufstillstands nicht beeinflusst werden. Ein Patient mit einem durch Myokardinfarkt/Ischämie verursachten Kreislaufstillstand hat eine viel bessere Überlebenschance als ein Patient mit einem Kreislaufstillstand aus anderen Gründen, z. B. Herzinsuffizienz.

Ein veränderbarer Faktor von großer Bedeutung ist der Ort im Krankenhaus, an dem der Kreislaufstillstand auftritt. Wenn der Kreislaufstillstand auf einer allgemeinen Station auftritt, wird der Patient normalerweise nicht ausreichend überwacht und der Kreislaufstillstand kann möglicherweise nicht beobachtet werden. Diese Faktoren sind mit einer geringeren Überlebenschance verbunden [117, 131]. Die Überwachung des EKG zum Zeitpunkt des Kollapses ist mit einer Verringerung des bereinigten Todesrisikos nach IHCA um 38 % verbunden. Die Lage im Krankenhaus und die geografische Lage sind die wichtigsten Prädiktoren für die EKG-Überwachung zum Zeitpunkt des Kreislaufstillstands [132]. Die signifikante Variabilität bei der EKG-Überwachung in verschiedenen Zentren kann auf die Notwendigkeit von Leitlinien für die Verwendung der EKG-Überwachung hinweisen.

Ein erster aufgezeichneter Rhythmus von VF sagt eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit voraus [131, 133]. Je früher das EKG abgeleitet wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kammerflimmern vorgefunden wird [134]. Ein weiterer Faktor, der am häufigsten nicht beeinflusst werden kann, ist die Uhrzeit, zu der der Kreislaufstillstand eintritt. Es besteht eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit, wenn der Kreislaufstillstand von Montag bis Freitag während der regulären Arbeitszeit eintritt [134]. Die Zeit bis zum Start der Behandlung ist mit dem Überleben von IHCA-Patienten verbunden. Dies gilt sowohl für schockbare als auch nicht schockbare Rhythmen [117].

Ein wichtiger Faktor für die Überlebenschance nach Wiederbelebung ist schließlich die Politik des Krankenhauses in Bezug auf DNACPR-Entscheidungen. In Krankenhäusern, in denen bei einem sehr hohen Anteil der Patienten eine DNACPR-Entscheidung vorhanden ist, wird eine höhere Überlebensrate bei Patienten mit IHCA erwartet, als bei Krankenhäusern, in denen Wiederbelebungsversuche auch in vergeblichen Fällen häufiger sind. Daher ist es nicht überraschend, dass die Berichte über ROSC und das Überleben bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus oder das 30-Tage-Überleben erheblich variieren [9, 116,117,118,119, 135,136,137,138]. Die Wahrscheinlichkeit von ROSC variiert zwischen 36 % [118] und 54 % [136] und die Überlebenschance bis zur Entlassung/30 Tage variiert zwischen 15 % [118] und 34 % [136].

Langzeitüberleben

Genesung und Rehabilitation von Überlebenden nach Kreislaufstillstand

Die Empfehlungen im Utstein-Style-Protokoll definieren die Variablen, die bei OHCA erfasst werden sollen, und die zu verwendende Aufzeichnungsmethode [5]. Seit der Einführung des Utstein-Style-Protokolls hat das Überleben der Patienten und der nachfolgende neurologische Status zunehmend an Bedeutung gewonnen [6]. Die Anzahl der Patienten, die einen anhaltenden ROSC erreichen, ist eine Schlüsselvariable geblieben, da dies eines der ersten Kriterien für die Entscheidung ist, ob eine Postreanimationsbehandlung angemessen ist. Im Utstein-Style-Protokoll kann das neurologische Ergebnis unter Verwendung der Cerebral Performance Category (CPC) oder der modifizierten Rankin Scale (mRS) erfasst werden [139, 140]. Obwohl diese Variablen einen allgemeinen Eindruck vom neurologischen Status vermitteln, liefern sie keine spezifischen Informationen über die Lebensqualität von OHCA-Überlebenden.

Messung der Langzeiterholung bei Patienten mit Kreislaufstillstand

Eine systematische Überprüfung aus dem Jahr 2015 ergab, dass 89 % der randomisierten, kontrollierten Studien zum Kreislaufstillstand die Genesung nach Entlassung aus dem Krankenhaus nicht bewerteten und keine die Patientenperspektive in Bezug auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität (HRQoL) oder die gesellschaftliche Beteiligung berücksichtigte [141]. Neuere klinische Studien haben solche Erfassungen eingeschlossen, aber diese sind immer noch relativ selten [142]. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass nur wenige Register in Europa HRQoL-Messungen enthielten, obwohl die Erfassung dieser Daten bei der Aktualisierung des Utstein-Style-Protokolls für Wiederbelebungsregister empfohlen wurde [6, 22, 113].

Im Jahr 2018 wurde ein Kerndatensatz für die Beschreibung des Überlebens nach einem Kreislaufstillstand (Core Outcome Set for Cardiac Arrest = COSCA) veröffentlicht, der Leitlinien für die Standardisierung der Ergebnisdefinition, der Instrumente zur Bewertung der Genesung und der Zeitpunkte für klinische Studien mit Erwachsenen enthält [142, 143]. In jüngerer Zeit wurden weitere Leitlinien für pädiatrische klinische Studien (P-COSCA) veröffentlicht (Topjian 2020, in press, Resuscitation). Beide zentralen Kerndatensätze basierten auf umfangreichen Arbeiten zur Ermittlung von Ergebnissen, die aus verschiedenen Perspektiven wichtig sind, darunter Patienten, Familien, Angehörige der Gesundheitsberufe und Forscher. COSCA für Erwachsene empfiehlt als Mindestbewertung das Überleben nach 30 Tagen oder die Entlassung aus dem Krankenhaus, die neurologische Funktion nach 30 Tagen oder bei der Entlassung aus dem Krankenhaus mit dem mRS und der Bewertung der HRQoL nach 90 Tagen (und später) entweder mit dem HUI‑3 (Gesundheit) Utilities (Index Version 3), SF-36 (Kurzform 36-Punkte-Gesundheitsumfrage) oder EQ-5D-5L (EuroQol 5‑Dimensionen-5-Level-Version). In ähnlicher Weise empfiehlt P‑COSCA auch die Bewertung des Überlebens und des neurologischen Ergebnisses, bewertet mit der Pediatric Cerebral Performance Category (PCPC). Es werden jedoch drei weitere Kernkomponenten von HRQoL oder Auswirkungen auf das Leben spezifiziert: kognitive Funktion, körperliche Funktion und grundlegende Fähigkeiten des täglichen Lebens, die alle nach sechs Monaten (und später) mit dem PEDSQL (Pediatric Quality of Life Inventory) bewertet werden. Eine weiter verbreitete Verwendung der COSCA-Empfehlungen kann möglicherweise das Wissen über Langzeitergebnisse für Überlebende mit Kreislaufstillstand verbessern. Eine Einschränkung der COSCA-Empfehlungen besteht darin, dass sie nur eine Mindestanzahl von Messungen umfassen. Daher wird empfohlen, je nach Ziel der Studie auch symptom- und zustandsspezifische Maßnahmen anzuwenden.

Neurologisches Ergebnis

Schwere hypoxisch-ischämische Hirnschädigungen sind das schwerwiegendste Ergebnis für Überlebende nach Kreislaufstillstand. Sie werden häufig anhand von ordinalen hierarchischen funktionellen Ergebnisskalen wie der CPC (Cerebral Performance Category Scale), der modifizierten Rankin Scale (mRS) oder der Glasgow Outcome Scale (GOS) oder Glasgow Outcome Scale Extended beschrieben (GOSE) beschrieben. Diese Skalen werden häufig zu einem „guten“ oder „schlechten“ Ergebnis vereinfacht, indem Patienten als unabhängig bei grundlegenden Aktivitäten des täglichen Lebens im Vergleich zu abhängig von anderen, in einem vegetativen Zustand oder Tod beschrieben werden. Ein günstiges neurologisches Ergebnis wird normalerweise als CPC 1 oder 2, mRS 0 bis 3 oder GOS 4–5/GOSE 5–8 angesehen.

In den meisten europäischen Ländern, in denen routinemäßig der Entzug einer lebenserhaltenden Behandlung (WLST) praktiziert wird, wird bei < 10 % der Überlebenden mit Kreislaufstillstand ein schlechtes neurologisches Ergebnis beobachtet (Irish National Out-of-Hospital Cardiac Arrest Register 2018, erhältlich unter https://www.nuigalway.ie/ohcar/) [144]. In Situationen, in denen WLST nicht angewendet wird, ist eine schwere hypoxisch-ischämische Hirnschädigung wesentlich häufiger. Zum Beispiel berichtete eine italienische Studie, dass mehr als 50 % (n = 119) der Überlebenden sechs Monate nach dem Ereignis ein schlechtes Ergebnis hatten, wobei ein Drittel (n = 68) in einem anhaltenden vegetativen Zustand war [145].

Unter Überlebenden nach Kreislaufstillstand, die mit einem guten Ergebnis eingestuft wurden, können sich die Auswirkungen einer hypoxisch-ischämischen Hirnschädigung auf den Alltag auswirken. Die am häufigsten gemeldeten neurologischen Folgen sind neurokognitive Beeinträchtigungen für alle Überlebenden in der frühen Phase [146] und in etwa 40–50 % langfristig [147,148,149,150,151]. Die meisten Verbesserungen der Wahrnehmung treten in den ersten drei Monaten auf [152, 153], es wurden jedoch bis zu einem Jahr später noch Verbesserungen beschrieben [152]. In einer spanischen Studie hatte die Hälfte der Überlebenden (n = 79) drei Jahre nach dem Ereignis eine kognitive Beeinträchtigung [147]. Eine kognitive Beeinträchtigung in der chronischen Phase ist meist leicht bis mittelschwer, bei 20 bis 26 % der Überlebenden wird jedoch eine mittelschwere bis schwere Beeinträchtigung festgestellt [149, 151, 154]. Zu den am häufigsten betroffenen kognitiven Domänen gehören: episodisches/Langzeitgedächtnis [147, 149,150,151, 154]; Aufmerksamkeits‑/Verarbeitungsgeschwindigkeit [147, 149, 150, 154] und ausführende Funktionen [147, 150, 151, 153, 154]. Es wurden auch Beeinträchtigungen in anderen Domänen beschrieben [148, 154].

Derzeit gibt es nur wenige Studien zum neurologischen Ergebnis von Überlebenden nach pädiatrischem Kreislaufstillstand in Europa. Die umfassendsten Daten stammen von einem Team in den Niederlanden, das zwei bis elf Jahre nach dem Kreislaufstillstand eine neuropsychologische Untersuchung an einer Stichprobe von 41 Überlebenden nach pädiatrischem Kreislaufstillstand (Alter 0–18) durchführte [155]. Auf Gruppenebene war die allgemeine Intelligenz im Vergleich zum Durchschnitt geringer, und Bereiche des Erinnerns und der geteilten Aufmerksamkeit waren besonders betroffen [155]. Lehrer (n = 15) von Überlebenden nach Kreislaufstillstand berichteten über Planungs-/Organisationsprobleme, während Eltern (n = 31) und Patienten (n = 8) keine dysexekutiven Probleme berichteten [155]. Dieselben Autoren berichten auch über signifikante Aufmerksamkeitsprobleme bei diesen Überlebenden des pädiatrischen Kreislaufstillstands [156], von denen 15 % spezielle Unterrichte brauchten [157].

Vom Patienten berichtete Ergebnisse

Es gibt keine spezifischen vom Patienten berichteten Ergebnismaße (PROM) für den Kreislaufstillstand [158]. Von Patienten berichtete Ergebnisse der generischen HRQoL zeigen, dass sich Überlebende nach Kreislaufstillstand – auf Gruppenebene – nicht von der allgemeinen Bevölkerung unterscheiden [159, 160]. Trotzdem zeigten detaillierte Analysen, dass mehrere HRQoL-Subdomänen bei Überlebenden nach Kreislaufstillstand schlechter sind, und symptomspezifische Fragebögen zeigen, dass nuancierte kardiale, kognitive, physische und emotionale Probleme häufig sind [148, 161, 162]. In einer Schweizer Studie gaben nur 29 % der Überlebenden nach Kreislaufstillstand (n = 50) keine Beschwerden an [154], in einer anderen Studie beschrieben fast 43 % der Überlebenden (n = 442) 6 Monate nach ihrem Kreislaufstillstand, dass ihr Gesundheitszustand schlechter sei als vor einem Jahr [163]. Es ist anzumerken, dass sich die HRQoL mindestens im ersten Jahr nach dem Kreislaufstillstand weiter verbessert [160].

Das am häufigsten vom Patienten gemeldete Symptom nach Kreislaufstillstand ist Müdigkeit, das von 50 bis 71 % der Überlebenden berichtet wird [154, 160, 162]. Viele Überlebende berichten auch über kognitive Probleme, einschließlich der Wahrnehmung von „Verlangsamung“ oder Problemen mit Aufmerksamkeit oder Gedächtnis [154, 164, 165]. Die Assoziationen zwischen selbst berichteten kognitiven Beschwerden und objektiven kognitiven leistungsbasierten Maßnahmen wurden gemischt [153, 154].

Ein weiteres häufig von Patienten berichtetes Ergebnis sind emotionale Probleme, die in den ersten Wochen nach dem Kreislaufstillstand am schwerwiegendsten [160, 166, 167] und mit einer schlechteren HRQoL verbunden sind [168]. Nach drei Monaten wurde der emotionale Status in verschiedenen Studien als stabil gemeldet [160], besser [169] oder schlimmer [152] im Vergleich zu zwölf Monate nach dem Kreislaufstillstand. Emotionale Probleme waren häufiger bei Frauen [169,170,171], jüngeren Patienten [163, 165, 169, 171], bei Patienten mit kognitiven Problemen [171] und solchen mit Komorbiditäten [169].

Überlebende nach Kreislaufstillstand mit hypoxisch-ischämischer Hirnschädigung haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko für emotionale Probleme [172]. Da diese Patienten jedoch häufig in Analysen fehlen, ist die Häufigkeit emotionaler Probleme bei Überlebenden nach Kreislaufstillstand vermutlich unterschätzt [171]. Größere Studien in diesem Bereich (> 100 Patienten) mit symptomspezifischen Fragebögen berichten langfristig über Angstzustände bei 15–24 % und/oder Depressionen bei 13–15 % [160, 165, 170, 171]. Die Symptome von Stress und posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) sind weniger gut untersucht, wurden jedoch bei 16 % bis 28 % der Überlebenden festgestellt [160, 167, 173, 174]. In einer Studie berichtete die Hälfte der Überlebenden sechs Monate nach dem Kreislaufstillstand über eine Änderung des Verhaltens und der Emotionen (n = 50) [154]. Apathie, mangelnder Antrieb und mangelnde Motivation wurden auch bei 70 % der Patienten berichtet, die an einem kognitiven Rehabilitationsprogramm nach Kreislaufstillstand teilnahmen (n = 38), obwohl dieser Befund enger verbunden war mit kognitiven Beeinträchtigungen als Depressionen [175].

Angehörige von Patienten nach Kreislaufstillstand haben ebenfalls ein erhebliches Risiko für emotionale Probleme [176,177,178]. Eine Studie aus der Schweiz ergab, dass 40 % der Verwandten an PTBS litten [178]. Das weibliche Geschlecht, in der Vorgeschichte beschriebene Depressionen und die Wahrnehmung unzureichender therapeutischer Maßnahmen auf der Intensivstation erhöhten das Risiko für PTBS, während das Ergebnis des Patienten, einschließlich der Mortalität, keinen Zusammenhang hatte [178]. Wenn Angehörige Zeugen des Kreislaufstillstands waren, erhöhte sich das Risiko für emotionale Probleme [177]. Kognitive Beeinträchtigungen des Überlebenden waren mit einer erhöhten Belastung der Pflegekräfte verbunden [176, 179].

Körperliche Probleme nach Kreislaufstillstand haben nur begrenzte Aufmerksamkeit erhalten, aber die Ergebnisse der HRQoL-Messung zeigen, dass viele Überlebende nach Kreislaufstillstand über körperliche Probleme berichten [159, 163, 176, 180]. Die Hälfte der Überlebenden nach Kreislaufstillstand beschrieb Probleme beim Arbeiten oder Ausführen anderer Aktivitäten aufgrund körperlicher Probleme [163], und 30–50 % berichteten von Problemen mit körperlicher Gesundheit [176], körperlicher Funktion [163] oder Mobilität [160, 162, 170]. Körperliche Probleme treten häufiger bei älteren Überlebenden [163, 176] und bei Frauen auf [163].

Von Patienten/Eltern berichtete Ergebnisse bei Überlebenden nach pädiatrischem Kreislaufstillstand sind selten. Eine Studie (n = 57) berichtete, dass die Mehrheit der pädiatrischen Überlebenden (2–11 Jahre nach der Intensivstation) keine Probleme hat, während 30 % körperliche Probleme und 34 % chronische Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und Verhaltensprobleme berichteten [157]. Kinder (n = 8) berichteten über eine HRQoL, die mit dem Durchschnitt vergleichbar ist, während die von einem Elternteil (n = 45) gemeldete HRQoL eine niedrigere generische HRQoL und mehr körperliche Probleme anzeigte. Die HRQoL der Eltern war jedoch besser als die der Allgemeinbevölkerung [157].

Fähigkeit, zu früheren Aktivitäten und Aufgaben zurückzukehren (gesellschaftliche Beteiligung)

In einer finnischen Studie konnte die überwiegende Mehrheit (> 90 %) der Überlebenden nach Kreislaufstillstand zu Hause leben, und die meisten Überlebenden konnten zu früheren Aufgaben und einer hohen Beteiligung an der Gesellschaft zurückkehren [165]. Personen im erwerbsfähigen Alter kehrten in 60–76 % sechs bis zwölf Monate nach Kreislaufstillstand zu mindestens einem gewissen Grad an den Arbeitsplatz zurück [159, 162, 165, 168, 181]. 47–74 % der Überlebenden nach Kreislaufstillstand berichten jedoch von einer eingeschränkten gesellschaftlichen Beteiligung [148, 162]. und viele bleiben krankgeschrieben [147, 160, 162, 165, 182], obwohl die Höhe des Krankenstands in den europäischen Ländern unterschiedlich ist [162]. Es werden auch Gefühle der geringeren Zufriedenheit mit Familie und Freizeit [148] und Probleme bei der Durchführung üblicher Aktivitäten gemeldet [151, 163, 170]. Eine Studie berichtete, dass die Fahrfähigkeit signifikant geringer war als vor dem Kreislaufstillstand [147], während andere nur in 12–27 % eine Fahrunfähigkeit beschrieben [154, 165]. Viele Patienten mit kognitiven Beeinträchtigungen fuhren jedoch noch [147], und ein Viertel berichtete, dass sie sich nicht daran erinnerten, ob sie darüber informiert worden seien, dass ein Fahrverbot für eine Zeit nach dem Kreislaufstillstand gelten würde [165].

In einer europäischen multizentrischen Studie (n = 270) waren Depressionen, selbst berichtete Mobilitätsprobleme, kognitive Beeinträchtigungen und Müdigkeit Prädiktoren für eine verminderte gesellschaftliche Beteiligung [162]. Eine andere niederländische Studie (n = 110) berichtete, dass nur eine prämorbide Funktion als Prädiktor für die gesellschaftliche Teilhabe gilt [168]. Eine kognitive Beeinträchtigung erhöht das Risiko, nicht zur Arbeit zurückkehren zu können [147, 152, 162]. Prädiktoren, die positiv mit der Rückkehr zur Arbeit verbunden waren, waren männliches Geschlecht [181], jüngeres Alter [181, 182], ein Job auf höherer Ebene, ein beobachteter Kreislaufstillstand mit Laienreanimation [181] oder ein Kreislaufstillstand, der am Arbeitsplatz aufgetreten ist [182].

Mehrere Beobachtungs- und Kohortenstudien enthielten detaillierte Messungen der Erholung, aber frühere systematische Überprüfungen in diesem Bereich beschreiben Einschränkungen, die eine Verzerrung des Risikos in den berichteten Ergebnissen beinhalten, einschließlich: kleiner und/oder heterogener Stichproben; viele fehlende Daten; Unterschiede in den verwendeten Bewertungstypen und Zeitpunkten [148, 183,184,185]. Logistische und ethische Herausforderungen beim Sammeln detaillierter Informationen über die Entlassung aus dem Krankenhaus hinaus bleiben ein kritisches Thema für die langfristige Berichterstattung über die Genesung [142].

Rehabilitation

Die Planung einer Rehabilitation nach einem Kreislaufstillstand erfordert die Schätzung der Anzahl und die Berücksichtigung der sich ändernden Bedürfnisse der Überlebenden [146]. Rehabilitationsmaßnahmen für Überlebende nach Kreislaufstillstand werden häufig in Programmen angeboten, die andere Patientengruppen umfassen, z. B. Myokardinfarkt oder andere Arten erworbener Hirnverletzungen, z. B. traumatische Hirnverletzung (TBI) [186, 187]. Studien, die solche Interventionen beschreiben, umfassen nur wenige Überlebende eines Kreislaufstillstands in gemischten Gruppen, was bedeutet, dass das spezifische Rehabilitationsergebnis für Patienten nach Kreislaufstillstand schwer zu trennen ist. Diese Übersicht über die Rehabilitationsprogramme in Europa enthält daher nur Studien, in denen Interventionen für Überlebende nach Kreislaufstillstand speziell beschrieben werden.

Überlebende mit „schlechtem“ neurologischem Ergebnis leiden unter tief greifenden und lebensverändernden Problemen. In einer italienischen Studie wurde die Rehabilitation von einem interdisziplinären Team für 180 min pro Tag durchgeführt [187]. Nach durchschnittlich 78 Tagen (SD 55) konnten 45 % der Patienten mit anoxischer Hirnschädigung nach Hause zurückkehren. Während anoxische Patienten eine schlechtere Genesung hatten als andere Gruppen, hatten sie auch eine schlechtere kognitive Funktion zu Studienbeginn. Ein ähnlicher individualisierter, multidisziplinärer Ansatz wurde in einem türkischen Rehabilitationskrankenhaus angeboten [186]. Diese Studie ergab, dass bei Patienten mit anoxischem Hirnschaden, die eine ähnliche Basisfunktion hatten wie TBI-Patienten, die Verbesserungsrate immer noch langsamer, der Unterschied im Rehabilitationsergebnis jedoch statistisch nicht signifikant war. Französische Forscher beschrieben eine therapeutische Intervention für institutionalisierte Patienten (n = 27) mit anoxischer Hirnschädigung (durchschnittlich 8 Jahre seit dem Ereignis) [188]. Die Intervention bestand aus Medikamenten, Psychotherapie, Selbsthilfegruppe und therapeutischen Aktivitäten, die über sechs Monate durchgeführt wurden und zu einer Verbesserung der Lebensqualität und der sozialen Teilhabe führten.

Das rehabilitative Ergebnis für Überlebende nach Kreislaufstillstand mit anhaltenden Bewusstseinsstörungen ist schlecht, obwohl sich einige verbessern können, wenn auch selten. Eine niederländische Studie schätzte, dass über 50 % der Patienten mit vegetativem Wachheitssyndrom (die meisten aufgrund von Hypoxie während eines Kreislaufstillstands) keine Rehabilitationsleistungen erhielten [189]. In Deutschland wurden 113 Überlebende nach Kreislaufstillstand und mit Bewusstseinsstörungen stationär in einer Rehabilitationseinrichtung erfolgreich behandelt [190]. Die meisten Verbesserungen wurden innerhalb der ersten acht Wochen beobachtet. Eine Minderheit (6,2 %) der Patienten erzielte ein gutes funktionelles Ergebnis, während 80,5 % in einem anhaltenden, nicht reagierenden Zustand blieben. In einer anderen deutschen Studie wurde 93 Überlebenden mit hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie (meist verursacht durch den Kreislaufstillstand) eine frühe neurologische Rehabilitation von 300 min täglicher Therapie (z. B. Physiotherapie, Ergotherapie, Sprach‑/Schlucktherapie und spezialisierte Pflege) angeboten [191]. Nach durchschnittlich 46,4 (SD 68,2) Tagen wurden 24,7 % mit einem guten Ergebnis entlassen, aber wie in der vorherigen Studie blieben 82,1 % der bei der Aufnahme im Koma liegenden Personen komatös. Schließlich berichtete eine italienische Studie, dass selbst Patienten mit verbessertem Bewusstsein nach zwei Jahren stark neurologisch beeinträchtigt blieben [192].

Bei Patienten mit „gutem“ neurologischem Ergebnis wird die Notwendigkeit einer Rehabilitation möglicherweise während des akuten Krankenhausaufenthalts nicht erkannt [28]. Eine schwedische Umfrage ergab, dass in 59 von 74 Krankenhäusern die häufigste Nachuntersuchung ein Patientenbesuch in einer Kardiologie war (n = 42, 70 %), wo neurologische und psychologische Unterstützung oft nicht in einem strukturierten Format bereitgestellt wurde, Es gab auch große Unterschiede in der Nachsorge [193]. In den Europäischen Leitlinien zur Wiederbelebung von 2015 zur Postreanimationstherapie, wird eine strukturierte Nachsorge zum Screening auf potenzielle kognitive und emotionale Probleme empfohlen, um diejenigen Personen zu identifizieren, die weitere Unterstützung und Rehabilitation benötigen [28]. Nationale Leitlinien wurden z. B. in Schweden entwickelt [194].

Die Auswirkungen von Follow-up und Screening wurden von Moulaert und Kollegen in einer randomisierten, kontrollierten Studie beschrieben (n = 185) [195,196,197,198,199]. Die Intervention wurde von einer ausgebildeten Krankenschwester in einer Ambulanz oder bei dem Patienten zu Hause durchgeführt und umfasste das Screening auf kognitive und emotionale Probleme, die Bereitstellung von Informationen und Unterstützung sowie die Förderung der Selbstmanagementstrategien und – falls notwendig – eine Überweisung an weitere spezialisierte Pflege. Die erste einstündige Sitzung wurde kurz nach der Entlassung angeboten, wobei nachfolgend kürzere Follow-up-Sitzungen angeboten wurden. Patienten, die diese Intervention erhielten, hatten ein Jahr nach dem Kreislaufstillstand eine bessere mentale HRQoL und eine frühere Rückkehr zur Arbeit im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Intervention erwies sich auch als kostengünstig [195].

Das Essex Cardiothoracic Center im Vereinigten Königreich beschreibt eine ähnliche Folgeintervention, einschließlich systematischer psychologischer, kognitiver und spezialisierter medizinischer Unterstützung für Überlebende und ihre Betreuer in den ersten sechs Monaten nach dem Kreislaufstillstand [167]. Vor der Entlassung aus dem Krankenhaus wurden die Patienten (n = 21) von einer Krankenpflegekraft und einem Kardiologen auf der Intensivstation untersucht und mit schriftlichen und Videoinformationen sowie Links zu sozialen Medien versehen. Nach acht Wochen wurde ein multidisziplinärer Termin und nach sechs und zwölf Monaten ein Folgetermin vereinbart. Von den eingeschlossenen Patienten benötigten 26 % weitere psychologische Unterstützung. Der allgemeine Gesundheitszustand verbesserte sich während der Nachuntersuchung, es wurde jedoch keine Kontrollgruppe eingeschlossen, um die Wirkung der Intervention zu bewerten.

Ein Zentrum in den Niederlanden bietet einen integrierten Rehabilitationsweg zur Wiederherstellung der Trainingskapazität und zur optimalen kognitiven Funktion an [200]. Alle Patienten nach Kreislaufstillstand, die für eine Rehabilitation infrage kamen, wurden ungefähr einen Monat nach dem Ereignis auf kognitive und emotionale Probleme untersucht. Patienten ohne kognitive Beeinträchtigung nahmen an regulären Herzrehabilitationsprogrammen teil, während Patienten mit kognitiven Beeinträchtigungen die Herzrehabilitation in kleineren Gruppen absolvierten. Nach der Herzrehabilitation wurde ein fortlaufendes Programm mit kognitiver Rehabilitation angeboten. Das Programm wurde nicht evaluiert, aber von 77 Überlebenden nach Kreislaufstillstand, die zur kardialen Rehabilitation überwiesen wurden, hatten 23 % kognitive Probleme [201].

Derzeit gibt es keine umfassende Bewertung der Art oder Anzahl der Rehabilitationsmaßnahmen und -programme für Überlebende nach Kreislaufstillstand in ganz Europa, und es gibt nur begrenzte Hinweise auf die Auswirkungen. Dies mag daran liegen, dass es nur wenige Programme gibt, aber es kann auch die Notwendigkeit einer umfassenderen Berichterstattung über Interventionen widerspiegeln. Schließlich gruppieren einige Studien Überlebende nach Kreislaufstillstand mit anderen Patienten mit Herz- oder Hirnschädigungen zur Rehabilitation, was bedeutet, dass die Arten und die Häufigkeit der Rehabilitation, die Überlebenden nach Kreislaufstillstand zur Verfügung stehen, unterschätzt werden können, sofern nicht ausdrücklich die Einbeziehung von Patienten nach Kreislaufstillstand angegeben wird. Es ist auch anzumerken, dass keine pädiatrischen Rehabilitationsstudien identifiziert wurden.

Genomische Variationen und plötzlicher Kreislaufstillstand

Eine der wichtigsten Möglichkeiten, die Mortalität durch plötzlichen Kreislaufstillstand weiter zu senken, liegt in der individuellen Prävention (www.escape-net.eu) [202]. Dies erfordert öffentliche Aufklärung und frühzeitiges Erkennen einzelner Patienten und Familien mit erhöhtem Risiko für einen plötzlichen Kreislaufstillstand. Auf individueller Ebene sind genomische Risikofaktoren höchstwahrscheinlich wichtig [203], aber das Verständnis ihrer Relevanz ist begrenzt [204]. In Fällen eines ungeklärten Kreislaufstillstands können genetische Tests jedoch zu einer diagnostischen Ausbeute von mehr als 60 % an pathologischen genetischen Variationen führen [205]. Mit Ausnahme ausgewählter Fälle in Familien mit Brugada- und Long-QT-Syndrom (LQTS) sind leider Personen oft nicht über ihre genetische Disposition informiert, da es relativ wenig kardiogenetisches Screening gibt [206,207,208].

Populationsbasierte systematische Studien deuten auf eine starke genetische Komponente des Kreislaufstillstands im Allgemeinen [203, 209] und des autopsienegativen, ungeklärten Kreislaufstillstands im Besonderen hin [210,211,212,213,214]. Eine individuell einzigartige pathophysiologische Wechselwirkung von Umwelt (Rauchen, sozialer Stress, Luftverschmutzung, chronische Lärmbelastung usw.), Patientenfaktoren (Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Diabetes, Myokardischämie und Myokardinfarkt, Takotsubo-Syndrom, verwendete Medikamente usw. [215,216,217]) und genetischen Faktoren (Brugada-Syndrom, LQTS, arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC), katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie, kurzes QT-Syndrom usw. [206,207,208, 218,219,220,221,222,223,224,225,226,227,228] und ihre Kombinationen [229] bestimmen das individuelle Risiko eines plötzlichen Kreislaufstillstands. Darüber hinaus kann die genetische Anfälligkeit für langfristige Alkoholeffekte, Arzneimittel- und Arzneimittelwechselwirkungen, die einen plötzlichen Kreislaufstillstand induzieren, auf individueller Ebene relevant sein [230,231,232,233].

Die Forschung der letzten Jahre hat sich insbesondere auf Patienten und Familien mit seltenen angeborenen Arrhythmiesyndromen und Episoden konzentriert, die mit einem erhöhten Risiko für einen Kreislaufstillstand verbunden sind. Es wurden mehrere Moleküle und Mechanismen identifiziert, die die Herzelektrophysiologie steuern [206,207,208, 234, 235]. Die meisten bisher entdeckten Gene und ihre Varianten sind an der Regulierung der Elektrophysiologie beteiligt und setzen das Herz einem höheren Risiko für Kammerflimmern aus [203, 236,237,238]. Spezifische genetische Veranlagungen, die zu einem Kreislaufstillstand führen, betreffen am häufigsten jüngere Patienten (z. B. Brugada-Syndrom; Long-QT-Syndrom). Bei älteren Patienten kann die genetische Veranlagung mit erworbenen und akkumulierten Risikofaktoren, Medikamenten, sozialem Stress und bestimmten Krankheiten interagieren [239, 240]. Unterschiedliche Risikostufen sind auch mit unterschiedlichen genetischen Variationen verbunden. Zum Beispiel kann das Long-QT-Syndrom aus genetischen Variationen in mindestens 12 verschiedenen Genen resultieren, die Mutationen verursachen, die zu unterschiedlichen Graden einer negativen QT-Verlängerung führen, die anschließend mit einem unterschiedlichen Risiko für Herzrhythmusstörungen verbunden sind [207, 218]. Zusätzlich zur primären Genvariante können Modifikatorgene auch die Schwere der Erkrankung bestimmen [241]. Es wurden auch geschlechtsspezifische Unterschiede bei den genetischen Risikofaktoren diskutiert. Daten deuten darauf hin, dass Frauen ein höheres Risiko für eine QT-Verlängerung haben [217, 242]. Frauen können auch niedrigere Expressionsniveaus von Genen aufweisen, die die Repolarisation steuern [243]. Im Gegensatz dazu bestehen bei Männern ein höheres Risiko für das Brugada-Syndrom, für Arrhythmiesyndrome, die mit einer verringerten Depolarisation von Myozyten verbunden sind und für medikamenteninduzierte Zustände, die mit einer verringerten Depolarisationsreserve verbunden sind [244]. Andere Daten legen nahe, dass das männliche Geschlecht möglicherweise niedrigere Expressionsniveaus von Genen aufweist, die die Depolarisation steuern [245].

Typischerweise haben sich genetische Studien auf seltene Genvarianten in hoch ausgewählten Populationen konzentriert. Milano et al. waren die Ersten, die zeigten, dass genetische Mutationen mit einem erhöhten Risiko für einen plötzlichen Kreislaufstillstand in der Allgemeinbevölkerung verbunden sind [237]. Große Mengen an DNA-Proben bei Patienten mit Kreislaufstillstand und Informationen zu deren weiteren individuellen Risikofaktoren und Portfolios sind erforderlich, um weitere Einblicke in die Genomrisikostratifizierung für plötzlichen Kreislaufstillstand, die Entwicklung von Arrhythmien und eine darauf angepasste individualisierte Prävention sowie Behandlungsstrategien zu erhalten.

Aktuelle Empfehlungen nach dem Auftreten eines plötzlichen Kreislaufstillstands umfassen das Screening auf genetische Störungen bei Familienmitgliedern ersten Grades. Durch das Screening können Verwandte identifiziert werden, die von einer Änderung des Lebensstils und der Vermeidung bestimmter Medikamente profitieren könnten. Einige Verwandte können von einer medizinischen Therapie profitieren, und die Implantation von Defibrillatoren kann bei einer ausgewählten Gruppe von Patienten und Familienmitgliedern angebracht sein [211]. Familienscreening wird besonders empfohlen, wenn der Kreislaufstillstand durch körperliche Betätigung verursacht wurde [246]; in einem jüngeren Alter auftrat; bei einem jungen Sportler mit Long-QT-Syndrom auftrat [247] und/oder mit einer positiven Familienanamnese eines plötzlichen Kreislaufstillstands in Verbindung gebracht wurde [204, 205, 210, 224, 248,249,250,251,252,253,254,255,256,257,258].

Es wird erwartet, dass die klinische Rolle genetischer und epigenetischer Faktoren zunehmend verstanden wird, wenn die Forschung in diesem Bereich weiter zunimmt. Derzeit gibt es keine spezifischen Wiederbelebungsempfehlungen für Patienten mit bekannter genomischer Veranlagung. Es gibt einige Fälle, in denen genotypgesteuerte Wiederbelebungsstrategien theoretisch geeignet sein können, z. B. bei Patienten mit Brugada-Syndrom oder ähnlichen Zuständen, die mit einer verringerten Depolarisation verbunden sind, kann die Verwendung von Amiodaron oder Lidocain das Auftreten von Asystolie erhöhen. Es gibt jedoch keine systematischen Studien, die eine solche Behandlung unterstützen.